Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2). Hans Kneifel

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Название Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2)
Автор произведения Hans Kneifel
Жанр Языкознание
Серия Atlan classics Paket
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783845347400



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regelrechten Spaltung in der Bevölkerung geführt. Auch aus anderen Siedlungen wurde von derartigen Vorkommnissen berichtet, von Zusammenstößen und ernsthaften Auseinandersetzungen, die an Heftigkeit zunahmen. Wie aus einem kleinen Dorf in der Nähe Yutlamals gemeldet wurde, ging man dort sogar mit Waffen aufeinander los, die sonst zur Tixudabwehr gedient hatten. Überall eskalierte die Gewalt, aus nichtigen Streitereien wurden Kämpfe, und ein Ende dieser schlimmen Entwicklung war nicht abzusehen.

      Perlmutts Stimme riss mich aus meinen tiefschürfenden Gedanken.

      »Valabog, möchtest du etwas essen?«

      Wie peinlich. Ausgerechnet ich, quasi der geborene Butler, vergaß schlichtweg, meinem Besuch etwas anzubieten.

      »Entschuldige, Valabog, ich bin wirklich ein schlechter Gastgeber. Bestimmt hast du Hunger. Ich werde dir sofort eine Schale voll Mannanna holen.«

      »Nein, bleib mir mit diesem Zeug vom Leib«, wehrte der Dichter entsetzt ab.

      Ich glaubte, nicht richtig gehört zu haben.

      »Aber alle Kaytaber essen doch diese Körner.«

      »Ich nicht«, betonte der Flurhüter mit Nachdruck, und Rechts und Links echoten: »Wir ebenfalls nicht.«

      Gut, dass mein Ballonkopf keine Mimik zuließ, denn ich hätte bestimmt mit einem ziemlich blöden Gesichtsausdruck dagestanden.

      »Jetzt bin ich aber überrascht. Ihr nennt euch doch sogar selbst Körneresser, und nun sagt ihr drei mir, dass ihr dafür nichts übrig habt. Wovon lebt ihr denn?«

      »Von Toberutz«, krähte Linque. »Das ist ein wildwachsendes Getreide, eine Grasart, deren Samenstände das ganze Jahr über geerntet werden können. Ist dir nicht aufgefallen, dass Perlmutt und wir nie aus einer Schüssel gegessen haben?«

      »Bemerkt habe ich es schon, doch ich habe mir nichts dabei gedacht. Außerdem habt ihr euren Toberutz immer geschrotet zu euch genommen, so, wie es Perlmutt mit ihrem Mannanna gemacht hat. Wie soll ich da einen Unterschied erkennen?« Anklagend deutete ich auf die Forscher. »Warum habt ihr mir das nicht gesagt, dass ihr anders seid?«

      »Wir sind nicht anders, wir besitzen nur eine angeborene Abneigung gegen Mannanna-Körner«, antwortete Restjue.

      »Gibt es viele wie euch?«

      »Das weiß ich nicht. Toberutz kommt nicht sehr häufig vor, dennoch reichen die natürlichen Bestände, um uns zu versorgen.«

      »Das stimmt«, ergänzte Valabog. »Jedenfalls wird diese Pflanze nicht auf Feldern angebaut wie Mannanna.«

      Ich hatte das Gefühl, dass in mir das Flutlicht anging, und glaubte, innerlich das Bersten eines Schottes der Positronik zu hören, das unter dem Druck nach außen drängender Daten zusammenbrach. Alles passte auf einmal zusammen.

      Valabog war nicht befallen, Links und Rechts ebenfalls nicht. Alle drei mochten kein Mannanna. Das konnte kein Zufall sein. Mannanna enthält eine psi-ähnliche Substanz, die von den Kaytabern aufgenommen wird, doch im Körper dieser Planetarier fehlte sie. Das wiederum ließ nur den Schluss zu, dass eben dieses Fehlen einen natürlichen Schutz gegen den Befall bot – es war gewissermaßen so, dass der Auslöser nur funktionierte, wenn ein Katalysator vorhanden war. Und der hieß Psi.

      Ich spann den Faden weiter. War es dann nicht denkbar, dass EVOLOS Mikrozellen nur psi-begabte Wesen befallen und umwandeln konnten? Es drängte sich auf, wenngleich auch mit Einschränkungen: Mir fehlten Vergleichsmöglichkeiten bei anderen Rassen, und eine eigentliche Psi-Begabung fehlte den Kaytabern. So legte ich meine kühne Vermutung erst einmal gedanklich auf Eis – die Realität hatte Vorrang.

      »Ich bin mir ziemlich sicher, dass ihr nur deshalb noch gesund seid, weil ihr kein Mannanna verzehrt«, ließ ich den Dichter und die Forscher wissen. »Euer Organismus ist immun gegen die winzigen Pfeile, und zwar auf ganz natürliche Art und Weise. Ihr werdet vermutlich nie zu Pustelträgern werden.«

      Die drei stimmten ein Freudengeheul an, doch ich winkte ab.

      »So positiv, wie es sich anhört, ist meine Erkenntnis gar nicht. Wie es aussieht, seid ihr eine winzige Minderheit. Zwar seid ihr von dem Befall selbst geschützt, nicht aber vor den Befallenen. Den Funksprüchen habe ich entnommen, dass überall Jagd auf Leute gemacht wird, die noch normal aussehen. Zwei von ihnen haben bereits bei den Kämpfen ihr Leben lassen müssen.«

      Betroffen blickten mich die Planetarier an.

      »Daran habe ich überhaupt nicht gedacht«, gestand Linque kleinlaut. »Was sollen wir tun? Dieser Pöbel ist in der Überzahl.«

      »Das ist die Untertreibung der Woche. Die Befallenen sind uns haushoch überlegen.«

      »Du stehst also auf unserer Seite, Traykon?«

      »Habt ihr daran gezweifelt?«, fragte ich im Brustton der Überzeugung.

      »Dann schickst du mich also fort?«

      Au Backe, was hatte ich nun wieder dahergeredet? Manchmal entwickelte ich wirklich den Charme einer Mülltonne und den Takt eines defekten Verbrennungsmotors.

      »Perlmutt, davon war nicht die Rede. Wie kannst du so etwas überhaupt denken?« Schuldbewusst ging ich zu ihr und kraulte sie zwischen den Ohren. »Du und ich – wir gehören zusammen, nie werde ich dich allein lassen. Wer dich nicht akzeptiert, muss auf meine Unterstützung verzichten. Hast du tatsächlich geglaubt, ich würde dich im Stich lassen, mein Kleines?«

      »Geglaubt nicht, aber ein bisschen habe ich es schon gefürchtet, weil du jetzt doch nur noch für die Gesunden arbeiten willst.«

      »Du hast mich missverstanden, Liebes. Ich will die Gesunden schützen, weil deren Leben in Gefahr ist, aber ich habe die Infizierten deshalb noch nicht aufgegeben. Nach wie vor setze ich meine ganze Kraft, all mein Wissen und Können dafür ein, sie zu retten und diesen unseligen Befall rückgängig zu machen. Schon allein du bist alle Mühe wert.«

      »Danke, Traykon.« Perlmutts Augen schimmerten verräterisch, doch sie schaffte es, zu lächeln. »Du bist wirklich lieb.«

      Plötzlich kam mir ein Gedanke, aberwitzig zwar, doch nicht verrückt.

      »Kleines, würdest du einem Experiment zustimmen?«

      »Natürlich. Was muss ich tun?«

      »Anstelle von Mannanna sollst du dich von Toberutz ernähren, das ist alles.«

      »Was du verlangst, ist unmöglich, die Körner bekommen mir nicht. Ich habe einmal gekostet, als Linque und Restjue gefrühstückt haben. Mir wurde danach speiübel.«

      »So geht es mir, wenn ich Mannanna verzehre.«

      Mit einer Handbewegung brachte ich Links zum Schweigen.

      »Perlmutt, willst du es nicht wenigstens einmal unter meiner Obhut versuchen? Du musst dir vorstellen, dass dein Körper durch die Körner zu einem Psi-Reservoir wird, das täglich neu aufgeladen, vielleicht sogar vergrößert wird. Das, was sich in deinem Organismus abspielt, ist auf eine solche Komponente angewiesen. Wenn nun dieser Vorrat abgebaut und sogar eliminiert wird, fehlt die Grundlage für eine Umwandlung, du wirst gesund. Und das willst du doch, nicht wahr?«

      »Ja, das will ich, auch wenn es mir vor den Begleiterscheinungen graut.«

      »Ich werde versuchen, die Nebenwirkungen so gering wie möglich zu halten«, versprach ich. »Nun sollten wir alle zusammenrufen, die noch nicht befallen oder immun sind. Nur gemeinsam kann es uns gelingen, zu überleben und durchzuhalten.«

      Da ich schlecht von Tür zu Tür gehen konnte, um zu fragen, wer noch sein gesamtes intaktes Fell besaß oder ausschließlich Toberutz zu sich nahm, strahlte ich meine Botschaft in den Äther, wohl wissend, dass auch Maronx, Tranoque und Co. den Funkspruch empfingen. Das war jedoch unvermeidbar.

      *

      Das Häuflein der Gesunden, das sich da um mich geschart hatte, war kleiner als erwartet, und nicht einmal die Hälfte davon ernährte sich von Toberutz. Wenn meine Theorie stimmte,