Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2). Hans Kneifel

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Название Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2)
Автор произведения Hans Kneifel
Жанр Языкознание
Серия Atlan classics Paket
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783845347400



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Nachbarn und Freunde, ich bin froh, dass ihr so zahlreich erschienen seid, denn was ich zu sagen habe, geht alle an.« Er machte eine Kunstpause, um das Interesse der Zuhörer zu steigern. »Das Ereignis, das ich meine, hat auf ganz Aytab eine Wende bewirkt, die ans Wunderbare grenzt. Vorbei sind die Zeiten, da wir um unser tristes Dasein fürchteten, vorbei sind die Tage voller Mühe und Sorgen. Ich bin ein anderer geworden, voller Lebensmut und beseelt von einem Glücksgefühl, wie ich es bisher nicht kannte.« Der Sprecher richtete sich auf. »Ich bin stolz darauf, so zu sein, wie ich jetzt bin, und ich bin froh darüber, dass Traykon diese Entwicklung nicht verhindern konnte.«

      Unmutsbezeigungen und Buhrufe waren von den Nichtbefallenen zu hören, doch sie gingen im aufbrandenden Applaus der infizierten Mehrheit unter.

      Aha, so lief das Langohr oder wie der Hase hieß. Jetzt bekam ich also den Schwarzen Peter dafür, dass ich mir förmlich ein Bein ausgerissen hatte und noch immer am anderen zog, und EVOLO, der diese Teufelei ausgeheckt hatte und von dem der Oberste Flurhüter nichts wusste, bekam für sein schändliches Tun den Glorienschein mit Mannannakörnern und Verdienstorden am Bande. Nichts konnte deutlicher machen, wie tiefgreifend die Psyche dieser armen Kreatur bereits beeinflusst war. Kein Zweifel: Der Geist vollzog jene Veränderung nach, die der Organismus schon hinter sich hatte.

      Mit einer herrischen Bewegung verschaffte Maronx sich erneut Gehör.

      »Ihr, die ihr euch hochmütig ›Gesunde‹ nennt und in ständiger Angst lebt, warum wehrt ihr euch dagegen, so zu sein wie wir? Warum fürchtet ihr die eigene Veränderung? Beweisen nicht wir, die wir inzwischen deutlich in der Überzahl sind, wie natürlich und erstrebenswert diese Entwicklung ist? Niemand von uns versteht euer Sträuben. Ihr seid es in Wahrheit, die krank sind – krank und dumm.«

      Das waren starke Worte – und die Umkehr der Wahrheit im Quadrat. Meine nicht verblendeten Freunde verstanden das wohl auch so, denn sie schrien »Lügner«, »Spinner« und noch schmeichelhaftere Worte, doch der frenetische Beifall der Befallenen übertönte die Titulierungen.

      Eine Gestalt mit intaktem Pelz drängte sich durch die Versammelten und steuerte auf das Podest zu. Erst als sich der Kaytaber auf die hölzerne Plattform schwang, erkannte ich ihn: Es war Valabog, der verkannte Dichter.

      »Was ich gehört, hat mich empört!«, schrie er in die Menge.

      Sofort wurde es still. Jeder wollte mitbekommen, was der stadtbekannte Poet vorzubringen hatte.

      »Es ist fatal und geht nicht an, dass mir ein Kranker sagen kann, ich bin gesund und doch verrückt, und lächelt dabei ganz verzückt. Wir sind die Norm, das sag' ich allen, die wie ich noch nicht befallen. So, wie die Befallenen sich geben, wollen wir Gesunde niemals leben«, reimte er. »Wer klar bei Verstand, der hat erkannt, dass jedermann, nur ein Narr sein kann, der sich so benimmt, wie Maronx es bestimmt. Kaytaber, widersteht dem bösen Geist, den Maronx nun als Segen preist. Nur weil er von Sinnen, müssen nicht gleich alle spinnen, obwohl ...«

      Die spontanen Sympathiebezeigungen der Nichtinfizierten steigerten sich zu einer regelrechten Zustimmungsorgie, bis ich nicht mehr verstehen konnte, was Valabog noch zu sagen hatte. Zunehmend wurde die andere Seite aktiv. Sie drückte ihr Missfallen nicht nur in lautstarkem Gebrüll aus, sondern pöbelte auch Gesunde an und wurde sogar handgreiflich. Die Angegriffenen mochten sich verständlicherweise nicht einfach verprügeln lassen und verteidigten sich. Im Nu war eine handfeste Keilerei im Gange. Jeder teilte aus, so gut er konnte, doch der Sieger stand eigentlich schon fest, weil die Pustelträger deutlich in der Überzahl waren.

      Während ich – leider vergeblich – versuchte, die Wogen zu glätten, stürzte plötzlich ohne erkennbare Ursache Valabog von der Plattform herunter und landete in der aufgebrachten Menge. Allesamt Befallene, behandelten sie den Dichter nicht eben gerade freundlich und setzten ihm erheblich zu. Er schien ziemlich perplex zu sein und wehrte sich nicht, als ein paar Rowdies auf ihn eindroschen, während Maronx und Tranoque wissend lächelten.

      In mir kam die kalte Wut hoch. Zwar hatte ich zu Valabog keine besondere Beziehung, aber es widerstrebte mir, ihn einfach seinem Schicksal zu überlassen, denn nicht nur seine Gesundheit war bedroht, sondern auch sein Leben.

      Entschlossen setzte ich mich in Bewegung. Lautstark versuchte ich, Platz zu schaffen, aber die fanatisierten Befallenen dachten nicht daran, auszuweichen, sondern attackierten mich mit Hieben und Tritten. Das machte mir zwar nichts aus, doch es hinderte mich an einem schnellen Fortkommen. Notgedrungen stieß ich alles zur Seite, was mir in den Weg kam. Völlig Unbelehrbare schickten mir Beleidigungen und Verwünschungen hinterher, andere wurden ernüchtert und stellten die Rauferei ein.

      Endlich erreichte ich den Pulk, der sich um den Dichter balgte. Er wirkte ziemlich lädiert, war aber bei Bewusstsein. Zu seinem Glück kamen sich die Kranken ständig gegenseitig ins Gehege.

      »Traykon, hilf mir«, röchelte er, als ich auftauchte. »Diese Verrückten bringen mich um.«

      »Gefahr erkannt, Gefahr gebannt«, versuchte ich zu scherzen und nahm mich der Raufbolde an.

      Ein paar sanfte Hiebe, aufmunternde Rippenstöße und Streicheleinheiten in Form von Ohrfeigen verschafften mir und damit auch dem Dichter sofort Luft. Um uns herum türmten sich Pustelträger, die durch meine »liebevolle« Behandlung den Halt verloren hatten und in einem Knäuel aus Leibern und Gliedmaßen versuchten, wieder auf die müden Beine zu kommen.

      »Ihr beide solltet euch schämen!«, rief ich Maronx und Tranoque zu und lud mir das Leichtgewicht auf den Rücken.

      Plötzlich schien Valabog sein Gewicht zu verdoppeln und zu verdreifachen, mehrere Zentner lasteten auf mir, ohne dass ein Grund dafür erkennbar war. Das ging nicht mit rechten Dingen zu!

      »Hoffentlich brichst du unter deiner Last nicht zusammen«, höhnte der Leiter der Tixudabwehr.

      Und da begriff ich. Es war kein wie auch immer geartetes Phänomen, sondern Telekinese. Die Befallenen entwickelten Mutantenfähigkeiten! Ich wusste nicht, wie ausgeprägt sie waren, aber die Vorstellung, die Tranoque soeben inszenierte, ließ bei mir verständlicherweise keine rechte Freude aufkommen. Wenn sich mehrere zusammentaten, konnten sie auch mir gefährlich werden.

      »Um mich niederzudrücken, müsstest du mir schon einen Holprig aufladen«, knurrte ich und machte, dass ich davonkam.

      Valabog erhielt nach wenigen Schritten sein altes Gewicht zurück, für mich ein Hinweis darauf, dass Tranoque und/oder Maronx noch ein wenig ungeübt waren in der Handhabung dieser neuen Fähigkeit. Mir war das nur recht, denn stümperhaften Mutanten, die noch experimentierten, konnte ich leichter Paroli bieten.

      Die Prügelei war immer noch in vollem Gang. Mir persönlich machte das nichts aus, aber die Kaytaber hatten nicht viel Spaß an meinem Vorwärtsstreben. Hinter mir blieb eine regelrechte Tabuzone zurück, eine Schneise aus Gestürzten und Gefallenen, die mit meiner Hilfe engen Kontakt zu ihrem Heimatboden bekamen.

      Endlich hatte ich die Menge hinter mir gelassen. Ich konnte schneller ausschreiten und steuerte das Labor an. Der Dichter stöhnte unterdrückt, war aber schon wieder in der Lage, zu reimen.

      »Von meinen ganzen Knochen scheint die Hälfte gebrochen.«

      »Bestimmt nicht, denn sonst hätte dein Bewusstsein für ein paar Stunden das Licht ausgeknipst«, widersprach ich. »Auf jeden Fall werde ich dich erst einmal gründlich untersuchen.«

      Das tat ich dann auch, doch außer einigen Prellungen und Blutergüssen hatte Valabog keine ernsthaften Verletzungen davongetragen. Interessant war für mich seine Schilderung über den Sturz von dem Podest. Unvermittelt hatte er einen heftigen Stoß bekommen, ohne dass ihn jemand körperlich berührt hatte.

      Ob Maronx oder Tranoque dafür verantwortlich war, vermochte er nicht zu sagen. Wie sollte er auch die Einwirkung einer unsichtbaren Kraft optisch erkennen? Immerhin war seine Aussage für mich die Untermauerung meiner These, dass die Infizierten Mutantenfähigkeiten entwickelten. Das würde dazu führen, dass sich die Befallenen und die Gesunden noch mehr entfremdeten, denn Teleporter und Telepathen waren den Planetariern unbekannt.

      Wenn