Название | Lebendig! |
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Автор произведения | Michael Herbst |
Жанр | Документальная литература |
Серия | |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783775158800 |
Sie hörten aus der Bibel, wie ihr Leben sein könnte. Gott ehren und lieben. Keine anderen Götter. Einen Tag in der Woche der ewigen Plackerei entkommen und ausruhen. Ehen, die intakt sind. Kinder, die geliebt und umsorgt werden. Alte, die man nicht sich selbst überlässt. Keiner fürchtet um sein Eigentum. Geredet wird, was wahr ist, und das auch noch in Liebe. Fremde werden freundlich aufgenommen. Für die Armen fühlen sich alle zuständig. Dankbar lebt jeder mit dem, was ihm gegeben ist, und starrt nicht neidisch in Nachbars Garten. So sollte es sein, so könnte es sein, aber so ist es nicht. So weit sind sie weg von einem wahrhaftigen Leben. Es ist zum Heulen.
Was tun nun die Prediger? Rufen sie eine Fastenwoche aus? Diesmal nicht. Sie sagen: »Seid nicht bekümmert!« Freut euch vielmehr über den Herrn! Warum? Weil der Herr euch nicht verwirft. Weil er euch nicht verstößt. Er sieht eure Tränen und freut sich, wie sich nur Gott freuen kann, über eure Reue. Er vergibt und verzeiht. Schließt euch jetzt bloß nicht in euren Kummer ein. Freut euch über den Herrn, der euch vergibt. Das ist der erste Weg zur Freude: Das Volk hört und sieht den schmerzlichen Abstand zu dem, was es sein könnte, und staunt, denn Gott vergibt. Da wo wir tief in den Abgrund schauen, wartet nicht Kummer, sondern neue Freude.
Es ist als Zweites die Freude in der Nähe des Herrn. Diese Freude ist »eure Stärke«. Sie macht stark, belastbar, lebendig, mündig. Das Wort Stärke meint hier: eine Trutzburg, ein Schutz, ein Ort der Geborgenheit in großer Gefahr, ein Willkommen, wenn wir nirgends mehr hinkönnen. Stärke heißt nicht Muskelpakete, die mir plötzlich wachsen, sondern eine Schutzburg, in die ich immer fliehen kann, jederzeit, wo ich mich bergen kann und daheim bin. Hier bist du willkommen! Dann darf ich erleben: Egal wie meine irdischen und äußeren Umstände sind – die Freude am Herrn steht mir immer offen. Egal wie meine innere und seelische Verfasstheit ist – die Freude am Herrn birgt mich.
Ich muss hier an Paulus denken, der zusammen mit Silas in Philippi im Knast landete (vgl. Apostelgeschichte 16,23-40). Da hocken sie also in einem finsteren Loch und es ist höchst unsicher, ob sie wieder heil herauskommen. Sie sind misshandelt worden und liegen in Ketten. Und was tun sie in so schlimmen Umständen, was machen sie mit der Furcht, die in ihr Herz kriecht? Sie suchen den inneren Zufluchtsort auf, der ihnen offensteht, sie kehren ein in die Freude beim Herrn. Sie handeln absolut gegen alles Erwartbare: Sie beten und singen Loblieder. Nicht, weil sie so unbeeindruckt sind oder weil ihre Frömmigkeit ein olympisches Ausmaß erreicht, sondern weil der Herr in der Nähe ist und sie in die Freude kriechen wie unter einen Schutzmantel.
Ich glaube übrigens, dass Gott solche Erfahrungen gerade dann schenkt, wenn wir in die Verließe unseres Lebens geschickt werden. Ich vertraue darauf, dass wir gerade dann seine Nähe erleben werden. Das ist der zweite Weg zur Freude: in der Tiefe unter den Schutzmantel kriechen, weil der Herr nah ist. Hier sind Sie willkommen und in absoluter Sicherheit.
Und das Letzte: Es ist die Freude auf den Herrn. Wir gehen auf die ewige Freude zu. Dafür hat die Bibel das Bild einer langen Festtafel, an der wir sitzen und mit Jesus das neue Leben feiern werden. Darum haben die Menschen der Bibel immer wieder gemeinsam gefeiert, gegessen und getrunken. Esra und Nehemia sagen nicht nur: »Seid nicht bekümmert; denn die Freude am Herrn ist eure Stärke.« Sie sagen auch: »Deckt die Tische. Esst und trinkt und teilt mit denen, die nichts mitgebracht haben« (vgl. V.10) Das Geistliche wird hier ganz leiblich.
Alle Diätberater müssen jetzt sehr tapfer sein: fette Speisen, süße Getränke! Apfelkuchen! Mit Sahne! Extra-Käse auf der Pizza, bitte keine Cola light. Den alten guten Wein! Fasten? Nicht, wenn Gottes Volk feiert. Nur damit es keine Missverständnisse gibt: Sonst schon. Aber nicht, wenn es gilt, gemeinsam Gott zu feiern und sich gemeinsam auf ihn zu freuen.
Wie öffne ich mein Leben einer Freude, die unabhängig ist von äußeren Umständen und seelischem Bauplan? Esra und Nehemia sagen: Freu dich über den Herrn, vielleicht unter Tränen, denn er vergibt so gern. Freu dich in der Nähe des Herrn, denn er ist wie eine Trutzburg, wenn dir das Leben übel mitspielt. Freu dich auf den Herrn und tu das jetzt schon! Iss und trink und feier, was kommt.
Wie schön wäre es, wenn wir Menschen würden, deren Frömmigkeit durch Freude bestimmt wird, und wenn unsere Gemeinden für die Freude berühmt würden, die hier lebt, an guten wie an schweren Tagen! Seid bitte nicht bekümmert, freut euch, »denn die Freude am Herrn ist eure Stärke.«
Zweiter Teil Veränderung ist möglich
1. Gott auf Wohnungssuche – Gottes Geist in unserem Leben
Menschen in einer Universitätsstadt wissen gut, was es heißt, auf Wohnungssuche zu sein, Anzeigen aufzugeben und Angebote zu studieren. Ein ungemütlicher Zustand, unbehaust, irgendwie schutzlos, im Zwischenland, nicht mehr dort, noch nicht hier. Ungemütlich, anstrengend, nervig. Wer dringend sucht, der muss manches in Kauf nehmen. Sehr einladend finde ich etwa dieses WG-Zimmer: »Sie können alle überflüssigen Möbelstücke rausräumen, und Oma holen wir im Frühjahr auch wieder ab.«
Auch Gott ist auf Wohnungssuche. Vielleicht denken Sie: Na, das ist ein etwas seltsamer Vergleich. Gott – auf Wohnungssuche? Aber wir hören von Jesus öfter, dass er keine Wohnung hatte. Gleich zu Beginn seines Lebens heißt es, dass für Josef und Maria kein Platz in der Herberge war (Lukas 2,7). Ein Stall war die erste Adresse des Herrn auf Erden. Später beschreibt Jesus seinen »Lebensstil« und seine Wohnsituation: Der Menschensohn hat keinen Ort, wo er sein Haupt hinlegen kann, er ist gleichsam obdachlos in dieser Welt (Lukas 9,57-58). Jesus – ein Landstreicher? Als Jesus in sein Eigentum kam, nahmen die Menschen ihn nicht auf. Doch die, die ihn aufnahmen, sind Gottes Kinder (Johannes 1,9-13). Auf seinem Weg von Bethlehem nach Golgatha sucht Jesus immer wieder Herberge bei Menschen, zum Beispiel bei Zachäus (Lukas 19,5). Jesus möchte einkehren. Jesus bittet um Aufnahme und sucht, wo er willkommen ist. Er ist kein Hausbesetzer, er ist ein Wohnungssucher. Der hohe Gast macht sich ganz niedrig. Das bedeutet am Ende ja nichts weniger als: Gott macht sich klein. Er, der größer ist als das Größte, wird kleiner als das Kleinste, um durch unsere Lebenstür zu treten und sich bei uns häuslich niederzulassen. Ich kleiner Mensch werde ganz groß: Gott bittet um Einlass.
Von Jesus hörten wir es, und danach setzt es sich seit Pfingsten fort. Das ist eine wichtige Spur, wenn wir verstehen möchten, wer der Heilige Geist ist und was er tut oder was es für uns bedeutet, mit dem Heiligen Geist in Verbindung zu treten. Um es vorwegzunehmen: Wenn es uns um lebendiges, mündiges Christsein geht, dann kommen wir dem Geheimnis solchen Christseins hier ein ganzes Stück näher. Es geht dabei letztlich um die Frage, ob das Leben eines Jüngers in der Welt ein angestrengter Versuch ist, ein besserer Mensch zu werden, oder ob es ein Leben aus der tiefen, geheimnisvollen Gemeinschaft mit Gott ist.
Dafür bietet sich dieses Bild von der »Wohnungssuche« an, es gewährt uns einen Zugang zum Geheimnis des Heiligen Geistes und zugleich zum Geheimnis des Christseins: Gott nimmt Wohnung in einem Menschen. Er tut das dort, wo Menschen das Wort von Jesus hören und sich daran halten und danach richten. Er tut das da, wo Menschen sich sagen lassen, wer sie sind und was Gott für sie sein will. Wo Menschen das Wort von Jesus so hochachten, da zieht Gott ein. Das ist die einzige Bedingung, die der wohnungssuchende Gott hat: Haltet euch an Jesus und sein Wort. Dann ziehe ich ein. Ich selbst. Gott, der Heilige Geist. Jesus hat gesagt: »Wer mich liebt, wird sich nach meinem Wort richten. Mein Vater wird ihn lieben. Und wir werden zu ihm kommen und immer in ihm gegenwärtig sein« (Johannes 14,23). Luther übersetzte: »… wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm nehmen.«
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