Abteilung G.. Arno Alexander

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Название Abteilung G.
Автор произведения Arno Alexander
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9788711626061



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mit Dick Murray und Inspektor Lennox zusammen, aber es war ziemlich dunkel, und der kleine Kriminalbeamte zwängte sich so rasch an den eifrig Redenden vorbei, daß sie ihn nicht erkannten.

      „Hallo! Maud!“ schrie Dick auf, als er sie oben stehen sah. Dann raste er hinauf, drei Stufen auf einmal nehmend.

      „Maud! Mein armes, kleines Frauchen!“ murmelte er und hielt sie fest umschlungen. „Was? Weinen? Aber jetzt ist doch alles vorbei! Kindchen! Besinne dich doch! Ich habe dich immer für so tapfer gehalten, und nun plötzlich dieses Benehmen … Ist Elgin da? Ja? Lennox, gehen Sie doch bitte hinein und unterhalten Sie sich einstweilen mit Elgin. Ich muß meiner Frau erst die Tränen trocknen.“

      Maud weinte wirklich. Sie hatte den Kopf auf Dicks Schulter gelegt, und ihre schmalen Hände klammerten sich an seinem Mantel fest, als wolle jetzt, jetzt gleich wieder jemand ihren Dick entführen.

      „Nein, nein!“ rief sie und schluchzte auf. „Ich will nicht weinen … Ich will tapfer sein … Jetzt hab’ ich dich doch wieder! Es ist alles wie ein Traum, wie ein böser Traum …“

      Lennox räusperte sich leise und trat in die Wohnung. Etwas verwundert sah er die am Boden verstreuten Blumen an und den geöffneten Grammophonkasten.

      „Elgin!“ rief er. „Leutnant Elgin!“

      Elgin kam aus dem anderen Zimmer und blinzelte mit den Augen. Er mußte im Dunkeln gesessen haben.

      „Ja, was ist denn hier los?“ fragte Lennox befremdet.

      „Inspektor, haben Sie ihn gesehen?“ rief Elgin aufgeregt.

      „Wen?“

      „Hearn! Inspektor Hearn! Er war hier, hat Maud sprechen wollen.“

      Lennox sah verblüfft vor sich hin.

      „Was? Jetzt? So spät noch?“

      Elgins Augen hingen flehend an den Lippen des Inspektors.

      „Was kann denn das bedeuten, Inspektor?“ fragte er und schluckte ein paarmal.

      Lennox zuckte die Achseln.

      „Wenn Sie’s nicht wissen, Elgin, wo Sie doch unter ihm arbeiten, — woher soll ich’s erraten?“

      „Ach Gott! Ich habe solche Angst …“

      „Na, jetzt hören Sie auf zu jammern. Nehmen Sie sich zusammen. Dick darf kein Wort von diesem Besuch erfahren, und … Maud dürfen Sie auch nicht sagen, wer Hearn ist …“

      „Sie weiß es ja!“

      „Was weiß sie?“ fragte Lennox heftig. „Sie wird wissen, daß er Inspektor der Kriminalpolizei ist — wie ich. Nicht aber wird sie wissen, daß es keinen gefährlicheren Geheimpolizisten gibt als Hearn …“

      „Und das … sollte man … ihr gerade sagen“, stammelte Elgin.

      „Warum?“

      „Warum? Damit sie sich in acht nimmt. Darum! Was wissen denn Sie von ihr! Was weiß denn ich? Vielleicht war sie mal in Not, vielleicht hat sie mal etwas getan …“

      „Sie phantasieren!“ unterbrach ihn Lennox streng. „Wir Kriminalbeamten wittern ja überall und immer nur Verbrechen. Es wird nicht halb so schlimm sein … Aber jetzt reißen Sie sich endlich zusammen, Elgin!“

      Elgin machte ein, zwei unsichere Schritte durchs Zimmer.

      „Und …“ meinte er fragend, „wie war das mit dem … Erschossenen?“

      „Das?“ Lennox runzelte die Stirn. „Das ging so verblüffend glatt ab, daß ich es gar nicht fasse.“

      „Seine Freilassung haben doch Sie erwirkt?“

      „Ich?“ Lennox hob die Schultern. „Gewiß, ich habe mich dafür eingesetzt und … Na, kurz und gut, als ich mich erst auf den Kampf um Dicks Freiheit gefaßt machte, sagte der Beamte schon, ich hätte ihn ganz überzeugt, und Dick sei frei. Können Sie das verstehen?“

      „Nein.“

      „Und nachher fand man bei dem Erschossenen die Beweise seiner Zugehörigkeit zur berüchtigten Bande Mc Carthys. Hören Sie, Elgin: nachher! Dick wäre auch ohne diese Beweise freigekommen — auf ein paar Worte von mir hin.“

      „Das ist merkwürdig.“

      „Es ist noch viel merkwürdiger, wenn man bedenkt, daß ich von Notwehr sprach und … Sagen Sie mal, halten Sie es für Notwehr, wenn man einem Menschen eine Kugel auf den Millimeter genau zwischen die Augen jagt? Halten Sie das für Notwehr?“

      Elgin schüttelte entsetzt den Kopf.

      „Und das … hat Dick getan?“

      „Auf den Millimeter genau, wie ich sagte.“ Lennox dämpfte die Stimme. „Dick ist und bleibt mein Freund — es kann geschehen, was da will. Aber — wenn das kein Mord, kein glatter, wohlüberlegter Mord war, dann bin ich umsonst seit zwanzig Jahren Kriminalbeamter.“

      „Genau zwischen die Augen“, flüsterte Elgin, und seine Lippen zitterten merklich. „Auf den Millimeter genau … Mein Gott!“

      „Nehmen Sie sich zusammen, — sie kommen“, sagte Lennox streng.

      IV

      William, der Bruder Jim Elgins, saß grübelnd an seinem etwas altmodischen Schreibtisch. Er hatte den Kopf in die Hände gestützt und starrte das Tintenfaß an, in dem die Tinte völlig ausgetrocknet war. Seit zwanzig Minuten saß er so da, nachdem er vordem eine fieberhafte Tätigkeit entwikkelt und die ganze Wohnung aufs genaueste durchsucht hatte. Seine anfängliche Aufregung hatte sich gelegt, und übriggeblieben war nur eine quälende Unruhe, verursacht durch die Frage: Was hatten die Leute hier gewollt, die gewaltsam in seine Wohnung eingedrungen waren, die kein Fach unberührt gelassen, alles durchwühlt und durcheinander geworfen hatten und doch nichts mitnahmen? Sogar die erbrochene Geldkassette mit etwa vierzig Dollar darin wies ihren vollen Inhalt auf.

      William war Offizier der Armee. Er war älter als sein Bruder, größer und kräftiger, wenn auch lange nicht so hübsch. Wenn der fünfundzwanzigjährige Jim noch wie ein Jüngling aussah, so konnte man William getrost um einige Jahre älter als siebenundzwanzig — so alt war er — schätzen.

      Langsam stand William auf. Seine Hände griffen nach der Zigarettendose, ein Streichholz flammte auf. Die Einbrecher mußten doch etwas ganz Bestimmtes gesucht haben, dachte er, — sonst hätten sie das Geld mitgenommen. Ganz gewiß hätte das ein gewöhnlicher Einbrecher getan. Papiere? Er bewahrte aber keine wichtigen Papiere auf, und wenn die ungebetenen Besucher die paar Briefe, die hier vor ihm lagen, etwa photographiert hatten, so würden sie sehr enttäuscht sein. Und auch sein Bruder bewahrte nie wichtige Papiere zu Hause auf …

      Bei diesem Gedanken wurde William plötzlich bleich. Ganz genau wußte er jetzt, was die Einbrecher hier gesucht hatten — gesucht und vielleicht auch gefunden. Früher hatte Jim nie dienstliche Papiere nach Hause mitgebracht, — das stimmte. Aber seit er kürzlich zum Leutnant befördert worden war, hatte sich das doch geändert, und William entsann sich jetzt genau, daß sein Bruder einigemal ein schmales Aktenheft in dem Schreibtisch verschlossen hatte.

      Man mußte ihn benachrichtigen — sofort! Keine Minute war zu verlieren. Vielleicht konnte ein verhängnisvolles Unglück verhindert werden, wenn Jim sofort das Nötige veranlaßte.

      Hastig riß William den Uniformrock vom Nagel, setzte die Mütze auf und eilte hinaus auf die Straße. Es war nicht schwer zu erraten, wo Jim zu finden sein würde; hatte er doch gestern von einem Fest gesprochen, bei dem er anwesend sein müsse. Und Jims Feste? William wußte, daß nur die Familie Murray für ein solches Fest in Betracht kam. Schnell, immer schneller schritt der junge Offizier aus, und sein Blick klebte dabei am Boden, an dem Schnee, der unter seinen Füßen knirschte.

      Doch da, als er eben eine Straße überqueren wollte, hörte er ein sonderbares Heulen, das sich rasch näherte, und