Abteilung G.. Arno Alexander

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Название Abteilung G.
Автор произведения Arno Alexander
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9788711626061



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ist mein Vorgesetzter. Nein, Lennox arbeitet bei einer ganz anderen Abteilung …“

      „Hat er großen Einfluß? Ich meine, kann er es bewirken, daß man mal einen … nun, einen nicht ganz Unschuldigen freiläßt?“

      „Aber wo denken Sie hin?“ rief Elgin fast entsetzt. „Sie müssen ja eine Vorstellung von unserem Dienst haben!“

      „Also er kann es nicht?“ fragte sie heftig.

      „Nein, das kann nicht einmal der Chefinspektor, nicht einmal …“

      Sie sprang mit einem Satz auf, hielt sich die Ohren zu und lief rasch durchs Zimmer.

      „Genug! Genug! Ich will nichts hören! Das ganze Haus hat man voll Kriminalbeamten, wie daheim gehen sie hier ein und aus, aber wenn man sie mal braucht …“

      Sie schwieg, denn die Telephonklingel hatte laut angeschlagen. Maud wollte hinlaufen, aber Elgin kam ihr zuvor. Mit zwei Schritten war er am Tischchen mit dem Apparat, riß den Hörer an sich und streckte die andere Hand abwehrend von sich. Aber Maud dachte nicht daran, ihn am Hören und Sprechen zu hindern. All ihr Tätigkeitsdrang hatte sie plötzlich verlassen, und sie sank in einem jähen Schwächeanfall auf einen Stuhl.

      „Hier Elgin!“ rief der junge Mann aufgeregt. „Wer dort? Wer? Ach, Sie, Inspektor Lennox? Nun? Wie . . Was? Ja … ja … Halt! Warten Sie! Maud! Maud! Er ist frei! Er ist frei! Hurra! Er ist frei! So, jetzt können Sie weiterreden, Inspektor! Ja … ja … Aber das ist ja herrlich! Großartig! Danke, werde ich genau ausrichten! Hurra! Wir erwarten Sie! Machen Sie schnell!“

      Maud war während dieses stürmischen Gesprächs langsam aufgestanden, aber dann hatte sie sich doch wieder hingesetzt. Nur ihre Augen sprachen jetzt, über die Lippen kam kein Wort, aber deutlicher als diese Augen hätten auch Worte nicht fragen können.

      „Ich hab’s doch gesagt: Es wird noch alles gut!“ jubelte Elgin. „Er ist frei! Haben Sie es gehört, Maud? Er ist frei! Einen Verbrecher hat er erschossen! Einen Verbrecher, der selbst auf ihn schießen wollte! Also Notwehr! Und bei dem Kerl haben sie genügend Beweise gefunden … Ah, das ist herrlich. Dick ist ein Held!“

      „Wann kommt er?“ fragte sie leise.

      „Gleich sofort! Nur ein paar Formsachen, ein paar Fragen, wissen Sie … Das ist bei uns nun einmal so. Sogar wenn man einen Verbrecher erschießt, muß man dergleichen über sich ergehen lassen. Aber, passen Sie auf, in einer halben Stunde sind Lennox und Dick hier.“

      Maud seufzte tief auf, und plötzlich schimmerten in ihren Augen Tränen.

      „Jetzt muß ich mich etwas zurechtmachen, lieber Elgin“, sagte sie hastig. „Dick soll keine verweinten Augen sehen, wenn er nach Hause kommt.“

      „Aber Sie haben doch gar nicht ge — — —“

      „Natürlich habe ich geweint! Jede Frau weint, wenn ihr Mann verhaftet wird. Machen Sie sich ebenfalls zurecht. Sie sehen auch ganz verweint aus. Und ziehen Sie das Grammophon auf …“

      „Aber das hat doch Zeit …“

      „Das hat nicht Zeit. Dick liebt es, wenn das Grammophon spielt.“

      „Wenn er doch aber erst in ehestens einer halben Stunde … Aber mir ist es gleich. Was soll ich spielen — was Ernstes, ein Gesangstück oder …“

      „Dick liebt Märsche!“ rief sie, und zum erstenmal lächelte sie. „Und bei uns werden Sie auch nichts außer Märschen finden!“

      „Dann also Märsche!“ sagte er vergnügt und trat gehorsam an den etwas altmodischen Apparat in der Ecke.

      Als Maud nach einer Viertelstunde wieder das Zimmer betrat, spielte Elgin schon den siebenten Marsch.

      „Diese Musik ist erschütternd“, sagte er und fuhr sich mit seinem Tuch über die Stirn. „Aber wenn Dick sie liebt …“

      Sie lachte fröhlich.

      „Jetzt dürfen Sie eine kleine Pause machen. Aber erst eine neue Platte aufsetzen, damit es gleich losgehen kann, wenn sie kommen.“

      Er stellte die Musik sofort ab, befolgte aber genau ihre Anweisungen. Dann setzte er sich aufs Sofa und sah ihr eine Weile stumm zu, wie sie im Zimmer auf und ab lief und immer noch etwas zum Ordnen, zum Zurechtrücken fand. Es gibt doch eine Gerechtigkeit —, dachte er im stillen, als er jetzt wirklich diese zarten, weißen Hände über das Tischtuch fahren sah — genau wie er es vor einer halben Stunde traumhaft vor sich gesehen hatte.

      „Es konnte gar nicht anders kommen“, sagte er unwillkürlich laut, zum Abschluß seiner Gedanken.

      „Was meinen Sie?“ fragte sie und hielt in ihrer Arbeit inne.

      „Ach nichts“, wehrte er ab. „Sagen Sie, Maud, hat sich Dick eigentlich gut erholt?“

      Sie stützte sich mit den Händen auf die Tischplatte und sah nachdenklich vor sich hin.

      „Es schien mir so. Ich hatte gar keine Zeit, ihn zu fragen. Aber er hat ja auch immer geschrieben, daß seine Gesundheit viel, viel besser sei.“

      „Und jetzt ist er wohl ganz gesund? Kann auch seinen Beruf wieder ausüben?“

      „Warum fragen Sie? Gewiß kann er auch seinen Beruf ausüben. Er wollte ja gar nicht aussetzen, damals … Ich bestand darauf. Erinnern Sie sich, was der Arzt sagte? Lungenschwindsucht? Nein, das hat er nicht gesagt. Er sagte, es könnte — hören Sie — es könnte Lungenschwindsucht werden, wenn Dick sich nicht ein halbes Jahr in Europa in einem Kurort erholte. Und Dick hat sich erholt! Er war ein halbes Jahr lang in Davos und hat dann noch eine wunderbare Reise quer durch Amerika gemacht. Da muß er ja gesund geworden sein.“

      Elgin stand auf und schlenderte langsam zu dem Grammophonkasten.

      „Nun ja …“ meinte er unsicher und schraubte die Nadel heraus und eine andere ein. „Hören Sie, Maud — ich wollte Sie schon immer fragen: woher nahmen Sie das Geld für Dicks Reise?“

      „Das Geld?“ Sie sah erstaunt auf. „Das bißchen Geld, das dazu nötig war? Nun, Lennox gab es mir.“

      „Lennox … Hm …“ murmelte Elgin und beugte sich über die Platten. „Lennox? Warum nahmen Sie es von Lennox? Warum gerade von Lennox?“

      „Aber, lieber Elgin, wie merkwürdig Sie heute sind! Von irgendwoher mußte ich es doch nehmen!“

      „Aber gerade von Lennox!“ beharrte er. „Wissen Sie, daß ich auch Ersparnisse habe? Ich hatte es Ihnen mal angedeutet … Aber als Sie Geld brauchten, dringend brauchten, gingen Sie lieber zu Lennox. Und doch hatte ich an dem Tage, als Sie uns sagten, Sie hätten das Geld bereits … ja, an dem Tage hatte ich eintausendzweihundert Dollar in der Tasche. Ich hatte das Geld von der Bank geholt, um es Ihnen zu bringen …“

      Sie trat rasch auf ihn zu.

      „Eigin!“ rief sie und drückte ihm fest die Hand. „Das war Ihr erspartes Geld ganz? Und das wollten Sie mir geben …“

      „Warten Sie!“ unterbrach er sie beinah schroff. „Wenn ich das nur gewollt hätte, würde ich es Ihnen jetzt nicht erzählen. Oder denken Sie, ich spreche davon, um in Ihren Augen recht edel dazustehen? Nein, etwas anderes möchte ich Ihnen sagen: Wenn Lennox je wegen dieses Geldes irgendwie … wie soll ich sagen … sich irgendwelche Rechte einbilden sollte …“

      „Ja, was dann?“

      „Dann können Sie jederzeit das Geld von mir bekommen und es ihm vor die Füße werfen!“

      Maud lachte auf. Sie setzte sich dicht neben das Grammophontischchen und sah Elgin ins Gesicht.

      „Hu, wie theatralisch, lieber Freund!“ rief sie aus. „So kenne ich Sie ja gar nicht. Aber beruhigen Sie sich! Nie wird es Lennox einfallen, sich etwas Derartiges einzubilden …“

      Elgin hob schnell den Kopf.

      „Na, dann