Название | Der letzte Leopard |
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Автор произведения | Lauren St John |
Жанр | Книги для детей: прочее |
Серия | |
Издательство | Книги для детей: прочее |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783772543432 |
Martine warf Ben einen verstohlenen Blick zu. Sie wusste, dass Gwyn Thomas ihr das Leben schwer machen würde, sollte man sie beim Galopp auf Jemmy ertappen. Sie wusste aber auch, dass Ben niemals log, und hätte das auch nie von ihm erwartet. Sie machte sich schon auf eine Strafpredigt und ein Reitverbot gefasst. Großartig! Und das am ersten Tag der Schulferien.
«Ja … ääh … ich glaube», sagte Ben und wand sich auf seinem Stuhl.
Die Großmutter stemmte die Arme in die Hüften. «Was glaubst du, Ben? Rück heraus mit der Wahrheit!»
«Ich glaube, der Toast brennt an», sagte Ben geistesgegenwärtig.
Gwyn Thomas sprang auf, zog die rauchende Grillpfanne vom Herd und pustete die Flammen aus, die an den vier verkohlten Toastscheiben züngelten. In diesem Moment begann die Schaltuhr des Ofens zu piepsen und zeigte an, dass die Pilze gar waren, und Martine bemerkte, dass nun auch von den Tomaten Rauch aufstieg. Als sie schließlich das verbrannte Frühstück halbwegs gerettet, frische Toasts gemacht und ein paar Eier in die Pfanne geschlagen hatten, schien Martines Großmutter den gefährlichen Ausritt vergessen zu haben.
Ben lenkte sie zusätzlich mit einer Warzenschweingeschichte ab, die ihm Tendai am Morgen erzählt hatte. Es ging um einen jungen Jäger, den er während seiner Ausbildung zum Wildhüter kennengelernt hatte. Eines Tages wollte dieser die anderen Jägerlehrlinge unterhalten und seine Tapferkeit unter Beweis stellen, indem er ein Warzenschwein in einem Gehege einfach so zum Spaß reizte und quälte. Sollte das Tier auf ihn losgehen, wollte er über den Zaun entkommen.
«Das einzige Problem war, dass es sich um einen Elektrozaun handelte», erzählte Ben grinsend. «Und an dem blieb der junge Jäger zwanzig Minuten lang hängen, bis das Warzenschwein genug hatte und von ihm abließ.»
Martine, deren Arme immer noch von ihrer eigenen Begegnung mit einem aufgebrachten Warzenschwein schmerzten, lachte, wenn auch nicht so herzhaft wie ihre Großmutter.
«Was habt ihr beide denn für Ferienpläne?», fragte Gwyn Thomas, während sie ihnen ein Glas frischen Papayasaft einschenkte. «Natürlich abgesehen von deinen langsamen, sehr gemächlichen Ausritten mit Jemmy, Martine», fügte sie hinzu und zeigte ihrer Enkelin mit einem vielsagenden Blick, dass sie Bens Worte nicht vergessen hatte, auch wenn sie die Sache noch einmal durchgehen lassen wollte.
Mit einem dankbaren Lächeln gab Martine zurück: «Keine Sorge. Ich werde so langsam reiten, dass uns sogar Schildkröten überholen können.»
Ansonsten wollte sie ihr Wissen über das Leben und Überleben im Busch auffrischen und Aquarelle von den Tieren in der Krankenstation von Sawubona malen.
Ben hatte die Erlaubnis seiner Eltern, den Großteil seiner Ferien in Sawubona zu verbringen, um sich von Tendai in die Geheimnisse des Fährtenlesens einführen zu lassen.
Als Martine Ben kennengelernt hatte, war er beinahe stumm gewesen. Er sagte zu niemandem ein Wort – außer zu ihr und seinen Eltern. Die meisten Mitschüler glaubten denn auch, er sei stumm, und einige waren auch heute noch dieser Meinung. Doch in Sawubona schien er sich beim Plaudern mit Tendai, Gwyn Thomas oder anderen durchaus wohlzufühlen.
Während sie zuhörte, wie Ben von seinem Morgen im Reservat erzählte, spießte sie gedankenverloren mit der Gabel die letzten Kartoffeln auf und ließ die Küchenszene auf sich wirken. Vor acht Monaten waren ihre Eltern in der Silvesternacht bei einem Brand in England ums Leben gekommen. Darauf war sie wie ein Paket nach Afrika geschickt worden, wo sie bei ihrer strengen Großmutter leben musste, von deren Existenz sie vorher nicht einmal gewusst hatte. Sie war überzeugt gewesen, nie mehr in ihrem Leben glücklich sein zu können. Doch nun saß sie zufrieden am Frühstückstisch mit jener Großmutter, die nach einer schwierigen Anfangszeit einer der wichtigsten Menschen in ihrem Leben geworden war, und mit Ben, ihrem allerbesten Freund auf dieser Welt – abgesehen von Jemmy natürlich.
Durch die offene Tür sah Martine, wie ein paar Zebras in einiger Entfernung am Wasserloch herumplanschten. Ihre Eltern würden ihr immer fehlen, aber es half ihr schon sehr, dass ihre neue Heimat eines der schönsten Wildreservate der südafrikanischen Kapprovinz war, dass sie auf ihrer eigenen weißen Giraffe durch den Busch reiten konnte und dabei so dicht an Elefanten und Zebras herankam, dass sie sie berühren konnte. Außerdem mochte sie das Wetter in Afrika. Obwohl es noch früh war, tauchte die Sonne die Küchenfliesen schon in ein warmes Orange, und auch Shelby, die rötlich-braune Katze, genoss lang ausgestreckt die Wärme der frühmorgendlichen Sonnenstrahlen.
Das schrille Klingeln des Telefons schreckte sie auf. Gwyn Thomas blickte auf die Uhr und runzelte die Stirn. «Es ist noch nicht einmal sieben. Wer ruft denn in aller Herrgottsfrühe an einem Sonntagmorgen an?»
Sie ging in das Wohnzimmer, wo das Telefon stand. Die Leitung schien schlecht zu sein, denn sie musste sehr laut sprechen. In der Küche war jedes Wort zu verstehen.
«Sadie», rief sie, «was für eine Überraschung! Schön, von dir zu hören. Wie geht’s in der Black Eagle Lodge? … Nein, das darf nicht wahr sein. Das tut mir wirklich leid. Wenn ich etwas für dich tun kann, Sadie, dann sag’ es mir. Wie bitte? Oh! Oooh!»
Ben und Martine blickten sich an, und Ben zog die Augenbrauen hoch. «Klingt nicht gut», murmelte er.
«Ah, ja, ja, ich verstehe», sagte Gwyn Thomas. «Nein, nein, das muss dir nicht peinlich sein. Auf gar keinen Fall. Im Gegenteil, eigentlich passt das perfekt. Wir sind schon unterwegs. Mach dir nur mal keine Sorgen. Wir sind bald da. In der Zwischenzeit pass gut auf dich auf.»
Sie hörten, wie Gwyn Thomas den Hörer auflegte. Dann war es für eine Weile still. Als die Großmutter wieder die Küche betrat, machte sie ein ernstes Gesicht. «Martine, Ben, es tut mir leid, aber ihr müsst eure Ferienpläne fürs Erste begraben. Martine, wir fahren morgen früh für einen Monat weg. Wir müssen nach Simbabwe.»
• 2 •
Martine starrte ihre Großmutter verdutzt an und sagte: «Simbabwe? Was? Warum? Ich kann doch Jemmy nicht allein lassen. Das ist unmöglich. Ausgerechnet jetzt, am ersten Ferientag!»
«Ich kann dich verstehen, Martine. Das Ganze kommt wie ein Blitz aus heiterem Himmel, und es tut mir leid», sagte Gwyn Thomas und legte ihr die Hand auf die Schulter. «Es tut mir selbst weh, euch beide enttäuschen zu müssen. Ich weiß, wie sehr du dich auf die Ferienzeit gefreut hast. Ich würde nicht im Traum daran denken, dich von Jemmy oder Sawubona zu trennen, wenn ich eine Alternative hätte. Aber Sadie ist nun mal eine meiner ältesten und besten Freundinnen; ich kenne sie schon seit einer Ewigkeit. Sie hatte einen Unfall und braucht unbedingt unsere Hilfe.»
«Darf ich fragen, was passiert ist?», mischte Ben sich ein. Er war ebenso niedergeschmettert wie Martine, verstand es aber besser, sich das nicht anmerken zu lassen.
«Sicher», sagte Gwyn Thomas. Sie setzte sich und goss sich Kaffee nach. «Sadie führt in den abgelegenen Matobo-Bergen von Simbabwe ein Hotel – die Black Eagle Lodge. Die Matobo-Berge liegen in Matopos, einer Gegend, die für ihre bizarren Felsformationen mit den aufeinandergestapelten Findlingen und ihre Geschichte bekannt ist. Nach einer Legende soll Lobengula, der letzte König des Ndebele-Volkes, dort samt seinem Schatz begraben sein.
Unglücklicherweise ist Sadie vor einer Woche gestolpert und hat sich einen komplizierten Beinbruch zugezogen. Jetzt trägt sie einen Gips vom Fußgelenk bis zum Oberschenkel und humpelt auf Krücken herum. Mit den ganzen Missernten und politischen Problemen ist das Leben in Simbabwe im Moment kein Honiglecken. Im letzten Monat musste Sadie fast alle Mitarbeiter entlassen. Und dieser Unfall macht alles noch schwieriger. Früher war die Black Eagle Lodge besonders bei Reitern sehr beliebt. Jetzt hat sie nur noch einen Mann, der sich um die Pferde kümmert. Und wenn sich doch einmal ein paar Gäste in ihr Hotel verirren, hat sie weder Koch noch Reinigungspersonal. Da Martine eine gute