Lady Trents Erbe: Aus der Finsternis zum Licht. Marie Brennan

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Название Lady Trents Erbe: Aus der Finsternis zum Licht
Автор произведения Marie Brennan
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783966583220



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Frau ist nach Stokesley gekommen. Ich wusste, dass jemand zu Besuch kommen würde, aber Onkel hat mir davor nicht erzählt, dass sie monatelang hier wohnen wird, was sehr unangebracht von ihm ist. Die gute Nachricht ist, dass sie keinen kläffenden kleinen Hund hat, der überall Fell verliert, wie unser letzter Hausgast. (Der Hund hat natürlich das Fell verloren, nicht der Hausgast.) Ich habe Mrs. Hilleck gesagt, dass sie sie im lila Zimmer unterbringen und herausfinden soll, was sie gerne isst.

      Ihr Name ist Audrey Isabxella Mahira Adiaratou Camherst. Sie ist dreiundzwanzig Jahre alt, und Onkel hat sie angestellt, um die Tafeln zu übersetzen. Ich habe gesehen, wie sie zum Abendessen gegangen ist, obwohl sie mich nicht gesehen hat.

      Onkel sagt, es ist sehr wichtig zu wissen, zu welchen Leuten jemand gehört, also habe ich ihre Familie gestern Abend in Webbers Almanach über den Hochadel und andere illustre Persönlichkeiten von Scirland nachgeschlagen. Da steht, sie ist die Enkelin von Isabella Trent, geborene Hendemore, ehemalige Camherst, 1. Baroness Trent, die eine Drachenforscherin und sowohl sehr berühmt als auch sehr skandalös ist. (Der Almanach behauptet nicht, dass sie skandalös ist, aber so viel weiß ich selbst.) Audreys Großvater väterlicherseits war Jacob Camherst, zweiter Sohn eines Barons. Ihr Stiefgroßvater, falls das ein richtiges Wort ist, ist Suhail, Lord Trent, der Akhier und Archäologe und Linguist ist. Er ist auch berühmt, aber weniger, und nicht sehr skandalös. Ihr Vater ist der ehrenwerte Jacob Camherst, ein Ozeanograf. Ihre Mutter ist Kwenta Adiaratou Shamade aus der Talu-Union, eine Astronomin. Das erklärt, warum Audrey eine dunkelbraune Hautfarbe hat, abgesehen von ihrem Haar, das schwarz ist und wie eine Wolke aussieht, wenn sie es offen lässt. Ihre Großeltern mütterlicherseits stehen nicht im Almanach, wahrscheinlich weil sie weder Hochadlige noch Scirländer sind.

      Ich weiß nicht, warum es wichtig ist, solche Dinge nachzuschlagen. Der Almanach hat keinen Eintrag, der mir verrät, ob sie die richtige Art von Leuten sind. Ich denke allerdings nicht, dass Onkel sie dafür hält.

      Meine Anweisungen sind, Audrey auf jegliche Art zu helfen, die sie mir sagt (sogar wenn alles, worum sie mich bittet, ist, ihr einen Tee zu holen) und all ihre Briefe zu lesen, bevor sie in die Post gehen, und Onkel zu erzählen, wenn sie irgendjemandem irgendetwas über die Tafeln schreibt oder wenn sie irgendetwas Unhöfliches oder Verdächtiges über ihn sagt. Der Brief, den Audrey an das Tomphries-Museum geschrieben hat, verrät nur, dass sie hier angekommen ist und dass Lord Gleinleigh genau so ist, wie sie erwartet hat, was vielleicht gemein sein könnte, je nachdem, was sie erwartet hat, aber ich denke nicht, dass es das ist, was Onkel im Sinn hatte. Trotzdem, ich schätze, ich sollte es ihm erzählen, nur um sicherzugehen.

       Aus dem Tagebuch von Audrey Camherst

       5. Pluvis

      Lord Gleinleigh ist nicht beim Frühstück. Wie unhöflich von ihm! Der Hausdiener sagt, dass er nicht oft Frühstück einnimmt. Ich frage mich, ob er überhaupt schon wach ist? Er verbringt einen Großteil seiner Zeit auf dem Kontinent. Vielleicht hat er sich die kontinentale Gewohnheit zugelegt, lange wach zu bleiben. Ich habe mein Bestes getan, um so lange auszuschlafen, bis es die meisten Leute als zivilisierte Zeit erachtet hätten, aber nachdem ich so viel von meinem Leben mit Papa und Mama auf Schiffen verbracht habe, ist die Gewohnheit, bei Tagesanbruch aufzuwachen, schwer abzulegen.

      Irgendjemand muss jedoch auf sein, ansonsten haben die Bediensteten etwas Essen gemopst, weil sie annahmen, dass niemand es essen würde. Wer sonst ist hier, frage ich mich?

       Später

      Gut, jetzt sind mehrere Fragen gleichzeitig beantwortet. Aber was ich von der Antwort halte, da bin ich mir noch nicht sicher.

      Als ich mit dem Frühstück fertig war, ging ich direkt zur Bibliothek, wo, wie Lord Gleinleigh versprochen hatte, die Tafeln für mich ausgelegt sein würden. Ich war halb überzeugt, dass er vergessen hätte, das zu tun – oder vielleicht »vergessen« –, weil er sie mich sicher nicht sehen lassen konnte, ohne dass er anwesend wäre, um über seinen Trophäen zu thronen. Aber da waren sie, in einer ordentlichen Reihe auf einem Tuch ausgelegt, um den langen Tisch zu schützen, der die Mitte des Raums beherrscht. (Warum hat ein Mann, der sich so wenig um echte Gelehrsamkeit schert, eine so gewaltige und gut ausgestattete Bibliothek? Prestige, nehme ich an.)

      Ich steckte mein Haar hoch und fing an, die Reihe zu untersuchen. Jener Raum braucht eine bessere Beleuchtung. Ich habe den Hausdiener bereits gebeten, mir eine Lampe mit einem ausreichend langen Kabel zu bringen, damit ich sie herumzerren kann, wie ich sie brauche. Für den Anfang allerdings musste ich eine der Tafeln zum Fenster tragen, damit ich sie deutlich sehen konnte.

      Und dann stellte ich fest, dass ich grinste wie ein Affe, denn da stand ich, mit einem unbezahlbaren Schatz in meinen Händen! Natürlich ist es nicht das erste Mal, dass ich einen drakoneischen Text in der Hand halte. Ich werde nie den Tag vergessen, an dem Großpapa mir zum ersten Mal eine Tontafel in die Hände gelegt und mir erklärt hat, dass ich wahrlich Geschichte in den Händen hielt. Ich war fünf, denke ich, was die Leute immer entsetzt, wenn sie es hören – was, wenn ich sie hätte fallen lassen? Die Tafel war nur eine Steuerliste. Trotzdem ein Verlust, wenn ich sie zerbrochen hätte, ganz klar, aber keiner, der mich bis an mein Lebensende verfolgt hätte.

      Es würde mich bis an mein Lebensende und darüber hinaus verfolgen, wenn ich eine von diesen hier fallen ließe. Unsere modernen Drakoneer wissen nicht alles über ihre Vorfahren, die Anevrai, genauso wenig, wie ich weiß, was antike Scirländer oder Utalu getan oder gedacht haben. Wir haben nur diese Fragmente, die Texte, die zufällig den Niedergang ihrer antiken Zivilisation überlebt haben. Ich bin sicher, dass die Menschen, die gegen die Anevrai-Herrschaft rebelliert haben, sehr vernünftige Gründe dafür hatten – aber wenn ich könnte, würde ich in der Zeit zurückreisen und sie bitten, dabei nicht so viel zu zerstören. Egal wie tyrannisch ihre Herrscher waren, was gab es damit zu gewinnen, Paläste und Städte niederzubrennen? Wer hatte etwas davon, dass sie die Texte zerschmetterten, die alles Wissen ihrer Welt enthielten? Sie haben sich selbst in eine so tiefe Finsternis gestürzt, dass wir gerade erst anfangen, die naheliegendsten Ecken davon mit Lichtern zu beleuchten.

      Das Stück Ton, das ich heute in meinen Händen hielt, könnte sich vielleicht als wirklich sehr helles Licht erweisen. Ich neigte es vor und zurück, ließ das Tageslicht die schwachen Abdrücke herausbringen, wo die Finger des Schreibers einst die Kanten angefasst hatten, bevor es gebrannt worden war. Ich wäre die Erste, die seine Worte lesen würde!

      … das dachte ich zu dem Zeitpunkt zumindest.

      Ich hatte mich gerade mitten an den Tisch gesetzt, um einige vorläufige Notizen aufzuschreiben, als hinter mir jemand sagte: »Das ist mein Stuhl.«

      Wenn ich diese Geschichte später erzähle, will ich mich selbst beschreiben, wie ich mich mit makelloser Haltung und gefasst umdrehe, aber in Wahrheit habe ich gekreischt. Die Sprecherin war ein Mädchen – nun, ich nenne sie ein Mädchen. Ich denke, sie ist nur wenige Jahre jünger als ich. Aber sie war sehr schlicht gekleidet, in ein taubengraues Kleid, das, wie ich gesagt hätte, schlecht passte. Erst später wurde mir bewusst, dass den Schneider keine Schuld traf. Sie hielt sich so ungelenk, dass es das Kleid wie einen Sack wirken ließ. Und weil ich eine schreckliche Beurteilerin von Mode bin, kann ich mir nur vorstellen, dass sie eine furchtbare Zeit erleben wird, wenn sie in die Gesellschaft eingeführt wird – falls sie das überhaupt je wird.

      »Das ist mein Stuhl«, wiederholte sie, während sie ein Notizbuch an ihre Brust drückte.

      Sie war eindeutig keine Bedienstete. Ich stand auf und sagte: »Sind Sie … Lord Gleinleighs Tochter?« Er ist nicht verheiratet, aber sie hätte wohl sein uneheliches Kind sein können. Nur gibt es keine höfliche Art zu fragen, ob jemand ein Bastard ist.

      »Ich bin sein Mündel«, sagte sie. »Ich sitze da jeden Tag, während ich an der Übersetzung arbeite.«

      »An der …« Das wurde zu einem weiteren Kreischen, nur dass dieses hier entschieden zorniger war.

      Ich dachte