Название | Verbot, Verfolgung und Neubeginn |
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Автор произведения | Helmut Reinalter |
Жанр | Документальная литература |
Серия | Quellen und Darstellungen zur europäischen Freimaurerei |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783706561495 |
1825 wurde er – wie bereits erwähnt – in Stettin in die Loge „Drei goldene Anker zur Liebe und Treue“ aufgenommen. Im Juli 1848 erhielt er von der Großen Landesloge der Freimaurer von Deutschland ein Attest, das ihm eine Wiederbelebung der Bauhütte „Zum heiligen Joseph“ in Wien gestattete, und zwar „in schuldiger Beachtung der desfalligen landesherrlichen Verordnung die Reaktivierung quiescierender St. Johannis Freimaurerloge genannt ‚zum heiligen Joseph‘ ins Werk zu setzen, oder auch den Umständen nach, die Stiftung einer neuen St. Johannis Freimaurerloge in Wien dergestalt vorzubereiten, daß wir dazu die nach den Vorschriften unserer alten, die Ehre Gottes und das Wohl der Menschheit bezweckenden Ordens, Genehmigung erteilen und die Konstitutionsurkunde ausfertigen können. Vor allem ist zu dem beregten Vorhaben die Genehmigung der betreffenden hohen Staatsbehörde in Wien einzuholen und uns in Urschrift vorzulegen.“ Lewis hat sich allerdings erst am 30. Juli in dieser Angelegenheit an Minister Doblhoff gewandt.133
Im August 1848 richtete er an das Ministerium des Inneren das Ansuchen, „die freimaurerische Loge ‚Zum heiligen Joseph‘, die 1794 ‚ihre Versammlungen und Arbeiten freiwillig für solange eingestellt hatte, bis günstigere Zeitumstände wieder ihrer sodann erneuerten Wirksamkeit einen gedeihlichern Erfolg und ihren Wünschen die lebendige Zuversicht geben würde.“134 Von Seiten der österreichischen Regierung gab es keine Schwierigkeiten, sodass die feierliche Reaktivierung dieser Loge am 05. Oktober 1848 stattfinden konnte. Der österreichische Minister des Innern, Joseph Freiherr von Doblhoff, sandte am 02. September 1848 an Lewis einen Bescheid, „daß es mit Rücksicht auf das freie Vereins- und Assoziationsrecht einer besonderen Genehmigung nicht bedürfe, die Loge ‚Zum heiligen Joseph‘ wieder ins Leben treten zu lassen“, da der Minister von der Voraussetzung ausgehe, „daß diese Verbrüderungen staatsgefährlichen Zwecken wohl eher entgegenwirken, als dieselben begünstigen werden“.135 Nun wurde die Loge unter der Konstitution der Großen Landesloge von Deutschland ins Leben gerufen. Am 05. Oktober 1848 fand am Abend im Hause des Grafen d’Harnoncourt in der Teinfaltstraße in Wien in Anwesenheit des Provinzial-Großmeisters der deutschen Landesloge und vieler Brüder die feierliche Einweihung der Bauhütte statt. Die Eröffnungsrede hielt Lewis.136
Der Bauhütte war jedoch auf Grund der revolutionären Ereignisse nur kurzer Bestand beschieden, zumal nach der Belagerung und Einnahme Wiens durch die kaiserlichen Truppen ein absolutes Versammlungsverbot erlassen wurde. Neuerliche Ansuchen um Zulassung der Loge wurden von der Behörde abgelehnt. Einzelne Brüder bemühten sich schon einen Tag nach der Gründung auf Grund der revolutionären Ereignisse in Wien beim Militärgouverneur die Erlaubnis zur Weiterarbeit der Loge zu erhalten, diese Bemühungen waren aber vergeblich. Lewis schrieb in seiner „Geschichte der Freimaurerei in Oesterreich im allgemeinen und der Wiener Loge zu St. Joseph insbesondere“ über diese Situation: „So von allen Militär- und Zivilautoritäten zurückgewiesen, blieb der Loge nichts übrig als die Zeit abzuwarten, wo günstige Verhältnisse für die Maurerei eintreten“.137 Durch den Sieg der Reaktion ist dieser Versuch einer Reaktivierung des Logenlebens in Wien nur eine kurze Episode geblieben. Aus dem Jahr 1848 sind Polizeiberichte vorhanden, betont Lewis, die einem polizeilichen Vertrauensmann zugeordnet wurden. Solche Vertrauensleute gab es während der Revolution sehr viele. In einer polizeilichen Relation vom 21. Juli 1868 heißt es dazu: „Im Jahre 1848 ist von dem gegenwärtig in Pest domizilierenden Dr. Louis Lewis die Reaktivierung der in der josefinsichen Epoche in Wien bestandenen Freimaurerloge Zum heiligen Joseph unternommen worden, jedoch nur von kurzer Dauer gewesen, da infolge des Belagerungszustands die kaum hergestellte Loge sich wieder aufgelöst hat. Seither ist der Versuch, die Freimaurerei in Wien einzuführen, nicht wieder erneuert worden.“ Von den Mitgliedern jener „ephemeren“ Loge des Jahres 1848 lebten nur noch: Lewis, Baron Andreas Stifft, der Abgeordnete Ignaz Kuranda, dann Anton Kuranda, der Hofschauspieler Löwe und vielleicht noch einige andere.
„Der Eröffnung der Loge im Oktober 1848 hat zwar der Prof. Kampmann aus Breslau – ein Freund von Lewis – beigewohnt, ein eigentlicher Verband mit Preußen aber ließ sich nicht nachweisen. Allerdings liegt es im Wesen und in der Konstitution des Freimaurertums, dass zur Eröffnung einer neuen Loge oder zur Wiederherstellung einer früheren bestandenen, wenn sie als eine echte gelten soll, die Zustimmung und Anerkennung von Seiten einer inländischen oder in deren Ermanglung einer auswärtigen Haupt- oder Mutterloge erforderlich ist, so wie die Statuten der Freimaurerei zum legalen Bestande einer Loge die Genehmigung der Landesregierung und die Unterordnung unter das Landesgesetz ausdrücklich voraussetzen. Demgemäß hatte auch Lewis sich im Jahre 1848 an das Ministerium des Innern mit diesbezügliche Genehmigung gewendet, die ihm sohin mit Erlass des Ministers des Innern Baron von Doblhoff vom 2. September 1848, Z. 2436, erteilt wurde, worauf erst Lewis am 5. Oktober 1848 zur Eröffnung der mehrerwähnten Loge Zum heiligen Joseph geschritten ist. Dieselbe wird übrigens, da sie sich aufgelöst hat, von den auswärtigen Logen als nicht mehr bestehend angesehen.“
Eine weitere „vertrauliche“ Meldung eines Konfidenten vom 23. April 1869, Z. 1330, enthält das folgende „vollständige“ Verzeichnis der im Jahre 1848 in Wien bestandenen Freimaurerloge ‚Zum heiligen Joseph‘. Diese Mitglieder waren:
„1. Dr. Ludwig Lewis, Meister vom Stuhl;
2. Anschütz, Hofschauspieler (tot), war erster Aufseher;
3. Sauer, Rechnungsrat (tot), zweiter Aufseher;
4. Baron Baldamus (tot), Sprecher der Loge;
5. Leicht, Handschuhmacher;
6. Koberwein, Sparkasse-Liquidator (tot);
7. Koberwein, Maler, Bruder des Vorigen und Schwiegersohn des Anschütz;
8. Kollmann, Buchhändler, von Wien;
9. Robert Diller;
10. Anton Kéler, derzeit unbekannt, hatte ein Kommissionsgeschäft;
11. Gustav Brabée, derzeit Sparkasse-Liquidator;
12. Franz Fitzinger, Kustos im k.k. Mineralienkabinett;
13. Baron Andreas Stifft, wohnt Bürgerspital;
14. Richter, Goldarbeiter auf dem Stephansplatz.“138
Die Freimaurer in Österreich galten als „Geheimbündler“ und blieben deshalb auch weiterhin verboten. Jegliche Versuche zu einer Vereinsbildung wurden mit dem Hinweis auf die geheimen Ziele der Freimaurerei untersagt. Erst der Ausgleich mit Ungarn 1867 änderte dann die Lage, da nun die Freimaurer in Österreich ihre rituellen Arbeiten auf ungarischem Boden im Grenzbereich abhalten konnten.139
4. Die Freimaurerei in Österreich nach der Revolution und der Kulturkampf
Ludwig Lewis hatte 1849 leider vergeblich gehofft, dass Vorurteile des katholischen Klerus in Österreich gegen die Freimaurerei verschwinden, und sich die Auffassung bestätigen werde, dass sich die Freimaurerei von konfessionellen