FINSTERE NACHT. Greg F. Gifune

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Название FINSTERE NACHT
Автор произведения Greg F. Gifune
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783958350885



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sein.« Seth stand auf und rieb sich die Augen. »Der Wichser hat es nicht anders verdient.« »Da gebe ich dir absolut recht«, sagte Darian. »Aber wir dürfen nicht vergessen, es geht hier um Kidnapping, Vergewaltigung und wahrscheinlich Mord. Wir müssen die Polizei verständigen.« »Richtig«, stimmte Seth zu, »absolut richtig.« »Bitte«, sagte Christy plötzlich, »bitte ruft nicht die Cops.« »Wenn es sich so abgespielt hat, wie du sagst, hast du nichts zu befürchten«, erklärte Louis. »Das war reine Notwehr.« »Ihr versteht das nicht.« Sie war jetzt so aufgeregt, dass sie fast aus dem Bett stieg. »Ich kann nicht zur Polizei gehen, auf keinen Fall!« Seth ging wieder in die Hocke und hielt ihre Schultern, dann schob er sie sanft zurück in die Decken. »Ruhig«, sagte er, »ganz ruhig. Es ist alles in Ordnung, es ist alles in Ordnung.« Christy erschlaffte wieder und lehnte sich zurück, während frische Tränen ihre Wangen befleckten. »Ich hatte schon oft Ärger mit den Cops«, sagte sie, »Ich bin vorbestraft; bin schon ein paarmal festgenommen worden.« »Weswegen?«, fragte Louis. »Kiffen. Und einmal wegen Prostitution.« »Das ist jetzt aber egal«, erklärte ihr Seth, »dieser Mann hat dich entführt und angegriffen, er hat sogar gedroht, dich umzubringen. Du hattest alles Recht, dich zu wehren. Da spielen deine Vorstrafen überhaupt keine Rolle.« »Du redest wie ein Anwalt.« Sie beäugte ihn mit einer Mischung aus Interesse und Besorgnis. »Oder wie ein Cop.« »Ich bin aber weder das eine noch das andere«, versicherte er ihr mit einem verunglückten Lächeln. »Ich bin Kundendienstmanager. Ich verdiene mein Geld damit, Leute zu beruhigen.« Sie kämmte sich mit den Fingerspitzen die Haare aus dem Gesicht. »Ich hatte aber schon oft genug mit den Bullen zu tun. Die glauben jemandem wie mir einfach nicht. Erst recht nicht hier in der Gegend. Da kennt jeder jeden, das habe ich schon erlebt. Die sind alle miteinander verwandt. Deswegen wird mein Wort nichts zählen, jedenfalls nicht, wenn es gegen einen von ihren Leuten geht.« »Das ist nicht unser Problem, Fräulein.« Louis durchquerte den Raum mit langen Schritten und stellte sein Gewehr wieder in den Schrank. »Hol' dir einen Anwalt.« »Bitte«, sagte sie zu Seth, »ich war schon im Gefängnis. Ich kann da nicht hin zurück, das halte ich nicht aus. Es geht nicht.« »Das kann ich nachvollziehen«, sagte Raymond. Aber statt auf den Kommentar seines Bruders einzugehen, sagte Seth: »Ray, ich hab ein paar alte Sweatshirts in meinem Koffer, kannst du ihr bitte eines davon bringen? Und bring auch ein Paar Socken mit!« Er machte Christy gegenüber eine Geste in die gegenüberliegende Ecke des Raumes, wo sich die Tür zum Badezimmer befand. »Da drin kannst du dich waschen und umziehen. Wir haben leider keine Schuhe übrig, aber die Socken sind hoffentlich besser als nichts. Auch wenn sie ein paar Nummern zu groß sein dürften.« Sie nickte. »Hast du Hunger?« »Ja, ein bisschen, aber … ich bin einfach nur müde.« »Darian macht heute Abend sein weltberühmtes Gulasch. Ist bestimmt bald fertig.« Raymond erschien an seiner Seite und hielt ein altes, graues Sweatshirt und ein paar dicke, weiße Socken in der Hand. Seth nahm sie ihm ab und hielt sie Christy vor die Nase. »Zieh dich doch erst mal um, und dann versuche, ein bisschen zu schlafen. Wegen des Sturms wird sich hier in nächster Zeit sowieso niemand wegbewegen können. Wir sprechen dann später über den ganzen Rest.« Sie nahm ihm die Kleidungsstücke vorsichtig aus der Hand, als wären sie Schätze von unermesslichem Wert. »Danke.« Seth half ihr, aus dem Bett zu kommen. Als sie aufstand, fielen die Decken zu Boden. Das Blut auf ihrem Hemd war dunkler geworden und wirkte dadurch irgendwie noch beunruhigender. Die Männer taten alle ihr Bestes, sich nichts anmerken zu lassen. Christy bewegte sich langsam und man sah, dass es ihr Mühe bereitete. Ihre Beine waren ganz offensichtlich nicht stark genug, um sie zu tragen, aber immerhin kam sie überhaupt vorwärts. Bevor sie ins Badezimmer schlüpfte, schaute sie sich noch einmal nach den Männern um – als würde sie sichergehen wollen, dass sie noch da waren. Dann schloss sie die Tür hinter sich. »Was zur Hölle hast du vor«, fragte Louis, »sie kann nicht hierbleiben, Mann!« »Was sollen wir denn sonst machen, sie aussperren?« Darian bedeutete ihnen, näher zusammenzurücken. »Nicht so laut, Jungs! Das arme Mädchen hat schon genug durchgemacht.« »Glaubst du ihr etwa, Mother?« »Ja Louis, das tue ich«, bestätigte Darian, »Ich sehe keinen Grund, warum sie lügen sollte.« »Ich glaube ihr auch«, bekräftigte Seth. »Wir müssen trotzdem die Polizei informieren«, fügte Darian hinzu. »Es geht hier immerhin um Mord, selbst wenn es Notwehr war, und damit will ich nichts zu tun haben. Sobald der Sturm vorüber ist, fahren wir in den Ort und verständigen die Polizei. Ende der Diskussion.« »In Ordnung«, sagte Seth. »Die Kleine tut mir unglaublich leid, aber wir dürfen uns da nicht noch tiefer reinreiten.« »Wir wissen doch überhaupt nicht, was wirklich passiert ist«, warf Louis ein, »Verdammt noch mal, das ist meine Hütte, und–« »Es ist die Hütte deines Onkels«, fiel Darian ihm ins Wort. »Beruhige dich.« »Was auch immer. Fakt ist, die Hütte ist Eigentum meiner Familie, und damit bin ich verantwortlich für das, was hier drin passiert, okay?« »Was sollen wir denn deiner Meinung nach machen?«, fragte Seth. »Du bist doch derjenige, der gesagt hat, dass wir nicht mehr hierher zurückkommen, sobald der Sturm richtig loslegt. Wir sitzen im Augenblick hier fest, richtig? Ich weiß, es ist eine irre Situation, aber was haben wir für Optionen?« Louis verschränkte die Arme vor der Brust und schüttelte langsam seinen Kopf. »Wenn der Sturm wirklich so stark wird, wie angekündigt, dann werden wir hier einschneien. Vielleicht kommen wir nicht mal vor Freitag zurück auf die Hauptstraße. Das ist in zwei Tagen. Wie zur Hölle soll das gehen, wenn sie hier übernachtet und alles? Was, wenn sie der Psycho ist?« Seth dachte kurz nach. »Lasst es uns unauffällig machen, aber wir halten nachts abwechselnd Wache, okay? Wie wäre es damit? Sobald sie zu Bett geht, bleibt einer auf, bis wir wissen, dass sie keine Gefahr für uns ist.« »Mir gefällt das Ganze überhaupt nicht, aber ich schätze, es gibt keine andere Möglichkeit«, sagte Louis zerknirscht. »Du bist die ganze Zeit so ruhig, Ray«, sagte Seth, »Was denkst du?« »Ich denke, dass ich jetzt mal eine rauchen gehe.« Raymond ging in Richtung Tür, die Kippenschachtel in der Hand. »Super«, platze es aus Louis hervor. »Vielen Dank für deinen hilfreichen Input, Mann!« Ray schüttelte eine Zigarette aus der Packung, steckte sie sich in den Mundwinkel und zündete sie mit einem Zippo an. »Der Sturm ist schon da, der Schnee fällt bereits, was sollen wir noch lange reden? Wie Seth schon sagte, niemand geht hier nirgendwohin.« Er erstickte die Flamme, indem er den silbernen Metalldeckel des Feuerzeugs zuschnappen ließ. Dann zog er die Tür auf und trat nach draußen. »Jedenfalls nicht in nächster Zukunft.«

      ***

      Die Erlebnisse des Vortages verblassten und Seth fand sich in der Gegenwart wieder, nachts in der Hütte.

       Er blinzelte die letzten Erinnerungen fort, als ihm klar wurde, dass er immer noch im Bett lag und die offene Tür anstarrte. »Was ist los?«, fragte er noch einmal.

       Statt sich zu artikulieren, schüttelte Louis seinen Kopf. Seine Bewegungen waren ruckhaft und merkwürdig zögerlich, als ob er gerade erst lernen würde, mit seinem Körper umzugehen.

       Seth schwang die Beine herum, bis seine Füße den Boden berührten. Selbst in den dicken Wollsocken konnte er fühlen, wie die Kälte durch die Dielen zog. Er rieb sich die Augen und stand auf.

       Louis drückte seinen Oberkörper hoch und verdrehte den Kopf über die Schulter, um Seths Blick folgen zu können. Als er mitbekam, dass die Tür offen war, stand er blitzschnell auf den Beinen. Genau wie Seth trug er lange Unterwäsche, einen Pullover und ein paar dicke Socken. »Warum zur Hölle steht die Tür offen?«, fragte er müde. Er warf einen Blick auf die Stelle am Boden, wo Raymond eigentlich liegen sollte. »Wo ist Ray?«

       Seth zuckte mit den Schultern, er war immer noch nicht ganz da. »Ich weiß nicht, ich – er muss nach draußen gegangen sein.«

       »Nach draußen? Wieso denn das?«

       »Keine Ahnung, ich bin selbst gerade erst aufgewacht.« Der Schnee hatte bereits eine kleine Düne an der Türschwelle gebildet. »Die Tür muss schon eine Weile offen sein«, murmelte Seth, »Ich glaube, ich bin von der Kälte aufgewacht.«

       Louis kratzte sich am Kopf und sah zum Kamin hinüber. Abends hatten sie dort Feuer gemacht, aber das war schon lange heruntergebrannt. Die Hütte hatte weder Heizung noch Elektrizität oder laufendes Wasser, nur eine Chemietoilette im Badezimmer. »Warte mal«, sagte er, »Vielleicht ist er nur auf dem Klo. Vielleicht war das Türschloss nicht richtig eingeschnappt, und die Tür ist vom Wind aufgestoßen worden.«

       Seth fühlte beim Erfassen dieser