Darf man sich`s urgut gehen lassen?. Herlmut A. Gansterer

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Название Darf man sich`s urgut gehen lassen?
Автор произведения Herlmut A. Gansterer
Жанр Изобразительное искусство, фотография
Серия
Издательство Изобразительное искусство, фотография
Год выпуска 0
isbn 9783711051080



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jetzt für eine fünfzehn Jahre ältere Schlampe, Dein Jahrgang übrigens. Kein Wunder, dass Du glaubtest, für einen Verlust dieser Art gebe es Trost. Lauf meinetwegen Deinem letztklassigen Herakles nach. Richte ihm meine Kondolenz aus, dass er es so lange mit Dir aushalten musste. Aber erfreche Dich nie wieder, mich als Liebste Freundin anzusprechen und mir am Ende gar Trost in einem Liebesleid zu spenden, dessen Tiefe Du nie verstehen wirst.“

      Fall 2:

      Der hoffärtige, bärtige Sekretär Cyril Ostenhof-Orgovany des hoffärtigen City-Park-Golf-Clubs schreibt dir per E-Mail steif, der Club sei seit Jahrzehnten geschlossen und bumm-zu, aber man wolle für dich gern eine Ausnahme machen. Man wünsche dich als erstes neues Mitglied seit Tschernobyl. Man setze dein Einverständnis voraus, da alle Männer der Stadt von dieser Mitgliedschaft träumten.

      Da Ausnahme-Genehmigungen aller Art eine lebenslängliche Verbindlichkeit bedeuten, praktisch eine Erpressung und daher eine kriminelle Zumutung sind, antwortet man umstandslos wie folgt:

      „Teilen Sie Ihren Brotherren mit, dass ich ungern mit Sekretärinnen verkehre. Und wenn doch, dann per Separee, nicht per E-Mail. Und dass ich es mit meinem verwichenen Freund Oscar Wilde halte: Ich verachte jeden Club, der meine Mitgliedschaft akzeptiert. Eine Bestätigung meines Mails ist unerwünscht und landet im SPAM-Ordner.“

      Im engen Freundeskreis kann man sich Anreden und Abspänne in der E-Mail (nicht aber in Papierbriefen) logisch sparen. Man kennt ihre sprachlichen Eigenheiten. Einer meiner Einser-Freunde ist ein Erzengel, spielt aber gern den Liliom von Molnar und beginnt jede E-Mail mit dem Imperativ: „Huach zua!“ (für unsere deutschen und schweizerischen Leser: Hör zu!). Mein alter Deutsch-Professor, der den Sound meiner Vorträge liebt, grüßt per E-Mail immer mit Ave Cicero. Ein Dritter verabschiedet sich, seit es E-Mail gibt, mit den Sätzen: Adieu, mein Schatz. Das war’s. Wir sehen uns wieder auf Wolke 7. Ich weiß, dass er sich davon das ewige Leben verspricht.

      Das aber sind intime Spielereien, die ein jeder kennt und die keinen was angehen.

      Ein sofortiges JA, wenn es um Kinder, Jugendliche und Frauen, und ein zögerliches NEIN, wenn es um erwachsene Männer geht.

      Zu den markanten Defiziten vieler Karriere-Männer zählt ihre Unart, fast ausschließlich mit der linken Gehirnhälfte zu arbeiten, in der die Vierecke der reinen Vernunft daheim sind. Jugendliche und Frauen hingegen haben den Vorzug, auch die rechte Gehirnhälfte stark einzubinden, in der die Wolken der Gefühle und Instinkte regieren. Daher verfügen sie in der Regel über höhere emotionale Intelligenz und treffen oft die besseren Bauch-Entscheidungen, sind aber auch sentimentaler mit häufigen kindischen Aufwallungen.

      Demgemäß liegen Ihnen auch grafische Gemüts-Symbole, die mit der Tastatur gebildet werden. Diese wurden einst, als E-Mail und SMS aufkamen, von Kindern als Geheimsprache entwickelt, um von den dummen Erwachsenen nicht verstanden zu werden.

      Mittlerweile sind diese Symbole längst Allgemeingut. Nur älteren Männern muss man noch erklären, was damit eigentlich gemeint ist. Also beispielsweise: Smilys

, gehobene Augenbrauen (^^), heraushängende Zunge (:P), großes Lachen (:D) und Akronyme wie ROFL (Rolling on The Floor Laughing) und LOL (Laughing Out Loud).

      Da ich kein Hinterwäldler, sondern ein Vorderwäldler bin, kann ich nicht nur viele Zeichen der Mandarin-Bildsprache deuten, sondern kenne auch die meisten elektronischen Kürzel. Sie stören mich nicht, wenn sie in E-Mails auftauchen. Aber ich schätze sie auch nicht wirklich, denn sie verführen zu schlampiger Schreibsprache. Wer seine Sätze genau bildet, muss keine Smile-Symbole anhängen, um dem Empfänger klarzumachen, dass sie nicht ernst gemeint sind. Es liegt auch eine kleine Bevormundung des Empfängers darin. Aber da diesen leisen Schmerz nur die Wenigsten verspüren, können wir ihn als Spitzfindigkeit vernachlässigen.

      JA, ich bitte sogar darum. Wir sollten alles daran setzen, diesen ohnehin vergifteten Platz zur endgültigen Hölle der modernen Zivilisation zu machen. So können wir aus dem Übel einen Nutzen ziehen. Und zwar ungefähr in diesem Sinn: Wer regelmäßig übt, den Horror der Supermarktkassen zu überleben, stärkt sein psychologisches Immunsystem und ist gut gerüstet für jeden anderen Supergau.

      Der italienische Schriftsteller Dante Alighieri (1265–1321) schreibt in seiner Divina Commedia (Die göttliche Komödie) über die drei großen Orte inferno, purgatorio und paradiso. Auf Deutsch: Hölle, Fegefeuer, Himmel. Die Hölle teilt er in Kreise unterschiedlichen Schreckens. Zu seiner Zeit kaufte man in Florenz, wo er geboren, und in Ravenna, wo er begraben wurde, noch lustvoll auf Märkten ein, bei Standlern und Standlerinnen. Erst siebenhundert Jahre später kamen die Supermärkte, und mit ihnen die Supermarktkassa, der neue Ort namenlosen Schreckens. Signore Dante hätte ihn als einen der schärfsten Kreise der Hölle beschrieben.

      Er wurde von Heerscharen von Hausfrauen dazu gemacht. Arme männliche Singles und Witwer, die verdammt sind, selbst einzukaufen, können darüber Balladen singen. Oft verlassen sie mit weit aufgerissenen Augen den Supermarkt, irren ziellos durch ihren Heimatort oder versacken in Wirtshäusern, um dort im Suff zu vergessen, was sie gesehen und gehört hatten.

      Sie sahen legendär schlecht bezahlte Supermarkt-Kassiererinnen, die mit lustlosem Grimm in der Kundenware wühlen, sie scannen und ungeduldig auf die freie Fläche schieben, auf der sie der Kunde selbst in Säcke und Körbe verstauen muss, und zwar möglichst schnell, um nicht von den Waren des nächsten Käufers, die sich untrennbar mit den eigenen vermischen, erschlagen zu werden. Die einzigen kleinen Freuden, die den Kassiererinnen vergönnt sind, sind Kommentare zu den eingekauften Lebensmitteln. Männer, die Kürbiskerne – das Bonbon des Mannes – kaufen, werden gern laut gefragt, ob diese Dinger wirklich gegen Prostatabeschwerden helfen.

      Um gleich eine andere DARF-MAN-Frage zu beantworten: Nein, man darf den Kassiererinnen nicht böse sein. Es gibt gute Gründe, warum die Jungen unter ihnen alt und die Alten wie tot aussehen. Denn sie werden ihrerseits von Hausfrauen genervt, die offenbar über unbegrenzte Zeitbudgets verfügen. Sie haben die Supermarktkassa zum modernen Hyde-Park erhoben. Dort erzählen sie einander den neuesten Tratsch und ihre Theorien über das Leben, erläutern gern auch neue Krankheiten und deren Überwindung und verraten selbstlos jeden neu entdeckten, sensationellen Gynäkologen, der immer auch wahnsinnig fesch ist und die bange Frage aufwirft, ob er nicht schon zu viel von Frauen gesehen habe, um noch zuverlässig heterosexuell zu sein.

      Es stört die tratschenden Damen keineswegs, von nervösen Menschen, die weniger Zeit haben, weitergeschubst zu werden. Selbst wenn grad keine Gesprächspartnerin vor Ort ist, wissen sie sich zu helfen. Denn zuverlässig schrillt ihr Telefon, wenn sie grad zahlen sollten. Das kommt dem Supergau schon ziemlich nah. Erstens sind ihre Klingeltöne hart am Wahnsinn (zuletzt hörte man Babygeschrei als Erkennungsmelodie), zweitens zählen sie der anrufenden Freundin alle Waren auf, die sie gerade kaufen und für jeden Umstehenden sichtbar auf dem Laufband liegen. Bewährter Höhepunkt ist der Akt des Zahlens. Hier liegt der eigentliche, noch nicht erforschte, primäre Unterschied von Männern und Frauen.

      Männer halten eine passende Banknote parat und kriegen blitzschnell ihr Wechselgeld. Hausfrauen aber, speziell in Gegenwart anderer Hausfrauen, fingerln kleine und kleinste Münzen aus ihren riesigen Brieftaschen, stöhnend vor Trennungsschmerz. So demonstrieren sie Sparsamkeit, um keine schlechte Nachred’ zu haben. Fast immer fehlt grad eine letzte Münze für den gefragten Betrag, sodass sie am Ende genau so zahlen müssen wie die Männer, per Banknote oder Kreditkarte.

       Fazit:

      Natürlich dürfen Sie an der Kassa zum Handy greifen. Sie sollten es sogar. Denn erstens fallen Sie unangenehm auf, wenn Sie’s nicht tun (dieser Mann hat nichts zu sagen), zweitens sollte man dazu beitragen, den kontaminierten Platz „Supermarktkassa“ zum endgültigen inferno zu machen. Mit dem Vorteil immerhin, das Leben außerhalb