Название | Darf man sich`s urgut gehen lassen? |
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Автор произведения | Herlmut A. Gansterer |
Жанр | Изобразительное искусство, фотография |
Серия | |
Издательство | Изобразительное искусство, фотография |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783711051080 |
Bill Gates
VOGELSCHAU
Eine Bedienungsanleitung
„Glattes Eis, ein Paradeis,
Für den, der gut zu tanzen weiß“.
Vorspiel zu Nietzsche:
„Die fröhliche Wissenschaft“
Es mag sinnvoll sein, die innere Natur dieses Buchs zu enthüllen. Es könnte manche der klugen Leserinnen und schönen Leser vor Nervenzusammenbrüchen bewahren. Beispielsweise jene, die verlangen, dass jede Lebensfrage mit religiösem Ernst behandelt wird.
Diese Einstellung, wiewohl ehrenwert, steht dem Autor nicht zur Verfügung. Eher das Gegenteil. Ich kann die Anmaßung, DARF-MAN-Fragen zu beantworten, überhaupt nur rechtfertigen, indem ich einen Schreibstil wähle, der das Ideal einer „homerischen Heiterkeit“ anstrebt. Darunter versteht man ein Lächeln über alles Irdische, eine gewisse Distanz und eine Selbstironie, die alle Möglichkeiten des Irrtums einschließt.
Wer diesen Versuch einer Leichtigkeit grundsätzlich als Leichtfertigkeit missbilligt, darf nicht ermutigt werden, weiterzulesen.
Er wird aber meist schon durch das Wort „urgut“ im Titel verloren gegangen sein. Diese Sprachschöpfung der heutigen Jugend ist nicht schön, aber interessant. Sie reicht über das normale „gut“ hinaus. Sie weist in tiefere Tiefen eines Lebens-Stils eigenen Zuschnitts. Überdies lockt das Wort Jugendliche an, die mit noch größerer Unsicherheit als die Erwachsenen durchs Leben gehen. Weitere Kinderwörter wie „urgeil“ blieben ungenützt.
So viel zu stilistischen Erwägungen. Nun zu einem merkwürdigen Phänomen. Durch die spezifische Eigenart unserer Neuzeit seit dem Millennium 2000 wurde dieses Buch zu zwei Büchern. Eines über heutige Höflichkeit, ein zweites über heutige Freiheit.
Zuerst zum Freiheits-Aspekt. Selbst den vernünftigen persönlichen Freiheiten, wie sie für den Wohlstand und damit den Sozial-Frieden notwendig sind, droht die Beschneidung. Die Zahl der blind oder berechnend Fluchenden wächst. Sie wettern gegen jeden Frohsinn, jede lächerliche Unkorrektheit, jedes persönliche Streben – und damit gegen die Menschen-Natur, die wie ein Flugzeugflügel federn will. Wird sie zu steif gemacht, bricht sie. Am Ende stünden Tristesse und Armut für alle.
Gottlob gibt es eine Allianz der Vernünftigen quer durch alle politischen Parteien guten Willens. Jeder von ihnen weiß, dass in der „Epoche der Gier“ und des „Wertpapier-Wahnsinns“ die Schere Arm-Reich zu weit aufsprang. Alle arbeiten an der Korrektur. Es geht auch voran. Aber quälend langsam, weil der ideale Rückweg schwierig zu finden ist. Nur für Deppen ist alles einfach.
Mein politisches Mitleid gilt den Grünen. Sie haben historisches Verdienst als Wachrüttler. Ihre Führungspersonen kennen jetzt alle ökonomisch-sozialen Zusammenhänge. Und haben trotz schöner Wahlerfolge zwei Probleme. Intern: die beharrlichen Basis-Grünen mit Tunnelblick. Extern: Das Aufgreifen des Umweltschutzes und der Naturliebe (inklusive des Mitleids mit Tieren) durch die etablierten Großparteien.
In diese wurlerte politische Welt spielen die Fragen dieses Buchs zum Thema: DARF MAN noch persönliche Freiheiten einfordern?
Viel unbeschwerter ist das ursprüngliche Buch im Buch, jenes der Höflichkeit in der Gegenwart. Es setzt die bisherigen Bände des DARF-MAN-Zyklus fort, der den Übertitel „Knigge des 21. Jahrhunderts“ trägt.*
Hier geht es um moderne Alltags-Fragen, die bei Freiherrn Adolph Franz Friedrich Ludwig Knigge (1752–1796) noch nicht drängten. Ob man beispielsweise Liebesbriefe simsen (also per Handy und SMS schicken) dürfe, hat diesen ehrwürdigen Ignoranten nie interessiert. Genauso wenig fand ich Fragen dieser Art in den gegenwärtigen Benimm-Führern, wie sie am besten Thomas Schäfer-Elmayer verfasst. Ich schätze diesen Kollegen, habe ihn sogar herzlich gern, seit wir in getrennten Kategorien den „Buchliebling“ (den Oscar der österreichischen Buchleser) abräumten und danach in vorbildlicher Haltung ein Glas Wein tranken. Ich empfehle seine Werke für alle, die in Gesellschaft nicht unangenehm auffallen wollen. Eine große Hilfe, im Detail auch witzig.
Die DARF-MAN-Bücher sind gleichwohl eine Auflehnung. Sie verlangen keinen Gehorsam in Benimm-Paragrafen, sondern in erster Linie Herzensbildung. Dazu noch Stolz und Selbstständigkeit sowie eigenen Stil auch in neuesten Fragen, die nichts mit Besteck (von außen nach innen) und der idealen Kleidung für Jäger-Bälle zu tun haben.
Da geht es nicht um Anpassung und Karriere-Sinn. Fantasie und Emotion haben Auslauf. Wer allzu fest mit beiden Beinen auf der Erde steht, kann nicht mal die Hosen ausziehen. Da geht doch einiges verloren.
Die Website www.gansterer.at bietet alle Com-Zugangsdaten, auch für gelbe Post. Jede strenge Kritik und herzliche Zustimmung auf die Antworten in diesem DARF-MAN-Buch ist willkommen, als Futter fürs nächste.
Herzliche Grüße – Der Autor
*„Darf man per E-Mail kondolieren?“ (Pichler und Piper-Taschenbuch), „Darf man als Nackerter ins Hawelka?“ (Molden), „Der neue Mann von Welt“ (Molden und Piper-TB).
TITELFRAGE
Darf man sich’s gut gehen lassen?
JA. Ein deutliches JA. Kein schamhaftes JA, kein verzwicktes JA mit hundert „Wenn und Aber“, sondern ein entschiedenes JA.
Allerdings ein JA, auf das man sich erst einigen kann, wenn man alle Aspekte gründlich mit Freunden (und mit sich selbst) diskutiert hat. Diese DARF-MAN-Frage steht in einem höheren Rang. Sie übersteigt den heiteren Knigge-Klang der anderen Fragen. Sie berührt auch Dunkles. Und zählt zu den FAQ, den frequently asked questions.
Die Medien stellen die moralische Frage der Berechtigung des Gut-gehen-Lassens gern in Sonntagsbeilagen. Menschenverbesserer stellen sie eigentlich immer. Und man stellt sie auch sich selbst, als begleitenden Schatten in Momenten der höchsten Lebensfreude. Jeder Gutwillige trägt einen Scham-Mantel, der ihn zwickt.
Deshalb kam diese Frage auch als Hauptfrage auf den Umschlag, samt wichtigem Untertitel: „DARF MAN SICH’S URGUT GEHEN LASSEN? Wo es doch allen so schlecht geht.“
Routinierte Fernseher erinnert die Frage an die deutsche TV-Serie „Der ganz normale Wahnsinn“. Deren Untertitel lautete: „Warum es dem Einzelnen so schlecht geht, obwohl es uns allen so gut geht“.
Klingt ähnlich wie unsere Frage, ist aber das Gegenteil. Damals, in den späten 1970er-Jahren, wurde der Wohlstand als flächendeckend empfunden. Armut war kein Thema. Eher jene Idioten, die unglücklich waren, weil sie nicht noch reicher und „society“-berühmter waren.
Das ist heute anders. Die Stimmlage schwenkte vom damaligen Dur aufs heutige Moll. Viele glauben sogar, der Wohlstand sei seither kleiner geworden. Er wurde aber größer. Der Mittelbau steht in Eigentums-Wert und Verdienst besser da als damals, fühlt sich aber von zwei Klingen einer Schere bedroht, die am Wohlgefühl schnipselt.
Gewissenhafte leiden unter immer mehr immer ärmeren Armen, und Ehrgeizige unter immer mehr immer reicheren Reichen. Warum diese Schere sich in einer „Epoche der Gier“ öffnete und wie man sie jetzt wieder schließen will, kann in guten Medien nachgelesen werden, beispielsweise in meinen journalistischen Stamm-Medien trend und profil. Das ist starker Stoff und später vielleicht ein weiteres Buch.
Hier aber interessiert das Recht des Mittelstands-Bürgers, sein eigenes Leben noch mit gutem Gewissen zu leben.
Dialektisch gesehen, gibt es zwei Extrem-Positionen. Einerseits die These der Weltfremden, man müsse sein Hab und Gut so lange verteilen, bis es keinen Ärmeren mehr gibt. Anderseits die Anti-These der Zyniker, nichts zu geben, weil jedes Geschenk demütige und schwäche.
Beide zerstören die Gesellschaft. Die These, weil sie