Название | Winterpony |
---|---|
Автор произведения | Iain Lawrence |
Жанр | Книги для детей: прочее |
Серия | |
Издательство | Книги для детей: прочее |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783772545689 |
Wir fuhren durch Wälder, die nach Moos und Pilzen rochen und mich an meine Kindheit erinnerten. Wir überquerten einen steinigen Gebirgszug, ratterten über viele Brücken, die schäumende und brodelnde Flüsse überspannten. Wir fuhren bis zum Meer, bis hinunter zum Hafen, wo der Engländer auf uns wartete.
Sein Name, so erfuhr ich, war Mr. Meares. Er hatte einen Arzt dabei, der uns unter die Lupe nahm und den Kopf schüttelte. Der Arzt sagte Mr. Meares, dass ihn jemand hinters Licht geführt habe, und ich schaute mich um und fragte mich, wie man hinter das Licht kommen könnte. «Das ist der armseligste Haufen, der mir je unter die Augen gekommen ist», sagte der Arzt. Er deutete auf ein kurzatmiges Pony, dessen Schultern vom Ziehen des Wagens ganz krumm geworden waren. «Das da bleibt hier.»
«Wieso?», fragte der Engländer.
«Sehen Sie es sich doch an», sagte der Arzt. «Zu allem Übrigen hat es den Rotz und wird die anderen anstecken – und womöglich auch Sie.»
Das Pony blieb also zurück. An einem heißen und regnerischen Tag wurde der Rest von uns auf ein altes Dampfschiff verladen, das mit Rostflecken überzogen war. Nacheinander wurden neunzehn Ponys in eine Holzkiste geschoben, die am Ende eines Seils baumelte.
Ich hatte Angst, in die Kiste zu gehen und durch die Luft gehoben zu werden. Ich wusste nicht, wohin das Schiff mich bringen würde. Ich wollte wieder in die Wälder, von mir aus auch zurück in das Holzfällerlager, wenn das möglich gewesen wäre. Der Hengst hatte noch mehr Angst als ich. Als die Männer zu ihm kamen, stieg er hoch. Er sprang zur Seite, durchschlug den Zaun und galoppierte über das Dock.
Ein zweites Pony folgte ihm, und gemeinsam rasten sie durch eine Gruppe von Leuten, die davonhüpften wie Heuschrecken. Aber es dauerte nicht lange, da hatte man sie wieder eingefangen, zurückgeschleppt und auf das Schiff verfrachtet.
Ich war als Nächstes an der Reihe. Zitternd stand ich in der Kiste. Ich schloss die Augen, damit ich das Wasser unter mir nicht sehen musste, und als die Kiste mit einem Rums auf dem Deck landete, dachte ich zuerst, der Boden wäre herausgefallen. Man führte mich hinaus und dann hinein in einen sehr engen Stall. Das alles kam mir gar nicht so schlimm vor – bis die Hunde an Bord gebracht wurden.
Es waren große und bösartige Tiere, mit riesigen Zähnen und kleinen Augen. Sie kamen mir so wild wie Wölfe vor, vielleicht sogar wilder, und sie fletschten ihre Zähne, wann immer Männer, Ponys oder sogar ein Artgenosse ihnen zu nahe kam. Man kettete sie an die Reling und an Kisten und Gerätschaften, bis es auf dem ganzen Schiff vor Hunden nur so wimmelte. Und jeder einzelne von ihnen heulte und kläffte ohne Unterlass.
Wie jedes Pony fürchtete ich Hunde am allermeisten. Ich fühlte mich nicht sicher, solange sie in der Nähe waren, aber mir blieb nichts anderes übrig, als die Augen zu schließen und so zu tun, als gäbe es sie gar nicht.
Dann fuhr das Schiff aufs Meer hinaus, und ich ging einem neuen Leben entgegen. Ich erwartete nichts als Leid und Elend.
Das hatte ich gelernt, als ich jung war: Das Leben ist kurz und die Menschen sind grausam. Ponys sind zum Leiden geboren. Ich beschloss, dass ich so hart arbeiten würde, wie ich konnte, was auch immer man mir auflud. Ich glaubte daran, dass ich am Ende dafür belohnt werden und auf ewig an dem Ort der Ponys leben würde.
An diesem Ort dienten die Menschen den Tieren. An diesem Ort waren die Ställe warm, dick mit weichem Stroh ausgelegt, und die Decken waren auf dem Ofen vorgewärmt, wohlig weich und nach Rauch duftend. Meine Narben würden verheilen. Und nicht ein einziges Mal in zehntausend Jahren würde ich den stechenden Schmerz von Peitsche oder Stock verspüren.
Am 1. Juni lässt Captain Scotts Schiff London hinter sich und setzt Kurs nach Süden. Es ist die Terra Nova, ein altes schottisches Walfangschiff, das für Fahrten in der Arktis erbaut wurde, mit einem gegen das Eis verstärkten Rumpf, drei Masten und einem hohen Schornstein, der Rauch zwischen die Segel spuckt. Eine Dampfmaschine tief unten in seinem Bauch verbrennt jede Stunde drei Tonnen Kohle.
Am Dock steht eine Menschenmenge und jubelt, als das Schiff den Fluss entlangfährt. Kleine Kinder winken ihren Vätern zum Abschied zu. Frauen weinen und lachen gleichzeitig. Sie alle schauen der Terra Nova nach, bis sie um die Biegung verschwunden ist. Aber auch dann noch hören sie, wie die vielen Boote, Barken und Schiffe auf dem Fluss hupen und pfeifen und der Terra Nova salutieren.
Scott ist nicht an Bord. Er hat immer noch nicht genug Geld für seine Expedition beisammen und bleibt zurück, um seine Vorbereitungen abzuschließen. Sechs Wochen später besteigt er mit seiner Frau, aber ohne ihren neugeborenen Sohn, das schnellste Postschiff nach Afrika, wo er in Kapstadt zur Terra Nova stoßen wird.
Er weiß, dass auch andere Männer versuchen werden, den Südpol zu erreichen. Aber er glaubt, dass er ihnen weit voraus ist. Er plant eine gemächliche Reise und will seinen Wissenschaftlern genügend Zeit für ihre Arbeit geben.
In Kapstadt übernimmt er das Kommando über die Terra Nova und setzt Kurs auf Australien. Er erkennt, dass der alte Walfänger einige üble Lecks hat, und er ist enttäuscht von der geringen Geschwindigkeit des Schiffes und dem hohen Kohleverbrauch.
Die Reise dauert länger, als er berechnet hat. Er verlässt das Schiff in Australien und schickt es nach Neuseeland, wo die Ponys und Hunde an Bord gehen sollen. Im Hafen von Melbourne wartet Post auf ihn, die schon einige Wochen alt ist. Unter zahlreichen Briefen befindet sich auch ein Telegramm.
Es ist eine knappe Nachricht von Amundsen:
BITTE UM ERLAUBNIS MITTEILEN ZU DÜRFEN – UNTERWEGS ZUR ANTARKTIS
Das Telegramm ist datiert vom 9. September 1910. Es wurde in Spanien aufgegeben und ist bereits fünf Wochen alt.
Scott reist sofort ab, um in Neuseeland zu seinem Schiff zu stoßen und zum Südpol aufzubrechen.
KAPITEL 2
Die Fahrt auf dem alten Dampfer war eine Quälerei, jedenfalls zum größten Teil. Ich war es nicht gewohnt, dass sich der Boden unter meinen Hufen bewegte, und das Rollen des Schiffs machte mich seekrank. Die Sonne brannte zu heiß, das Meer gleißte zu hell. Der Gestank der Hunde war unerträglich.
Am liebsten hätte ich die ganze Zeit Wasser gesoffen, aber ich bekam nur zweimal täglich ein paar Schlucke, wenn der russische Junge mit einem Eimer herumging. Ich beugte mich ihm jedes Mal über den Rand meines Verschlags entgegen, während mir beim Duft des süßen Wassers die Lippen zuckten. Aber immer dann, wenn ich gerade angefangen hatte zu saufen, riss der Russe den Eimer weg.
Mir taten die Beine weh, weil ich mich nicht hinlegen konnte. Mein Rücken juckte von dem Ruß, der aus dem Schornstein niederging, ein schwarzer Regen, der fast alles bedeckte, bis auf die verfluchten Hunde. Sie beobachteten mich unentwegt mit ihren wilden kleinen Augen, die nichts als schmale Schlitze im Fell waren.
Manchmal kam Mr. Meares vorbei und streichelte mich, aber nicht sehr oft. Er kümmerte sich viel mehr um die Hunde als um die Ponys. Das Gleiche traf auch auf seinen Hundeführer zu, einen Russen, den ich nur selten sah und niemals schätzen lernte. Und der Junge, ein Jockey, war so aufgeregt über die weite Reise, dass er die Ponys manchmal einfach vergaß.
Wir segelten nach Süden, immer nach Süden, geradewegs durch den Winter, ohne ihn zu sehen. Wir waren im Sommer losgefahren und kamen im Frühling an, wobei die feurige Sonne jeden Tag heißer schien.
Wir legten auf einer Insel an, wo das Gras grün und üppig wuchs und die Bäume groß waren und reichlich Schatten spendeten. Es gab einen Sandstrand, an dem wir uns austoben konnten, und wir galoppierten durch das seichte Wasser und wirbelten mit unseren Hufen weißen Schaum auf.
Das war ganz und gar nicht das, was ich erwartet hatte. Einige der Ponys, besonders die älteren, hätten hier bis an ihr Lebensende glücklich werden können. Die Wärme tat ihren Knochen gut, während die Sonne sie schläfrig und faul