Die Weltportale (Band 3). B. E. Pfeiffer

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Название Die Weltportale (Band 3)
Автор произведения B. E. Pfeiffer
Жанр Языкознание
Серия Die Weltportale
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783038961536



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»Aestus wurde in die Dunkelheit gerissen. Und Nina dient dem Schatten.«

      »Was ist mit Lucius?«

      »Soweit ich weiß, kümmert er sich um Eleonora«, erwiderte Valeria und stieß den Atem aus. »Lady Graie, was sollen wir tun? Aestus trägt die Kraft des Drachen in sich und sosehr ich versucht habe, ihm zu helfen, er konnte sie nie kontrollieren. Wenn der Schatten ihn nun auch auf seine Seite zieht …«

      »Der Junge ist stark«, erwiderte die Lady ernst. »Er hat gemeinsam mit Eleonora und Lucius schon einmal gegen den Schatten gewonnen. Ich würde ihn nicht so schnell aufgeben.«

      »Ich hoffe, Sie haben recht.« Valeria seufzte. »Das ist erst der Anfang, oder? Die versiegende Magie ist ein Werk des Schattens, der sich befreien will. Was, wenn er nur mit uns spielt? Immerhin hat er so viele Lunara getötet.«

      »Die Welten müssen wieder zueinander finden«, meinte die Lady. »Nicht alle, aber es gibt Völker, die verborgen in der Welt der Menschen leben und helfen können, den Kampf fortzuführen. Aber erst muss Eleonora das Portal in die Welt der Lunara öffnen, um die Linien zu retten.«

      Eine Weile schwiegen die beiden Frauen und blickten auf den See hinaus. Dann räusperte Valeria sich geräuschvoll. »Wird Eleonora sich auch bei den Auronen beweisen müssen? So wie bei den Lunara? Um ein Teil des Volkes zu werden?«

      Die Lady schmunzelte, als sie sich zur Direktorin umwandte. »Das, meine Liebe, liegt in der Zukunft. Aber wir werden es bald erfahren …«

      Lysandra rieb sich die Augen mit ihren schuppigen Handrücken und lauschte in der frühen Morgendämmerung nach dem Geräusch, das sie aufgeweckt hatte. Erst war sie sich nicht sicher, ob sie träumte oder es tatsächlich hörte, aber dann wurde es lauter und sie schreckte von ihrem Lager hoch und trat hinaus in das purpurne Licht dieses Tages.

      Seit vielen Menschengenerationen hatte sie diese Laute nicht mehr gehört, aber sie erinnerte sich daran, als wäre es erst wenige Minuten her.

      Für sie war es das auch.

      Nachdem ihre Aufgabe erfüllt schien, hatte sie sich zu ihrer eigenen Sicherheit viele Monde lang in einen Schlaf versetzt, aus dem sie nur kurz erwachte, um ein wenig Nahrung zu sich zu nehmen und zu sehen, ob sich etwas in ihrer Nähe verändert hatte.

      »Liebe Göttin«, keuchte sie, als sie ihre Höhle verließ und ihre Umgebung musterte.

      Was einst ein dichter Wald war, markierte nun den Rand einer Menschensiedlung, die ihr schon gefährlich nahe gekommen war. Es hätte sie schockieren oder zumindest überraschen müssen, wie sehr sich alles verändert hatte, wie dicht ihre einstmals abgelegene Höhle bereits bei den ersten Häusern lag. Aber sie wusste, dass die Menschen sich einfach nahmen, was sie wollten, und zu blind waren, um zu erkennen, wer oder was hier, seit Anbeginn der Magie, in ihrer Welt lebte. Vermutlich hielten die Menschen sie für ein zu groß geratenes Tier mit seltsamem Panzer. Nie wären sie darauf gekommen, was sie wirklich war: Sie stammte aus dem Volk der Clavema, die für ihre Schmiedekünste bekannt gewesen waren. Und sie, Lysandra, war eine jener Schmiede, die einst Schlösser fertigten für Dinge, die niemals wieder geöffnet werden sollten.

      Ihre Brüder und sie hatten dafür gesorgt, dass alle Portale mit unüberwindbaren Siegeln für alle Zeiten verschlossen blieben. Aber im Gegensatz zu ihr waren ihre Brüder unvorsichtig gewesen und von Menschen gefangen und getötet worden.

      Nur Lysandra war noch übrig. Doch da die Verbindungen zu anderen Welten großteils für immer verschwanden, nachdem sie mit den Siegeln verschlossen wurden, hatte es bisher keinen Grund gegeben, sich Sorgen zu machen, ob sie allein mit ihren Werkzeugen und ihrer Magie ein Portal verteidigen konnte. Bis zu diesem Tag.

      Leise regten sich die ersten Menschen in ihren Häusern, während Lysandra ihre Ohren spitzte und die Augen schloss. Da war es, ganz eindeutig. Wie ein Hammerschlag auf brüchigem Eis klang das Geräusch, das jemand verursachte, der eines ihrer Schlösser zerstören wollte.

      »Oh nein, das werdet ihr nicht! Nicht, solange ich hier bin«, knurrte sie und ballte ihre schuppigen Finger zu einer Faust. Sie hatte einen Eid geschworen und sie würde ihn bis zu ihrem letzten Atemzug erfüllen.

      Hastig kroch Lysandra in ihre Höhle zurück, in der sie so lange Zeit geschlafen und immer wieder unruhig gewacht hatte, diesen Tag herbeisehnte und doch fürchtete. Endlich hatte sie wieder etwas zu tun, konnte ihre Fähigkeiten testen und musste darauf vertrauen, dass sie nach all der Zeit immer noch in der Lage war, ein Portal zu verteidigen.

       Sie suchte im dämmrigen Morgenlicht ihre Werkzeuge zusammen, packte sich etwas Proviant ein und kroch wieder aus ihrer Höhle. Einmal noch drehte sie sich um, fragte sich, ob sie diesen Platz, der so lange ihr Zuhause gewesen war, jemals wiedersehen würde.

      Kurz zögerte sie. Wie viel Zeit war vergangen, seit die Portale verschlossen wurden? War sie wirklich noch an jenen Schwur gebunden, der sie damals in dieser Welt festhielt? Aber was sollte sie mit sich anfangen, wenn sie ihrer Aufgabe nicht mehr nachkam?

      Wieder erklang das Geräusch und Lysandra wusste, ihr Siegel würde nicht mehr lange standhalten. Entschlossen nickte sie, band sich die Taschen um und begab sich auf ihre Hände und Füße. Sie mochte es nicht, auf vier Beinen zu laufen, aber so war sie deutlich schneller.

      Ihre Krallen schabten über den Boden und sie rannte los. Die Wälder zogen an ihr vorbei, sie hastete durch jene große Wüste, in der sich einst die Auronen niedergelassen hatten, ehe sie verschwanden, und weiter über grüne Ebenen, bis sie das Meer riechen konnte. Hier also wollte jemand ein Portal öffnen, das für immer versiegelt worden war.

      Lysandra kam wieder auf ihre zwei Beine, als sie ganz nahe war, und ortete das Portal. Sie konnte verschiedene Völker riechen, die sich darum versammelt hatten. Einen Moment überlegte sie, welche Spezies gerade ihr Schloss zu brechen versuchten. Dann zuckte sie mit den Schultern, weil es nicht wirklich wichtig war, brachte sich in Position und zog ihren magischen Hammer aus ihrem Werkzeuggürtel. Mit ihm würde sie jeden aufhalten, der es wagte, ihre Siegel zu brechen.

      Blaue Augen blickten sie liebevoll an, während sie eisige Kälte fühlte. »Es ist gut, du kannst mich loslassen«, sagte er.

      »Ich will dich nicht loslassen. Niemals. Ich kann das nicht!«, brüllte sie ihn an, aber da lösten sich seine Finger bereits von ihren und er verschwand in dem Strudel aus Dunkelheit und Kälte. »Aestus! Nein!«, schrie sie und wollte ihm nach, als jemand sie an ihren Schultern packte.

      »Eleonora, es war nur ein Traum«, drang ein Flüstern an ihre Ohren. »Meine Kleine, es war nur ein Traum.«

      Eleonora schluchzte, während sie die Benommenheit des Schlafes ablegte. Es mochte diesmal ein Traum gewesen sein, aber was sie darin gesehen hatte, war wirklich geschehen. Aestus war vom Schatten in die Dunkelheit gezogen worden und sie hatte nur zusehen können.

      Die Arme ihrer Großmutter schlossen sich um sie. Es war meistens Sarina, die in der Nacht bei ihr saß, seitdem die Lunara ihre Insel aus dem Wasser gehoben hatten. Das lag zwei Tage zurück und es fühlte sich für Eleonora wie viele Monde an. Ihr Körper kämpfte immer noch mit den Folgen all der Magie, die sie gebündelt hatte, um die Insel zu heben. Aber ihr Herz hatte den schlimmsten Kampf auszutragen.

      Nicht nur, dass sie Aestus verloren hatte und ihr Herz diesen Verlust kaum ertrug. Auch Eleonoras Vater Lordor war immer noch nicht erwacht, nachdem der Schatten ihn verwundet und Dano, Eleonoras Großvater, seine Unsterblichkeit geopfert hatte, um ihn zu retten.

      Der Aurone war nur noch ein Schatten seiner selbst, zitterte trotz der Wärme ständig und sprach kaum ein Wort. Sarina hatte ihr erklärt, dass er es nicht ertrug, zu fühlen, wie sein Körper Stück für Stück zu sterben begonnen hatte.

      Eleonoras Mutter Athela wich nicht von Lordors Seite. All der Kummer hatte sie um Jahre altern lassen und sie schien noch zerbrechlicher als vor wenigen Tagen, während die Dunkelheit offenbar ihre Finger