Spurensuche. Georg Markus

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Название Spurensuche
Автор произведения Georg Markus
Жанр Документальная литература
Серия
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783903217652



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im kleinen Pasqualatischen Haus Nr. 94 im 1. Stocke und täglich bey der k. k. Hoftheaterkasse zu haben.«

      Fast immer hoch verschuldet

       Franz Schuberts Finanzlage

      Was immer Franz Schubert anzupacken versuchte, um einem bürgerlichen Beruf nachzugehen und sein Leben bestreiten zu können, ging schief. Seine Stellung als Hilfslehrer an der Schule, an der sein Vater unterrichtete, gab er auf, weil ihm diese Tätigkeit keine Zeit zum Komponieren ließ. Es fanden sich kaum Verleger, die seine Kompositionen gedruckt hätten, und nur drei Bühnenstücke von Schubert wurden aufgeführt: Die Zwillingsbrüder, Rosamunde und Die Zauberharfe. Schuberts Bewerbung um den Direktionsposten an der Musikschule Laibach wurde ebenso abgelehnt wie sein Bemühen um die Stelle als Vizehofkapellmeister und als Dirigent am Kärntnertortheater.

      Aber gerade dem tragischen Umstand, dass er keine feste Anstellung fand, verdanken wir die ungeheure Fülle seines Werks, denn nur dadurch konnte sich Schubert praktisch Tag und Nacht seinen Kompositionen widmen. Obwohl Beethoven fast doppelt so alt wurde wie er, ist Schuberts Œuvre noch umfangreicher. In den wenigen Jahren, die ihm zur schöpferischen Arbeit blieben, schuf er weit mehr als tausend Lieder, Klavierstücke, Ouvertüren, Kammermusiken, Messen, Chöre, Tänze, Bühnenstücke sowie acht Sinfonien. »In einem halbdunklen, feuchten und ungeheizten Kämmerlein, in einen alten, fadenscheinigen Schlafrock gehüllt, frierend und komponierend«, so behielt ihn ein Freund in Erinnerung. »Die Schwierigkeiten seiner Lage lähmten seinen Fleiß und seine Lust durchaus nicht«, schreibt ein anderer, »er musste singen und komponieren, das war sein Leben.«

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       Er schuf mehr als tausend Lieder und andere Musikstücke: Franz Schubert

      Allen Widrigkeiten zum Trotz brachte es Schubert zu einem gewissen Bekanntheitsgrad im biedermeierlichen Wien. Er gab Konzerte in privaten Salons und hatte einen prominenten Freundeskreis, zu dem Franz Grillparzer und Moritz von Schwind zählten.

      An der katastrophalen Finanzlage des fast immer hoch Verschuldeten änderte dies wenig, der »Liederfürst« konnte sich zeitweise nicht einmal ein Untermietzimmer leisten und musste bei Freunden oder Verwandten schlafen. Auch die letzten Wochen seines Lebens verbrachte er bei seinem älteren Bruder Ferdinand auf der Wieden, in der Kettenbrückengasse 6, zweiter Stock, Tür 17. »Ich werde wohl im Alter an die Türen schleichen und um Brot betteln müssen«, lautete ein Verzweiflungsschrei Schuberts.

      Doch es gab kein Alter. Das Musikgenie verstarb am 18. November 1828 im Alter von 31 Jahren an Typhus, ein in der damaligen Zeit infolge der schlechten Trinkwasserqualität weitverbreitetes Übel.

      Der erste Auftritt des »Walzerkönigs«

      Die kulturhistorische Bedeutung des Dommayer

      Seinen ersten Auftritt hatte Johann Strauss im Casino Dommayer, das dadurch in der Wiener Musikgeschichte eine besondere Rolle spielt.

      Ferdinand Dommayer war ein bürgerlicher Kamm-Macher, ehe er die Tochter eines Herrn Reiter ehelichte, der in der Vorstadt Hietzing eine Jausenstation betrieb. So wurde der Erzeuger von Friseur-Utensilien zum Cafétier, der bald benachbarte Grundstücke dazukaufte und 1833 »unter Beteiligung der vornehmsten Gesellschaft« den großen Tanzsaal Casino Dommayer eröffnete.

      Dieser erlebte am 15. Oktober 1844 seine große Stunde, als hier der achtzehnjährige Johann Strauss Sohn mit seiner eben gegründeten Kapelle debütierte. Das war deshalb ein Ereignis, weil damals ein »Walzerkrieg« zwischen ihm und seinem Vater herrschte, der den Junior als Konkurrenz empfand und mit allen Mitteln verhindern wollte, dass er Musiker würde.

      Als nun Strauss Sohn für sein Debüt auf Lokalsuche ging, sagten ihm sämtliche Tanzhallen-Besitzer ab, da es sich keiner von ihnen mit dem berühmten Strauss Vater verscherzen wollte, der nie wieder in einem Etablissement aufgetreten wäre, in dem sein Sohn spielte.

      Einzig Ferdinand Dommayer hatte den Mut dazu. Und er sollte es nicht bereuen, denn der Auftritt des jungen Strauss wurde zur Sensation. Der spätere »Walzerkönig« dirigierte vor sechshundert Gästen teils eigene, teils fremde Melodien, darunter auch die Loreley-Rhein-Klänge des mit ihm »verfeindeten« Vaters. Während die Mutter im Publikum saß und stolz ihren noch etwas schüchtern und unbeholfen stehgeigenden Sohn bewunderte, hatte Strauss Vater einen »Spion« geschickt, der ihm alles berichtete.

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      Alle anderen Tanzhallen-Besitzer sagten ab: Johann Strauss’ erster Auftritt im Casino Dommayer am 15. Oktober 1844

      Tage später langte beim k. k. Kreisamt Hietzing eine Beschwerde von Strauss Vater gegen den Auftritt des Sohnes ein, die jedoch abgewiesen wurde.

      Das Casino wurde später von Ferdinand Dommayers Sohn Franz und von seiner Enkelin Luise geführt, ehe es 1908 abgerissen wurde.

      Das heutige Café Dommayer in der Dommayergasse hat nichts mit dem einstigen Tanzsaal zu tun, in dem Johann Strauss debütierte. Anstelle des alten Casinos befindet sich das Parkhotel Schönbrunn.

      Familienzwist im Hause Strauss

       Wo sind Josefs Originalnoten?

      Josef Strauss steht im Schatten seines populären Bruders, des »Walzerkönigs« Johann Strauss. Völlig zu Unrecht, denn auch unter seinen dreihundert Kompositionen findet sich eine Reihe genialer Werke.

      Josef, der am 20. August 1827 als zweiter Sohn des Johann Strauss Vater und seiner Frau Anna, geb. Streim, in Wien geboren wurde, hatte zwar das Genie aller »Sträusse« im Blut, strebte aber zunächst keine musikalische Karriere an. Er besuchte vielmehr das Polytechnische Institut (die heutige Technische Universität) und eine Architekturschule, danach arbeitete er als Bauzeichner. Im Jahr 1853 entwickelte Josef Strauss eine Straßenreinigungsmaschine, die allerdings nie gebaut wurde.

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       War eigentlich Ingenieur: Josef Strauss

      Wie sein um zwei Jahre älterer Bruder Johann hatte auch Josef Strauss in seiner Kindheit Klavier- und Harmonieunterricht erhalten und neben seiner technischen Ausbildung immer wieder kleinere Musikstücke komponiert. Als er 35 Jahre alt war, sprang Josef für seinen Bruder als Dirigent des Strauss-Orchesters ein, einige Jahre später gastierte er gemeinsam mit Johann in Pawlowsk bei St. Petersburg.

      Mit der Zeit leitete er das von seinem Bruder geführte Strauss-Orchester immer öfter. Er gab seinen bürgerlichen Beruf auf und konzentrierte sich ganz aufs Dirigieren und Komponieren. Sein populärstes Werk ist der Dorfschwalben-Walzer.

      Josef Strauss wurde nur 43 Jahre alt. Er brach während eines Konzerts in Warschau zusammen und wurde nach Wien gebracht, wo er am 22. Juli 1870 starb.

      Nach Josefs Tod kam es zu einem Familienzwist, zumal Johann noch vor dem Begräbnis seines Bruders von einem Diener alle auffindbaren Noten des Verstorbenen aus dessen Wohnung abholen ließ. Ein großes Paket wurde weggeschleppt, das nie wieder auftauchte. Am 29. März 1886 – sechzehn Jahre nach dem Tod ihres Mannes – fragte Josefs Witwe Lina Strauss in einem Brief an ihren Schwager Johann nach dem Verbleib der Originalhandschriften, ohne diese je zurückzubekommen.

      Der jüngste Bruder Eduard Strauss erklärte, er würde es seinem Bruder Johann durchaus zutrauen, Josefs Kompositionen als seine eigenen auszugeben. Musikforscher schließen nicht aus, dass Johann für seine drei Jahre nach Josefs Tod entstandene Fledermaus von diesem Melodien »entwendet« haben könnte. Dafür gibt es aber keinerlei Beweise.

      Manch