Das gibt's nur bei uns. Georg Markus

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Название Das gibt's nur bei uns
Автор произведения Georg Markus
Жанр Документальная литература
Серия
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783903217201



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gedacht.« Ich selbst bemerkte auffallenderweise, wie er mich beim Abendessen, welches nur Rudolf und Hoyos allein einnahmen, vom Kopf bis zu Fuß groß ansah, als wollte er sagen, Du bist es, welcher bald seinen guten, aber unglücklichen Herrn tot finden wird.

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       Verpflichtete sich, niemals über die Vorgänge von Mayerling zu sprechen: Kronprinz Rudolfs Kammerdiener Johann Loschek

      Johann Loschek ging an diesem 29. Jänner 1889 erst spätabends zu Bett. Und erinnerte sich in seinem Lebenslauf an eine unruhige Nacht:

      Für Rudolf und Vetsera gab es keinen Schlaf mehr. Ich schlief wie gewöhnlich im Nebenzimmer und Rudolf sagte mir beim Schlafengehen: »Sie dürfen Niemanden zu mir lassen und wenn es der Kaiser ist.« Vetsera erwartete Rudolf im Zimmer, wo sie auch das letzte Nachtmahl eingenommen hatte. Ich hörte die ganze Nacht über Rudolf und Vetsera in sehr ernstem Tone sprechen. Verstehen konnte ich es nicht.

       Rudolf und Mary liegen tot auf ihren Betten

       Vieles über Mayerling ist laut Loschek frei erfunden

      Fünf Minuten vor ½ 7 Uhr früh kam Rudolf vollständig angezogen zu mir in das Zimmer heraus und befahl mir, (die Pferde, Anm.) einspannen zu lassen. Ich war noch nicht im Hofe draußen, als ich 2 Detonationen hörte, und lief sofort zurück, der Pulvergeruch kam mir entgegen. Ich stürmte zum Schlafzimmer, doch es war entgegen der Gewohnheit Rudolfs zugesperrt (sonst sperrte er das Zimmer nie ab). Was nun machen. Ich holte sofort Graf Hoyos und mit einem Hammer bewaffnet, schlug ich die Türfüllung ein, dass ich gerade mit der Hand hinein konnte, um die Türe von innen aufzusperren. Welch grauenhafter Anblick. Rudolf lag entseelt auf seinem Bette, ganz angezogen, Mary Vetsera ebenfalls auf ihrem Bette vollständig angekleidet. Rudolfs Armeerevolver lag neben ihm. Beide haben sich überhaupt nicht schlafen gelegt. Beiden hing der halbe Kopf hinunter. Gleich beim ersten Anblick konnte man sehen, dass Rudolf zuerst Mary Vetsera erschossen hatte und dann sich selbst entleibte. Es fielen nur 2 wohlgezielte Schüsse. Von der Anwesenheit einer dritten Person und dass Glasscherben am Kopfe Rudolfs steckten, ist wie so vieles über den Tod frei erfunden.

       Loschek informiert Rudolfs Leibarzt und die Adjutanten

      Der unter Schock stehende Kammerdiener informierte sofort nach Auffinden der beiden Leichen telegrafisch den kaiserlichen Leibarzt Hermann Widerhofer und die beiden Adjutanten des Kronprinzen. Loschek setzt seinen Bericht fort:

      Dr. Widerhofer war bereits gegen ½ 9 Uhr hier. Ich sperrte alles ab und bettete Rudolf und Vetsera in ihre Betten. Die Betten standen nicht wie Ehebetten nebeneinander, sondern an beiden Wänden. Auf dem Nachtkästchen Rudolfs war ein einfacher Zettel (des Kronprinzen, Anm.) an mich adressiert und darauf stand:

      »Lieber Loschek, holen Sie einen Geistlichen und lassen Sie uns in einem gemeinsamen Grabe in Heiligenkreuz beisetzen. Die Pretiosen meiner teuren Mary nebst Brief von ihr überbringen Sie der Mutter Marys. Ich danke Ihnen für Ihre jederzeit so treuen und aufopfernden Dienste während der vielen Jahre, welche Sie bei mir dienten. Den Brief an meine Frau lassen Sie ihr am kürzesten Wege zukommen. Rudolf.«

       Der Kammerdiener erfasst das Ausmaß der Tragödie

      Als er diese Zeilen las, wurden dem Kammerdiener das volle Ausmaß und die Dimension der Geschehnisse bewusst.

       Rudolfs Sarg wird nach Wien gebracht

      Jetzt erst brach auch ich zusammen, ich kniete nieder, meinen Kopf auf Rudolfs Arm legend und weinte bitterlich. Wie lange, das weiß ich nicht. Ein Klopfen scheuchte mich auf, es war bereits Dr. Widerhofer und ein Sekretär, welche den Tatbestand nach meinen Angaben aufnahmen. Denselben Tag noch brachten wir die Leiche Rudolfs nach Baden, wo wir circa um 9 Uhr abends ankamen. Lakaien trugen den Sarg in einen Salonwagen und nur Dr. Widerhofer und ich begleiteten unseren guten Herrn nach Wien.

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       »Die richtige Darstellung des Dramas von Mayerling«: Die Erinnerungen, die Johann Loschek seinem Sohn diktierte

      Eine große Menschenmenge erwartete uns. Ich fuhr dem Leichenwagen hinterher noch bis in die Burg, das Weitere ist ja aus den Zeitungen schon längst bekannt. So lautet einfach und ohne Romantik das Drama von Mayerling, worüber schon so Vieles von nicht eingeweihten Personen geschrieben wurde.

      Mit diesen Worten beendet Loschek das wohl traurigste Kapitel seines Lebens. Gezeichnet: »Kleinwolkersdorf, 19. I. 1928, Johann Loschek, Kammerdiener weiland Kronprinz Erzherzog Rudolf«, bestätigt von zwei Zeugen.

       Abschiedsbriefe, die nie geschrieben wurden

      Es war auch bisher schon bekannt, dass Rudolf in Mayerling mehrere Abschiedsbriefe verfasst hat: den oben erwähnten an seine Frau Stephanie, einen an seine Mutter Kaiserin Elisabeth, einen weiteren an seine Schwester Marie Valerie, einen an seinen Freund, den Bankier Baron Moritz Hirsch, einen an seine Geliebte Mizzi Caspar und den ebenfalls erwähnten an Kammerdiener Loschek. Was bisher nicht bekannt war, ist, dass Rudolf noch einige Briefe schreiben wollte. Die Kuverts dazu fand ich in Loscheks Nachlass in Kleinwolkersdorf. Rudolf hatte die Kuverts bereits beschriftet, sie waren an den Fürsten Lobkowitz, den Grafen Festetics und andere persönliche Freunde gerichtet. Die Briefe, die er in diese Kuverts legen wollte, hat Rudolf nicht mehr geschrieben. Offenbar hat er es mit dem Sterben eiliger gehabt, als er es ursprünglich vorhatte. Auffallend ist, dass sich auch unter den geplanten Abschiedsbriefen keiner an seinen Vater, den Kaiser, befand.

       Die wichtigste Erkenntnis aus Loscheks Nachlass

      Die wichtigste Erkenntnis aus der Hinterlassenschaft des Kronzeugen Loschek ist, dass das Drama von Mayerling im Wesentlichen so verlaufen ist, wie es von der seriösen Geschichtsschreibung seit jeher dargestellt wird. Und dass das junge Paar keineswegs von einer dritten Person ermordet wurde, wie es düstere Verschwörungstheorien immer wieder verkünden.

       Wie kann sich das ein Kammerdiener leisten?

       »Stolz darauf, als armer Mann zu sterben«

      Es wurde oft und oft behauptet, ich erhielt eine große Summe Schweigegeld u. s. w. Das alles ist frei erfunden wie so Vieles über Kronprinz Rudolf. Rudolf bedachte in seinem Testament alle seine Angestellten. Auf diese Weise bekam ich 2600 Gulden nebst Gewehren, Kleidern, etc. und ich besitze für jedes einzelne Stück eine Bestätigung.

      Es ist eine Fabel wenn behauptet wird Loschek war nun ein reicher Mann geworden. Das kleine Kapital hatte ich mir ehrlich und redlich erspart. Auf den vielen Reisen konnte ich mir ja die Diäten ganz auf die Seite legen. Ich bin eigentlich stolz darauf als armer Mann zu sterben.

      Nun, als armer Mann ist Johann Loschek nicht gestorben. Sein vierzig Hektar großer Besitz gibt darüber Auskunft. Rotraut Witetschka, die heutige Besitzerin des Gutes, ist dennoch überzeugt davon, dass seine Darstellung den Tatsachen entspricht. »Herr Loschek war ein Ehrenmann, er hat, solange er lebte, geschwiegen, ohne dass man ihn dafür bezahlen musste.«

       Sisi und Stephanie schätzen Loschek

       »Schweigegeld« – ja oder nein?

      Doch