PRIMORDIA 3 - RE-EVOLUTION. Greig Beck

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Название PRIMORDIA 3 - RE-EVOLUTION
Автор произведения Greig Beck
Жанр Языкознание
Серия Primordia
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783958354890



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nach oben, um zu prüfen, ob etwas an der Sonne vorbeigezogen war, doch der Himmel war genauso wolkenlos und tiefblau wie zuvor. Als er wieder hinuntersah, verengten sich seine Augen. Da war doch irgendwas mit den Bäumen – irgendetwas war anders.

      Er baumelte für einen Moment an seinem Sicherungsseil und versuchte, darauf zu kommen, was anders war, doch er konnte es nicht sagen.

      Wahrscheinlich gar nichts, dachte er und konzentrierte sich wieder auf die Gegenwart. Sie waren zu Hause und er hatte die Qualen überlebt. Er war in Sicherheit.

      Ben grinste, dann lachte er laut auf und warf den Kopf in den Nacken. »Ich bin am Leben!«, rief er begeistert.

      »Aber nicht mehr lange, wenn du nicht bald mal Gas gibst.«

      Als er diese Stimme hörte, wurde Bens Grinsen noch breiter und er schaute nach oben. Emma war bereits auf dem Gipfel angekommen und stand furchtlos an der Felskante, die Hände in ihre wohlgeformte Taille gestützt. Ihre gebräunten, muskulösen Schultern glänzten von leichten Schweißperlen überzogen in der Sonne.

      Ben kicherte und begann wieder zu klettern. Zu Beginn war sie die Expertin im Freeclimbing gewesen, doch inzwischen hatte sie ihn auf so viele Touren mitgenommen, dass er sie gar nicht mehr aufzählen konnte. Dieser Sport hielt ihn in absoluter Top-Form, und obwohl er schon silberne Strähnen im Haar hatte, war er immer noch voll auf Zack. Zumindest seiner Meinung nach.

      Er begann jetzt, schneller zu klettern, und seine Arme und Schultern schrien auf. Er wusste schon jetzt, dass er heute Abend ein heißes Bad brauchen würde, am besten in Kombination mit einigen kalten Bierchen.

      Als er oben ankam, schüttelte er seine Arme und Hände aus, um den Muskeln eine Erholung zu gönnen. Er grinste sie an.

      »Komisch, von da unten sah das alles viel leichter aus.«

      Emma lächelte zurück, wodurch sich leichte Fältchen um ihre grünen Augen bildeten. Für ihn war sie immer noch so hübsch wie eh und je, auch wenn die Zeit ihre Spuren hinterlassen hatte und die Sonne ihr noch ungefähr eine Million weitere Sommersprossen verpasst hatte, die sich über ihre Nase und ihre Wangen verteilten. Er konnte sich nicht helfen, aber ihr Anblick brachte sein Herz unwillkürlich dazu, sich fast zu überschlagen.

      Sie breitete die Arme aus. »Habe ich Sie nicht gerade rufen hören, wie lebendig Sie sich hier oben fühlen, Captain Cartwright?«

      »Allerdings. Aber um sich lebendig zu fühlen, muss man leider erst mal unglaubliche Schmerzen überstehen, habe ich nicht recht?« Er grinste theatralisch.

      »Jetzt stell dich mal nicht so an!« Sie trat wieder an den Abgrund heran und spähte hinab. »Sollen wir runterklettern oder den Wanderweg nehmen?«

      Er hielt beide Hände in die Höhe und rief: »Zwei Stimmen für den Wanderweg!«

      Sie lachte. »Okay, aber dann joggen wir wenigstens. Abgemacht?«

      Ben stöhnte auf. »Können wir das Leben nicht auch einfach mal genießen?« Er setzte sich auf einen Felsen und sie nahm neben ihm Platz. Es war neun Jahre her, dass Emma ins dunkle Herz des Amazonasdschungels gereist war, um ihn zu retten und nach Hause zu bringen. Sie hatten beide seelische Narben zurückbehalten, die noch lange nicht geheilt waren, und die Erinnerungen würden sie wohl niemals vergessen.

      Ben schaute hinauf in den Himmel. Bald würde der Komet Primordia wiederkommen. Ehrlich gesagt wollte er gar nicht darüber nachdenken, doch jedes Jahr um diese Zeit kreisten seine Gedanken unweigerlich um die damaligen Ereignisse. Es war ein Jahrestag, der sich tief in sein Hirn gebrannt hatte.

      Er spürte, wie Emma ihre Hand auf seinen Oberschenkel legte und machte sich bewusst, dass er der glücklichste Mann der Welt war. Er seufzte und genoss die Aussicht. Nach einem kurzen Moment wunderte er sich allerdings wieder über die Bäume.

      »Hey, schau dir mal den Wald an, was stimmt denn damit nicht?«

      Sie stand auf und ging zum Abgrund, wo sie ihre Augen mit einer Hand abschirmte. Sie ließ den Blick wandern, schüttelte jedoch kurze Zeit später den Kopf.

      »Keine Ahnung, auch wenn ich diese Aussicht liebe, konzentriere ich mich meistens doch eher auf die Felswände.« Sie drehte sich um und lief zu ihm zurück, dann tätschelte sie seinen muskulösen Brustkorb. »Du bist doch der Elitesoldat, der eigentlich einen Blick für die Umgebung haben müsste.«

      Sie hatte recht, so war es. Für einen Moment schaute er sie intensiv an, dann wandte er sich wieder den Bäumen zu. Irgendwie war er sich sicher, dass diese Kiefern vorhin nicht da gewesen waren. Sie waren irgendwie riesig, unnormal riesig, und aus irgendeinem Grund kamen sie ihm verdammt bekannt vor.

      Er zermarterte sich das Hirn, aber er kam nicht drauf. Dann gab er es auf und lächelte Emma an, deren Blick auf der Landschaft ruhte. Er schlug ihr mit der flachen Hand auf den Po.

      »Okay, wer zuletzt unten ist, zahlt das Bier.«

      Er sprintete los.

      Kapitel 4

      Das Helios-Sternensystem, auch bekannt als unser Sonnensystem

      Komet P/2018-YG874, genannt Primordia, hatte seine elliptische Kurve um die Sonne beendet und war wieder auf dem Weg in Richtung Erde. Es würde noch ein paar Monate dauern, bis er seinen erdnächsten Punkt erreicht haben würde, bei dem er mit bloßem Auge sichtbar wäre.

      Bis dahin würden sich auch die Auswirkungen des Kometen auf der Erde bemerkbar machen – wenn auch nur an einem einzigen Ort. Einem Tafelberg oder Tepui tief im Amazonasdschungel Venezuelas. Das hatte Primordia schon seit über hundert Millionen Jahren getan, und vielleicht würde es noch hundert Millionen Jahre so weitergehen.

      Vielleicht aber auch nicht.

      Am anderen Ende des Sonnensystems, in etwa fünfundvierzig Millionen Kilometern Entfernung von der Sonne, befindet sich der Kuiper-Gürtel, eine große Ansammlung von Millionen von Asteroiden. Die meisten von ihnen waren klein und bestanden aus nichts weiter als gefrorenen Gasen wie Methan, Ammonium sowie Wassereis. Sie sind Überbleibsel der Zeit, als das Sonnensystem entstanden ist. Es gab allerdings auch richtig große Exemplare, die aus solidem Stein und Metallen bestanden.

      So ein Exemplar schoss nun in den Kuiper-Gürtel. Wie bei einer Runde Billard kollidierte er mit einigen anderen Asteroiden und schoss sie aus dem Weg, sodass sie in die Tiefen des Weltalls geschleudert wurden. Sie flogen in alle möglichen Richtungen, kreuz und quer durch das Sonnensystem und darüber hinaus, doch einer von ihnen steuerte auf ein ganz besonderes Ziel zu: Die Erde.

      Kapitel 5

      Re-Evolution: 004

      Der Heimflug nach Greenberry in Ohio dauerte nicht mal zwei Stunden. Mehrmals spürte Ben auf dieser Reise ein Kribbeln in seinem Körper, das ihm fast den Magen umdrehte. Er sah das Sonnenlicht kurz flackern, so wie Glühbirnen bei Störungen im Stromnetz. Einmal schaute er dabei Emma an, und ihre Augen verengten sich ebenfalls, also war er offenbar nicht der Einzige, der es bemerkte.

      Am frühen Abend wurden sie von einem Taxi an ihrem Familienanwesen abgesetzt. Bens Mutter Cynthia war vor einigen Jahren gestorben und nun war Ben der Eigentümer. Das Grundstück sowie alle beweglichen und unbeweglichen Güter darauf gehörten nun ihm und natürlich seiner Ehefrau Emma.

      Ben ließ die Taschen auf der Veranda auf den Boden gleiten und sah auf die Uhr. Zach, ihr sechs Jahre alter Sohn, hatte bei einem Freund übernachtet, aber es war vielleicht die letzte Kletterreise, die sie ohne ihn absolviert hatten, denn nächstes Mal wollten sie ihn mitnehmen. Sie hatten an der Kletterwand im Fitnessstudio bereits mit ihm geübt.

      Zach würde nach dem Abendessen bei ihnen abgesetzt werden und Ben schaute jetzt nach Norden, in Richtung der Baumreihe, die das Anwesen begrenzte und überlegte, wie viel Zeit ihm noch für die letzte Aufgabe des Tages blieb. Denn Belle, ihre in die Jahre gekommene Labrador-Hündin, hatten sie bei ihren Nachbarn Frank und Allie untergebracht. Bei