Wenn man trotzdem lacht. Georg Markus

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Название Wenn man trotzdem lacht
Автор произведения Georg Markus
Жанр Афоризмы и цитаты
Серия
Издательство Афоризмы и цитаты
Год выпуска 0
isbn 9783902998613



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auf jedem Fauteuil ein Kapitalist sitzt.

       Es ist kaum zu glauben, was jeder Mensch glaubt, was er für ein Mensch ist!

      Über Armut braucht man nicht zu erröten. Weit mehr Leute haben Ursache, über ihren Reichtum zu erröten.

      Kunst ist, wenn man’s nicht kann, denn wenn man’s kann, ist’s keine Kunst.

      Abonnenten sind nicht so leicht zu vertreiben. Es ist zum Staunen, was ein guter Abonnent alles vertragt.

      Ich habe nur einen Grundsatz, und das ist der, gar keinen Grundsatz zu haben.

      Als die Zensur nach der Revolution des Jahres 1848 eingeschränkt wurde, hatte Nestroy gleich zwei Pointen auf Lager:

       Es war halt eine schöne Sach’, wenn einem nichts eing’fallen is und man hat zu die Leut sagen können: »Ach Gott, es is schrecklich, sie verbieten einem ja alles!«

      Die Zensur ist die jüngere von zwei schändlichen Schwestern, die ältere heißt Inquisition.

      Es gibt aber auch sonst kaum ein Thema seiner Zeit, dem Nestroy nicht einen Aphorismus gewidmet hätte:

      Ich hab einen Sesselträger kennt, der hat die dicksten Herren tragen können wie nix, und seine hagere Gattin war ihm unerträglich.

      Es ist oft schwer, die Vaterschaft zu beweisen, wenn nicht Muttermäler vorhanden sind.

      Über ein altes Weib geht nix als ein Mann, der ein altes Weib is.

      Ich fühle mich nie weniger einsam, als wenn ich allein bin.

      In den ersten Lebensjahren eines Kindes bringen ihm die Eltern Gehen und Sprechen bei, in den späteren verlangen sie dann, dass es stillsitzt und den Mund hält.

      Die Schwierigen sind die Einfachen.

      Man möchte manchmal Kannibale sein, nicht um den oder jenen aufzufressen, sondern um ihn auszukotzen.

      Ein seichter Mensch find’t bald was tief.

      Wenn die reichen Leut’ nicht wieder reiche Leut’ einladeten, sondern arme Leut’, dann hätten alle genug zu essen.

      Die Nächstenliebe beginnt bei sich selbst.

      I sag nicht aso und nicht aso, damit man nicht sagen kann, ich hab aso oder aso gsagt.

      Zuviel plauschen tun die Weiber erst wenn sie alt sind. Wenn sie jung sind, verschweigen sie einem zu viel.

      Mit dem letzten Satz hat sich Nestroy wohl eine Lebenserfahrung von der Seele geschrieben. Der Dichter war verheiratet, doch die Ehe – von ihm später als »gegenseitige Lebensverbitterungsanstalt« bezeichnet – hielt nicht lange, da seine Frau Wilhelmine 1827 mit einem ungarischen Grafen durchging. Von da an lebte Nestroy bis zu seinem Tod in einer Lebensgemeinschaft mit der Schauspielerin Marie Weiler, der er selbst wieder alles andere als treu war.

      Ein Mädchen sitzen zu lassen, ist auf alle Fälle billiger als Heiraten.

      Ich glaube von jedem Menschen das Schlechteste, selbst von mir, und ich hab’ mich noch selten getäuscht.

      Die Kluft zwischen Livree und Haute-Volée ist unermesslich.

      Man muss die Welt nehmen wie ’s is’ und nicht, wie’s sein könnt.

      Armut ist ohne Zweifel das Schrecklichste. Mir dürft’ einer zehn Millionen herlegen und sagen, ich soll arm sein dafür, i nehmet’s net.

      Die Perücke ist eine falsche Behauptung.

      Wenn alle Stricke reißen – häng ich mich auf.

      Hausherren haben noch selten hoffnungslos geliebt.

      Nein, wenn die Gäste wüssten, wie z’wider sie einem oft sind, ließ sich gar kein Mensch mehr einladen auf der Welt.

      Ich hör schon das Gras wachsen, in welches ich beißen werd.

      Lang leben will alles, aber alt werden will kein Mensch.

      Nestroy ist nicht alt geworden, er starb am 25. Mai 1862 mit sechzig Jahren in Graz an den Folgen eines Schlaganfalls. Davor hatte er noch philosophiert:

      Die Würmer können nicht reden, sonst verrateten sie’s vielleicht, wie grässlich langweilig dem Toten das Totsein vorkommt.

       »Am End’ weiß keiner nix« Ferdinand Raimund oder Die Tragödie des Komödianten

      Der zweite große Volksdichter litt zeit seines Lebens unter der Größe des ersten. Ferdinand Raimund war ein begnadeter Komödienschreiber und Komödiant, ging aber als tragische Figur in die Geschichte ein. Er fand als Autor und Schauspieler hohe Anerkennung, war wohlhabend und berühmt, sah sich jedoch im Schatten Nestroys und ließ sich durch Schwermut und Melancholie in den Tod treiben.

      Ferdinand Jakob Raimann, wie er eigentlich hieß, war am 1. Juni 1790 als dreizehntes Kind eines Drechslermeisters in Wien zur Welt gekommen. Elf seiner Geschwister waren im Säuglingsalter verstorben, nur er und eine Schwester überlebten. Die Mutter starb an der Schwindsucht, als er zwölf war, der Vater zwei Jahre später. Nach der Bürgerschule schickte ihn seine ältere Schwester in die Lehre zum Zuckerbäcker Jung, die ihm zum Schicksal wurde, da es zu seinen Aufgaben gehörte, jeden Abend Süßwaren ins Burgtheater, damals noch am Michaelerplatz, zu liefern. Auf der vierten Galerie verkaufte er Brezeln und Zuckerln – und war vom ersten Tag an dem Theater verfallen.

      Mit achtzehn Jahren schloss er sich einer Wanderbühne an und zog durch die Provinz, ehe der Direktor des Theaters in der Josefstadt 1814 sein Talent erkannte und ihn engagierte. Raimund wurde ein Star, fand jedoch – ähnlich wie Nestroy – in der damaligen Theaterliteratur nicht die Stücke, die ihm zusagten. Und war mit dem Barometermacher auf der Zauberinsel auf Anhieb erfolgreich.

      Man muss stets lustig sein,

      Und sich des Lebens freu’n,

      Außer man hat kein Geld,

      Nachher ist’s freilich g’fehlt.

      Es folgten Der Diamant des Geisterkönigs, Der Bauer als Millionär, Der Alpenkönig und der Menschenfeind, dessen Rappelkopf die Menschheit warnt: »Eine Angst hat alles vor mir, dass es eine Freude ist.« Und schließlich 1834 Der Verschwender, das Zaubermärchen um den Millionär Flottwell, der sein ererbtes Vermögen verprasst und für aufwendige Jagdfeste verpulvert. Nachdem die Jagd im Jagdcouplet drei Strophen lang verdammt wird (»Kurz in allem Ernst gesagt: ’s gibt nix Dümmres als die Jagd«), findet Raimund in der vierten und letzten doch noch versöhnliche Worte:

      Nein – die Sach’ muss ich bedenken,

      D’ Jäger kann ich nicht so kränken.

      Denn wenn keine Jäger wären,

      Fräßen uns am End die Bären.

      ’s Wildbret will man auch genießen,

       Folglich muss man es auch schießen!

       Brat’ne Schnepfen, Haselhühner

      Auf der Tafel schätzt der Wiener.

       Und ich stimm mit Ihnen ein:

       Jagd und Wildbret müssen sein!

      Wenn man Raimunds Stücke nach humorvollen Zitaten durchsucht, wird man vordergründig nicht so viele finden wie bei Nestroy, aber auch in ihnen steckt großer Witz und Lebensweisheit.

      Je weniger man ’kriegt hat, je mehr denkt man drauf.

      Ich