Indien denkt anders - eine interkulturelle Begegnung. Richard Lang

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Название Indien denkt anders - eine interkulturelle Begegnung
Автор произведения Richard Lang
Жанр Биографии и Мемуары
Серия
Издательство Биографии и Мемуары
Год выпуска 0
isbn 9783347075986



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      INDIEN denkt anders – eine interkulturelle Begegnung Autobiografische Notizen

      mit einem Nachwort zur Interkulturalität

      © 2020 Richard Lang

      Verlag und Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg

ISBN
Paperback:978-3-347-07596-2
Hardcover:978-3-347-07597-9
e-Book:978-3-347-07598-6

      Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

      Die Wahrheit ist grenzenlos, sie kann nicht konditioniert, sie kann nicht auf vorgegebenen Wegen erreicht und daher auch nicht organisiert werden.

      Jiddu Krishnamurti

      Vorwort

      Dass jeglicher stabile Weltfrieden letzten Endes ohne eine geglückte, vielschichtige Interkulturalität unter den Nationen zum Scheitern verurteilt ist, weiß jeder. Als tiefe und breite, vielschichtige persönliche Erfahrung ist der Text von Richard Lang ein indirekter –nicht expressis verbis-, aber grundlegender Beitrag im Hinblick auf theoretische und auf notwendige praktische und politische Fragestellungen zu dem friedensstiftenden Kern der Interkulturalität. Lang versteht unter Interkulturalität nicht einfach Multikulturalität oder Transkulturalität, sondern inter, d.h. zwischen, wobei beispielsweise zwei Kulturen aufeinander wirken und sich friedlich miteinander auseinandersetzen. Allerdings impliziert Frieden zu stiften in der Tat hochgradige innere und äußere Toleranzfähigkeit der Protagonisten, und natürlich sowohl einen open mind als auch ein offenes Herz. Wenn wir beides in seinem Werk aus und über Indien finden, sind wir, die Leser, dem Autor zu Dank verpflichtet.

      Richard Lang spricht die Fremdsprachen Rumänisch, Spanisch und Englisch. Und wie dies schon Wilhelm von Humboldt erkannte, tauchen wir in der Fremdsprache direkt und indirekt tief hinein in fremde Kulturen, noch klarer gesagt, in verschiedene Denkweisen und Weltbilder. Auch als langjähriger Leiter von verschiedenen GoetheInstituten hat der Autor konkrete und hautnahe Erfahrung in Interkulturalität gesammelt. Das bedarf einer gut modulierten Auseinandersetzung mit den Kulturunterschieden, d.h. mit dem Fremden überhaupt. Man soll nicht nur respektvoll mit dem Unbekannten umgehen, ohne die Andersartigkeit zu verleugnen, sondern nach dialektischer Aufhebung trachten. Das ist ein Gegengift gegen jeglichen Fundamentalismus, und Fundamentalismus ist die Matrix aller Kriege.

      Unser Autor hat viele Jahre hindurch in München als Deutschsprachlehrer gewirkt. Dann übernahm er Führungspositionen an GoetheInstituten in verschiedenen Ländern, darunter die Leitung der Institute Lagos/Nigeria, Colombo/Sri Lanka und Guadalajara/Mexiko. Er konzentrierte sich nicht nur auf Sprachangelegenheiten, sondern arbeitete auch mit anderen Kunstausdrucksformen wie Theater und Fotografie. Auch behandelte er im interkulturellen Dialog Themen wie urbane Systeme und alternative medizinische Wege. Es wirkt alles ausgesprochenerweise dahin, das friedliche Zusammenleben zu gestalten, und ohne dabei scheinheilig und paternalistisch-kolonialistisch vorzugehen. Man denke nur daran, wie in der Geschichte sich Großmächte im Namen der Zivilisation, und doch mit Waffen materieller und geistiger Art, etabliert haben.

      Auf anderem Blatt, wenn wir an die vielsprachige und vielgereiste Frau, die Friedensnobelpreisträgerin (1905) Bertha von Suttner denken, fällt uns in erster Linie deren Hauptwerk ein: Die Waffen nieder! (erste Ausgabe 1889, Dresden). Richard Lang fördert subtil und in der Tat den Frieden mit geistigen und kulturellen Mitteln. Auch soll uns nicht erstaunen, dass seine Ehefrau die in Deutschland bekannte argentinische Künstlerin Cora de Lang ist. Das Werk dieses Paares, jenes von Richard und jenes von Cora de Lang gründet sich auf eine ausgesprochen tiefbewegte Lebenserfahrung (Kierkegaard würde den Begriff „Passion“ benutzen), und steht da als Zeuge gegen das geläufige oberflächliche Vorurteil, nach welchem jedes seriöse Schriftstück kalt und „objektiv“ gestaltet werden müsse.

      Bedenken wir, dass alle Art von Konflikten zwischen Menschen – geschweige denn zwischen Nationen- als Basis die fehlende Akzeptanz und realitätsgerechte Auseinandersetzung mit dem Fremden in all seinen Schattierungen und Verkleidungen hat. Frieden unter den Nationen gründet sich darauf, die Andersartigkeiten in Bereicherung und Komplementarität umzuwandeln. So habe ich das Buch von Richard Lang verstanden.

      Dr. Raúl Páramo-Ortega

      Interdisziplinärer Forscher

      <www.raulparamoortega.de> Mexiko, am 1.Mai 2020

       Interkulturelle Überlegungen zum Einstieg

      Die vielfältigen Kulturen geben auf die zentralen Fragen des Lebens (auch wenn die Grundbedürfnisse des Menschen – kulturunabhängig – überall die gleichen sein dürften) sehr unterschiedliche Antworten. Das läuft der verbreiteten Meinung zuwider, wonach es nur eine, eben die Wahrheit geben kann. Und so stellt sich die Frage nach der Gültigkeit, der Wahrheit dieser Aussagen. Hat dabei eine Kultur recht? Die andere unrecht? Und wer möchte als Richter auftreten?

      Welche Erkenntnisse, Einsichten und welche Wahrheiten vermitteln die Antworten? Besteht nicht zumindest ein Grundkonsens beispielsweise in puncto Respekt/Achtung vor dem Nährboden des Lebens, der Natur und damit (auch) der Menschheit auf diesem Planeten ungeachtet der Hemisphäre, der Hautfarbe etc.? Ist das verbindende Element für solch einen Grundkonsens die Frage nach der Gerechtigkeit (vgl. John Rawls) oder nach dem Verhältnis zwischen einer gerechten und einer anständigen Gesellschaft (wie z.B. bei Avishai Margalit) oder die damit verbundene Wertediskussion an sich (vgl. Hans Joas)?

      Fragen nach dem Leben, seiner Entstehung, seiner Wesenheit und seiner Deutungshorizonte werden in einer uns so fremden Kultur wie der indischen in einem kontrastiven Ansatz zu europäischen epistemologischen Ansätzen unterschiedliche bis völlig gegenteilige Antworten finden, schon weil sie im abendländischen Vergleich auf anderen Grundüberzeugungen fußen, indem sie zunächst einmal nicht von einem einmaligen (nur dieses eine Leben) sondern von bis zu 1 Million Leben (im Hinduismus) ausgehen, von einer Seele, die ihren Segen und ihre Erfüllung nicht in einem Tempel aus Stein, Stahl und Glas, sondern im eigenen Körper sucht, eine Kultur, in der auch ein (Weiter) Leben in anderen Dimensionen, in einem anderen Zeit-Raum-Gefüge denkbar ist. Davon sind folgerichtig auch weiterführende Fragen betroffen wie z.B.: Was war vorher und was geschieht danach? Oder: Welches ist das Ziel, der Zweck, der Sinn des individuellen Lebens?

      Wie faszinierend und bereichernd, was für eine Inspiration und manchmal auch was für ein Trost (wie Schopenhauer es formulierte) sind daher tiefere Einblicke in eine andere, hier, in die indische Kultur!

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      Für Nicht-Inder, und in meiner subjektiven Wahrnehmung erlebe ich das in Deutschland in ausgeprägter Form, scheint Indien stark zu polarisieren, jedenfalls kaum jemanden unberührt zu lassen: man steht ihm ablehnend gegenüber, ja, man schaudert davor zurück (dramatisch soziales Gefälle, Kastenwesen, Witwenverbrennung etc.) oder liebt es inniglich (wegen Yoga und Vegetarismus, Exotik oder Ayurveda, dem Taj Mahal oder zumindest wegen Mahatma Gandhi). Und zudem gibt es auch und vor allem die kultische Verehrung1, oft ausgehend vom Umwerben durch das unbekannt faszinierende Weisheitsversprechen Asiens, von dessen Mystik und einer verheißungsvollen Erlösung. Die Spanne der Informationslektüre über diesen Subkontinent ist unüberschaubar, sie umfasst von der landeseigenen Literatur in den zahlreichen Amtssprachen2, vom gängigen Reiseführer, z.B. „Lonely Planet“ mit seinen praktischen Hinweisen und preiswerten Schlaf- und Essgelegenheiten, über herrliche Bildbände bis hin zu einer enorm angewachsenen Fachliteratur insbesondere der Indologen (in fast allen Sprachen der Welt). Darunter gibt es auch Bücher zum Schmunzeln (vor allem für jene, die dort gelebt haben und durch diese Lektüre in eine Art Spiegel schauen3) und eine indische Selbstreflexion, die für ein indisches wie auch für ein außerindisches Publikum