Название | Benoni |
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Автор произведения | Hermann Moser |
Жанр | Триллеры |
Серия | |
Издательство | Триллеры |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783347153578 |
„Ich war 1996 ein paar Monate suspendiert und auf Entzug. Als ich zurückgekommen bin, war der Mord an Ernsts Frau Inge bereits geklärt. Von Pottersfeld habe ich nie etwas gehört, das war wohl alles während meiner Abwesenheit.“
„Du warst ein Kollege von Ernst?“, wunderte sich Nyoko. „Warum hast du das nie erzählt?“
Johann wich ihren Blick aus. „Wenn er sich erinnert, wie ich damals war, feuert er mich sofort. Ich will diese Phase meines Lebens vergessen.“
Es wurde kurz still, bis Klaus sich an Wolfgang Jacobs wandte. „Du hast heute noch kein Wort gesagt. Man könnte glauben, dass du gar nicht der Vater meiner Frau bist. Was war denn dein Anteil in diesem verschworenen Trio?“
„Hmmm … also … eigentlich will ich das in einem Polizeigebäude nicht sagen. Außerdem muss ich euch etwas zeigen, das ich zuhause aufbewahre. Ich lade euch zum Abendessen ein. Lydia hat mich ohnehin vor Kurzem gefragt, wann ihr wieder einmal kommt. Passt euch heute 20 Uhr?“
„Wird das ein Geheimbund oder soll ich deine Tochter und Enkel mitnehmen?“
„Ihr dürft sogar früher kommen und bei der Vorbereitung helfen.“
Nyoko setzte sich wieder. „Wir bringen den Wein und den Apfelsaft für Johann. Da ich nicht gewusst habe, dass Ernst einmal für den Chef gearbeitet hat, drängt sich noch eine interessante Frage auf. Harald hat nur Kollegen mit außergewöhnlichen Hobbys oder Talenten in seine Gruppe geholt. Ernst, gibt es bei dir etwas, das wir noch nicht kennen?“
„Nyoko, selbst du musst nicht alles wissen.“
Christian bat Johann, seine Gitarre zu holen. „Ich erzähle euch eine Geschichte. Vor einigen Jahren spazierte ich durch die Stadt und sah vor einem Hotel ein Plakat. Angekündigt war der Auftritt eines italienischen Schlagersängers mit dem schönen Namen Ernesto Pianomartello. Ich fragte mich, ob das eine originelle Übersetzung von ‚Stockhammer‘ sein könnte, und ging hinein. Tatsächlich sang dort der Mann, der damals noch ein entfernter Bekannter war. Lieber Herr Oberst, oder soll ich Colonnello sagen, dein ‚Azzurro‘ ist der Beste von Wien.“
Nyoko lachte. „Christian, in einer guten Ehe gibt es keine Geheimnisse. Warum hast du mir das nicht erzählt?“
„Das war wohl in einer turbulenten Beziehungs-Phase. Damals warst du nicht meine Chefin und er nicht deiner.“
Nyoko deutete Johann, die Gitarre wieder in die Ecke zu stellen. „Bevor es zu gemütlich wird, gehen wir wieder an die Arbeit. Wir nehmen am Abend italienischen Wein mit und Johann die Gitarre. Ernst darf dann italienische Gassenhauer zum Besten geben. Jetzt aber: Christian untersucht Pottersfeld. Johann nimmt sich Ernsts Frau und ihren Mörder vor. Ich mache die Kindesweglegung und Kleindienst. Paul, du bekommst von uns die Namen aller Menschen, die in den Fällen aufgetaucht sind. Recherchiere die Biografien und suche Überschneidungen. Klaus, schau dir die Spuren von allen Tatorten an. Auf geht’s!“
Nyoko konnte nicht sofort mit ihren Aufgaben beginnen. Ernst bat sie und den Chef zu einer vertraulichen Besprechung in ihr Büro. Sie nahmen am kleinen runden Besprechungstisch Platz.
Der Oberst begann. „Nyoko, ich will die Anwesenheit deines Mentors nutzen, um eine organisatorische Frage zu besprechen. Du bist die schnellste und entscheidungsfreudigste Offizierin des BKA und dennoch schleppst du eine Angelegenheit seit mehr als einem Jahr vor dir her. Für deine offene Stelle kommen laufend Bewerbungen von den besten und erfahrensten Kriminalpolizisten. Gruppenleiter würden ihre Führungsfunktion abgeben, um ein Keystone Cop zu werden. Einige Bewerber sind schon irritiert, weil sie keine Antwort bekommen. Wir können die Position nicht ewig offenhalten, sonst wird sie uns gestrichen.“
„Es war eben noch nicht der Richtige dabei.“
„Das stimmt doch nicht! Es gab einige, von denen ich weiß, dass du sie sehr schätzt. Da ist noch etwas anderes. Reden wir offen darüber.“
Nyoko sagte nichts. Der Chef spielte mit seiner Pfeife. „Nyoko, ich denke, dass ich den Grund kenne. Die Stelle war für Paul vorgesehen, der für dich eine Art kleiner Bruder ist. Jetzt gehört er zum Sonderposten für im Dienst verletzte Polizisten. Die Ärzte haben damals gemeint, dass sich die Folgen der Kopfverletzung eventuell ganz zurückbilden könnten und du hast ihm die Stelle freigehalten. Nach einem Jahr müssen wir diese Hoffnung aber aufgeben. Es ist großartig, wie du dich um ihn kümmerst und ihn integrierst. Dass er bei Klaus wohnen darf, zeigt, dass die Keystone Cops eine Familie sind, die immer zusammenhält. Das sollte aber nicht zur Verzögerung von Personalentscheidungen führen.“
„Paul ist von einem Mörder verwundet worden, der mich als letztes Ziel hatte. Ich kann ihn doch nicht als Strafe aus der Gruppe drängen. Von welcher Kostenstelle er bezahlt wird, ist mir egal. Er ist ein vollwertiger Keystone Cop.“
Ernst fuhr sich durch die Haare. „Du hast selbst gesagt, dass sein Wert nicht von der Organisation abhängt. Ich sehe das auch so. Daher ist das Offenhalten der Stelle nicht nötig. Wenn Paul einmal genesen sollte, werden wir das entsprechend organisieren. Ich nehme nicht eine exzellente Kraft aus einem funktionierenden Team, außerdem bekommen die Keystone Cops sowieso immer, was sie wollen. Wer einen skurrilen Gruppennamen und eine DNA-Analyse für ein Familienmitglied erhält, muss sich keine Sorgen machen, irgendetwas nicht zu erreichen. Ein ruhender Pol wäre eine gute Ergänzung. Dafür gibt es zwei ideale Kandidaten. Bitte nimm einen davon oder jemand anderen, aber gib einem Kollegen die Chance, bei den Keystone Cops zur Höchstform aufzusteigen.“
Christian stammte aus einer reichen Familie mit großer Tradition. Ein Vorfahr hatte in einer Schlacht seinem Kaiser das Leben gerettet, was seine Karriere zum Feldmarschallleutnant und Ritter I. Klasse des Ordens der Eisernen Krone befördert hatte. Seine Nachfahren wurden Unternehmer, doch Christians Leben hatte ihn auf vielen Umwegen zur Polizei geführt.
In der stattlichen Familienvilla wohnten nun die Nachfahren europäischer Ritter und des japanischen Samurai-Clans Sato aus Hiroshima. Im Viergenerationen-Haus lebte neben dem Polizistenpaar auch Nyokos Mutter Misaki Binder. Für das junge Paar Sayo und Friedrich war ebenso genug Platz. Unangefochtener Mittelpunkt war der kleine Benjamin.
Das große gemeinsame Wohnzimmer war im Stil der kubanischen Kolonialzeit eingerichtet. Auch Japan fand seinen Platz im karibischen Flair. An der Wand hing normalerweise das Familienschwert der Satos, das allerdings gerade für eine Ausstellung des Weltmuseums verliehen war. Nyokos Urgroßvater - der Mann erfreute sich mit 107 Jahren bester Gesundheit und lebte in Fukushima, wohin die Familie 1945 gezogen war – hat es ihr überreicht, als er von ihrer Lebensgeschichte erfahren und den Kämpfergeist seiner Urenkelin bei einem Shogi-Turnier in Kyoto gesehen hatte. In einem Eck des Wohnzimmers befand sich ein Ahnenschrein, der neben den buddhistischen und shintoistischen auch jüdische und christliche Symbole enthielt.
Die Familie saß beim Tisch aus dunkelbraun lackiertem Pappelholz. Nyoko nahm ein gerahmtes Bild aus ihrem Rucksack. „Friedrich, sagt dir der Name ‚Frank Pottersfeld‘ etwas?“
„Das war ein ostdeutscher Schachspieler, der eine legendäre Partie gegen Kasparow gespielt hatte und später in Wien unter mysteriösen Umständen gestorben ist. Was ist mit ihm?“
Nyoko überreichte ihm das Bild. „Er ist dein Vater.“
„Pottersfeld? Wirklich? Wie seid ihr darauf gekommen?“
„Es war die DNA-Probe. Der Tod von deinem Vater war mysteriös, aber höchstwahrscheinlich ein Mord, und ist nie geklärt worden. Wir haben den Fall wiederaufgenommen.“
Friedrich betrachtete das Bild des Mannes, dessen berühmteste Partie er auswendig kannte. „Was ist mit meiner Mutter?“
„Deine Mutter Irene Kupfer ist spurlos verschwunden, als dein Vater ins Koma gefallen ist. Damals haben unsere Kollegen vermutet, dass sie auch getötet worden ist, und damit das ungeborene Kind. Wie sie es geschafft hat, dich in die Rudolfstiftung zu bringen, und was ihr weiteres Schicksal war, ist noch völlig unklar. Es gibt da einige Dinge und komplexe