Название | Weil sie eine schlechte Mutter ist ... |
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Автор произведения | Sheila Catz |
Жанр | Биографии и Мемуары |
Серия | |
Издательство | Биографии и Мемуары |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783347184718 |
»Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, in Demut bekenne ich meine Sünden «.
Sie wartete auf die übliche Frage des Pfarrers. Aber heute schwieg er lange, bevor die Stimme hinter dem Holzgitter erklang:
»Anna, wie lang bist du jetzt schon im Kloster?«
» Drei Jahre, Hochwürden.«
»Und würdest du sagen, du hast deinen Platz gefunden? «
Die Frage traf sie unvorbereitet. Ihre Gedanken flogen wild umher, was bedeutet das denn, wie sage ich das Richtige? Sie war nicht zufrieden, weder mit sich, noch weniger mit den Mitschwestern.
»Ich habe das Gefühl, ich muss noch besser werden, ich glaube, ich bin nicht die Richtige für meine Aufgaben.«
»Du bist doch nach dem Noviziat im Wirtschaftstrakt eingeteilt worden und du machst die Kochausbildung?«
» Ja, aber… das ist so weltlich. «
»Im Noviziat hat es mir besser gefallen, die religiösen Übungen, die Texte der Heiligen, die Sakristei-Pflege, das Schmücken der Altäre und der kleinen Kapelle…
Und dann die frühen Gottesdienste, die Luft ist noch ganz frisch und kühl, das Vogelgezwitscher begleitet mich in die Kirche. Beim Küchendienst kann ich immer erst viel später gehen, ich muss doch das erste Morgenmahl herrichten. «
»Anna, jeder muss seinen Platz ausfüllen, wo er es am besten kann. Und die Novizenmeisterin hat dich in die Küche gestellt, offenbar bist du dafür geeignet. «
Anna hustete mühsam und lange.
»Und du hast doch nächste Woche deine Untersuchung ? «
»Ach das ist nichts.«
Auch jetzt hatte sie wieder gelogen, eine Welle der Scham überflutete sie. Sie fürchtete sich vor dieser Untersuchung, was würde der Doktor dieses Mal finden?
»Was hast du sonst noch zu beichten, was belastet noch dein Gewissen? «
»Ich möchte den anderen oft sagen, was sie falsch machen, aber es kommt immer zum Streit. «
»Anna du musst das Schweigen lernen und die Demutsübungen machen.«
Ein paar lässliche Sünden fielen Anna noch ein, hässliche Gedanken über eine Mitschwester, die sie immer kränken wollte und noch die Sünde des Stolzes - ich bin besser beim Anrichten der Saucen. Ich weiß doch schon so viel, ich habe daheim von der Mutter einiges gelernt.
Nach der rituellen Absolution und den auferlegten Bußgebeten von zehn Vaterunsern, die sie kniend vor der Marienstatue betete, verließ Anna langsam die Kirche. Sie hatte den Kopf gesenkt mit Blick auf den Boden, so stellte sie sich Demut vor; sie bemerkte sehr wohl ihre Mitschwestern, gab aber vor, sie nicht zu sehen.
Draußen blieb sie vor dem großen antiken Spiegel stehen, er war altersfleckig. Aber sie konnte sich erkennen, ihr Gesicht weiß, fast durchsichtig. Die dichten Brauen zusammengezogen, erinnerte sie sich an ein zufällig erlauschtes Gespräch der Eltern.
»Sie wäre ja gar nicht übel, das Gesicht, na ja, sie schaut immer finster, aber wenn sie lacht, mag es ja gehen.«
Ihre Mutter verteidigte sie nicht, es demütigte Anna und tat weh. »Sie ist nicht so hübsch wie ihre Schwestern, aber ihr Gesicht hat Charakter, wo hat sie bloß die schwarzen Haare her?“
Ja, woher , das fragte sie sich oft. Alle anderen waren blond und hatten helle Augen. Sie hatte zwar grüne Augen, aber die schwarzen Haare waren ungewohnt in der Familie. Und dann dachte Anna, bin ich auch viel zu groß für eine Frau. Wenigstens bin ich nicht dick, trotz des Küchendienstes. - Schon wieder stolz, das ist eine Sünde, sie beschimpfte sich jetzt selbst, ihre Züge wurden steinern, mit zusammengepressten Lippen betete sie wieder.
2. Generation:
Betty beim Hausarzt
»Betty, wie lange sind Sie jetzt schon hier im Dorf?« »Zwei Jahre, Herr Doktor.«
»Haben Sie noch mehr abgenommen?«
»Ja, aber ich habe wirklich keinen Hunger und ich kann so schlecht schlafen.«
»Betty, wie kommen Sie mit Ihrer neuen Familie zurecht?«
»Ach, ich habe doch meine kleine Tochter, ich stille noch, und die anderen, na ja - ich versuche nicht hinzuhören, wenn sie … wenn sie - wieder unfreundlich sind.«
»Ihr Mann ist noch in Gefangenschaft?«
Betty hielt den Atem an, als könnte ihn allein der Gedanke, das er nicht wieder käme, in der Ferne töten.
»Sie haben doch genug zu essen, ich meine die Familie ist doch gut versorgt mit Metzgerei, Landwirtschaft, Gasthof, Wald, Fischteichen?«
»Ja, meine Schwiegermutter sorgt sich um mich, sie meint, ich darf nicht noch mehr abnehmen.«
»Sie ist gut zu mir.« Soweit die anderen Hexen das zulassen, dachte sie und holte wieder tief Luft. Ihr fielen die Gehässigkeiten ein, die sie gestern wieder mit anhören musste, auch der Schwiegermutter gegenüber, die ihr klein und wehrlos vorkam.
»Also zu essen haben Sie, die Kleine ist gesund, warum schlafen Sie so schlecht?«
»Ich denke an meinen Mann, er ist seit einem Jahr in russischer Gefangenschaft, der Krieg ist doch zu Ende, alle anderen Männer im Dorf sind daheim, und er kommt nicht.«
Jetzt konnte sie das Weinen nicht mehr aufhalten, das harte Schluchzen erschreckte sie selbst. »Ich wäre doch nie von der Stadt hierher gegangen, hätte ich gewusst, dass ich hier so lange allein bin.«
»Brauchen Sie wieder etwas zum Schlafen?«
»Ja, ich muss wieder mal schlafen.« Der Doktor betrachtete Betty nur kurz.
»Ich gebe Ihnen ein Brompräparat, das beruhigt auch.«
»Falls die Kleine nachts weint, würde das jemand hören?«
Alle, alle, dachte Betty, alle, die wollen mich als schlechte Mutter sehen, sie belauern mich.
»Ja meine jüngere Schwägerin würde es hören, die nimmt die Kleine oft tagsüber, wenn ich Kundinnen frisiere.«
Ich sollte dankbar sein, dachte sie, dass Katie die Kleine nimmt, aber das lässt sie mich auch spüren, ich kann nichts richtig machen. Und dann plötzlich kam die beschämende Erkenntnis: Ich frisiere auch lieber die Haare der Kundinnen, das Kind kostet mich zu viel Nerven, ich bin sicher keine gute Mutter. Und außerdem hatten die auch mal ein gutes Wort für mich und lobten die neue Stadtfrisur, die Betty ihnen geschickt gezaubert hatte.
»Sie müssten allerdings abstillen, wenn Sie das Schlafmittel nehmen.«
»Das wird schon gehen, ich stille jetzt doch schon über ein Jahr«. Wenigstens die Last ist weg, dachte sie, da habe ich jetzt einen Grund.
Auf dem Heimweg liefen ihr wieder die Tränen herunter. Sie ging langsam ins Dorf zurück, der Weg zog sich ermüdend hin, ihre Gedanken kreisten um das Erlebnis vergangene Nacht. Obwohl der Tag für Anfang Juni warm war, fror und zitterte sie. Die Abendsonne flirrte durch die dichten graugrünen Erlenzweige, der warme Wind trug den Duft von Lindenblüten und Betty brach plötzlich in Schweiß aus.
Letzte Nacht war sie leise die ausgetretenen Steinstufen in den muffigen Keller gestiegen. Sie hoffte, dass keiner sie bemerken würde. Sie wollte Elsie suchen, ihr Lieblingshuhn, das sie den ganzen Tag nicht gesehen hatte. Wieder etwas, was sie in den Augen der Verwandtschaft nicht auf die Reihe bekam:
Auf ein paar Hühner aufzupassen.
Als Betty im Bett liegend sich alle Orte vorstellte, wo Elsie sein könnte, war ihr der Keller eingefallen. Sie schlich an der Kleinen in der Wiege vorbei und machte sich auf den Weg. Aus der Wirtsstube kam grobes Gelächter und Johlen. Sie krampfte ihre Hand in das Nachthemd und tappte im Dunkeln die ausgetretenen