Gin - Alles über Spirituosen mit Wacholder. Karsten Sgominsky

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Название Gin - Alles über Spirituosen mit Wacholder
Автор произведения Karsten Sgominsky
Жанр Кулинария
Серия
Издательство Кулинария
Год выпуска 0
isbn 9783905834406



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      Die Geschichte und Herkunft des Beefeater London Dry Gin kann bis ins Jahr 1820 zurückverfolgt werden, als John Taylor eine kleine Destille in Chelsea einrichtete und 1829 seine erste offizielle Brennlizenz erhielt. 1863 kaufte der Apotheker James Burrough diese Destille, nachdem er sich eine Zeit lang hingebungsvoll mit Destillationsexperimenten beschäftigt und schließlich ein Verfahren gefunden hatte, bei dem eine Mischung verschiedener Kräuter, Pflanzen und Gewürze durch einen besonderen Destillationsprozess mit Getreidedestillat zusammengebracht werden konnte – was diesen Gin zum Ergebnis hatte.

      Auf der Suche nach einem passenden Namen, der seinem herzhaften, körper­reichen Gin gerecht würde, fand er Inspiration bei den «Yeomen», den Wächtern des in der Nähe gelegenen London Towers. Diese trugen damals den Spitznamen «Beefeater» (Rindfleischesser). Dadurch unterstrich Burrough die noch heute starke Bindung seines Gins an London. Man sagt sogar, dass das Rezept des Beefeater London Dry Gin noch heute im Tower of London von den Beefeatern bewacht wird. Außerdem kennen nur sechs Personen die genauen Anteile aller Zutaten und den exakten Destillationsprozess.

      Jede einzelne Flasche wird in der Beefeater Distillery in Montford Place in Kennington, London produziert. Dorthin zog die Destille im Jahre 1958, nachdem die ursprünglichen Produktionsstätten in Chelsea und später Lambeth der wachsenden Nachfrage nach diesem beliebten Gin nicht mehr gerecht wurden.

      Die hohe Qualität und die wohldurchdachte Mischung seiner Bestandteile machen aus dem Beefeater einen sehr ausgewogenen Gin. Nur die hochwertigsten Zutaten werden sorgsam aus der ganzen Welt zusammengetragen: wild wachsende Wacholderbeeren aus Italien, Serbien und Mazedonien; Koriandersamen, die dem Beefeater seine Komplexität verleihen, werden aus Rumänien, Russland und Bulgarien importiert; die Wurzeln und Samen der Angelika geben dem Beefeater sein erdiges Aroma; die getrockneten Schalen der Bitterorangen aus Sevilla, Spanien spielen in der Rezeptur eine große Rolle. In einem sehr gewissenhaft ausgeführten Prozess werden alle Botanicals dem Neutralalkohol zugefügt und über einen Zeitraum von 24 Stunden darin mazeriert. Danach beginnt der abschließende Destillationsprozess. Am Ende wird er auf die Trinkstärke von 47% Vol Alkohol ein­gestellt und abgefüllt.

      Der Vater des Beefeater-Gründers James Burrough war seinerzeit ein bedeutender Teehändler. Der heutige Masterdestillateur Desmond ­Payne fand zufällig ein Fragment von dessen Preisliste aus viktoria­nischer Zeit und war sofort inspiriert, aus der Ära dieses Teegeschäfts einen neuen Gin zu kreieren, der sich geschmacklich unter anderen Gin-Sorten hervorheben sollte. So entstand der Beefeater 24.

      Payne wählte folgende zwölf Botanicals: japanischen Sencha-Tee, grünen Tee aus China, Schalen der Sevilla-Orange, Grapefruitschalen, Zitronen­schalen, Wacholderbeeren, Koriandersamen, Mandel, Süßholz, Angelika­wurzel, Angelikasamen und Veilchenwurz. Die Botanicals werden für 24 Stunden in Getreidealkohol mazeriert und anschließend in einem siebenstündigen Prozess im «Pot Still»-Verfahren destilliert; der fertige Gin hat 45% Vol.

      Das Flaschendesign soll das Alte und das Neue in sich vereinen und wird durch das Relief im Glas besonders unterstrichen, das ein Kunsthandwerk des frühen 20. Jahrhunderts wiedergibt.

      Bei Markteinführung Ende Oktober 2008 war er vorerst nur für Spanien und die USA vorgesehen, ist aber mittlerweile auch in vielen weiteren Ländern Europas erhältlich.

      2013 erschien der Beefeater Burrough’s Reserve, eine stete, aber stark limitierte Edition, die im Original-Destillierapparat von James Burrough hergestellt wird. Seine goldgelbe Färbung kommt von der anschließenden Lagerung in «Jean de Lillet»-Eichenfässern, die ihm geschmacklich auch eine komplexe Tiefe verleiht. Abgefüllt wird er mit 43% Vol in eine hübsche bauchige Flasche, die von vorn wie ein Ring anmutet und deren rundes Label von ins Glas eingelassenen Wacholderzweigen umrankt wird.

      Es gab noch weitere Beefeater-Sorten, die wir hier mit anführen wollen, auch wenn sie zum Verdruss der wahren Gin-Liebhaber nicht mehr hergestellt werden.

      Zum einen ist das Beefeater Wet, bei dem es nicht recht nachvollziehbar ist, weshalb er nicht mehr hergestellt wird. Schließlich verfügte er über ein durchaus interessantes Geschmacksprofil, das sich deutlich von dem anderer Beefeater Gins abhob.

      Zum anderen gab es eine Produktreihe von saisonalen Gins. Die Beefeater Summer Edition hatte den Beefeater London Dry Gin als Basis und wurde durch die Zugabe von Holunderblüten, Hibiskus und Schwarzen Johannisbeeren bereichert. Diese Extra-Botanicals waren auch auf der erfrischend neuen Etikettierung abgebildet.

      Nach gleichem Prinzip wurde die Beefeater Winter Edition zusammengestellt, mit dem Unterschied, dass die wärmenden Botanicals Zimt, Muskat, Piniensprossen und reichlich Sevilla-Orangenschalen hinzugegeben wurden und die Flasche ein winterlich-weihnachtliches Etikett erhielt.

      Zu guter Letzt gab es zeitweise (ca. 2013) den Beefeater London Market. Das eher unauffällige Etikett ließ eine leichte Verwechslung mit dem Standard-Beefeater zu und man musste schon genau hinschauen, um zu erkennen, dass hier ein neues Beefeater-Produkt im Regal stand. Geschmacklich eine «resemblance of the late 19th century», bei der sich einem förmlich – auf angenehme Weise – die Assoziation mit gestärkten Altmännerhemden im sommerlich muffigen London aufdrängt. Schade, dass auch er nicht mehr hergestellt wird.

      Ebenfalls nicht mehr hergestellt wird eigentlich der Beefeater Crown Jewel, doch kurz vor Redaktionsschluss erreichte uns die Nachricht von einer Neuauflage. «Schuld» daran war dem Vernehmen nach die hohe Nach­frage aus der internationalen Bartender-Riege, die diesen Gin ganz besonders wegen seiner ausgezeichneten Mixbarkeit in Cocktails schätzte. Dieser auf 50% Vol eingestellte Gin wird nach der Originalrezeptur von 1993 destilliert, die neun klassische Beefeater Botanicals enthält: Wacholder, Angelika­wurzel und -samen, Koriandersamen, Süßholz, Veilchen­wurz, Schalen der Sevilla-­Orange und spanischer Zitronen sowie spanische Mandeln. Besonderer Zusatz ist hier die Zugabe von Grapefruit als zehnte Zutat.

      Dies ist eine einmalige und auf sieben Batches limitierte Neuauflage. Sie wird in 1-Liter-Flaschen abgefüllt und ist fast ausschließlich für den Verkauf an Cocktailbars reserviert. Es wird also schwer sein, einer Flasche für die Vitrine daheim habhaft zu werden.

      Londoner Towerwächter «Beefeater»

      Biercée

      Land: Belgien

      Hersteller: Distillerie de Biercée

      Diese 1946 im Südwesten Belgiens nahe der französischen Grenze gegründete Destille war bisher auf die Herstellung von Obstbränden und Genever spezialisiert, hat nun jedoch auch zwei Gins mit ganz unterschiedlichen Charakteren herausgebracht.

      Als Basisalkohol dient hier der «Moutwijn» (sprich: Mautwein), also ein Branntwein aus gemälztem Korn, der normalerweise die Basis für Genever bildet (siehe Kapitel «Genever»). Alle Botanicals werden separat destilliert, um den spezifischen Eigenschaften jedes einzelnen gerecht zu werden und die Aromen bestmöglich einzufangen.

      Less is More Gin soll das Prinzip widerspiegeln, dass weniger manchmal mehr ist. Somit finden «nur» sechs Botanicals Eingang in die Rezeptur: Wacholder, frische Zitronen und Orangen sowie geröstete Kakaobohnen, Hopfen und Gewürznelken. Das Ergebnis ist ein Destillat von 44% Vol mit vornehmlichem Wacholdergeschmack und pfeffrigen Noten.

      Der Thesis & Antithesis Gin ist dahingegen schon wesentlich komplexer, denn es werden dreimal so viele Botanicals verwendet wie in seinem Pendant. Darunter befinden sich dieselben wie im unkomplizierten Gin oben, aber zudem auch solche wie Kreuzkümmel, Vanille, Fenchel und Mohnblumen.

      In der Tat zwei geschmacklich außergewöhnliche Gins, was nicht zuletzt