Roter Mond. Miranda Gray

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Название Roter Mond
Автор произведения Miranda Gray
Жанр Эзотерика
Серия
Издательство Эзотерика
Год выпуска 0
isbn 9783943793499



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und Einflüsse damals wie heute anschauen. Nehmen Sie sich Zeit, um sich an Ihre erste Blutung zu erinnern. Wie viel wussten Sie damals über die Menstruation? War sie eine Angst einflößende oder peinliche Erfahrung? Wie haben Ihre Mutter, Ihre Familie oder Ihre Schulfreundinnen oder Lehrer und Lehrerinnen darauf reagiert? Denken Sie auch über die Einstellung Ihrer Mutter oder Ihrer nahen weiblichen Verwandten zur Menstruation nach. Wie benennen Frauen in Ihrem Umfeld die Menstruation?

      Sprechen Sie mit ihnen über dieses Thema? Wie unterrichten Sie Ihre Kinder, falls Sie welche haben, über Ihren Zyklus, oder wie werden Sie sie unterrichten, und wie werden Sie sie, wenn es sich um Mädchen handelt, über ihren eigenen Zyklus aufklären?

      Wie sieht es hinsichtlich der Menstruation und Ihrem Partner, Ihren Arbeitskollegen und -kolleginnen und Ihren Freundinnen und Freunden aus? Wird sie ignoriert, als »Frauenproblem«, als Witz oder irgendwie abfällig abgetan? Gehen Sie und Ihr Partner (oder Ihre Partnerin) ungern miteinander ins Bett, wenn Sie Ihre Blutung haben? Warum? Schreiben Sie eine Zusammenfassung Ihrer Gedanken im Journal nieder.

      Im folgenden Kapitel stelle ich einige mit dem menstruellen Zyklus verbundene Konzeptionen und Gedanken vor, die verschiedenen Kulturen und Legenden entnommen und zu einer einzigen Geschichte, »Die Erweckung«, verwoben wurden. Ihre Themen, Symbole und Vorstellungen werden dann in den folgenden Kapiteln erweitert.

      Mit dieser Geschichte möchte ich Sie dazu ermuntern, sich mit bestimmten, mit dem menstruellen Zyklus verknüpften Gestalten und Bildern zu identifizieren. Das wird wiederum einen durchaus traditionellen Initiationsprozess in Gang setzen, das heißt, durch die Visualisierung dieser Bilder und Symbole werden Sie Einsichten gewinnen, Wissen erlangen. Durch die Teilnahme an dieser Geschichte, ob nun über ein Hören oder Lesen, werden in Ihnen Kräfte der Erkenntnis und Inspiration geweckt, da sich ihre Konzeptionen durch Ihre erlebten Emotionen und Gefühle mehr mit der intuitiven Seite Ihres Geistes als mit dem Intellekt verbinden.

      »Die Erweckung« enthält viele Bedeutungsebenen. Machen Sie sich bitte keine Sorgen, wenn Sie das Gefühl haben, nicht all ihre Bedeutungen zu verstehen, denn vieles wird für Sie sichtbarer werden, wenn Sie sich im Verlauf dieses Buches durch die Bewusstseinsübungen durcharbeiten.

      Wenn Sie schließlich alle Übungen in diesem Buch gelesen und durchgearbeitet haben, sollten Sie vielleicht nochmals zu dieser Geschichte und den nachfolgenden Kapiteln zurückkehren, um Ihr Verständnis von Ihrem eigenen Zyklus zu vertiefen und einen Vergleich mit den in der Mythologie und den Volksmärchen gefundenen Bildern und Gestalten anzustellen.

      

Die Erweckung

      Eva lag im Dunkeln auf ihrem Bett und stieß einen tiefen Seufzer aus. Aus irgendeinem Grund war es ein wirklich mieser Tag gewesen; alles war schiefgegangen, und jetzt war sie auch noch in ihr Zimmer verbannt worden, weil sie sich mit ihrem Bruder gerauft hatte. Wütend und frustriert schleuderte sie ihr Kissen gegen die Tür und vergrub den Kopf in der Bettdecke. Draußen auf dem Treppenabsatz hörte sie ihre Mutter mit ihrem Bruder sprechen, der sich jammernd beklagte.

      Sie rollte sich auf die Seite, das durch das Schlafzimmerfenster hereinströmende helle silbrige Licht zog sie an. Für einen Moment schien die Zeit stillzustehen und das Gemurmel von Fernseher und Familie war weit, weit weg. Eva kletterte langsam aus dem Bett und durchquerte das Zimmer, das ihr in all diesem silbrigen Licht gar nicht mehr vertraut vorkam. Am Fenster kniete sie sich auf einen alten, mit einem Haufen abgelegter Kleider belegten Stuhl, entriegelte das Fenster und lehnte sich in die Nacht hinaus, die nun warm und voller Magie war. Eine sanfte Brise spielte mit ihren Haarspitzen. Selbst die Stadt war von einer seltsamen Heiterkeit, und der Lärm des Nachtverkehrs war zu einem gedämpften Hintergrunddröhnen herabgesunken. Ihr Fenster blickte nach Süden, und Eva hatte von hier aus eine gute Aussicht über die Dächer.

      Direkt vor ihr schien in einem tief dunkelblauen Himmel der Vollmond zu hängen, begleitet von einem einzigen Stern. Still sprach Eva einen Wunsch aus. Der über der pulsierenden Stadt schwebende Mond hatte etwas Seltsames an sich, und Eva fühlte, wie seine Magie sich ihrer bemächtigte und sie sanft in ihrem innersten Herzen berührte. Ihr Körper schien zu zerschmelzen und sich in einem Fluss mit dem Mondlicht und der Erde unter ihr zu vereinen, und sie wusste, dass derselbe Mond schon Millionen von Jahren über diesem Ort geschienen hatte. In diesem plötzlichen Erkennen wurde die Zeit sichtbar, ein schimmernder silberner Faden, der sich von Eva weg in das Dunkel der Vergangenheit spann. Die Füße in der Erde verwurzelt, wurde sie in ihrem Gewahrsein von der Zeit berührt, und eine Stadt aus früher Zeit entfaltete sich vor ihrem Blick, in der Feuer von den Bomben des Krieges loderten. Und wieder wurde sie von der Zeit berührt, und eine zwischen zwei Flüssen gelegene kleine Siedlung wurde von Eindringlingen angegriffen, die mit ihren Schiffen am kiesigen Ufer vor Anker gegangen waren.

      In rascher Folge wechselten die Bilder; eine kleine Menschengruppe, die einen Graben mit Geweihschaufeln aushob; Wälder, die den Platz der Menschen einnahmen; Eis und Schnee, die in weißen Wellen das Land rein scheuerten. Wälder, Flüsse, Ozeane und Wüsten erstanden und vergingen, und immer schien darüber derselbe Mond. Land hob sich aus uranfänglichen Wassern, und für einen Moment erfasste dieser kleine Bewusstseinsfunke, der immer noch Eva war, das ungeheure Alter des Mondes und seine stille Begleitung all dessen, was gelebt hatte.

      Aus dem Mittelpunkt der Schöpfung wirbelte die Zeit der Zukunft entgegen und nahm Evas Bewusstsein mit sich. Unter ihrem Blick tauchten im Vollmondlicht die ersten Landgeschöpfe aus ihren Geburtswassern auf. Eine Äffin saß hoch oben in den Zweigen eines Baumes und griff mit den Händen nach dem leuchtenden Gesicht des Mondes, und eine nackte und tätowierte Höhlenfrau saß kauernd und hob ihm ihr neugeborenes Kind entgegen. Eva sah, wie eine weiß gewandete Priesterin vor einem silbernen Spiegel Räucherwerk in eine golden schimmernde Schale streute, und ein kleines Mädchen mit dunklem Haar beugte sich aus dem Fenster und blickte zum Mond hinauf.

      Noch immer in die Schleier des silbrigen Lichts gehüllt spürte Eva, wie sich die zarten Ranken der Zeit von ihrem Bewusstsein lösten, aber der Faden des Lebens, der sie mit den anderen Mondbetrachterinnen verband, blieb. Sie war mit all diesen Frauen verwandt, Teil einer Schwesternschaft, die vom Mond berührt worden war, und viele hatten auf diese Berührung geantwortet. Mochten sich auch überall auf der Welt Land, Sprache und Kultur voneinander unterscheiden, so blickten sie doch alle zu demselben Mond hinauf, waren sie alle durch sein Licht und seine Gezeiten miteinander verbunden.

      Eva empfand sich in dieser Vision vom Mond und dem Wandel der Zeiten als klein und unbedeutend, aber auch als Teil von etwas Besonderem, das über ihr Alltagsleben hinausging. Sie streckte die Hand aus, als wollte sie den Mond berühren: »Begleiter der Frauen, wache über mich!«, flüsterte sie leise. Sie war sich nicht sicher, warum sie es sagte, verspürte aber ein merkwürdiges Bedürfnis, dieser plötzlichen Verbindung mit dem Mond, die sie in sich fühlte, Ausdruck zu geben. Sie hörte ihre Eltern, gleichsam wie in einer anderen Welt, den Fernseher ausschalten und sah, wie die Lichter im Haus verlöschten. Obwohl sie den Wunsch hatte, die ganze Nacht mit dem Mond aufzubleiben, machte sich doch eine Schläfrigkeit am Rande ihres Bewusstseins bemerkbar, und widerstrebend kehrte sie in ihr Bett zurück. In die Bettdecke eingehüllt, sah sie dem Mond zu, bis ihre Augenlider so schwer wurden, dass sie die Augen nicht länger offen halten konnte.

      Furcht durchdrang stoßweise ihr schlafendes Bewusstsein. Etwas Böses jagte ihr im Dunkeln nach. Eva rannte blind durch dunkle Gebilde, Entsetzen stieg in ihr hoch, ein Schrei bildete sich in ihrer Kehle, den sie nicht auszustoßen vermochte. Sie wusste nicht, wovor sie wegrannte, sie wusste nicht, ob es eine Gestalt hatte, ob es ein Gespenst oder ein Geist war, aber sie wusste, dass diese Angst aus dem Innersten ihres Wesens kam. Äste und Zweige zerkratzten ihr Gesicht und Hände, während sie sich durch ein verfilztes Walddickicht kämpfte. Es kam näher. Eva fühlte, wie ihr diese abscheuliche Präsenz nachsetzte.

      Der durchdringende Ton eines Jagdhorns durchstieß die schweigende Nacht, und für einen Moment hielt Eva inne, rang keuchend nach Atem, unsicher, in welche Richtung