Die Eiswolf-Saga. Teil 1-3: Brudermord / Irrwege / Wolfsbrüder. Drei historische Romane in einem Bundle. Holger Weinbach

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geworden. Faolán musste sich nicht nur vor Drogo, sondern auch vor dem Prior in besonderem Maße in Acht nehmen.

      Die Fahrten nach Neustatt hingegen standen unter einem guten Stern, denn dort hatte sich einiges verändert. Wie Bruder Ivo es beschlossen hatte, ließ er den Markthütern weiterhin kleine Aufmerksamkeiten zukommen. Mal war es ein Stück Käse, ein Laib Brot oder Obst. Selten sogar ein paar Schluck Wein, wenn Faolán die gute Laune des Cellerars zugunsten der Recken ausnutzte.

      Seit jenem ersten Markttag in diesem Jahr gab es von Seiten der Krieger keinerlei Schikanen mehr. Im Gegenteil: Die Bewaffneten hielten sich auffallend häufig in der Nähe des Klosterstandes auf und hatten ein wachsames Auge auf die Kundschaft. Obwohl Faolán sich nun der Loyalität beider Männer sicher sein konnte, ließ er den Klosterstand doch nie wieder unbeaufsichtigt.

      Am meisten freute sich Faolán an diesen Tagen natürlich auf den Rückweg. Sobald der Kellermeister am frühen Nachmittag das Zeichen zum Aufbruch gab, konnte er es kaum erwarten, Svea gegenüberzustehen. Und er traf sie jedes Mal, denn Bruder Ivo schickte seinen Gehilfen stets an die Quelle im Wald. Der Mönch verlor schon gar keine Worte mehr darüber, sondern reichte Faolán einfach den leeren Wasserschlauch. Das Wasserholen war zu einer Art stummen Rechtfertigung für das Handeln des Cellerars geworden, sollten die heimlichen Treffen je ans Tageslicht kommen.

      Svea und Faolán nutzten ihre gemeinsame Zeit für vertrauensvolle Gespräche und zum Schwimmen im Weiher. Zum Abschied tauschten sie noch ein paar zarte Küsse und Umarmungen aus, die deutlich beherrschter waren als die ersten. Absichtlich gab es nur wenige Berührungen. Faolán fiel es sehr schwer, sich zurückzuhalten. Er verspürte ein so starkes Verlangen, Svea im Arm zu halten, dass es ihm beinahe das Herz zerriss, wenn er sie bis zum nächsten Markttag nicht sehen konnte. Am liebsten hätte er sie bei jedem Treffen die ganze Zeit über festgehalten und erst dann wieder losgelassen, wenn die Schatten der Bäume am Rande der Lichtung mahnend lang waren.

      An diesem Tag schien jedoch alles anderes zu sein. Schon seit dem Morgen war es drückend schwül und der Handel in Neustatt war träge vonstatten gegangen. Als Faolán nachmittags endlich den Weiher erreichte, fand er Svea schon vergnügt im kühlen Wasser vor. Ohne lange nachzudenken, legte er den Wasserschlauch zur Seite, entledigte sich des Habits und tauchte ebenfalls in die willkommene Erfrischung ein. Es tat gut, sich nach dem staubigen Markttag zu reinigen.

      Wie zwei kleine Kinder tollten sie im Wasser umher. Ihr Lachen erklang so ausgelassen wie schon lange nicht mehr. Nach einer Weile hatten sie sich ausgetobt und schwammen gemütlich im Weiher. Langsam zogen sie Kreise, immer enger, wie zwei Vögel am Firmament. Keiner ließ den anderen aus den Augen. Sie kamen sich dabei so nahe, dass sich immer wieder ihre Hände und Füße unter Wasser berührten. Diese zufälligen Kontakte übten auf beide einen besonderen Reiz aus. Ihr Gespräch erstarb plötzlich und sie starrten sich wortlos an. Die zaghaften Berührungen wurden häufiger.

      Als Sveas Hand wieder einmal an Faoláns Unterarm entlang strich, packte er diese plötzlich und zog Svea zu sich. Sie wehrte sich nicht, sondern glitt zu ihm. Faolán schaute in ihre unendlich tiefen Augen und drohte darin zu versinken. Ihre Lippen berührten sich, zunächst nur zärtlich. Dann wurde der Kuss immer inniger, dass Faolán hoffte, er möge niemals enden. Auch Svea erwiderte ihn mit Leidenschaft, als habe sie sich schon lange danach gesehnt.

      Deutlich spürte der Novize, wie sich seine Männlichkeit versteifte und sich an die Oberschenkel des Mädchens presste. Sveas Beine bewegten sich regelmäßig im Wasser und rieben immer wieder daran. Es schien, als verstärkte Svea diesen Druck bewusst, sanft aber bestimmt.

      Faolán wusste nicht, was mit ihm geschah. Die mahnenden Worte des Cellerars kamen ihm in Erinnerung, doch er drängte sie beiseite. Diese schönen Gefühle konnten unmöglich eine Sünde sein. Inzwischen befanden sie sich in Ufernähe, so dass ihre Füße wieder festen Grund fanden. Beide gaben sich jetzt ganz ihren Küssen hin. Ihre Finger erkundeten den Körper des anderen. Instinktiv versuchte Faolán herauszufinden, wozu Gott ihm das erregte Fleisch zugedacht hatte und hielt Svea noch fester, während er versuchte, eines ihrer Beine um seine Hüfte zu legen.

      Doch bevor es ihm gelang, löste sich Svea unerwartet von ihm und schob den hitzigen Novizen zärtlich zurück. Sie versuchte ein wenig Abstand zu ihm zu gewinnen, doch Faolán hielt sie fest und zog sie erneut an sich, dass sie sich mit ihrem Rücken gegen seine Brust lehnte.

      Zärtlich liebkoste er ihre Ohren und den Nacken, küsste ihr nasses Haar. Svea genoss es und ließ eine seiner Hände über ihre Brüste gleiten. Sie presste sich an ihn und spürte, dass sich Faoláns Männlichkeit an ihr Gesäß schmiegte. Wie von allein fand sein Glied einen Weg zwischen ihre Schenkel und bewegte sich dort sachte. Sein Atem ging schneller und Svea spürte, wie auch ihre Erregung stieg. Noch einmal versuchte Faolán dorthin zu gelangen, wo er zuvor abgewiesen worden war. Doch erneut löste sich das Mädchen zärtlich aber bestimmt aus seiner Umarmung. Diesmal brachte sie genug Abstand zwischen sich und den erregten Jüngling.

      Faolán war irritiert. In seinem Sinnesrausch hatte er nicht mit ihrer Ablehnung gerechnet. Noch einmal versuchte er Svea bei den Händen zu greifen, doch sie wich weiter zurück. Sie erkannte den Schmerz in seinem Gesichtsausdruck und versuchte es ihm zu erklären. „Es tut mir leid, Faolán. Ich spüre unser beider Verlangen, doch für diesen Schritt ist es noch zu früh.“

      Der Novize nickte kurz, um Verständnis für Sveas Entscheidung zu zeigen. Er fühlte sich aber alles andere als gut dabei. Svea versuchte ihn zu trösten: „Sei nicht betrübt, mein Liebster. Eines Tages werden wir erfahren, was sich jetzt noch unter dem kühlen Wasser verbirgt. Doch nicht heute. Nicht an diesem Tag.“

      „Wann wird dieser Tag sein?“, lautete Faoláns einzige Frage, als gäbe es nichts Wichtigeres. Kaum hatte er sie ausgesprochen, wollte er sie wieder zurücknehmen.

      „Ich weiß es nicht. Du wirst aber mit Sicherheit merken, wenn es soweit ist.“ Mit dem für Svea so typischen, schelmischen Lächeln fügte sie noch hinzu: „Sollte das wider Erwarten nicht der Fall sein, werde ich es dich schon spüren lassen. Verlass dich auf mich!“

      Faolán liebte dieses verschmitzte Lächeln und erwiderte es. Svea kam langsam wieder auf ihn zugeschwommen und strich ihm zärtlich über die linke Wange, genau dort, wo sich seine markante Narbe befand. Sie betrachtete das Wundmal genau und Faolán wollte sich beschämt abwenden, doch Svea sah in dieser Narbe keinen Makel. Im Gegenteil. Es war ein Stück Faolán, wie sie ihn kannte und liebte. Sachte küsste sie ihn darauf.

      „Vertraue mir, Faolán.“ Langsam begann sie den Novizen im Wasser zu umrunden und fragte ihn leise: „Weißt du denn nicht, dass wir beide für einander geschaffen sind? Wenn du das begreifst, wirst du auch das Warten ertragen können.“

      Von hinten schlang sie ihre Arme um Faoláns Schultern und schmiegte sich an ihn. Der Novize spürte ihre Brüste an seinem Rücken und genoss es. Zärtlich klang ihre Stimme in seinen Ohren, dass ihm vor Erregung ein Schauer über den Rücken lief. „Mein lieber, kleiner Novize, wenn dich deine Mönche jetzt so sehen könnten, würde eine Welt für sie zusammenbrechen!“

      „Das wäre mir gleich …“

      „Aber mir nicht. Noch gehörst du zu ihnen, und wir müssen sehr vorsichtig sein.“ Verspielt strich sie ihm mit ihrer Hand über die Brust, ließ ihre Hand tiefer gleiten, jedoch ohne das zu erreichen, wonach sich Faolán sehnte. Er schloss seine Augen und wartete, was sie als nächstes tun würde. Plötzlich hielt Sveas Hand inne. Ihr ganzer Körper erstarrte mit einem Mal und Faolán spürte, dass etwas Außergewöhnliches vorgefallen war.

      „Svea, was ist?“

      Besorgt wandte er sich um und sah Tränen über ihre Wangen laufen. Faolán wurde unruhig. „Svea? Was ist los? Hast du – hast du etwas gesehen?“, fragte er verstört.

      Svea schluckte schwer. Ihre Augen wurden wieder klar und blickten Faolán mit ungewohnter Nüchternheit an. Ihre Stimme klang tonlos und leise. „Ja. Aber du weißt, dass ich nicht genau deuten kann, was ich gesehen habe.“

      „Was war es? Sag es mir!“, beschwor Faolán sie.

      „Ich glaube, uns droht Gefahr.“