Die Fälle des Kommissar Benedict: 6 sehr fette Krimis in einer Bibliothek. Peter Schrenk

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Название Die Fälle des Kommissar Benedict: 6 sehr fette Krimis in einer Bibliothek
Автор произведения Peter Schrenk
Жанр Зарубежные детективы
Серия
Издательство Зарубежные детективы
Год выпуска 0
isbn 9783745212532



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Aufgewachsen ohne männliche Bezugsperson. Der Kindsvater verlässt die Mutter noch vor Michaels Geburt wegen einer anderen Frau. Michael wächst mit dem von der Mutter ständig genährten Negativbild fremder Frauen auf. Die Mutter wird zur einzig gültigen, allgegenwärtigen Autorität für den kleinen Michael. Die Psychologen des Landeskrankenhauses haben ein weiteres Trauma des Patienten Michael Helbig aufdecken können. Erste sexuelle Erfahrungen bekam der Junge wohl von seiner Mutter vermittelt. Gegen Erfahrungen mit anderen Frauen schirmte sie ihn bis zum Beginn seines Informatik-Studiums in Berlin konsequent ab. Dort nehmen die Dinge einen für die Mutter unerwarteten und gefährlichen Verlauf. Michael hat ein erstes sexuelles Abenteuer mit einer zwei Jahre älteren Studienkollegin. Wahrscheinlich gibt die räumliche Distanz zur Mutter dem jungen Helbig die Kraft dazu. Die Situation eskaliert, als Helbig das Mädchen, Brigitte Craatz, noch in Berlin heiratet, ohne Einwilligung der Mutter, die die nunmehrige Ehefrau ihres Sohnes mit Hasstiraden verfolgt. Sie kommt einmal im Monat nach Berlin und macht ihrem Sohn die Hölle heiß, lässt kein gutes Haar an der Ehefrau, droht, bettelt, weint, sät ständig neues Misstrauen. Michael Helbig, hin- und hergerissen zwischen der Bindung an die Mutter und schwacher Loyalität zur neuen Partnerin, hat Schwierigkeiten im Bett. Brigitte Helbig fühlt, dass sie bei dem Tauziehen als Verliererin auf der Strecke bleiben wird, und nimmt Zuflucht zu Spott und Zynismus gegenüber ihrem in jeder Beziehung unfähigen Ehemann. Schließlich nähert sich der Kampf einem Ende. Die Mutter greift zur letzten Waffe, produziert eine Herzkrankheit. So erzwingt sie den Umzug des Sohnes zurück nach Düsseldorf. Aus welchen Gründen Brigitte Helbig diesen Umzug noch mitgemacht hat, wird sich wohl nicht mehr feststellen lassen. In Düsseldorf jedenfalls, wo die Mutter wieder die totale Kontrolle über ihr Kind hat, kommen das endgültige Zerwürfnis und die Scheidung. Danach arbeitet Michael Helbig noch für einen Monat als Programmierer. Dann kündigt der »unheimliche Eigenbrötler«, wie ihn eine frühere Arbeitskollegin bezeichnet hat, und beschäftigt sich mit seinem Computer in der Gartenlaube, die er sich eingerichtet hat. Dort, in der völligen Isolation, nur in Verbindung mit einem Bildschirm und zwei Ratten, müssen in Michael Helbig jene Entwicklungen stattgefunden haben, die letztlich zu seinen Taten geführt haben.

      So sieht jedenfalls die Deutung der Psychologen nach vielen Gesprächen mit Mutter und Sohn Helbig aus. Der Bericht der Psychologen spricht von Gefühlen der Wertlosigkeit und mangelnder Selbstachtung, von einem durch Unsicherheit geformten negativen Selbstbild, von fehlender Kontrolle über das eigene Leben. Er diagnostiziert ein Frauenbild, welches auf Ausbeutung, Misstrauen und Feindseligkeit beruhe. Aufgrund des am eigenen Körper erfahrenen sexuellen Missbrauchs in der Kindheit empfand der Patient möglicherweise Sexualität allgemein als Mittel von Kontrolle und Manipulation gegen den eigenen Willen. Ejakulation und sexuelle Befriedigung waren für ihn nur aus der Entladung von Wut und dem Ausleben von Machtgefühlen über seine weiblichen Opfer möglich.

      Sicher würde das auf lebenslange Sicherungsverwahrung hinauslaufen. Und die Mutter? Vielleicht würde man sie wegen falscher Aussage noch belangen. Aber würde sie jemals in ihrem Leben zur Einsicht einer Mitschuld an den Verbrechen ihres Sohnes gelangen? Würde sie erkennen, welchen Anteil sie an dem Leid hat, das ihr Sohn anderen Menschen zugefügt hat? Und nicht zuletzt sich selbst!

      *

      Nach Weihnachten würde Kommissarin Leiden-Oster, er kommt mit diesem Doppelnamen immer noch nicht zurecht, wieder an ihren Schreibtisch im 1. K zurückkehren. Er hat ihr bis dahin Zeit gegeben, diese Geschichte mit der von ihr gegründeten Gruppe Düsseldorfer Frauenkampf zu bereinigen. »Auf dem kleinen Dienstweg!«, hatte er ihr im Benrather Krankenhaus halb scherzhaft gesagt.

      Sie würden sich alle bemühen müssen, nicht die gleichen Fehler zu wiederholen.

      Die Kollegen. Maria Leiden-Oster. Er selbst.

      Hauptkommissar Benedict schüttelt den Kopf. Mit einem säuerlichen Geschmack im Mund starrt er auf die vor ihm stehende Flasche Mineralwasser. Heute morgen ist er nach zwei Jahren erstmals wieder auf die Badezimmerwaage gestiegen. Eine Mutprobe!

      Aus dem nicht richtig zugedrehten Schraubverschluss des kalorienfreien Gesundbrunnens entweicht zischend Kohlensäure. Verstohlen horcht er nach nebenan - und macht sich dann in einem erleichternden Rülpser Luft.

      Fastenzeit.

      Epilog

      Knapp drei Monate später.

      Am Montag, dem 7. März, verbreitet die internationale Nachrichtenagentur Reuters um 13 Uhr 07 die folgende Nachricht über Fernschreiber:

      SAS-Kommando-Aktion/Gibraltar

      »... eine nordirische Rundfunkstation zitierte eine Erklärung der IRA, nach der sich die Erschossenen im Einsatz befanden. Sie seien unbewaffnet gewesen. Ein Sprecher des britischen Verteidigungsministeriums sagte dazu, es seien am Tatort keine IR A-Waffen gefunden worden. Aus Kreisen, die der IRA nahestehen, verlautete, es handele sich bei den Erschossenen um Mairead Farrell (31), Daniel McCann (30) und Sean Savage (24) ...«

      Eintrag Sanitätsakte Polizeipräsidium Düsseldorf vom 8. März: »Benedict, Vitus H., Hauptkommissar, 1. K telefonische Krankmeldung. Bescheinigung des Arztes wird nachgereicht, voraussichtlich dienstunfähig bis einschl. 14. März.«

      ENDE

      SANGERS FLUCH

      Krimi von Peter Schrenk

      Als eine Wasserleiche gefunden wird, muss Kommissar Benedict nach Ost-Berlin, um zu ermitteln. Dort herrschen teilweise noch die alten Stasi-Strukturen und Benedict, der die Kontakte des Toten zu diesen Strukturen aufdeckt, wird nicht nur mit dem Misstrauen der Ostberliner Kollegen, sondern auch mit seiner eigenen Vergangenheit konfrontiert.

      Prolog

      Der Knüppel sauste im Halbdunkel auf ihn herunter.

      Instinktiv duckte er sich und knallte die Hoteltür von innen wieder