Die Legende vom Hermunduren. G. K. Grasse

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Название Die Legende vom Hermunduren
Автор произведения G. K. Grasse
Жанр Контркультура
Серия Die Legende vom Hermunduren
Издательство Контркультура
Год выпуска 0
isbn 9783347035836



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seinen Augen.

      „Schweigst du weiter auf die Fragen, wird es noch schmerzhafter. Was glaubst du, wie lange du durchhältst?“

      „Verfluchter germanischer Hund!“ zischte der Treverer.

      „Wer gab den Auftrag?“

      Erneutes Schweigen antwortete.

      Gerwins Handlungen waren schnell, unerwartet und vermittelten Schmerz. Seine Finger stießen vorwärts und trafen genau den Punkt.

      Der kurze Schlag zweier Hände, seitlich des Kopfes, reichte vollkommen aus. Der Gefangene schrie sofort. Der Schmerz betäubte alle seine Sinne. Der Mann presste seine Hände gegen den Schädel, schrie und schwenkte sein Haupt.

      Der Germane wartete, bis sich der Auxiliar beruhigte. „Dieses Mal ist es nur schmerzhaft…“ Gerwin zeigte auf das Kiefergelenk.

      „Es könnte jedoch auch anders verlaufen… Du kannst nicht mehr essen, das Sprechen fällt schwerer und der Schmerz zertrümmert alle übrigen Empfindungen… Mir blieben noch ein paar andere Möglichkeiten … Möchtest du wirklich, dass ich fortsetze…“

      Der Gefangene schüttelte den Kopf. „Nein…“ knurrte er und Schmerz entstellte sein Gesicht.

      „Herr, gib ihm noch etwas Zeit. Wenn er sich richtig erholte, wird er sprechen.“ Der junge Hermundure verkündete seine Zuversicht.

      Flavius Axius, der in Roms Legionen ergraute Präfekt war sichtlich erschrocken. „Du bist ein verdammt gefährlicher Bursche… Ich habe schon viel erlebt… Die Kunst eines Carnifex erblasst gegenüber deinem Vorgehen.“

      Gerwin winkte ab. „Herr, wer glaubst du, zeigte mir diese Stellen und erklärte die Wirkung von solchen Angriffen?“

      Axius zuckte mit der Schulter.

      „Eine Heilerin meines Stammes, also ein Weib mit Kenntnissen, wie sie ein Medicus besitzt.“ Axius starrte ihn an, als brauchte er Zeit, diese kaum erwartete Erklärung zu begreifen.

      Inzwischen kehrte der Treverer langsam ins Leben zurück. Als er sich soweit erholt hatte, setzte Verginius Rufus seine Fragen fort.

      „Wer gab den Auftrag?“

      „Ein Treverer. Sein Name ist Julius Tutor. Er dient unter Statthalter Scribonius Rufus.“ Diesmal musste Verginius Rufus nicht auf die Antwort warten.

      „Warum dieser Anschlag?“

      Der Gefangene zuckte mit der Schulter, verzog dabei sein Gesicht, weil ihm der gebrochene Knochen eine Botschaft des Schmerzes sandte.

      „Weißt du es nicht oder willst du nicht sprechen?“

      „…weiß es nicht…“ zwängte sich eine geflüsterte Antwort zwischen die Lippen.

      Der Blick des Treverer wanderte zum Germanen, als würde er eine erneute Behandlung fürchten. Er hasste den Legat und jetzt auch den Germanen, für den er bisher nur Verachtung empfand. Der Legat tötete seinen Bruder. Er würde sich hüten, dies dem Mann zu offenbaren… Der Germane quälte und erniedrigte ihn. Außerdem schaffte der Kerl es, ihn dazu zu bringen, dass er sich vor Angst einpisste…

      Gerwin erkannte, das der Mann gebrochen war. Bedachte er, wer ihm das Wissen des Körpers eines Mannes vermittelte und verglich mit den Ergebnissen derartiger, auf diese Körperteile abgezielter Angriffe, erschloss sich ihm der Wert der damaligen Belehrung durch die Heilkundige der hermundurischen Gefolgschaft. Wilgard zeigte ihm die Stellen des Kämpfers, die zielstrebig und ohne Waffen angegriffen, den Schmerz verursachten, der dem Krieger die Kontrolle und zumeist auch die Besinnung raubte. Das er diese Zonen eines Angriffes auch immer schnell fand, verdankte er Freunden, die sich im Kampf mit ihm maßen. Er erprobte und erkannte die Gefahr. Indem er die Kraft anfangs nur mäßig einsetzte, überraschte ihn schon damals deren Wirkung.

      Mit der Zeit begann Gerwin diese Auswirkungen zu erforschen und fand so zum Verständnis, mit welcher Kraft ein Angriff auszuführen war, ohne das der Angegriffene starb. Der erzielte Schmerz und die anschließende Wut belehrten ihn, diese Handlungen nicht an Freunden zu erproben.

      Wie aber sollte er erkennen, mit welcher Kraft, an welcher Stelle, welcher Schmerz verursacht werden konnte? Freunde und Kampfgefährten schieden aus. Wieder half ihm die Heilkundige. Sie zeigte an toten Feinden die Auswirkungen und Gerwin begriff, wo er mit welcher Kraft treffen musste. Diese Stellen zu finden, erlernte er an Gräserpuppen, die er sich einst selbst erschuf. Er wusste damals nicht, wie oft ihn genau diese Fähigkeiten in Zukunft schützten würden.

      Noch weniger vermutete er, dass er mittels dieses Wissens zur Folter fähig war. Der Treverer fürchtete ihn und der Legat begriff erneut, wie gefährlich sein junger Diener sein konnte.

      „Wer bestimmte den Ort des Überfalls?“ Verginius Rufus brauchte weitere Einzelheiten. Bisher hätte er keine Anklage gegen den Statthalter in Niedergermanien vorbringen können… Doch warum sollte Scribonius Rufus ihn töten wollen? Dafür gab es noch keinen Beweis.

      „Der Decurio und ich…“ Die Antwort brachte einen ersten Fingerzeig.

      „Wem habt ihr den Ort angezeigt?“

      „Weiß nicht. War nicht dabei…“ Der Treverer blickte zu Boden.

      Verginius Rufus schloss nicht aus, eine Lüge gehört zu haben… Immerhin sah der Mann zu Boden und vermied einen Blickkontakt mit ihm. Stimmte seine Antwort jedoch, konnte nur der Decurio diesen Ort des Überfalls anzeigen. Doch wem?

      „Du meist, dein Decurio benannte den Ort?“ Der Gefangene nickte.

      „Wem?“ Erneut folgte ein Zucken des Bedauerns.

      Gerwin mischte sich diesmal von allein und ohne um Erlaubnis zu fragen ein. „Du lügst!“ Er trat zwei Schritte auf den Treverer zu.

      Nach hinten konnte der Gefangene nicht mehr weit ausweichen. Deshalb hob er seinen noch gesunden Arm und versuchte damit seinen Kopf zu schützen. Gerwin erkannte des Mannes Angst.

      „Sprich!“ sagte er und der Treverer kam seiner Aufforderung nach.

      „Tutor ließ sich von uns den Ort zeigen… Ich weiß, dass er dann den Statthalter aufsuchte…“

      Das war schon etwas, reichte aber noch immer nicht aus.

      Die Spannung die sich in dem verhältnismäßig kleinen Raum, zwischen all den Männern aufbaute, war fast zum Greifen. Die Angst des Treverer blickte aus seinen Augen, ließ seine Hände zittern.

      Der gefangene Wegelagerer unternahm anfangs den Versuch, sich trotz seiner Fesseln, der Tür anzunähern. Tremorinus, der das bemerkte, drängte den Mann in den Raum zurück. Dann wich der Wegelagerer, in kleinen Stücken, bis in die äußerste Ecke zurück.

      Gerwin gewann den Eindruck, dass sich der Gefangene unscheinbar zu machen versuchte. Spürte der Mann Angst? Der Hermundure nahm dessen Bemühungen eigentlich nur am Rande wahr. Er war voll auf den Optio ausgerichtet. Trotzdem wanderten erst seine Gedanken und dann auch sein Blick zum Wegelagerer hin.

      Bilder eines unlängst erlebten Kampfes glitten an Gerwins innerem Auge vorbei. Der Wegelagerer stand, mit dem Rücken zu ihm, so dass dieser seine Annäherung nicht wahrnehmen konnte. Plötzlich erkannte er, was der Gefangene beabsichtigte. Der Mann machte sich klein… Gerwin erinnerte sich an dessen Gestalt während des Kampfes. Die Schultern des Wegelagerers lagen in der gleichen Höhe, wie seine eigenen. Inzwischen schien der Mann geschrumpft zu sein… Lumpen, Dreck, das schmutzige Haar, die Schultern zu einem Buckel eingezogen, versuchte der Gefangene den Legat und dessen Begleiter zu täuschen?

      „Welchen Statthalter, Rufus oder Proculus?“ Verginius Rufus wirkte erregt.

      „Zuerst Scribonius Proculus…“

      „Du warst dabei?“ Verginius Rufus kam seinem Ziel ziemlich nahe.

      „Nein.“ Die Hoffnung des Legats zerstob.

      „Später suchte er noch Rufus auf?“ nahm der Legat den vorigen Gedanken noch