Название | Anders gesagt |
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Автор произведения | Traugott Schächtele |
Жанр | Религия: прочее |
Серия | |
Издательство | Религия: прочее |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783347100787 |
Salomo besaß einen Weinberg in Baal-Hamon;
den Weinberg übergab er Hütern.
Für seine Frucht wird jeder tausend Silberstücke bezahlen.
Mein eigener Weinberg liegt vor mir.
Und weiter:
Meine Taube in den Felsklüften, im Versteck der Klippe,
dein Gesicht lass mich sehen, deine Stimme hören!
Und weiter:
Die Quelle des Gartens bist du,
ein Brunnen lebendigen Wassers, das vom Libanon fließt.
Nordwind, erwache!
Südwind, herbei!
Durchweht meinen Garten,
lasst strömen die Balsamdüfte!
Ich ahne: Vieles, was ich sage, ist viel mehr als ich sage. Sprache verhüllt, um zu enthüllen. Sprache verwendet Bilder, um von der Wirklichkeit zu sprechen. Sprache reiht Wörter aneinander. Und erschafft eine ganze Welt. Sprache nutzt den Klang der Stimme. Und lässt Lieder des Himmels erklingen.
Neugierig geworden schreite ich weiter. Wage mich in das dritte Tor. Es ist das „Tor der Liebe zur erotischen Sprache“. Ich gehe in das Tor hinein und bin von den gesungenen Klängen wie betört, mit denen der eine von der anderen singt:
Siehe, schön bist du, meine Freundin,
Hinter dem Schleier deine Augen wie Tauben.
Wie ein purpurrotes Band sind deine Lippen und dein Mund ist reizend.
Dem Riss eines Granatapfels gleich deine Wange.
Wie der Turm Davids ist dein Hals.
Deine Brüste sind wie zwei Kitzlein,
die Zwillinge einer Gazelle, die unter Lilien weiden.
Alles an dir ist schön, meine Freundin,kein Makel haftet dir an.
Und indem ich weitergehe, höre ich, gehen die Worte mit mir:
Mein Geliebter ist weiß und rot,
ausgezeichnet vor Tausenden.
Sein Haupt ist reines Gold,
seine Locken sind Rispen, rabenschwarz.
Seine Augen sind wie Tauben an Wasserbächen,
gebadet in Milch, sitzend am Wasser.
Seine Wangen sind wie Balsambeete,
darin Gewürzkräuter sprießen.
Seine Hände sind Rollen aus Gold, mit Steinen aus Tarschisch besetzt.
Sein Gaumen ist Süße,
alles ist Wonne an ihm.
Nein, vertraute Kirchensprache ist das nicht, denke ich. Aber eben doch: Bibelsprache! Wohltuend, dass sich solche Lieder im Alten Testament, in der Hebräischen Bibel finden. Gottes Schöpfung ernstnehmend. Und rühmend. Sprache voller Erotik, die nicht verschämt ist und nicht lüstern und zur Schau stellend wie viele Magazine heute, mit denen viele zu viel Geld verdienen.
Und beglückt öffnen sich die Pforten und locken mich ins vierte Tor. Tor der „Liebe zur Suche ohne Unterlass“ ist zu lesen. Ich werde von einer nie geahnten Sehnsucht ergriffen. Und indem ich weitergehe, höre ich vertraute Worte:
Des Nachts auf meinem Lager suchte ich ihn, den meine Seele liebt.
Ich suchte ihn und fand ihn nicht.
Aufstehen will ich, die Stadt durchstreifen,
die Gassen und Plätze,
ihn suchen, den meine Seele liebt.
Ich suchte ihn und fand ihn nicht.
Mich fanden die Wächter
bei ihrer Runde durch die Stadt.
Habt ihr ihn gesehen, den meine Seele liebt?
Kaum war ich an ihnen vorüber,
fand ich ihn, den meine Seele liebt.
Ich packte ihn,
ließ ihn nicht mehr los,
bis ich ihn ins Haus meiner Mutter brachte,
in die Kammer derer, die mich geboren hat.
Bei den Gazellen und Hinden der Flur beschwöre ich euch,
Jerusalems Töchter: Stört die Liebe nicht auf,
weckt sie nicht, bis es ihr selbst gefällt!
So möchte ich suchen können! Nicht allein den Menschen, den meine Seele liebt. Ja, den auch, immer neu. So möchte ich suchen können, was meinem Leben Grund gibt und Halt. So möchte ich suchen können nach Frieden und Gerechtigkeit in dieser so geschundenen Welt – in Syrien. Im Jemen. Wo auch immer. So möchte ich suchen können nach Auswegen aus festgefahrenen Situationen. So möchte ich suchen können, um zu verstehen, was meinen Glauben ausmacht.
So möchte ich suchen können - auch nach Gott. Und ehe ich mit meinen Gedanken am Ziel bin, stehe ich im fünften Tor. Klänge umgeben mich und Farben. Wie betört bin ich von den Düften der Wahrheit und erfrischt von den Wassern erneuerten Lebens. Ich finde mich wieder mitten im „Tor der Gottesliebe“. Ich ahne, ja ich weiß: Wo immer von der Liebe die Rede ist, die Menschen verbindet, ist die Gottesliebe nicht außen vor.
Es gibt kein Leben ohne Liebe. Auch wenn viele die Liebe entbehren müssen. Und zeitlebens auf der Suche nach Liebe bleiben. Und immer stärker sind die Chöre jenes anderen Hohen Liedes:
Wenn ich in den Sprachen
der Menschen und Engel redete,
hätte aber die Liebe nicht,
wäre ich dröhnendes Erz oder eine lärmende Pauke.
Und wenn ich prophetisch reden könnte
und alle Geheimnisse wüsste
und alle Erkenntnis hätte,
wenn ich alle Glaubenskraft besäße
und Berge damit versetzen könnte,
hätte aber die Liebe nicht, wäre ich nichts.
Und wenn ich meine ganze Habe verschenkte
und wenn ich meinen Leib opferte,
um mich zu rühmen,
hätte aber die Liebe nicht,
nützte es mir nichts.
Die Liebe hört niemals auf.
Prophetisches Reden hat ein