Auswahlband Schicksalsroman 8 Romane in einem Buch September 2018. Cedric Balmore

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Название Auswahlband Schicksalsroman 8 Romane in einem Buch September 2018
Автор произведения Cedric Balmore
Жанр Эротическая литература
Серия
Издательство Эротическая литература
Год выпуска 0
isbn 9783745205985



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kleine Frist. Zwei Tage, zwei erbärmliche Tage. Aber wie sollte sie in dieser Zeit an vierhundertfünfzig Mark kommen?

      Sie überlegte. Werner kam nicht, so konnte sie für zwei Tage das Essen einsparen. Sie würde nur ganz wenig essen, so ersparte sie vielleicht die fünfzig Mark. Aber die vierhundert waren damit noch nicht herbeigezaubert.

      »Was mache ich nur, um Gottes willen, was mache ich nur?«

      Sie sah Werners kühles Gesicht vor sich. Ob er Verständnis für sie haben würde? Ob er begreifen konnte, dass einem so etwas passieren kann? Vierhundert Mark, wieviel hätte sie sich dafür kaufen können!

      Da ging die Türklingel. Anja überlegte, wer das wohl sei. Sie hatten so wenig Bekannte in der Stadt. Die Eltern waren schon tot. Praktisch waren sie ganz allein, sie und Werner. Es schellte abermals. Sie stand auf und öffnete. Vor ihr stand die Nachbarin, nicht viel älter als sie.

      Sybille Prinz, ein kapriziöses Ding, immer nach der neuesten Mode gekleidet. Sie hatte kupferbraune Haare und einen üppigen Busen. So etwas lieben ja die Männer. Heute trug sie einen giftgrünen Pullover und einen engen, braunen Lederrock. Anja kam sich richtig schulmädchenhaft ihr gegenüber vor. Sie trug nur eine weiße Bluse und einen schlichten blauen Rock.

      »Ach, Frau Renner, hübsch, dass ich Sie antreffe. Darf ich für einen Sprung hereinkommen, oder ist Ihr Mann schon zu Hause?«

      »Nein, er kommt heute gar nicht nach Hause.«

      Sybille lachte leise auf.

      »Na, da sind Sie ja auch mal wieder eine grüne Witwe.«

      Anja war nicht zum Spaßen aufgelegt. Sie ging voran in die Küche, und die Nachbarin kam ihr nach. Sie setzte sich auf einen Küchenstuhl und holte ihre Zigaretten hervor.

      »Sie rauchen ja nicht, oder haben Sie es sich inzwischen angewöhnt?«

      »Nein!«

      »Ach, Frau Renner, mein Kaffee ist mir mal wieder ausgegangen. Und die Geschäfte sind zu, würden Sie mir wohl ein wenig leihen? So brauche ich heute Abend nicht auf meine Tasse zu verzichten. Gleich morgen früh hole ich neuen und bring ihn wieder.«

      »Aber selbstverständlich«, murmelte Anja gleichgültig. Sie liehen sich öfters gegenseitig etwas aus. Sie stand auf, ging zum Schrank und holte den Kaffee. Sybille saß am Tisch und stieß Rauchringe in die Luft. Der Pullover war weit ausgeschnitten, und man konnte ihre Brüste sehen. Anja drehte sich um und reichte ihr die Tasse.

      »Hier!«

      »Danke!«

      Sybille blickte Anja an.

      »Sagen Sie mal, Sie machen ein Gesicht wie acht Tage Regen. Störe ich, oder was ist los?«

      Die junge Frau wischte sich einmal schnell über die Augen und ließ sich auf einen Hocker fallen.

      »Mir ist nichts, wirklich nicht«, murmelte sie leise.

      »Doch, ich merk es doch. Sie sind so anders. Haben Sie Kummer, Ärger oder sind Sie nur einsam, weil Ihr Mann heute nicht nach Hause kommt?«

      Anja sah Sybille an, und plötzlich verspürte sie den Wunsch, sich ihr anzuvertrauen, einem Menschen ihren Kummer zu klagen. Vielleicht würde es ihr dann leichter ums Herz, und der Druck ließ nach.

      »Ich hab’ mein Geld verloren«, stieß sie hastig hervor.

      Sybille verstand nicht gleich.

      »Wieso, wie meinen Sie das?«

      »Vorhin, beim Einkauf. Es ist verloren, weg!«

      »War es viel?«

      »Vierhundertfünfzig Mark!«

      »Au Backe, das ist hart. Und was jetzt?«

      Anja machte hilflose Augen.

      »Wenn ich das nur wüsste. Ich könnte verrückt werden. Und ich sollte doch die Möbelrate einzahlen. Ich möchte bloß wissen, woher ich das Geld nehmen soll.«

      »Das ist wirklich eine dumme Sache, ja, das ist ärgerlich. So viel Geld, da wäre ich auch wütend. Und Sie selbst haben keins.«

      »Wovon denn?«

      »Na, ich meine nur. Ich dachte, vielleicht arbeiten Sie auch noch. Ist doch heute so, jeder arbeitet!«

      »Nein, als wir heirateten, habe ich aufgehört. Mein Mann hat es so gewollt. Er sagte, er könne für mich sorgen. Er wolle, wenn er abends nach Hause kommt, keine abgespannte und müde Frau haben. Ich solle nur für den Haushalt sorgen, mehr nicht!«

      »Die Leier kenne ich«, sagte die junge Frau bitter. »Das war auch bei mir der Grund. Und da sitzen wir nun und drehen den ganzen Tag Däumchen und langweilen uns schrecklich. Und das Geld ist knapp und reicht hier und da nicht.«

      »Später, wenn erst alles bezahlt ist, dann geht es uns besser«, verteidigte Anja ihren Mann.

      »Ach, hören Sie doch auf! Später, dann kommen die Kinder und dann muss ein neuer Wagen her, der alte ist nicht mehr gut genug. Es sind immer neue Wünsche da, und man will sie erfüllt sehen. Man wird alt und hässlich darüber, und man merkt nicht einmal, dass man sich die ganzen Jahre für die Familie aufgerieben hat.«

      »Sicher«, murmelte Anja. »Ich würde auch gern ein wenig arbeiten. Ich hab’ es immer gern getan. Aber ich füge mich meinem Mann.«

      »Und was wird er sagen, wenn er hört, dass das Geld, sein Geld, wie Sie immer betonen, futsch ist, weg ist?«

      Sie zuckte zusammen, Tränen standen plötzlich in ihren großen Augen.

      »Ich kann es ihm nicht sagen. Ich bekomme jetzt schon eine Gänsehaut, wenn ich nur daran denke, Werner beichten zu müssen.«

      »Ich denke, Sie lieben Ihren Mann?«

      »Ja, aber das ist doch etwas ganz anderes.«

      »Aber Sie müssen es ihm sagen, vielmehr, er wird es sehr schnell erfahren.«

      »Ich überlege die ganze Zeit, wie ich zu diesem verdammten Geld komme. Es muss doch einen Weg geben, welches zu verdienen.«

      Sybille runzelte die Stirn und besah sich ihre Nachbarin eindringlich. Sie zündete sich eine neue Zigarette an. Anja sah ihr zu.

      »Sie können das ganz bestimmt nicht verstehen. Ihnen geht es gut, Sie sind immer nach der neuesten Mode gekleidet und haben alles. Ihr Mann muss eine Stange Geld verdienen.«

      Sybille Prinz lachte leise auf.

      »Peter und viel Geld verdienen, na, dass ich nicht lache! Sie wissen doch, er ist Seemann und kommt nur alle paar Wochen nach Hause. Sicher, er verdient gut, aber wenn ich etwas haben will, dann verdiene ich es mir selber. Übrigens, wie wollen Sie überhaupt das Geld so schnell verdienen?«

      »Ich habe an Putzstellen gedacht. Es stehen doch immer so viele in der Zeitung. Man muss doch Stellen genug finden, und Werner merkt es dann nicht.«

      »Na«, sagte die Freundin trocken. »Da können Sie sich aber lange abschinden, bis Sie das Geld beisammen haben. Und wann kommt der Gute wieder nach Hause?«

      »Übermorgen!«

      »Prost Mahlzeit! Aber ich weiß etwas Besseres. Wenn Sie dichthalten, sage ich Ihnen, wie ich mir mein Geld verdiene, wenn es nicht reicht. Ich habe da einen viel feineren Job!«

      Anja beugte sich angespannt über die Tischplatte. Der Wunsch, das Geld schnell zu verdienen, beherrschte sie.

      »Ja?«

      »Sie werden niemandem etwas davon sagen. Werden schweigen wie ein Grab?«

      »Selbstverständlich, bitte, so reden Sie doch schon!«

      Sybille warf ihr einen abschätzenden Blick zu, kniff für einen kurzen Augenblick die Lippen zusammen und sagte dann: »Ich mache mir einen Spaß, gehe abends aus und lerne Männer kennen. Sie glauben gar nicht, wie wild die Kerle sind, uns Mädchen das Geld zuzustecken.