Название | Krimi-Sammlung Tod im Leuchtturm und 7 andere Krimis |
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Автор произведения | A. F. Morland |
Жанр | Зарубежные детективы |
Серия | |
Издательство | Зарубежные детективы |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783745208979 |
Rogers war die Ruhe selbst. »Und was geht mich das an?«, fragte er hinterhältig bieder.
»Gott! Toby!«
»Verwechselst du jetzt nicht was, Lion?«
»Hör auf. Du bist doch der Durchblicker von Beruf. Ich stecke deshalb in der Klemme, weil ich zwar weiß, wer hier absahnt, aber ich weiß nicht, in wessen Auftrag. Außerdem machen sie es noch so geschickt, dass ich keine Ahnung habe, wie. Und ich hab doch wirklich schon an sämtlichen Würfeln geleckt.«
»Wo liegt dann das Problem?«
Reiniger hatte Toby Rogers seltener noch »biederer« gesehen. Der Mann verstellte sich, wie er’s brauchte. Als Cop war er ein absolutes Ass.
Lister warf die Arme hoch. Seine Mähne wehte. Zum ersten Mal nahm Bount etwas wie Verzweiflung an ihm wahr.
»Komm, Toby! Du weißt doch, wie das hier läuft! Vor allem läuft so verteufelt viel hinter den Kulissen. Na gut. Das All American gehört der United Fruit. Jedes Kind kennt diesen Konzern. Und er genießt, wie alle anderen Konzerne auch, nicht den allerbeste Ruf. Muss ich denn wirklich sämtliche Karten aufdecken?«
»Hm«, brummte Rogers behäbig. »Das ist beim Kartenspielen wohl so üblich. Am Schluss einer Partie. Hattest du nicht von irgendwelchen ominösen Telefonanrufen erzählt? Wie ich dich kenne, hast du Aufzeichnungen davon. Ich würde sie mir zu gern anhören.«
»Du bist ein Aas, Toby.«
»Natürlich. Deshalb lieben wir uns ja so. Selbstverständlich kenne ich die landläufige Meinung, dass die Mafia hier in Las Vegas seit der Säuberungswelle in den Fünfzigerjahren nicht mal mehr ’ne Fingerkuppe im Spiel hat. Alles Blödsinn. Höchstwahrscheinlich schmiert sie sogar noch euren fetten Sheriff. Nichts geht ihr mehr gegen den Strich als fremde Ganoven. Konkurrenten. Außenseiter. Aber ich glaube dir gern, wenn du sagst, dass du ein bisschen die Übersicht verloren hast. Wäre ich sonst so schnell gekommen? Also schütt es schon aus, dein übervolles Herzchen.«
Lister seufzte und schenkte nach. Ein ziemlich abgewrackter Löwe war er jetzt. Unter seine blauen Augen breiteten sich schwarze Schatten.
»Es begann vor drei Wochen«, sagte er. »Mit der großen Absahne. Himmel! Zehn Millionen Dollar Verlust auf ein paar Tage! Eine Reisegruppe aus Hongkong. Offiziell ging ja alles vollkommen korrekt zu. Dass hier Leute auch gewinnen, ist normal. Aber doch nicht zehn Millionen Dollar in vier Tagen! Eine einzige Gruppe! In meinem Casino! Und ausgerechnet auch noch beim Roulette!«
Offenbar bis ins Innerste erschüttert, stürzte Lister seinen Glegvienndahnocca hinunter.
»May Lung heißt die Dame«, fuhr er fort. »Die Reisemanagerin und Organisatorin. Ihr wisst doch, wie das hier läuft.«
Bount wusste es.
»Junket« wurden jene Reisegesellschaften im Jargon genannt. Und der Reiseleiter war der Junket Master. Er sammelte Interessenten für Las Vegas. Diese zusammengetrommelte Reisegruppe musste vor allem Geld besitzen und es auch verlieren können, ohne ihm mehrere Tränen nachzuweinen. Alles angeblich gutbürgerliche Leute: Geschäftsmänner, Ärzte, Rechtsanwälte, Staatsbeamte, höhere Tiere beim Militär. Provinzpolitiker kamen auch noch dazu.
Als Gegenleistung bot das Casino Verbilligungen beim Wohnen, beim Essen an und stellte möglicherweise sogar noch die Callgirls, die in Las Vegas allerdings working-girls heißen: arbeitende Mädchen.
Nun mischte Bount sich doch ein.
»Und diese May Lung steht Ihnen nächstens wieder ins Haus?«
Lister starrte ihn erst groß an. Doch seine Miene klärte sich schnell und wich einem anerkennenden Grinsen, das sogar die Schatten unter den Augen vorübergehend ein wenig verschwinden ließ.
»Sie haben es erfasst, Bount. Morgen ist die Dame wieder hier. Mit neuen Besuchern. Aber vier von ihnen sind von der letzten Garde.«
»Die Gewinner?«
»Schon wieder ein Punkt für Sie. Genauso ist es. Die Gewinner bringt sie wieder mit.«
»Aber um jetzt mit Toby zu sprechen: Wo liegt das Problem?«
Sofort verdüsterte sich Listers Blick erneut. Reiniger hatte seinen Finger in die offene Wunde gelegt.
Der Kasinodirektor erhob sich, schwerfällig wie ein alter Mann, der er ja nun wirklich noch nicht war. Er ging hinter seinen Schreibtisch unter den Modigliani und drückte einen Knopf. Ein Teil der Bücherwand schwang zur Seite und gab rund ein Dutzend Monitoren frei. Alle waren sie in Betrieb, die Zoom-Optiken jedoch nicht in Bewegung. Darunter ein Schaltpult wie in einem Tonstudio. Lister spielte darauf mit der Virtuosität eines begnadeten Pianisten.
Ton klang auf.
Die eine Stimme: »Hör mal sehr gut zu, Lion! Diese letzten Verluste. Wenn das so weitergeht, schau dich schon mal nach einer handlichen Schaufel um. Wir haben uns verstanden, Old Boy ...?«
Und eine zweite Stimme, eine kurze Pause war dazwischen, sie war tiefer, volltönender und auch beeindruckender: »Es ist alles in Ordnung, Lion. Mach dir keine Sorgen wegen der Bilanz. Ich rufe doch nur an, damit du dir keine Sorgen machst. Drück beide Augen zu und warte ab. Niemand will dir an den Karren fahren. So long.«
Beide Gespräche endeten so abrupt, dass Lister keine Antwort mehr hatte geben können.
Stille breitete sich aus im Raum. Reiniger zündete sich eine Zigarette an. Manchmal half das beim Nachdenken.
»Es liegt nahe«, sagte er, »dass Sie die zweite Nachricht für einen schlechten Scherz halten. Für einen äußerst miserablen, das gebe ich gern zu. Aber egal, ob hier die Mafia noch mitmischt oder nicht, jedenfalls bedient sich jemand derer Methoden.«
Lister kam an den Tisch zurück, ließ sich in seinen Sessel fallen. Die Bücherwand blieb aufgeklappt. Und stumm blieben die Monitore.
»Sie haben irgendwo recht, Bount. Das war zuerst auch meine Meinung. Nicht, dass ich aktuell Angst um mein Leben hätte, das nicht. Doch Tatsache bleibt, dass ich ins Schwanken geriet. Lassen wir die Kirche doch im Dorf, so unpassend der Vergleich in diesem Zusammenhang auch klingen mag. Die Casinos werden als Geldwaschanlagen von Krethi und Plethi benutzt. Aber selbstverständlich auch von den großen Tieren ganz da oben.« Mit einem müden Zeigefinger deutete er auf die Zimmerdecke. Eine Reflexbewegung. »Deshalb kann ich die Ernsthaftigkeit von keinem dieser beiden Anrufe ausschließen.«
»Würdest du nicht darüber informiert, wenn deine Bosse einen derartigen Mist bauen wollten?«, meldete sich Captain Rogers.
»Da überschätzt du meine Position, Toby. Ich habe einzig und allein dafür zu sorgen, dass der Laden hier läuft. Und dafür genieße ich einige Privilegien. Nicht von der Hand zu weisen. Aber andererseits kommt es immer noch vor, dass hin und wieder jemand ein verschwiegenes Grab draußen in der Wüste findet. Karma. Man kann nichts daran ändern. Jerome Kelly zum Beispiel ...«
Wohl von Reiniger angeregt, steckte Rogers einen seiner fürchterlichen Stumpen in Brand. Keine Klimaanlage dieser Welt würde gegen den Gestank ankommen, den sie verbreiten. »Was ist mit diesem Jerome Kelly?«
»Tot ist er. Einer meiner Croupiers. Ein mechanic. Ein Zauberkünstler mit den Karten. Aber ein guter Mann. Damit will ich sagen, dass er zumindest an seinem Arbeitsplatz ehrlich spielte. Und was die Leute außerhalb machen, geht mich nichts an.«
»Er war also Zocker«, wandte Bount ein.
»Das sind sie doch mehr oder weniger alle«, erklärte Lister schulterzuckend. »Das Spielverbot gilt ausschließlich fürs eigene Haus. Aber es ist doch so: Unsere Croupiers werden alle vierzig Minuten abgelöst. Dann haben sie zwanzig Minuten Pause. Und was machen sie da? Sie pokern untereinander. Das lässt sich niemals ausrotten.«