Название | Ein Buch für Keinen |
---|---|
Автор произведения | Stefan Gruber |
Жанр | Афоризмы и цитаты |
Серия | |
Издательство | Афоризмы и цитаты |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783347043282 |
Diese geistige Erstarrung des Systems geht Hand in Hand mit der Stockung des debitistischen Aufschuldens und der sich anschließenden finalen großen Krise. Da das ewige Hinauszögern von Crashs von Seiten des Staates über die Jahrzehnte hinweg im Westen zu wahren kreditfinanzierten Monsterkonzernen führte, bekommen diese kurz vor dem Untergang den heute berühmten Status der »Systemrelevanz«. Infolgedessen werden sie im Fall ihres Untergangs, um einen Domino-Effekt in der Wirtschaft zu verhindern, verstaatlicht. Das gilt nicht nur für riesige Konzerne, sondern natürlich auch für riesige Banken. Die Staatsgarantien führen dazu, dass die Misswirtschaft in den betreffenden Konzernen munter weitergeht, schließlich greift ihnen ja im Notfall der Staat mit zukünftigen Staatseinnahmen unter die Arme – ein Phänomen, das uns später auch beim Sozialismus beschäftigen wird. Die Konzentration von Wertschöpfung in wenigen Konzernen begünstigt im Crash den Übergang vom Kapitalismus zum postkapitalistischen Feudalismus. Die Reaktionen des Staates auf die finale Krise einer Kultur laufen nicht mehr unter dem Banner einer Ideologie. Sie sind vielmehr reine Notmaßnahmen einer überforderten und ständig reagierenden statt proaktiv agierenden Regierung. Verträge werden gebrochen, Regeln gegenstandslos, das Volk nach Strich und Faden belogen und die Rechtssicherheit weicht damit mehr und mehr der Willkür einer Bananenrepublik. Mit dem Reißen des debitistischen Kettenbriefes entsteht zuerst eine Art Staatskapitalismus, der sich zu einem Staatsbastard aus Kapitalismus und Sozialismus auswächst. Der dahinsiechende Wirtschaftsraum ist dann weder Fisch noch Fleisch, sozialistischer als die soziale Marktwirtschaft und kapitalistischer als der Sozialismus nach Lehrplan. Den Menschen, die dabei der Verarmung anheimfallen, wird die Definitionsfrage wohl gleichgültig sein.
Ein greifbares Beispiel für einen kapitalistischen Zyklus bietet das Römische Reich. In seiner Anfangszeit waren die Steuersätze niedrig. Später begannen die Politiker sich die Gunst des Volkes durch Wohltaten auf Basis von Staatsverschuldung zu erkaufen. Trotzdem sprudelten die Steuereinnahmen großzügig herein und sorgten für einen Ausbau von Straßen, Tempeln, Thermen und Aquädukten.1 Jetzt passiert etwas, das bereits Paul C. Martin für unseren Zyklus vorausgesehen hatte: Auf die exzessive Schuldenpolitik folgt eine – zumeist konservative – Regierung, die eine Sparpolitik einleitet. Diese notwendig erscheinende Sparpolitik führt dann aber erst recht zum Abwürgen des debitistischen Prozesses.2 Dasselbe passierte im alten Rom. Unter Tiberius (14 – 37 n. Chr.) erfolgte eine Eindämmung der Ausgaben und Investitionen. Das Unvermeidliche passiert: 33 n. Chr. kam es zu einer schweren Wirtschafts- und Finanzkrise. Die Deflation begann. Geld wurde knapp und wertete auf. Die Preise fielen, die Kreditmaschinerie geriet ins Stocken. Und ebenso wie heute begann damals unter Caligula (37 – 41 n. Chr.) eine Jagd auf Steuerflüchtlinge. Unter Nero (54 – 68 n. Chr.) setzte dann die Abwertung des Geldes durch Münzverschlechterung ein3, d.h. die Inflation, welche durch das Prägen dieses Nettogeldes die Dauerrezession überlagerte. Später wurden die Steuern für Wohlhabende erhöht und Privatvermögen mehr und mehr konfisziert. Diese römische Epoche stellt aber keine »Gleichzeitigkeit« im Sinne Oswald Spenglers dar. Denn unsere abendländische Kultur befindet sich in der Phase der Herrschaft des Geldes und geht erst mit der Abschaffung der Demokratie und dem Aufkommen des Cäsarismus, d.h. dem Sieg der Gewalt über das Geld, ihrem endgültigen Verfall entgegen. Vergleichbar ist unser Zyklus mit der römischen Epoche kurz vor der Revolutionszeit und der Bürgerkriege Mitte des 2. Jh. vor Christus, ausgelöst durch Eigentumsakkumulation und Konkurrenz der einströmenden Sklaven, welche die ansässigen Kleinbauern und Handwerker nicht gewinnen konnten (bei uns Lohn- und Preisdumping durch Globalisierung). Die Revolutionszeit läutete das Ende der bisherigen Staatsform ein und führte geradewegs in die Diktatur.1 Auch die römische Wirtschaftskrise 66 v. Chr., die ihren Ausgang an den Immobilienmärkten nahm und durch eine Politik des Krieges gelöst wurde, weist interessante Parallelen mit der Gegenwart auf. Auch unsere Kultur wird im Zuge dieser Weltwirtschaftskrise erleben müssen, wie die Erde zu einem Brandherd wird.
Der Krieg ist zwar kein alleiniges Spezifikum eines untergehenden kapitalistischen Zyklus (die Kriegsgefahr ist fast ebenso groß beim Untergang eines sozialistischen Systems und im Hochsommer des kapitalistischen Systems aufgrund von Rohstoffmangel), aber hier sind die Ursachen evident: die Ausbeutung eines anderen Landes zur Bedienung der eigenen Staatsschuld, die Ankurbelung der Wirtschaft durch die Kriegsmaschinerie, die Unterwerfung neuer Nachschuldner, die Erschließung neuen unbelasteten Eigentums und der notwendige äußere Feind, um den Zusammenhalt im Inneren zu garantieren. Die moderne Form des Imperialismus (Vernetzung von Industrie, Banken und Staat) lässt sich am besten an dem Werk des Insiders John Perkins, Economic Hit Man, studieren. Auch Spengler beschrieb die Kulturstufe beim Übergang in den Cäsarismus und darüber hinaus als permanenten imperialistischen Kampf, der die Welt als Beute betrachtet, während die Kultur selbst bald übergeht in ein geschichtsloses Erstarren und Absterben.
Welche anderen Symptome ergeben sich kurz vor dem Absterben eines kapitalistischen Zyklus? Ein Symptom ist der bereits erwähnte Feminismus. Vordergründig geht die feministische Phase Hand in Hand mit den Selbstverwirklichungswünschen der Frau in einer Wohlstandsphase. Im Hintergrund aber herrschen andere Mechanismen. Massenpsychologische Phänomene werden durch den dynamischen Druck des Systems determiniert. Nicht Menschen initiieren ein Massenphänomen, sondern der Zyklus lässt diese Menschen erst nach oben kommen, um massenwirksam zu walten. Nicht Elvis machte den Rock ´n´ Roll populär, sondern der Zyklus ließ Menschen wie ihn nach oben kommen. Hätte er den Rock ´n´ Roll nur 20 Jahre früher erfunden, wäre er als Nobody gestorben
Auch Spengler identifizierte das 20. Jh. als Übergang in die Zivilisation und verglich es (im Sinne der »Gleichzeitigkeit«) mit dem Beginn des Zweiten Punischen Krieges (208 – 201 v. Chr.). bzw. nur einem kleinen Kreis bekannt gewesen. Alles hat eben seine Zeit.1 Auch feministische Literatur gibt es schon seit langer Zeit und wahrscheinlich in jeder Kultur. Erst in einer längerfristigen Wohlstandsphase, in der ein Nachdenken über vernachlässigte Missstände einsetzt und Bedürfnisse im demokratischen Wettkampf geweckt werden müssen, werden seine Forderungen