HELL WALKS - Der Höllentrip. David Dunwoody

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Название HELL WALKS - Der Höllentrip
Автор произведения David Dunwoody
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783958351363



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Nordkorea zerbombte sich selbst; Russland richtete seine Waffen auf alle Welt und verlangte, in Ruhe gelassen zu werden.

       Die Vereinigten Staaten und Kanada mussten währenddessen ein ganz anderes Problem bewältigen: Der Höllengänger nahte! Weder Raketenangriffe noch Aufklärungsdrohnen hatten etwas bewirkt, weil das Wesen ein unheimlich weites Elektromagnetfeld streute. Am Grund des nördlichen Polarmeers verstreut lagen unzählige funktionsgestörte Sprengköpfe, nur sehr wenige schlugen verbindlich bestätigt überhaupt irgendwo ein. Am kohlrabenschwarzen Äußeren des Höllengängers deutete nichts auf Schäden hin.

       Eine Koalition von zweiundfünfzig Nationen einigte sich schließlich auf einen neuen Plan, dieses Mal auf eine Truppenbewegung hinaus zu dem Ding – auf das Ding zu, genauer gesagt, um es anzubohren und mit Sprengstoff zu spicken. Dabei hoffte man, eine der Platten an dem Monster lockern oder gar lösen zu können, damit sich etwas Verwundbares darunter offenbarte. Das Vorhaben gelang allerdings nur zur Hälfte.

       Nur sehr wenige Funkrufe der Soldaten, die am rechten Bein des Höllengängers hinaufkletterten, waren überhaupt verständlich. Denn ihre Geräte verweigerten schon nach kurzer Zeit den Dienst. Der denkwürdigste Übertragungsfetzen wurde einem Briten namens John Carlson zugewiesen und liest sich: »Gott, ist das heiß … wie Lava statt Blut … für uns ist alles zu spät.«

       Bis etwas passierte, vergingen Wochen, und wenngleich man verrauschte Satellitenbilder empfing, welche die Männer beim Aufsteigen in den Rillen und Spalten an dem Monster zeigten – eine Einstellung, in der sie sich an der Kante einer Platte unruhig im Schlaf wälzten, schaffte es auf die Titelseiten aller verbliebenen Presseerzeugnisse –, galt ihre Mission als gescheitertes Unterfangen. Ihr Roboterbohrer gelangte tatsächlich unter den Rand einer schroffen Kniescheibe und stieß dahinter sehr wohl auf etwas Weicheres, aber falls es den Soldaten gelungen war, der Koalition irgendwelche Informationen zu senden, wurden diese nie veröffentlicht. Bekannt war nur, dass die Männer sich bald hektisch abseilten und plötzlich in den Tod sprangen.

       Als sich die Little Ones zum ersten Mal zeigten, hatten sie Flügel. Sie stiegen direkt aus dem Höllengänger auf, und schwärmten in alle Winde aus, wie Frank bereits erzählt hatte. Dabei bewegten sie sich viel schneller als ihr … ihre Mutter? Ihr Mutterschiff? Niemand wusste es so genau. Flugzeuge wurden daraufhin zusammengetrommelt und Raketen abgefeuert.

       Das alles ging ganze sieben Jahre nach dem Erscheinen des Höllengängers auf der Erde vonstatten. Einige Menschen – nein, um die Wahrheit zu sagen, die meisten, Frank eingeschlossen – versuchten fortwährend, ein halbwegs normales Leben zu führen. Aber der Osten Kanadas war weitgehend verlassen, und ein großer Teil der Nordstaaten der USA waren ebenfalls Geisterstädte. Es gab Tage, da galten die Schlagzeilen nicht dem mühsamen Fortschreiten des Höllengängers, sondern der Störung und den Kosten, die die Flüchtlinge verursachten.

       Ein paar Little Ones wurden im Flug abgeschossen. Dutzende weitere erreichten allerdings ihre Zielorte, große Städte weltweit, wo sie ihre eigentümlich knochigen Schwingen abstießen und sofort anfingen, ihr Werk zu verrichten.

       Weitere sieben Jahre sollten vergehen, ehe die Regierung der Vereinigten Staaten gemeinsam mit den meisten anderen fiel. Sieben Jahre, in denen Monster durch manche Städte tollten, wohingegen sich die Menschen in anderen weiterhin täglich zur Arbeit quälten. Sieben Jahre dankbare Beschäftigung für Nachrichtensprecher. Während jener Phase wurden sogar Spielfilme gedreht. Zum überwiegenden Teil handelte es sich dabei um schrille, überzeichnete Reißer zum Heben der Gemüter, quasi die »Stooges auf LSD«. Eines der weltgrößten Studios verlagerte sich auf die Produktion und den Vertrieb von Pornografie. Dokumentationen entstanden selbstverständlich auch, mit Wissenschaftlern und Weisen, die vorgaben, den Albtraum beenden zu können, wenn die Menschen doch nur auf sie hören würden. Das tat allerdings niemand, zumal sie ja sowieso logen.

       Die letzte Präsidentenwahl in Amerika ging über die Bühne, kurz bevor ein paar Little Ones in Washington einfielen, im Grunde genommen der Sargnagel für die Regierung. Tatsächlich kristallisierte sich noch ein neues Oberhaupt heraus, ein Kerl namens McAvoy, wobei die Wahlbeteiligung selbst für US-Verhältnisse wirklich armselig ausfiel. Der Mann war verrückt, genauso wie der Großteil seiner Befürworter. Zum Glück wurde er nie vereidigt, obwohl: Verdammt, wenn er das Land wollte, könnte er es jetzt gerne haben.

       Ungefähr zur gleichen Zeit trat der Höllengänger aus dem Michigansee auf einen großen Teil von Chicago und blieb dort einfach stehen. Die wüsten Stürme und Beben, die jede seiner Zuckungen begleitet hatten, hörten dementsprechend auf. Seitdem bewegte sich der Gigant nicht mehr. Sein Kopf ragte immer noch über die Wolken hinaus, und der Körper war gerade aufgerichtet, aber er rührte sich nicht. Wie er es überhaupt geschafft hatte, sich voranzuschleppen, geschweige denn, wie er so senkrecht stehen konnte, war nach wie vor ein Rätsel, physikalisch so unmöglich wie die Wirbelwinde zuvor. Soweit das jetzt überhaupt noch etwas ausmachte, könnte es nur durch Zauberhand möglich gewesen sein. Die zivilisierte Welt war nicht mehr, und die Little Ones setzten ihre Jagd nach Restposten fort.

       Dreieinhalb Jahre später schraubte Frank nun den Deckel der Kindertrinkflasche wieder zu und hängte sie an eine Gürtelschlaufe seiner Jeans. Dann stand er auf und dehnte seine Arme im Versuch, die unsäglichen Gelenkschmerzen loszuwerden, dies verschlimmerte das Ganze aber eigentlich nur. Er seufzte. »Sind wir schon zu einem Schluss gekommen?«

       »Mir persönlich gefällt die Golfküste besser als der Westen«, sagte Quebra.

       »Warum nicht Florida? Es ist noch da«, warf Chia ein und schnippte mit den Fingern. »Wie wäre es mit den Keys? Stellt euch bloß vor, wir könnten ein Boot und dann eine Insel finden.«

       »Ich bin mir sicher, den gleichen Gedanken hatten auch viele andere Leute«, entgegnete Autumn. »Wir haben damals auch mit der Idee gespielt.«

       »Gut, aber die meisten Überlebenden schaffen es wahrscheinlich nicht«, beharrte Chia. Er erkannte eine Sekunde zu spät, dass die Eltern der beiden Mädchen wohl dazugehört hatten, und verzog das Gesicht.

       »Eine Insel«, seufzte Caitlin. »Mir egal, wo sie liegt, solange es dort warm ist. Eine Insel.«

       Dodger ging kommentarlos auf und ab, wobei er sich bestimmt ausmalte, Bürgermeister der besagten Insel zu sein … ein Leben voller Blumenhalsketten, Alkohol und gebräunter Brüste … oder war dies eher Franks Fantasie? Immerhin war er derjenige, der es gerade dachte, und die Vorstellung von Frauen führte ihn automatisch zu Nan. Scheiße!

       Sein schlimmster Anfall hatte ihn vier Jahre zuvor ereilt, und damals war Nan noch am Leben gewesen. Die beiden hatten zusammen in einem Appartement gewohnt, und Franks Arzt, ein unglaublicher Mann, der mit seinen Sprechstunden einfach fortgefahren war, bis irgendein Verrückter seine Praxis mit einem Raketenwerfer hochgejagt hatte, hatte ihm nahegelegt, es sei an der Zeit, »Vorkehrungen« zu treffen.

       Damit gemeint waren letzte Vorkehrungen. Denn Frank litt unter einem Herzklappenfehler, und eine Operation würde es wohl in naher Zukunft nicht geben. Deshalb war er nach Hause gegangen und hatte Nan gesagt, er werde sterben.

       Sie hatte mit ihm auf der Couch gesessen und ihm tief in die Augen geschaut – darauf gewartet, dass er weinte, das wusste er, aber so weit war es nicht gekommen, also hatte sie schließlich gefragt: »Und was sollen wir jetzt tun?« Nan mit ihrem krausen, braunen Haar, ihren goldig leuchtenden Augen und ihrem verdammten, unnützen Optimismus … ständig tun. Was sollen wir tun?

       »Wir?«, hatte Frank trocken erwidert. »Dann eben: Was wirst du tun?« »Ich weiß nicht, was du meinst.« Es war ihm sehr wohl klar gewesen, hatte ihn aber schlicht und einfach wütend gemacht. »Du meinst, meinen Job kündigen, diese Wohnung aufgeben und mich mit dem Rucksack in die weite Welt aufmachen? Du meinst, einen angenehmen Tod in irgendeinem griechischen Fischerdorf sterben, bei Sonnenuntergang und umringt von bescheuerten Katzen? Nancy, ich habe keinen Plan, ich werde sterben – genau das werde ich tun.« »Frank …« »Nein, hör jetzt bitte auf. Du kannst es nicht wissen und hast übrigens genauso wenig einen Plan.« »Okay«, hatte sie erwidert und sich von ihm abgewandt. »Du bist aufgebracht, das verstehe ich.« Da war er endgültig ausgeflippt. »Wie kannst du es verstehen, wenn ich es selbst nicht einmal verstehe?« Die Wände des größtenteils leeren Appartements hatten