Quellentexte zur jüdischen Geschichte und Literatur. Julius Hoxter

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Название Quellentexte zur jüdischen Geschichte und Literatur
Автор произведения Julius Hoxter
Жанр Документальная литература
Серия Judaika
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783843800242



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Aus seinen Responsen. (31)

      Du hast ferner gefragt: Dürfen Reuben und der Sohn seiner Schwester als Zeugen die Unterschrift Simons, des Bruders von Reuben, bestätigen? Also wird in der Mischna gelehrt: Jedermann ist zuverlässig, wenn er behauptet: Dies sind die Schriftzüge meines Lehrers, dieses die Schriftzüge meines Bruders. Es wird darauf in der Gemara hinzugefügt: »R. Huna, Sohn des R. Josua, sagt: jedoch nur dann, wenn noch ein Zeuge hinzukommt.« Wenn nun dieser andere Zeuge ebenfalls ein Verwandter, vom zweiten oder dritten Verwandtschaftsgrade, ist, gilt dann das Zeugnis, oder muss noch mindestens ein ganz fremder Zeuge hinzutreten? – Wenn Geld gefordert wird und ohne gerichtliche Bestätigung der in Rede stehenden Unterschrift auf Erlegung der Summe nicht erkannt werden kann, dann verfahre man in erschwerendem Sinne und verlange außer den Zeugnissen des Sohnes und des Bruders noch dasjenige eines Fremden. Man sei sehr vorsichtig in Angelegenheit der Bestätigungen von Urkunden, obwohl Bestätigungen dieser Art nur Verordnungen rabbinischen Ursprungs sind …

      Diese Fragen haben wir erledigen und ausfertigen lassen im Monat Kislew des Jahres 1308 der Urkundenzählung!

      (In Kairuwan [Nordafrika], Zeitgenosse des Gaon Hai, großer Bibel- und Talmuderklärer.)

      Auge um Auge (II. Mos. 21, 23)

      »Auge um Auge« (II. Mos. 21, 23). Nach der Tradition unserer Lehrer bedeutet das: den Wert des Auges, aber nicht das Auge selbst. Ein Beweis dafür ist das weiter oben (V. 19) stehende Gesetz, dass derjenige, welcher jemand körperlich verletzt, ihm das Versäumte ersetzen und ihn heilen lassen muss; wenn nun dem Urheber der körperlichen Verletzung dieselbe Verletzung beizubringen wäre, was hätte er zu bezahlen, da ja auch ihm die Kosten der Versäumnis und der Heilung bewirkt wurden? Ferner: Wenn das Gesetz jemand, der das Auge seines Nächsten ausschlägt, ein Gleiches zu tun vorschriebe, so entstände das gerechte Bedenken, dass nicht alle Naturen gleich sind und der Zweite, als von Natur schwächer, durch die über ihn verhängte Strafe leicht auch das Leben einbüßen könnte; die Tora aber sagt: Auge um Auge, nicht aber: Auge und Leben um Auge. Demnach wäre das kein gerechtes, kein gleichmäßig auf alle Naturen der Menschen anwendbares Gesetz, es wäre denn, dass wir das Gesetz so erklären, dass nur der Wert des Auges gemeint sei. Ferner auch: Das entsprechende Gesetz in III. Mos. 24, 19 f. kann nur nach der traditionellen Erklärung ausgeführt werden, wonach es sich nicht um wirkliche Entfernung des gleichen Körpergliedes, sondern nur um Entschädigung handelt; denn es ist unmöglich, einem Menschen genau dieselbe Verwundung beizubringen, die er seinem Nächsten beigebracht hat, weil man die Länge, Breite und Tiefe der Wunde nicht so genau bemessen kann, während durch ein Mehr oder Minder die Vorschrift: »wie er getan hat, soll ihm getan werden« unerfüllt bliebe. Wir folgern daher mit Recht, dass in dieser Vorschrift nur die Entschädigung durch den Wert der Verletzung gemeint ist. Der Ausdruck »wie er getan hat usw.« hat den Sinn: »so wie er ein Übles getan hat, soll auch ihm ein Übles getan werden«; sowie Simson sagt (Richt. 15, 11): »wie sie mir taten, so habe ich ihnen getan«, während in Wirklichkeit seine Tat andersartig war als die ihrige, da die Philister ihm sein Weib geraubt hatten, er aber ihnen das Getreide anzündete. Ebenso finden wir in der Prophezeiung über Edom (Obadja V. 15): »So wie du getan hast, wird dir getan werden, deine Tat kehrt auf dein Haupt zurück usw.« So entnehmen wir denn der Vernunfterwägung, der Heiligen Schrift und der Tradition, dass »Auge um Auge« nicht wörtlich zu verstehen, sondern dass der Wert des Auges gemeint ist.

      (Aus »Sefer ha-Kabbala« des Abraham ibn Daud, vgl. Bd. II, Nr. XIV.)

      Das siebente Geschlecht (der Gaonen): R. Aron Hakohen ben Sargamra folgte dem verstorbenen R. Chananja. Er war ein sehr reicher Kaufmann, der seines Besitzes wegen und nicht, weil er dessen würdig gewesen wäre, zum Gaon ernannt worden war. Nach seinem Tode im Jahre 4702 (942 n.) waltete R. Nehemia fünf Jahre seines Amtes, nach diesem R. Scherira. Dieser wurde sehr alt; er lebte fast hundert Jahre. Als er sah, dass er alt geworden und sein Sohn R. Hai die Eignung besitze und würdig sei, Haupt der Hochschule zu sein, legte er sein Amt nieder und setzte seinen Sohn auf seinen Thron. Dies ist R. Hai Gaon, Sohn des R. Scherira Gaon … Er sorgte für die Pflege der Tora mehr als alle anderen Gaonen. In seinem Lichte gingen alle Erklärer der Tora »vom Aufgange der Sonne bis zu ihrem Untergange«. Nachdem er neunundsechzig Jahre alt geworden war, verschied er am Vorabend des letzten Pessachtages 4798 (1038 n.). Ihm war kein früherer unter den Gaonen gleich gewesen, aber er war auch der letzte Gaon. Er stammte aus dem königlichen Stamme, aus dem Hause David, und zwar gehörte er zu den Nachkommen des Serubabel, des Sohnes des Sealtiel und der ihm folgenden Exilsfürsten. Ich habe sein Siegel auf Pergamentrollen gesehen, die er ausgeschickt hat. Ein Löwe war darauf, wie er auf der Fahne des Lagerzuges Juda und auf den Fahnen der judäischen Könige gewesen ist.

      Seitdem aber die Mohammedaner die Herren geworden waren, hatten die Exilsfürsten keine eigentliche Herrschermacht mehr. Sie erkauften ihre Würde von den Königen für viel Geld wie die Steuerpächter. Nachdem sie Hirten ohne Herde geworden waren, wollten Hais Vorfahren nicht mehr Exilsfürsten sein, sondern wandten sich dem Gaonate zu … Nichtswürdige aus Israel aber verleumdeten R. Scherira und R. Hai, worauf der mohammedanische Herrscher sie verhaften und ihr Vermögen plündern ließ, so dass ihnen nichts blieb, um das Leben zu fristen. R. Scherira wurde im Alter von fast hundert Jahren an der eignen Hand aufgehängt; jedoch ihrer Würde wurden sie nicht entsetzt. Im Jahre 4728 war R. Scherira, 4758 R. Hai Gaon geworden. Siebzig Jahre verwalteten sie dieses Amt, der Vater dreißig und der Sohn vierzig Jahre. Das Geschlecht des R. Hai ist das achte der Gaonen … Die Schüler (des R. Hat) erhoben dann den Exilsfürsten Hiskia, den Enkel des David ben Sakkai, und setzten ihn auf den Thron des Hai. Doch verwaltete er nur zwei Jahre sein Amt. Beim König verleumdet, wurde er gefangengenommen, in Eisen gefesselt und furchtbar gequält. Seine beiden Söhne flohen nach Kastilien zu dem Nagid (Herzog) R. Joseph Halevi, dem Sohne des Nagid R. Samuel (das Andenken des Gerechten sei zum Segen), der ein Freund des Exilsfürsten und des Hauptes der Hochschule Hiskia gewesen war. Bei ihm blieben sie bis zu der Katastrophe in Granada. Als R. Joseph, der Nagid, ermordet worden war, floh einer dieser Söhne des Hiskia nach Saragossa, wo er sich vermählte und Kinder erzog. Später kamen seine Enkel nach Kastilien zurück.

      Mit Hiskia, dem Schulhaupte und Exilsfürsten, hörten die Schulen und die Gaonen auf.

      (Um 750 in Palästina, zeitlich einer der ersten und zugleich der bedeutendste in der Reihe fruchtbarer Paitanim = Poeten synagogaler Dichtungen.)

      a) Für Neujahr. (36)

       Ein Diadem will ich dem Mächt’gen bringen,

       Das Dreimalheilig lass ich ihm erklingen!

       Ihr Mächtigen in heil’ger Himmelskraft

       Im Gotteshaus ihm Benedeiung schafft!

       Die ihr errauscht in mächt’gen Halles Dröhnen,

       Lasst ihm des Jubelliedes Worte tönen!

       Der ewig denkt der Frommen edles Tun,

       Ihm singet, Chajot! Lieder ohne Ruh’n.

       Der Sünd’ erlässt mit mildem Sinne,

       Bezeugt als Einz’gen ihn am Mondbeginne,

       Der Zornesgluten dämpft,

       Der dräu’nde Strafen niederkämpft.

       Ihr,