Название | Science-Fiction-Romane: 33 Titel in einem Buch |
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Автор произведения | Walther Kabel |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9788075835246 |
Der Mond, die Sterne blinkten am blaßblauen klaren Sternenhimmel. Aus der Bauchseite des faulenden Kadavers ragten drei schweigende Köpfe hervor. Vom Feinde war nichts zu spüren. Allan hatte mit dem Fernrohr dauernd die Riffe draußen im Auge behalten und nichts Verdächtiges bemerkt. Ein Überfall auf uns war nur vom Buchteingang her oder, wenn die Gegner den Weg über die Steppe bis zu den Farmruinen nicht scheuten, durch die Höhlen möglich. Letzteren Weg wollten wir nachher sofort verrammeln. Es gab da eine ganz enge Stelle, die sich unschwer durch Steine, Felsbrocken und eine einfache Alarmvorrichtung in Gestalt eines Lederriemens, der einen gespannten Karabiner zum Abfeuern brachte, völlig zuverlässig verschließen ließ, eine Arbeit, die dann auch von Achim und Coy in Angriff genommen wurde, während ich bei Allan und den Verwundeten blieb. –
Mitternacht war’s geworden, als dann auch Leon Turido erwachte. Wir hatten soeben zur Nacht gegessen, und Coy war als Posten draußen. Der Blutverlust dieses Elenden mußte doch recht stark gewesen sein. Seine Augen waren tief eingefallen, und der halbirre Blick, den er unter dem weißen Stirnverband hervor auf Joachim Näsler warf, verriet die tiefe Erschöpfung einer langen Ohnmacht. Achim rückte ihm das Graspolster zurecht, so daß der Kopf höher zu liegen kam, reichte ihm dann auch einen Becher Brühe und nachher einen kleinen Schluck Kognak.
In Leons Augen blieb der Ausdruck schuldbewußter Angst. Der Mensch hatte im ganzen recht symphatische Züge, nur die Kinn- und Mundpartie verrieten dem Kenner eine zügellose unbeherrschte Seele, in der alle Triebe bis zum äußersten sich austobten, ohne jeden mildernden Einfluß moralischen Verantwortungsgefühls.
Ich beobachtete ihn still von meinem Platze aus. Eine wohlige Müdigkeit löste meine Glieder nach diesem Tage unerhörter Sensationen, und mein Hirn arbeitete mit jener klaren Bedächtigkeit, die gleichfalls eine Folge höchster körperlicher Entspannung nach schwersten Anstrengungen ist. Ich war in dieser Stunde wie selten bisher empfänglich für die intimen Reize dieser nächtlichen Szene, und wieder ging mir flüchtig der Gedanke durch den Kopf, daß des Schicksals mächtige Hand – oder die Hand einer Gottheit, die droben über den Sternen weise waltete, vielleicht doch mit mir, dem entsprungenen Zuchthäusler, kein willkürliches Spiel triebe, sondern mich für irgend etwas bestimmt haben könnte – für eine besondere Mission, deren Kern noch im dunklen Schoße zukünftigen Erlebens verborgen lag. Wozu wohl sonst die Fülle von lebensstarken, brutal-wirklichen Geschehnissen, in deren Mitte ich seit Monaten stand? Wozu wohl, – wo doch andere Menschen ihren Daseinspfad stets mit sauberen Händen und sauberen Sohlen dahinwandern und nichts ahnen von dem, was die Wege abseits vom Alltag an seltsamen, grausigen Vorfällen bieten! Andere Menschen?! Nein, die meisten gehen ja die glatte Asphaltstraße des Lebens … Und bleiben allzeit dumpf vegetierende Geschöpfe mit dickem Blut, hohlen Köpfen und aufgeblasenem Froschtum, bis – – der Tod sie wie stinkende Wanzen zertritt.
Intime Reize …
Allan, der brave kleine Kerl, war eingenickt, lehnte an einem schrägen Felsstück, mit auf die Brust gesunkenem Kinderhaupt und den tief gebräunten Wangen. Oh – die Sonne im Magelhaens scheint selten, aber wenn sie scheint, färbt sie in Stunden zarteste Haut mit der edlen Patina der Natur. Sonne braucht nicht zu brennen, um zu bräunen. Das hatte ich in Labrador bei den Eskimos erlebt, wo bei sechs Grad Kälte mir Brandblasen die Backen zierten. Hochtouristen können ebenfalls ein Lied davon singen.
Und die granitne Umgebung hier – hart wie wir selbst … Spottend in ihrer Grauschwärze dem Lichtkegel des Karbids. Tiefe Schatten überall, merkwürdig geformte Felsen, kleine Spalten, aus denen vielleicht im nächsten Augenblick der graugrüne, schnauzbärtige Hundekopf einer Fischotter hervorlugte, denn diese Fischräuber gab’s hier im Anfang der Höhle in Menge.
Näsler saß auf einem Stein, die Zigarre zwischen den Fingern seiner tadellos gepflegten schmalen Aristokratenhand. Wenn er den Kopf bewegte, leuchtete sein blankes Monokel jedesmal wie das Riesenauge eines Zyklopen auf.
Vor ihm auf einer Steinplatte der Spirituskocher, der dampfende Teetopf. Um diesen Stein herum griffbereit unsere Waffen, jetzt ein ganzes Arsenal, denn auch die Karabiner und Pistolen der vier Gefangenen waren hinzugekommen.
Und jenseits der bleiche Mensch, den Achim für die Triebfeder alles Schlechten hielt.
Achim blickte in die leckenden hellen Flammenzungen des Spiritus. Dann fragte er Leon, indem er ihn durchdringend ansah: »Was tun Sie hier?«
Ich merkte genau, daß Turido über diese Frage erstaunt war. Aber er war ein guter Komödiant …
»Das sollten Sie doch wissen, Näsler …!« erwiderte er leise und matt.
»Vielleicht … vielleicht wissen wir es … Denn Chubur, der dort neben Chico im Schatten den Schlaf der Genesung schläft, hat bereits erzählt, weshalb Sie Scheusal diese Scheußlichkeiten an den beiden verübten. Es gehört nicht eben viel sogenannter Geist dazu, um aus Chuburs Angaben herauszufühlen, daß Sie und Ihre elende Sippe hier tatsächlich Gold ernten – fraglos in größtem Maßstabe. Nicht wahr, Abelsen?«
Ich nickte nur.
»Ja, Gold ernten … Und des elenden Edelmetalls wegen flog der »Starost« in die Luft … Des Goldes wegen verlor Chubur ein Auge und wandelte Chico am Rande des Todes dahin. Sie leben, die beiden … – Wie fanden Sie die Goldader hier? Aber bitte die Wahrheit, Turido. Vergessen Sie nicht, daß es hier auf Tausende von Kilometern keine Richter gibt, daß ich Richter sein werden wie Coy Cola, der prächtige Araukaner, es war. Ihre drei Freunde stecken bereits im Bauche des Kadavers bis zum Kinn, und wenn es hell wird, werden die Vogelschwärme kommen … Sie verstehen, Turido. Sie sind ja jeden Morgen bei Ihren Opfern gewesen, um die Schnabelhiebe zu zählen. Vergessen Sie das nicht. Lügen Sie nicht. Wie fanden Sie die Goldader oder wie erfuhren Sie von deren Existenz, was sollten die zehn Riesenröhren – und so weiter. Lassen Sie sich nicht jedes Wort herauskorkenziehern, Turido. Also bitte …«
Leon Turido verzog höhnisch die Mundwinkel.
»Also draußen im Kadaver stecken die drei, Näsler … Sehr gut … Sie haben’s verdient, ohne Frage … Nur …«
Ein schrilles Auflachen …
Draußen das ferne Geknatter von Schüssen, von zwei förmlichen Salven …
Wir fuhren empor, hatten schon die Waffen in der Hand …
Da – noch eine Salve …
Und abermals lachte Leon mit schrillem Hohn.
»Ja, Näsler, – das war sehr dumm von Ihnen … Mir war’s eine Beruhigung, daß die drei den Walgestank riechen mußten. Ich rechnete mit diesen Salven meiner Leute … Die drei werden nichts mehr verraten können, und ich bestimmt nicht … Tote reden nicht … Es war unglaublich dumm von Ihnen …«
Achim stürzte davon …
Als er nach fünf Minuten wiederkehrte, trat er wortlos an Leons Lager und begann die Bandage der Stirnwunde abzuwickeln – bis dorthin, wo das geronnene Blut die Binde fest verklebt hatte.
»Wollen Sie reden, Leon Turido?«
»Nein!«
Da riß Joachim den Rest des Verbandes von Turidos Stirn, und die Arterie begann wieder Fontäne zu spielen. Ein dünner Blutstrahl spritzte schräg empor und troff in blanken Streifen am schwarzen Granit herab.
»Es stimmt – die drei sind tot,« sagte Achim. »Aber ebenso bestimmt werde ich Sie verbluten lassen … Lange wird’s nicht dauern, bis Ihre Adern leer sind …«
Turido lag fahlen Antlitzes da …
Dennoch lächelte er hohnvoll …
Weiß Gott, ein Feigling war’s nicht …