Science-Fiction-Romane: 33 Titel in einem Buch. Walther Kabel

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Название Science-Fiction-Romane: 33 Titel in einem Buch
Автор произведения Walther Kabel
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9788075835246



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nehme ich die Kognakflasche – – saufe … saufe … sinke auf einen Schemel …

      Und lache wie ein Verrückter …

      Ja – man lernt selbst das Lachen wieder in den Gewässern der Inseln der Magelhaens-Straße …

      Wie man dort auch das Sterben lernt … Aber die, die’s durchgemacht, sprechen nicht mehr darüber …

      Das war die Nacht, die mir ein anderes Lied aufspielte als jene im Hafen von Punta Garras … Damals waren’s die Menschen, die die Melodie angaben. Hier war’s das Meer, der Sturm, die wilde, entfesselte Natur …

      12. Kapitel

       Die blonden Haare

       Inhaltsverzeichnis

      Bleierner Schlaf, volle zehn Stunden. Schlaf, den nichts stören konnte. Unklare Erinnerungen, daß Jörnsen mir zwei Tabletten aufgezwungen hatte, weil er wohl fürchtete, daß das Lied des Meeres meinen Verstand verwirrt haben könnte. Ebenso unklar in meinem Gedächtnis das Bild, wie Jörnsen und Frau Helga mich in meine Koje geschleppt und mir die zerfetzten Hände, die zerschundene Knie und die Schädeldecke bepflastert hatten.

      Ich war aufgewacht und hatte mich aufrichten wollen …

      Wollen … Ich hatte keine Gelenke, keine Muskeln mehr. Nur noch schmerzende Stellen … überall.

      Durch den Treppenniedergang fiel in breitem weißen Strahl Sonnenlicht in dieses Lazarett, das nach Jodoform, Lysol und anderem duftete.

      Neben meinem Kopf an einem Nagel hing an der Holzwand meine Nickeluhr.

      Eins zeigte sie, genau eins. Also ein Uhr nachmittags. Zehn Stunden geschlafen … Der Kopf schwer und benommen. Die Augen so empfindlich, daß ihnen das grelle Licht wehtat. Und die Geschehnisse der Nacht nur noch wie verwaschene, unwirkliche Eindrücke aus der Welt der Träume.

      Mühsam drehte ich den Kopf nach rechts. Drüben an des Kameraden Schmerzenslager saß Holger Jörnsen und nickte mir freundlich zu, sagte gedämpft: »Er ist ebenso zäh wie du, Abelsen … Vorhin hat er schon ein paar Worte geflüstert … Wir bekommen ihn durch. Das Fieber ist kaum nennenswert. – Und du? Wie fühlst du dich?«

      Ich so zäh wie Boche Boche?! – Nein, wohl kaum … Ob ich mit der entsetzlichen Wunde drei Tage dort im Boot, doch fraglos ohne Speise und Trank, überdauert hätte – wohl kaum! Ich, der jetzt schon nur nach dieser Nacht hier wie ein Häuflein Unglück lag!! – Und diese Gedanken waren die beste Medizin … Der Gedanke ist alles, der Wille steht obenan, die Tat Selbst ist nur ein Anhängsel …

      Ich richtete mich auf … Ich hätte schreien mögen vor Schmerzen – die Augen tränten mir …

      Der Wille ist alles.

      »Ein bißchen steif die Knochen, Jörnsen … erwiderte ich und griff nach meinen Hosen.

      »Bleib’ liegen!« mahnte der Alte.

      »Denke nicht dran! Sonnenschein ist die beste Medizin … An Deck will ich …«

      »Du hast nicht ganz unrecht, Abelsen. Man muß sich nicht unterkriegen lassen. Der Wind hat gedreht. Vorhin waren’s fünfundzwanzig Grad in der Sonne. Der Pazifik spendet uns die Wärme. Das ist hier nicht anders, mal eisige Luft und Schnee, mal wieder Tropenluft. – Danke dir auch, daß du den Torstensen gerettet hast, Abelsen. Auch das kommt auf dein Pluskonto. Hast deine Sache gut gemacht für eine Landratte. Wir liegen hier in einem Triftkanal, wie wir’s nennen, in gleichmäßiger Strömung. Ist eine wunderliche Gegend hier unten. Hat noch kein Gelehrter erforscht, weshalb einzelne Kanäle trotz der Gezeiten stets gleiche Strömung haben, während andere, Wechselkanäle nennt der Schiffer sie, die reinen Hexenkessel sind.«

      Ich stand aufrecht. Mir war ein wenig schwindlig. Aber der Wille ist alles. Mit meinen verbundenen Händen – nur die Fingerspitzen ragten hervor – war’s ein Kunststück, die Hosenträger anzuknöpfen und die Schuhe zuzuschnüren. Es ging – es mußte gehen.

      Dann trat ich zu Boche Boches Lager. Er schlief. Von seinem Gesicht war nicht viel zu sehen. Aber was ich sah, hatte schon wieder Farbe.

      Dann stellte ich mich vor den Spiegel. Meine Nase war eine blaurote Kartoffel, die Oberlippe eine Wurst. Der Stoppelbart war mir am scheußlichsten.

      »Ich will versuchen mich zu rasieren,« meinte ich …

      »Brav so!« lobte Jörnsen. »Wer auf sein Äußeres etwas hält, wer dazu ein Mann von deiner Qualität ist, zwingt das Leben. Nur die Intelligenz, gepaart mit frischem Draufgängertum, ist eitel in gutem Sinne. Ich wünschte, meine Frau begriffe das. Hol’ dir nur warm Wasser aus der Kombüse. Du hörst ja, Helga wirtschaftet dort schon wieder herum. Die Schwarzen haben ihr all die schönen Aluminiumtöpfe versaut. Sie hat die Scheuerwut. Nur nicht für sich selbst.«

      Die Treppe hinan – alle Qualen der Hölle … Aber nun der Sonnenschein, Licht, Luft, der Odem der Ozeane … Ich atmete tief, tief, und die Kraft wuchs.

      »Morgen, Helga …«

      »Morgen, Abelsen …« Sie kniete am Boden der Kombüse und scheuerte die Planken mit weißem Sand, schaute gar nicht auf, trug wieder ihren Südwester, die ekle Brille, und Haarzotteln baumelten hin und her.

      »Warm Wasser …? – Dort im Kessel … Nimm die Schöpfkelle … – Kaffee steht dort unter dem Wärmer.«

      Eine Viertelstunde später war ich rasiert, hatte gefrühstückt, hatte gefressen, nicht gegessen, hatte obenauf einen halben Becher Kognak gesetzt. Und Jörnsen hatte mir dabei so mancherlei über die Wetterecke erzählt … vorsichtig flüsternd, denn Boche Boche sollte nicht gestört werden. Aus dem, was der Alte erzählte, ging nun klar hervor, daß er Schiffskapitän gewesen, daß er Frachtdampfer geführt hatte, daß er hier im Magelhaens zu Hause war …

      »… Vergangene Nacht, mein Junge, als der Torstensen sich wie ein wildes Pferd benahm, – hast das wohl für was Besonderes angesehen. Irrtum! War nur das Übliche hier … Als ich mit der Medusa 1912 von Honolulu kam und nach der La Plata-Mündung wollte, haben wir keine acht Meilen von hier volle zehn Tage vor vier Ankern gelegen, – was man so liegen nennt. Und diese zehn Tage, Abelsen, gab’s zwischen Vorschiff und Heck keine Verbindung, so kamen die Seen über … Neben uns trieb eine Salpeterbark vorbei … Fünf arme Teufel in den Wanten festgebunden, fünf Erfrorene … Acht Grad Kälte, Abelsen … Eine verrückte Gegend. – Nun schau’ dir mal von unserem Heck die Aussicht an. Sie ist sehenswert.«

      Sehenswert … Stimmte! Alles sehenswert. Der Torstensen lag in einem Kanal von etwa vierzig Meter Breite, das Heck ragte über die scharfe Krümmung nach Süden hinaus. Ringsum kahle Felsenmauern – nur das … Nur dunkler Granit. Aber nach Süden zu erweiterte sich der Kanal wie eine Trompete, und vielleicht fünfhundert Meter entfernt konnte ich dasselbe Schauspiel wie nachts beobachten: dort zogen ungeheure Wogenberge dahin, dort war freies Wasser, und nur am Horizont erkannte ich düstere Gestade …

      Jörnsen war neben mir erschienen.

      »Die Magelhaens-Straße, Abelsen …« Ganz ehrfurchtsvoll sagte er es … »Wir sind hier unter Wind … Droben in den Zacken pfeifen die Orgeln … Aber die Töne verwehen. Gnade Gott dem Schiffe, das jetzt im Magelhaens ist. Stürme bei Sonnenschein sind am schlimmsten. Es stirbt sich schlecht, wenn die Sonne heuchlerisch lacht … Vor fünf Tagen beruhigt sich die See nicht. Wir haben also Zeit. Das Kunststück, jetzt die Santa Ines-Insel drüben zu erreichen, bringt selbst ein transtinkender Feuerländer nicht fertig. Unser Mann wird warten müssen, und wir werden als erste an Ort und Stelle sein …«

      »Unser Mann?« – Meine Augen forschten in seinem gegerbten Gesicht.

      »Ja – er, der Feind, dein Feind, unser Feind … – Komm’, holen wir Boche Boche an Deck in die Sonne … Bring’ eine Matratze nach oben und Decken … Er ist aufgewacht …«

      Boche Boches Hand lag in