Science-Fiction-Romane: 33 Titel in einem Buch. Walther Kabel

Читать онлайн.
Название Science-Fiction-Romane: 33 Titel in einem Buch
Автор произведения Walther Kabel
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9788075835246



Скачать книгу

Ankerketten noch schriller sangen, taumelte ich wohl auch gegen den Mast, den Kombüsenaufbau, das Oberlichtfenster oder unser Rettungsboot, das mittschiffs, Kiel nach oben, auf den festgeschraubten Stützen ruhte, bedeckt mit einer Ölplane. Ein tadelloses Eichenboot mit kleinem Motor, Luftkasten, vorn gedeckt … Es konnte bequem acht Mann fassen. – Zuweilen drohte ich auch auf den schlüpfrigen Deckplanken auszugleiten. Und ich triefte von oben bis unten vor Nässe … Meine Büchse triefte, meine Taschen waren halb voll Wasser, meine Hände aber innen zerschunden, denn so manche Sturzsee wollte mich allzu gern mitnehmen, hinein in die nasse Finsternis und sicheren Tod. Da half nur Anklammern am ersten besten Gegenstand, und dabei gingen Hautfetzen mit … Ich fühlte es kaum …

      Ich war Gott in all meiner Verlassenheit und im Toben der Elemente, war Olaf Karl Abelsen von einst, der in Bombay im Chinesenviertel eines Nachts fünf gelbe Schufte niedergeboxt und dabei nur einen einzigen Stich in die Schulter bekommen hatte … Und drei von den Straßenbanditen wurden am nächsten Tage verscharrt. So hatte ich’s ihnen gegeigt …

      Hallo – jetzt hätte mich’s doch um ein Haar erhascht! Das kommt davon, wenn man sich in diesem Schneesturm an Bombays heiße Tage und Chinesenpüppchen mit Katzenleibern und moschusduftendem Haar erinnert …! War das eine Sturzsee gewesen! Verdammt … das Boot hatte sie an der Heckseite aus der Stütze geschwemmt. Kam noch solch Ungetüm, schlug das Boot gegen den Mast und ging zum Teufel …

      Ich legte die Büchse weg, stemmte mich gegen das Heck, suchte das Boot wieder in die Einschnitte zurückzudrücken …

      Es gelang … Polternd lag es fest, und noch hastiger zog ich die Leinen straffer, damit dieser üble Scherz sich nicht wiederholte. Ich keuchte vor Anstrengung, denn die nassen Leinen waren widerspenstig wie Drahtseile. Den Kopf drückte ich an die von der Ölplane geschützten Planken, arbeitete japsend, mit zitternden, klammen Händen.

      Kopf an den Planken … zusammengeduckt … Duschen gehen über mich hinweg …

      Plötzlich ein Straffen aller Sinne …

      Was war das?!

      Da – – wieder …

      Bei Gott – – ein tiefes lautes Stöhnen …

      Im Boot …

      Im Boot – – ein Mensch …

      Hoffnung – – vielleicht der Kamerad …

      Ich krieche unter das Boot, löse die Schnüre der geteerten Persenning, bis ich hineinkriechen kann.

      Taschenlampe heraus …

      Und ich sehe aus dem offenen Türchen des gedeckten Bugteiles zwei Beine herausragen …

      Boche Boche – – wirklich der Kamerad!

      Ich zerre ihn hervor … einen Halbtoten …

      Die Augen mit Eiter und Blut verklebt, gerade über der Nase eine entsetzliche Wunde mit zackigen Rändern … Das Gesicht, soweit es nicht mit Blut beschmiert ist, wachsbleich, – ein grausiger Totenkopf … Der Unterkiefer herabgesunken, die blau verfärbte Zunge dick wie ein Ball … Das Atmen nur noch ein Röcheln, Gurgeln, – zuweilen anschwellend zu gräßlichem Stöhnen – – wie im letzten Kampf der letzten Kräfte gegen den Sensenmann.

      Eine Wolke Gestank umgibt den Ärmsten …

      Gestank von Unrat …

      Ich fühle, wie ich selbst erbleiche … Es ist ja kein Fremder, der hier vor mir liegt, nein, es ist der Freund – der einzige, den ich habe…

      Hier gibt’s kein langes Überlegen …

      Handeln, helfen, retten, was noch zu retten ist. Und ich bringe es wirklich fertig, mit dem Kameraden im Arm die Back zu erreichen … Spritzer umrauschen uns … Ich stolpere, gleite. Ich spanne meine Muskeln bis aufs Äußerste an.

      Nun ruht Boche Boche in seiner Koje …

      Her mit der Kognakflasche … Her mit einem Löffel …

      Aber – er schluckt nicht mehr … Die Zunge behindert mich. Ich kann den Löffel nicht tief genug in den Mund einführen. Ich brauche Hilfe. Jörnsen weiß in diesem Falle auch besser Bescheid als ich. Jörnsen muß geweckt werden …

      Ich eile an Deck …

      Der Kutter bäumt sich … Eine riesenhafte Woge überflutet das Heck … Die Ankerketten kreischen in den Klüsen, schrillen wie Stahlsaiten. Der Wasserberg packt mich … Im letzten Moment greife ich nach der Reling … Die Woge zerrt meine Beine hoch … Ich stehe mitten im gurgelnden Gischt wie ein Turner im Handstand … Habe das Gefühl, daß mir jeden Augenblick die Arme ausgerissen werden müssen … Dann reißt mich die jagende Wassermasse nach außen … Meine Beine schlagen gegen die Bordwand … Blitzartig das Empfinden des schwindenden Bewußtseins … Und doch noch die Energie, die obere Relingstange nicht fahren zu lassen … – des Freundes wegen …

      Ich hänge außenbords … pendele hin und her, muß die eine Hand lösen, um das Gesicht der Reling wieder zuzukehren …

      Es gelingt. Ich ziehe mich empor, falle nach vorn auf die Deckplanken, liege da wie ein totgetretener Frosch, alle Viere von mir gestreckt … Und krieche vorwärts … Meine Beine schleppen nach wie Bleistücke … Krieche die Treppe der Heckkajüte abwärts, Kopf nach vorn … – drei Stufen …

      Eine neue See, ein neuer Berg dunklen Glases, das donnernd über dem Kutter zerschellt.

      Und durch die von mir geöffnete Tür des Niedergangs spült mich ein reißender Bach nach unten … Mein Schädel rammt die Kajütentür. Die obere Füllung fliegt heraus …

      Der Stoß hat mich erledigt …

      Ein Brillantfeuerwerk täuscht mir mein verdröhntes Hirn vor. Dann erlischt mein Bewußtsein. Aber im Unterbewußtsein, in dem die Sorge um Boche Boche weiterlebt und mich peinigt, ersteht mir der Wille zum Bezwingen auch dieses verhängnisvollen Zwischenfalls. Vielleicht ist’s auch das kühle Wasser, in dem ich hier wie in einer eckigen Badewanne liege. Als Jörnsen, durch den Knall der herausbrechenden Füllung geweckt, mich findet, bin ich schon halb auf den Beinen. Jörnsen hat hier in der Kajüte geschlafen, und so wie er ist – nur in Unterhosen – läuft er nach meinen ersten gelallten Worten mit dem Apothekenkasten zur Back. Ich taumele hinterdrein, wundere mich, daß meine Beine mir wieder gehorchen, wundere mich, daß der Kutter plötzlich so merkwürdig ruhig liegt, umkralle die Reling und starre in das Dunkel hinein …

      Der Torstensen treibt … treibt …

      Beide Ankerketten müssen gerissen sein, als die letzte Riesenwoge mich gegen die Tür spülte …

      Treibt mit irgendeiner Strömung – irgendwohin …

      Verschwommen gleiten schwarze Felswände vorüber …

      Knirschend schrammt der Kiel über Riffe …

      Und diese mahnenden Laute, diese Erschütterung, die den Kutter zittern macht, bringt mich zu mir …

      Jeden Augenblick kann der Torstensen gegen eine Klippe rennen … Dann sind wir vier erledigt … –

      Jörnsen hat abends, als wir Anker warfen, in weiser Voraussicht die Reserveanker klar machen lassen …

      Ein Sprung nach vorn. Ich werfe den Buganker über Bord. Bestes Manilaseil läuft durch die Klüse … Ein Ruck … Der Anker hat gefaßt. Ich jage nach hinten, – – Heckanker in die Tiefe, Leine gekürzt …

      Und ein neuer Ruck … Der Kutter liegt in verhältnismäßig ruhigem Wasser – irgendwo in einem anderen Kanal …!!

      Mein Gesicht glüht … Meine Hände brennen wie Feuer … Meine Beine zittern … Neue Ohnmacht naht. Aber Olaf Karl Abelsen beißt sich die Unterlippe blutig, reckt den Brustkasten vor, atmet ganz – ganz tief …

      Und siegt.

      Am Steuerruder lehne ich. Eine Schneebö peitscht mir das flammende Antlitz …

      Oh