Science-Fiction-Romane: 33 Titel in einem Buch. Walther Kabel

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Название Science-Fiction-Romane: 33 Titel in einem Buch
Автор произведения Walther Kabel
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9788075835246



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sah alles, ich sah auch den dichten Wall der neugierigen Dorfbewohner, – ich zergliederte nichts von dem Geschauten, ich nahm nur den Gesamteindruck in mich auf …

      Und riß die Büchse hoch …

      Das, was sich da Offizier schimpfte und soeben den Säbel senkte, bekam die Kugel von hinten durch den Schädel, aber zugleich auch mit Gupas Schuß war auch die doppelte Salve erklungen …

      Das, was sich da Offizier schimpfte, fiel nach vorn ins Gras, aber auch Gowin und Chedee hatten des Sterbens letztes Rätsel kennen gelernt, waren umgesunken …

      Wie ein Tiger sprang Gupa den Abhang hinab, wie ein Löwe brüllte er den Zuschauern ein paar Worte zu, von denen ich nur den Ausdruck Tschu-Wang verstand … Den Worten folgte ein schriller, besonderer Pfiff. Gupa hatte dazu die Mittelfinger in den Mund gesteckt, – der Pfiff gellte durch die Nacht wie das Sausen einer Schwertklinge …

      Es mochten an die hundert Mongolen und Chinesen sein, die den breiten Halbkreis der Gaffer bildeten …

      Es mochte die Hälfte von ihnen sein, die jetzt über die uniformierten Banditen herfiel … Ein Heulen, Kreischen, Brüllen erfüllte die Luft, als ob alle Teufel der Hölle losgelassen wären …

      Ich begriff: Die Wangs nahmen blutige Rache! Die Wangs konnten nicht gewußt haben, wer hier erschossen wurde: Ihresgleichen, Brüder vom Bunde, mehr noch, der oberste Tschu-Wang …!

      In diesem Augenblick war es, als ob ich aus fürchterlichem Traum erwachte …

      Ich sprang gleichfalls die Böschung hinab, ich stolperte, ich zerkratzte mir die Hände, zerschlug mir die Knie, – ich hielt nur immer die Büchse hoch, damit sie unbeschädigt bliebe …

      Ich sah, daß hinter dem Fürsten noch zwei der gelben Affen im Gestein hockten, daß der eine den Revolver zog …

      Zum Abdrücken kam er nicht mehr, mein Zeigefinger krümmte sich flinker, krümmte sich zweimal, dann war ich vor Iwan Zubanoff, zerschnitt seine Stricke, zerschnitt die Schnur im Genick und zog ihm den Knebel aus dem Munde …

      Er schaute mich nur geistesabwesend an. Er hatte die melancholische Schönheit so vieler Russen, er hatte verträumte Augen …

      Und – das war Weras Gatte?!

      Das?!

      »Ihre Frau ist in der Nähe, Fürst Zubanoff,« stieß ich atemlos hervor. »Weshalb fliehen Sie Ihre Gattin?! Wissen Sie nicht, daß sie in jahrelanger Treue nach Ihnen gesucht hat?!«

      Er blickte mit tiefem Erschrecken um sich …

      »Wera?!«

      Und dann – droben vom Talrande her ihr heller Ruf …

      »Iwan … Iwan …!!«

      Droben stand sie, neben ihr Howard Steenpool.

      In ihrer Stimme schwang nicht die Sehnsucht des liebenden Weibes, nur Überraschung, nur etwas Zaghaftes, Unsicheres.

      Fürst Zubanoff winkte ihr nicht einmal zu …

      Sein Gesicht war grau geworden …

      »Grüßen Sie sie … auf Nimmerwiedersehen!« – er lallte es mehr, und dann lief er hinüber zu den gesattelten Pferden der gelben Strolche, schwang sich auf das eine hinauf, galoppierte davon, als ob der Satan hinter ihm her wäre.

      Ich war wie vor den Kopf geschlagen, – ich hatte das Verhalten dieses Mannes nie verstanden … Und jetzt?!

      … Gupa tauchte neben mir auf, in seiner Begleitung war ein kleiner, engbrüstiger Chinese mit Hornbrille, dessen verkniffenes Gesicht in eine Studierstube, nicht hier auf diesen blutgetränkten Boden paßte.

      Der Bebrillte raunte mir hastig ins Ohr:

      »Ich bin Tschu-Wang elf … Wenn ich nur geahnt hätte, weshalb die Soldaten niemand an die Gefangenen heranließen …!!! Auch du bist ein Tschu-Wang, Bruder … Wohin sollen die Waffen geschafft werden?«

      Im Augenblick waren mir sowohl meine angemaßte Würde als Tschu-Wang als auch die Waffen und alles Übrige höchst gleichgültig.

      Ich beobachtete Wera. Sie stieg mit Steenpools Hilfe den Abhang hinab …

      »Laß sie, wo sie sind,« sagte ich zu dem bebrillten Bruder …

      Ich eilte der Frau entgegen, die eines erbärmlichen Schwächlings wegen so viele Jahre Mühsale und Gefahren auf sich genommen hatte.

      14. Kapitel

       Sankt Antonius – – Mönch!

       Inhaltsverzeichnis

      … Wir hatten die Jagd auf Iwan Zubanoff sehr bald als zwecklos aufgegeben. Er war in die Berge entkommen, wir hatten uns auch nur auf Weras Bitten hin dazu verstanden, einem Manne zu folgen, der vor seinem Weibe floh.

      Langsam ritten wir drei und mein braver Hund wieder durch schäumende Bäche und finstere Täler abwärts dem Dorfe zu.

      Wera sprach kein Wort, Steenpool murmelte allerhand fatale Unliebenswürdigkeiten, die sich auf Zubanoff bezogen, – und ich – – ich war Egoist genug, mit dieser Wendung der Dinge durchaus einverstanden zu sein.

      Als wir an die Stätte gelangten, wo noch immer die Holzfeuer brannten, waren die Leichen der Banditen bereits verschwunden, – verschwunden waren auch all die Gaffer, die nicht zum Wang gehörten, und auf einem flachen Felsen, den man mit kostbaren Perlenstoffen behängt hatte, lagen Gowin und Chedee, die linken Arme am Leibe, die rechten Hände auf dem Herzen.

      Man hatte ihnen die blutgetränkten Kleidungsstücke ausgezogen und die Leichen in gelbe Seide gehüllt. Unter den Köpfen lagen buntgestickte Kissen und so starrten Gowin und Chedee mit gebrochenen Augen zum verblassenden Nachthimmel empor.

      Vor diesem provisorischen Katafalk hockten die Wangs, Chinesen und Mongolen, die Waffen im Schoße. Und vor diesem Halbkreis wieder saß mit untergeschlagenen Beinen der kleine bebrillte Tschu-Wang und brannte Räucherstäbchen zu Ehren der Toten ab.

      Die stille Versammlung nahm von uns keine Notiz. Nur Gupa kam herbei und sagte leise:

      »Die Wangs und Tschu-Wang elf erwarten deine Befehle, Tschu-Wang dreizehn …«

      Ich glaubte nicht richtig verstanden zu haben, – ich hielt es nunmehr auch für meine Pflicht, diese Lüge zu zerstören.

      »Gupa« – ich zog ihn beiseite, »ich möchte dich nicht länger darüber im unklaren lassen, daß ich mit dem Wang-Bunde nichts zu tun habe …«

      Gupa lächelt unmerklich. Seine Augen ruhten trotzdem mit gewisser Ehrfurcht auf meinem schweißigen, zerschrammten Gesicht.

      »Gowin,« und er betont jedes Wort, »Gowin, der große Wassili Charbinow, hat in seinen Kleidern eine Schrift gehabt, und die Schrift bestimmt dich zu seinem Nachfolger. Du bist der dreizehnte Tschu-Wang, du bist der Herr …«

      Er verneigt sich tief und deutet auf den kleinen Gelehrten. »Tschu-Wang elf hat die Schrift … Er ist ein Doktor, wie es Wang-Ho, der Gründer, war, und er kennt alle Länder und Städte, er kennt alle Völker, und doch ist er weniger als du, Bruder Abelsen.«

      »Es ist gut,« – ich schreite zu dem Elften hinüber, der sich sofort erhebt und mir feierlich ein gefaltetes, blutiges Papier überreicht.

      Die Leuchtkraft der Holzstöße genügt. Ich lese das, was Gowin mit seinem Herzblut getränkt hat.

      »Freund Olaf, ich zweifele nicht daran, daß ihr uns finden werdet. Sollte mir etwas zustoßen, so bestimme ich, daß Du mein Nachfolger im Wang wirst, und ich bitte Dich, dieses mein Vermächtnis nicht auszuschlagen. Gleichzeitig hinterlasse ich Dir mein gesamtes Vermögen, das bei verschiedenen Banken deponiert ist, die angewiesen sind, auf ein bestimmtes Geheimzeichen und ein Stichwort, die Du unter diesem Text siehst, meine Depositen dem Betreffenden