Название | Science-Fiction-Romane: 33 Titel in einem Buch |
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Автор произведения | Walther Kabel |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9788075835246 |
In der Kajüte hatten Steenpool und Wera auf dem kleinen Tisch unsere Schußwaffen bereitgelegt: Meine Repetierbüchse, Steenpools beide Pistolen und Weras Liliputpistole.
»Erledigt …« sagte ich leise. »Sie, Fürstin, haben die Situation gerettet. Gepriesen sei Chedee!!« Ich erklärte das Nähere, und Steenpool schmunzelte. Wera blieb gleichgültig, obwohl gerade sie es gewesen, die eine energische Verteidigung vorgeschlagen hatte. Sie nahm ihre Waffe an sich und meinte müde: »Ich möchte allein sein … Gute Nacht.« Die kleine Tür fiel hinter ihr zu, und Steenpool machte ein sehr betroffenes Gesicht.
»Abelsen, es war Pech,« flüsterte er. »Die arme Frau tut mir von Herzen leid … daß sie auch ausgerechnet das hören mußte!!« Er setzte sich auf den Bettrand und winkte mich neben sich. »Abelsen, ich bin ein alter schlauer Fuchs … Aber das Verhalten Zubanoffs ist mir ein Rätsel. Daß er den Russen ausgekniffen war, nachdem Bix und Fattmoore ihre Schurkerei so teuflisch durch seine Auslieferung gekrönt hatten, wußte ich längst. Wir sind über die Vorgänge in Rußland sehr gut unterrichtet, und wenn eines nachts ein Gefängnis von Unbekannten gestürmt wird und Menschenleben dabei so billig wie Sand sind, kann uns das nicht verborgen bleiben. Zubanoff wurde gewaltsam befreit. Er verschwand samt seinen Rettern spurlos, und wer diese Retter waren, – nun, seine Mutter war die Tochter des reichsten Steppenfürsten, das sagt genug. Er ist halber Asiate, und das erklärt ein Drittel, der Rest bleibt dunkel. Er heiratet aus Liebe Ihre Landsmännin, und nachher gibt er ihr keinerlei Lebenszeichen … Das wäre das Eine.«
Er hielt mir sein goldenes Etui hin.
»Rauchen wir, Abelsen … Ich bestehe nur noch aus Nikotin, und ich hoffe, daß ich nicht alt werde. Ich kann mir nun einmal Howard Steenpool als klapperigen Greis nicht vorstellen. – Hier ist Feuer … So, – – zurück zu Iwan Zubanoff. Bedenken Sie: Es sind über vier Jahre her, seit er seine Frau, die nicht seine Frau wurde, über sein Schicksal im Ungewissen ließ. Und Wera?! Hochachtung vor ihr, die mit eiserner Energie ihr Ziel verfolgte. Für mich war Bix und Fattmoores Tod nur Vorwand. Der Wang-Bund nagte an Englands asiatischen Mauern. Und England hatte allen Grund, Hongkong zu hüten. Aber von Politik werden Sie wenig verstehen. Politik ist Geschäft, Schacher. Politik soll die Güter der Nation hüten. England ist der Schuldner Amerikas geworden. Der Weltkrieg vernichtete zwar einen Konkurrenten auf dem Weltmarkt, gebar jedoch unter Strömen von Blut einen weit gefährlicheren: Amerika – – und das erwachte Nationalgefühl der Asiaten.«
Er wehte den Zigarettenrauch mit der Hand weg. »Abelsen, dieser Doktor Wang-Ho starb für keine blöde Idee, im Gegenteil: Der Tag wird kommen, an dem Japaner, Chinesen, Mongolen, Siamesen, vielleicht auch Inder jeden Europäer massakrieren. Vielleicht erleben wir beide den Tag nicht mehr … Ich weiß, daß auch meine Mission hier nur ein Bremsversuch ist. Ich tue meine Pflicht. – Daß die japanische Regierung, daß die chinesischen Machthaber – sie wechseln täglich – gegen die Wangs ebenfalls vorgehen – kein Wunder! Ein geeintes ostasiatisches Reich fegt natürlich all diese Herrschaften hinweg. Und kein Mensch verzichtet gern auf Macht und Geld. Die Wangs sind weitschauende Idealisten, daher köpft und erschießt man sie, wo man sie irgend bekommen kann. – Fürst Zubanoff ist auch Idealist. Ich sage absichtlich nicht Phantast, und wahrscheinlich hatte Doktor Wang-Ho längst auf ihn als nützliches Mitglied ein Auge geworfen. Möglich, daß Zubanoffs Retter ihn verpflichteten, seiner Frau keinerlei Nachricht zu geben, möglich, daß die Vorschriften des Bundes derart sind, daß es keinerlei Rücksichtnahme auf Familie, Frauen, Kinder geben darf. Das würde ja eine Erklärung für Zubanoffs Verhalten gegenüber seiner Frau sein – vielleicht. Aber …« – er blickte mich fragend an – »würden Sie einem Geheimbunde so weit gehorchen, wenn Sie solch ein Weib besäßen, wenn Sie wüßten, daß Sie nach Ihnen sucht?! Und selbst gesetzt den Fall, Zubanoff tötete Bix und den anderen Betrüger und Verräter, – würden Sie deshalb vor Ihrer Frau fliehen?! – Ich nicht. Es sei denn, die Frau wäre ein Satan, aber Wera ist ein streitbarer Engel.«
Wir schwiegen … Ich hatte nichts zu erwidern. Steenpool hatte in allen Punkten recht.
Er gähnte ungeniert. »Ich bin müde, Abelsen. Ich werde nun vier Stunden schlafen. Das genügt mir. Dann löse ich Sie ab. Einer von uns muß an Deck bleiben. Wegen der Polizei hier auf dem Flusse und wegen der Pässe machen Sie sich keine Sorgen …« Er lächelte verschmitzt. »Ich hatte unten im Kielraum meinen Gepäcksack, und ich habe vielleicht meinen Beruf verfehlt …« Er griff in die Tasche und holte zwei Paßhefte hervor. »Da – alles tadellos … gefälscht … Es fehlen nur noch die Photos und die sind morgens schnell herzustellen. Sie sehen, Sie sind englischer Untertan, – ein netter Name: Parker Smith, die Fürstin ist Ihre Gattin – Jane Smith … Die Stempel sind glänzend, nicht wahr?! Und die Fürstin wird notgedrungen Jane Smith spielen müssen, wenn sie nicht gerade Sibirien im nördlichsten Teil kennen lernen will.«
»Sie sind wirklich ein Allerweltskerl, Steenpool!«
Er legte sich schon zum Schlafen zurecht. »Machen Sie das Licht aus, Abelsen … außer den Pässen habe ich noch ein Paket Pfundnoten bei mir, und diese Noten spielt jeder gern … Gute Nacht.«
Ich ging an Deck …
Vorn auf der Ankerwinde saß Wera Zubanoff, jetzt Jane Smith, meine Frau. Ihre Kammer hatte noch eine zweite Tür, und sie hatte sich leise hinausgestohlen und starrte in die dünnen Nebelschwaden, die über dem Amur lagerten …
»Störe ich, Fürstin?«
»Sie stören mich niemals, Olaf …«
Als ich ihr von den Pässen erzählte, sagte sie nur: »Wir sind ja ohnedies bereits gute Kameraden, Olaf … – Glauben Sie, daß wir die Gesuchten in Charbin finden werden?«
»Vielleicht …«
Und mein Herz sprach: »Hoffentlich nicht!« – Zubanoff konnte dieses Prachtwerk niemals so lieben, wie ich es liebte …
12. Kapitel
Wüste Gobi
Es war eine jener kalten, windigen Steppennächte, in denen kein Mongole sich aus seiner stinkenden Filzjurte herauswagt. Der Himmel war dick bewölkt, und unsere müden, kleinen struppigen Gäule schleppten sich unlustig über den harten Lehmboden eines flachen Tales.
Gupa, der sonst im Dunkeln wie eine Katze sehen konnte, hatte das, was man hier zwischen Charbin und dem südlichen Chingan-Gebirge als Weg bezeichnet, schon vor zwei Stunden gänzlich verloren. Wir ritten auf gut Glück nach dem Kompaß weiter gen Westen, – wir hätten längst unser Zelt aufgebaut, aber Wera trieb uns mit ihrer Ungeduld und versteckten Angst dauernd vorwärts.
Dieser Ostteil der Wüste Gobi, an den Rändern von den Chinesen längst besiedelt, hat dennoch im Innern den Charakter der pfadlosen Wildnis völlig bewahrt. Die Bodenformation ist dieselbe wie in der eigentlichen Gobi: Zwischen wellenartigen, mit Steinschutt bedeckten Höhenzügen liegen lehmige Täler oder Kiesebenen, während größere Sandflächen selten sind. Die Sträucher und Gräser in den Niederungen schießen im Frühjahr nach der Schneeschmelze in wenigen Wochen so üppig hoch, daß das Getier der Wüste, im Winter an das Fasten gewöhnt, überreichlich Nahrung findet.
Wir hatten von diesem Getier in den verflossenen fünf Tagen freilich wenig gesehen – außer Murmeltieren, Pfeifhasen, und Spitzmäusen und den sehr zahlreichen Fasanen nur ein paar Hirsche und einen kleinen Trupp Targans, Wildpferde. Den Dörfern und Zeltlagern waren wir in weitem Bogen ausgewichen, denn wir fürchteten auf Schritt und Tritt Verrat. Wir wußten hinter uns eine Schar von Reitern, und wir waren nur unser vier, und Wrangel, der Hund, dazu vier Reitpferde. Tschanli und die beiden anderen Chinesen hatten wir schon vor der Stadt Chabarowsk abgelohnt, hatten ihnen den Schoner geschenkt und waren weiter unangefochten mit der Bahn über Wladiwostok nach Charbin gelangt. In diesem internationalen Gaunernest, das mehr Spielhöllen und Freudenhäuser beherbergt,