Название | Science-Fiction-Romane: 33 Titel in einem Buch |
---|---|
Автор произведения | Walther Kabel |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9788075835246 |
„Ohne Laterne er gehen, Mussu?“
„Er ist blind, Achi.“
„Blind?!“
„Hilf mir … Herunter mit dem Sargdeckel hier …“
Die Zinkkisten wogen jede vielleicht anderthalb Zentner. Wir beförderten sie ins Freie, ganz nach Dobbers Befehl, und sie rutschten an der Außenmauer entlang auf einen sandigen Abhang, kollerten unbeschädigt weiter und wurden vom nachrieselnden Sande bedeckt.
Die Spieler im großen Zimmer hörten wir lediglich brüllen und toben. Sehr friedlich schien es bei dieser Spielpartie um ein Weib nicht herzugehen.
Ich führte Achi nach oben; wir schoben in dem Zimmer die Bastmatten weg, die Löcher im Fußboden waren trichterförmig, und die Aussicht nach unten zeigte ein wüstes Bild.
Achi sagte halblaut: „Old Dobber von hier wohl sehr oft die Schurken beobachten …“
„Belauschen,“ verbesserte ich.
„Beobachten,“ beharrte Achi. „Er nicht sein blind, Mussu Olaf …“
„So?!“ Aber mein zweifelnder Einwurf klang nicht sehr überzeugt. Ich hatte mir selbst bereits so meine eigenen Gedanken über Old Dobbers angeblich gestörte Sehnerven gemacht. Dobber hatte über Arthur Bensons Aufzeichnungen erstaunlich gut Bescheid gewußt, – dabei war es ausgeschlossen, daß etwa Armand oder ein anderer der zwölf ihm das Tagebuch vorgelesen hatten. Sie würden sich gehütet haben, ihn in die romantische und tragische Vergangenheit dieses Hauses und seiner ersten Bewohner einzuweihen.
Old Dobber hatte das Heft selbst gelesen. Vieles war nun erklärt, was anfänglich so widerspruchsvoll erschienen war. Schon sein Verhalten auf dem Turm bei der ersten Begegnung hätte mich stutzig machen müssen, nachher erst recht seine Blicke im Laufe der Unterhaltung in der Küche. Gewiß, mir waren Zweifel aufgestiegen. Manch einer, dem man irgendwie das Augenlicht völlig geraubt zu haben glaubte, gewann es wenigstens insoweit zurück, daß er seine Umgebung wie durch Schleier schaute. Mir waren solche Fälle, bei denen die Natur sich selbst geholfen hatte, besonders von Verbrennungen durch Stichflammen her bekannt. Mir war ebenso bekannt, daß man in gewissen Ländern früher Weidetieren das Entweichen und Umherirren durch chemische Mittel, eben durch ein halbes Blenden, zu verleiden suchte. Bösartige Bullen, die man als hervorragende Zuchttiere nicht töten mochte, erhielten nicht das sprichwörtlich vielgenannte Brett vor den Kopf, sondern wurden von herzlosen Tierschindern derselben verabscheuenswürdigen Behandlung unterzogen. Der Mensch ist noch immer die schlimmste Bestie gewesen. Nur der Mensch folterte seinesgleichen auf raffinierteste Art und legte diese Torturen sogar gesetzlich fest, – nur der Mensch verbrannte Menschen bei lebendigem Leibe auf dem Scheiterhaufen.
Jedenfalls: Old Dobber konnte zumindest so viel sehen, daß er Schriftstücke zu entziffern vermochte. Mit dieser unzweideutigen Feststellung gewannen auch seine Bemerkungen über seine Vorbereitungen zu einer endgültigen Abrechnung erhöhte Bedeutung, mit dieser Feststellung war auch meine Sorge, die Dinge hier könnten einen für die Gefangenen und uns selbst ungünstigen Verlauf nehmen, überflüssig geworden.
Achi, drei Schritt rechts von mir wie ich auf dem Bauche liegend und hinabspähend auf den Tisch der Spieler, wiederholte nachdrücklich: „Er sein nicht blind, alte Mann … Er mich ansehen in Keller, und in Augen von ihm sein nichts Totes, – ihr das nennen „Ausdruck“, Mussu.“
„Erledigt, mein Junge,“ nickte ich nur. „Er kann sehen, ich weiß es jetzt …“
Die Stimmen zu dämpfen war unnötig, denn die neun edlen Gesellen dort unten machten einen Höllenlärm. Auf zwei neben den Spieltisch gerückten Bänken waren Batterien von Flaschen aufgebaut. – Sie spielten um hohe Summen und auch um Daisy, die Karten klatschten auf den Tisch, stiere Augen verfolgten das Abziehen der Karten, Flüche begleiteten die Fehlschläge.
Eine widerliche Runde, – noch abstoßender, weil sie alle äußerlich die Gentlemen markierten durch tadellose Sportanzüge und gepflegte Hände und Brillantringe, deren Steine wahrscheinlich von Old Dobbers Gold bezahlt waren.
Das waren also die Nutznießer der Millionen des reichsten Mannes der Nordküste! Und das da war Armand Dobber, – sie schrien ihn oft genug an und lachten gröhlend, da er offenbar dauernd verlor. Sein dünnes, fahles Haar, sein schwammiges Gesicht, die dicken Tränensäcke unter den wässerigen Augen und die roten Flecken um die verfärbte Nase: Ein Säufer, ein hemmungsloser Wüstling!
Achi nannte mir die Namen der anderen, die ihm bekannt. Da waren zwei darunter mit vornehmen, müden, hochmütigen, kalten Gesichtern: Söhne Old Englands, von ihren Familien hierher ins Exil geschickt, Farmaufseher jetzt …
Da war der Advokat, ein vertrockneter alter Bursche mit Hornbrille, eine Eulenvisage mit hochgezogenen Mundwinkeln, in denen der Hohn eines brutalen, gemeinen Geistes kicherte.
Da war ein rothaariger Irländer mit einem Eimerschädel und einer blutigblauen Schnittnarbe über der fliehenden Stirn: Ein Arzt, erklärte Achi.
Jeder der Runde ein Typ! – Abschaum eines Landes, das nur wenig wahrhaft kultivierte Gebiete kennt: Queensland, Neu-Süd-Wales und Viktoria, den Küstenstrich im Osten, wo die Gebirgszüge die öden Sandstrecken durchbrechen.
… Sie spielten Baccarat. Sie waren sämtlich vom Spielteufel besessen. Der Alkohol wusch die dünne Politur immer mehr weg. Unflätige Scherze prasselten auf Armand herab, der immer neue Banknoten hervorholte …
In all diesen frechen, gierigen, gemeinen Augen blinkte das Mißtrauen. Keiner traute dem anderen: Verbrecher, schlechter als Verbrecher!
Der Ekel quoll mir hoch.
Zitternde Hände vergossen die Weine, den Whisky … Taschentücher fegten die Schweißperlen von beperlten, starren Gesichtern …
Arthur Bensons Lepraheim barg eine Rotte Tollhäusler.
Und – es ging um Daisy!
Immer wieder flackerte ihr Name in häßlichen Redensarten auf, immer wieder ergoß sich der Hohn über den verliebten Säufer Armand, der bereits glasige Augen und die krebsrote Farbe überhitzten Blutes bekam.
In der offenen Tür nach dem Flur hin erschien die aufrechte würdige Gestalt Old Dobbers.
Es wurde totenstill.
14. Kapitel
Armand schöpft Gold
Old Dobber hatte seinen schäbigen Anzug abgelegt. Er trug einen gelblichen Reitanzug, weichen Kragen, Schuhe mit Schnallgamaschen und Sporen, – er trug in jeder Hand eine Pistole. Er stand in der Tür, und ein Blick zeigte mir, daß die milchige Schicht über seinen Augen verschwunden war.
Diese braunen, nadelscharfen Augen lähmten die Banditen. Sie stierten ihr Opfer entgeistert an, sie verfärbten sich langsam …
Dobbers Pistolen wurden wagerecht gehalten. Aus den Mündungen konnten jeden Moment die Feuerstrahlen aufzucken.
„Nun habe ich euch,“ sagte er unheimlich ruhig. „Seit einem Jahr warte ich auf diese Stunde, seit einem Jahr hat Gott mir das Augenlicht wiedergegeben. Ihr wißt, Old Dobber schießt das As aus der Karte auch mit der Linken, und eure Köpfe sind größer und nicht As, sondern Aas. Aasgeier seid ihr alle. Hände hoch!“
Und drohender:
„Hände hoch!!“
Dann knallte es. Der Doktor mit dem Eimerschädel hatte zu lange gezaudert, sein Eimer hatte ein Loch, und er rutschte vom Stuhl unter den Tisch.
Die Seitentür öffnete sich, und Percy Dobbers braunes Gesicht lugte herein.
„Du gestattest, Onkel … Du hast uns zwar unter der Bedingung die Fesseln abgenommen, uns nicht einzumischen. Aber zuschauen möchten wir …“ Sein