Science-Fiction-Romane: 33 Titel in einem Buch. Walther Kabel

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Название Science-Fiction-Romane: 33 Titel in einem Buch
Автор произведения Walther Kabel
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9788075835246



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Rausch heißer Küsse so grausam durch eine brutale Stimme zerstört worden.

      Die Dunkelheit war noch drückender als vorhin, – der Mond war verschwunden, – eine fahle Wolkenwand, verschleiert beleuchtet durch das Nachtgestirn, lauerte im Westen über den unsichtbaren geheimnisvollen Höhen.

      So näherten wir uns, zwei gleitende Schatten, dem großen Pilzfelsen. Stimmen erklangen aus drohender Finsternis, das Lagerfeuer des Liebespaares war gelöscht, phantastisch hoben sich die Konturen der grasenden Gäule gegen die Wolkenschicht ab. Die Stimmen erklangen aus allen Richtungen, die Leute riefen sich zu, – – suchten nach uns, die man gerade hier nicht vermutete.

      Achi raunt mir ein paar Worte zu …

      Sein Plan ist kühn …

      Sein Plan ist trotzdem der einzige, der uns ein Übergewicht über Austin Gorrands Bande verschaffen kann. Haben wir alle Pferde, ist Austin lahm gelegt. Ohne Pferde ist diese Wildnis die Hölle, die keinen Verdammten mehr herausgibt.

      Achi übernimmt die schwierige Aufgabe ganz allein. Sein dunkles Gesicht ist weniger verräterisch als mein nur gebräuntes. Ich schmiege mich tiefer in die dürren Gräser, und meine Ohren lauschen gierig den Geräuschen der Nacht, dem Stampfen der Pferde, dem erbosten Schnauben irgendeines unverträglichen Tieres, das als Eigenbrödler fremde Gesellschaft nicht liebt und auskeilt und Verwirrung hervorruft. Ein tiefer Baß fluchte mit erheblichem Stimmaufwand, – von links kommt Austins Stimme messerscharf und erregt: „Zündet die Laternen an! Der Kerl ist mit dem Satan im Bunde!“

      Ein klingendes Lachen folgte, – unbegreiflich den ganzen Umständen nach. Daisy Mallingrott lachte den jungen Gorrand zweifellos aus. „Sie hätten etwas vorsichtiger sein sollen, Freund Austin! Percy Dobber fangen ist nicht so ganz leicht … Wenn Sie ihn schon fesselten, hätten Sie nicht gerade die Stricke brauchen sollen, die so bequem zur Hand lagen. Vielleicht hat jemand noch schnell diese Stricke etwas eingekerbt, Austin Gorrand, und vielleicht war ich dies, die nicht ganz unerfahren ist, gewisse Leute zu foppen!“

      Ich hob den Kopf ein wenig. Laternenlicht blitzte trübe an drei Stellen, ward heller, kämpfte gegen nächtliches Dunkel zwecklos an. Gestalten glitten wie Spukgebilde vorüber, und abermals Gorrands metallische Stimme: „Immerhin, wir haben Sie, Miß Mallingrott, und wir …“

      Wie ein seltsamer Spuk jagt eine Schar von Pferden unter dumpfen Geräuschen gen Osten. Die dicht zusammengedrängten Tiere erscheinen wie eine einzige feste Masse, wie ein Ungeheuer der Vorzeit, das mit zahllosen Beinen und Köpfen in der Finsternis davonrast, – Pferde ohne Reiter, Pferde, behängt mit klapperndem Lagergerät, mit Kesseln Pfannen, Flaschen und Zinntellern …

      Hinterdrein erklingen die ohnmächtigen Verwünschungen der Gorrand-Leute und das silberne, freudige Hohngelächter Daisy Mallingrotts.

      Langsam schiebt sich der Mond wieder hinter der Wolkenwand hervor. Gleich einem fein ausgeklügelten Beleuchtungseffekt auf einer modernen Bühne oder im Filmatelier wuchs das milde Licht ganz allmählich und zeigt mir ein paar Männer, die wie besessen hinter den Tieren herrennen, so nutzlos dieser Versuch, sie einzuholen, auch sein mag. Sie rennen trotzdem, sie sind in diesem Augenblick nichts als gedankenlose Puppen, nichts als tote und doch bewegliche Metallstückchen, die ein Magnet über eine glatte Fläche hinter sich her zieht. Gorrand brüllt den Narren, die da als Opfer einer reinen Reflexbewegung sich abmühen, unhöfliche Grobheiten nach …

      Daisy lacht.

      Hurtig schiebe ich mich rückwärts …

      Ich bin nicht schadenfroh genug, Daisys Lachen zu billigen. So, wie die Dinge jetzt liegen, wird das rotbraune Mädel kaum zart behandelt werden. Vielleicht ist es besser, ich harre hier noch aus. Ich werde nachher meinen Achi schon finden … Er hat mir genau angegeben, wo wir uns treffen sollen, er wird einen großen Bogen nach Süden reiten und dann wieder nach Westen einbiegen.

      Diese Lehmpilze – in der Sahara, in Südarabien trifft man ähnliche Gebilde aus festem Gestein an – mit ihrer rauhen, unebenen Oberfläche sind vielleicht gute Verstecke. Sie wachsen stellenweise so dicht nebeneinander aus dem Boden, daß die kleineren eine Brücke zu den Riesenexemplaren bilden. – Ich beeile mich. Ich liege oben in einer Mulde solch eines Lehmgewächses, und vor mir scharen sich die Gorrand-Leute um Daisys Zeltbau zusammen. Austin und das Mädchen werden zum Mittelpunkt einer erregten Auseinandersetzung … Beide stehen sich gegenüber, Austin ist der irrigen Meinung, daß Percy Dobber die Gäule entführte, und seine Stimme dringt zwar hart bis zu mir empor, verrät jedoch nicht mehr die überlegene Schärfe des Siegers.

      Hin und her fliegt Rede und Gegenrede, – Daisys Haltung ist die eines Weibes, das diplomatische Höflichkeit mit dem Selbstbewußtsein einer Frau verbindet, die für eine gerechte Sache kämpft. Ihre ranke, schlanke Gestalt, umflossen vom weichen Lichte des Nachtgestirns, zeigt die ebenmäßigen Linien der Kinder dieses von der Natur zumeist so stiefmütterlich behandelten Kontinents, der dennoch gerade in der großartigen Eintönigkeit seiner unermeßlichen Einöden den Zauber der Weltenferne mit der urwüchsigen Kraft, starke Charaktere hervorzubringen, aufs glücklichste vereint. Die gesegneten Fluren anderer Länder, die mühelos Ernte und Nahrung und Erwerb den Bewohnern bescheren, schafft weichliche, phantasievolle, besinnlich-melancholische Menschen, – Indien, Ostindien, überhaupt die Tropen sind eindrucksvolles Beispiel hierfür. –

      Austin Gorrand und seine Begleiter, abgeblitzte Verehrer eines rassigen Mädels, das sich im Sattel behaglicher fühlt als im häuslichen Sessel, läßt Daisys Worte gesenkten Hauptes über sich hingehen. Was sie spricht, ist eine berechtigte Anklagerede gegen diese Männer, denen die Liebe oder der Trieb die Sinne umnebelt hat. Was sie spricht, ist gleichzeitig scharfe Abrechnung mit Armand Dobbers niederträchtigen Ränken.

      „… Trauen Sie es mir zu, Freund Austin – denn es gab eine Zeit, in der Sie sich mein Freund nannten –, einen Mörder zu schützen?!“

      Ihre schmale braune Hand, die sonst den Wildleder-Stulpenhandschuh trägt, liegt auf seiner Schulter.

      „Austin, ihr alle hier, das weiß ich, seid Armand Dobbers Feinde … Ihr verachtet ihn … Ihr seid viel zu impulsiv-ehrliche Naturen, als daß ihr etwas mit diesem Schleicher und Wüstling und weibischen Burschen zu schaffen haben möchtet. Armand verdient eure Abneigung, niemals Percy! Percy gehört mit zu euch, Percy ist gesund an Seele und Leib – wie ihr im Grunde auch! Percy würde euch jederzeit die Hand zu aufrichtigem Bunde reichen. Ich werde versuchen, euch die Pferde zurückzubringen. Dann reitet heim, Austin, und laßt mich ungestört den Kampf für Wahrheit und Recht zu Ende führen. Ich kenne euch alle … Eure Abenteuerlust ist die Haupttriebfeder eurer Versuche, mir zu schaden. Ihr seid nicht schlecht. Dieses Land, das die seltsamsten Geschöpfe der Erde birgt, versenkt das Hirn und trübt den Blick. – Werden Sie wieder mein Freund, Austin, wie in besseren Tagen, als wir und viele andere mit uns Strauße und Känguruhs jagten und ich wahrhaftig nicht aus spielerischer Gefallsucht zu euch nett und lieb war. Ihr habt mein Benehmen falsch gedeutet. Wir waren gute Kameraden, und ihr alle hättet merken müssen, daß ich euch mehr übermütige Schwester als sonst irgend etwas sein wollte.“

      Ihre Hand glitt an Austins Ärmel entlang und umschmiegte seine Finger.

      Er hob den Kopf und lachte frei. „Wir waren Narren, Daisy, und – nebenbei waren wir Halunken …! Pfui Teufel, – wir alle haben drüben in Old England gelernt, was ein Gentleman ist! Wir haben die Jahre in Oxford und Cambridge schnell vergessen! Daisy, Mädel, – die Kopfwäsche tat uns not! Einen Spiegel haben Sie uns vorgehalten und eine helle Kerze dazu, damit wir unsere wilden Fratzen einmal im rechten Lichte schauten! Dank Ihnen, Daisy! Und – verzeihen Sie uns!“

      „Wie gern!!“ Jedem gab sie die Hand, für jeden fand sie noch ein herzliches Wort.

      Das Gewölk im Westen hatte sich verzogen. Das Heer der Sterne blinkte und funkelte, und klar und scharf umrissen stand der Mond am nächtlichen Firmament.

      „Dort!!“

      Daisy streckte den Arm aus. „Seht, – dort das weiße Känguruh …!! Nicht schießen …!! Mag es euch Symbol sein des Beginns besserer Zeiten zwischen uns allen!“

      Auch