Название | Science-Fiction-Romane: 33 Titel in einem Buch |
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Автор произведения | Walther Kabel |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9788075835246 |
Armer Mallingrott! Er hatte es bisher nur mit dem Gesindel der Goldfelder von Mac Arthur zu tun gehabt, und bei denen kam es meist nur darauf an, wer die Pistole zuerst hoch hatte.
Ich war mit einem Satz kopfüber im Weiher verschwunden, und der andere Satz des armen Mallingrott blieb unvollendet.
2. Kapitel
Die rotbraune Wildkatze
„Du bist eine Perle,“ sagte ich zu dem kleinen Propheten.
Maleachi strahlte. Seine Gazellenaugen verrieten mehr als Worte. Mein Boy war kein Schwätzer.
„Ich nur ihre Pferde sehen, Mussu. Das genügen.“
Unsere Pferde jagten gen Südwest zwischen den Stacheldrahthürden dahin. Und unsere Gäule kamen frisch aus dem Stall, und Mallingrott und die Seinen hatten einen Tagesritt hinter sich.
Wenn der Kolonel gewußt hätte, daß der von Bell Dingo angelegte Weiher einen gemauerten unterirdischen Zu- und Abfluß hatte und daß dieser Zuflußtunnel einen Menschen bequem durchließ und im Parke am Westzaun mit dem Bache in Verbindung stand, würde er Patronen, Zeit und Flüche gespart haben. – Meine Flucht war so einfach wie nur irgendmöglich gewesen. Meine Flucht vor einem Jahre aus dem staatlichen Freiquartier hatte ihre Schwierigkeiten gehabt. Da waren nur zwei Drähte einer Starkstromleitung gewesen, und Seiltänzer spielen ist nicht jedermanns Sache.
„Es wird eine Weile dauern, bevor sie merken, daß du mich mit den Pferden erwartet hast, mein lieber Achi,“ – und ich drückte ihm nochmals die Hand, die recht klebrig war. „Was hast du denn da in die Satteltaschen in aller Eile hineingestopft?“ fügte ich mit einigem Mißtrauen hinzu.
Der Mond schien ihm in das stets schweißglänzende Gesicht … „Oh Mussu, was ich gerade zu packen bekommen …“
„Ein Honigglas scheint auch dabei gewesen zu sein …“
„Vielleicht,“ erklärte er diplomatisch.
„Und Waffen?“
„Dazu keine Zeit, Mussu, leider …“
„Allerdings – leider!! Du bist eine Japanperle, Freund Achi, die sind nämlich billiger …“
Er schwieg. Er schwieg immer, wenn er Ausflüchte für überflüssig hielt. Nur das Schuldgefühl machte ihn beredt, – wie das den meisten Menschen eigentümlich ist.
Ich schaute rückwärts. Das fruchtbare Tal der Farm lag längst hinter uns. Die leeren Hürden wurden seltener. Vor vielen Jahren hatten hier tausende von Schafherden geweidet. Dann hatte ein gewissenloser Schurke die Drehseuche hier mit kalter Berechnung verbreitet und die Tiere waren elend krepiert und der Boden mit Bazillen durchseucht: Die Farm war wertlos geworden, Graf Ruxa erschoß sich, und seine Gattin siechte vor Kummer dahin. Zwei Töchter blieben arm und ohne Freunde zurück. Ein Neger nahm sich ihrer an, und das war Bell Dingo, mein schwarzer Kamerad für aufregende Tage. Damals hatte ich noch ein schwimmendes Heim, damals ruhte meine künstliche Insel noch nicht mit Paloma Ruxa und ihrem Geliebten auf dem Meeresgrunde … Damals, als ich Kolonel Mallingrott kennen lernte, war mein Herz noch belastet mit der unklaren Sehnsucht, die Ethel Ruxa galt, aber Ethel mit den ernsten, wissenden Augen eines jungen Weibes von seelischem Gehalt liebte nur den einen Mann, der ihr allzeit Treue bewahrt hatte …
Ich schaute rückwärts, und für Sekunden kehrte auch mein Denken in die jüngste Vergangenheit zurück … Für Sekunden! Wer erst die Kunst erlernt hat, schnell vergessen zu können, ist Herr seiner selbst. Nur die Schwachen hängen an Erinnerungen: Der Starke ist am mächtigsten allein, – ohne jeden Ballast von Sentimentalität. Wem das Blut gesund durch die Adern kreist, wer das liebt, was der eng begrenzte Raum eigenem Wohlbehagen bietet, wer mit einem Wort fertig ist mit den Kindermärchen der Selbstlosigkeit, Opferwilligkeit und Hilfsbereitschaft, wird – – vielleicht des Daseins lockende Gipfel erklimmen, jeder nach seinem Geschmack. Mir ist der beißende Schweißgeruch eines heißen Pferdes lieber als das zarte Parfüm einer Seelenfreundin, und ein farbiges Gesicht gilt mir mehr als die verdächtige Phrasenfertigkeit eines „teuren guten Bekannten“. Mann sein ist alles. Mann werden ein Dornenpfad.
– – Maleachi preschte vor mir her. Er kannte den Durchschlupf durch die Zäune besser. Er war hier aufgewachsen, nachdem er drei Jahre „Mission“ hinter sich hatte. Er hing auf seinem Rotfuchs wie ein Sonntagsreiter, aber das Hindernis, vor dem Freund Achi zurückschreckte, mußte erst gesucht werden. Er ritt wie der Teufel, er klebte am Gaul wie eine Zecke am Hunde. Je rasender das Tempo, desto nachlässiger sein Sitz und seine Haltung.
Ein singender Ton neben mir deutete den ersten Schuß an, den die Verfolger sich leisteten. Also hatten sie uns doch aufgespürt. Der Kolonel würde uns kaum schonen. Daß ich ihm vor dem Sprung ins Wasser die Pistole aus der Hand geschlagen hatte, mußte ihn arg verschnupft haben, und daß ich ihn dann noch seinen Leuten vor die Füße warf, – als Kugelfang, hatte ihn mir zum Todfeind gemacht. Mallingrott gehörte zu denen, die nicht großherzig genug sind, eine Notlage anzuerkennen und deren zwangsläufige Folgen zu entschuldigen.
Achi hatte den Kopf gedreht. „Mussu, sehr schlecht das sein, unsere weißen Anzüge …“ rief er zähnefletschend. Dann warf er sein Pferd herum und bog in eine Hürde ein, übersprang den Zaun und lenkte hinter eine Reihe junger Kasuarinenstengel. Das Gelände senkte sich hier, und bald nahm uns ein weites Buschfeld auf. – Achi schonte seinen Gaul. „Trab, Mussu, Trab …!!“ – Auf dem Grunde der Mulde gab es Steingeröll und Strecken sandfreien Felsbodens. Ein Trupp Känguruhs ging flüchtig davon. Die grotesken Sprünge der Riesenbeuteltiere reizten mich immer wieder zum Lachen. Abermals schwenkte Achi nach links ein, und jetzt wurde mir das Gelände bekannter. Hier in der Nähe mußte das Holzkreuz gestanden haben, das Dingo und ich verbrannt hatten. Lord Battinghams Skelett ruhte nun in einem neuen Sarge im Ruxa-Mausoleum, obwohl dieser Mann es gewesen, der den Drehwurm auf die Murray-Farm verpflanzt hatte.
Wir hatten die Farm nach Westen zu umritten und erreichten den Nordzaun des Parkes. Achi glitt aus dem Sattel und warf mir die Zügel zu.
„Mussu, wenn ich nicht sein in zehn Minuten zurück, du allein weiter nach Walhallow. Du nachts gehen zu Storebesitzer Ben, – das sein Mischling und Freund von Bell Dingo und treu. Er dich werden bewaffnen, – er nur haben alte Flinten … Ich holen jetzt neue Waffen …“
Weg war er …
Dieser schwarze Jüngling hätte so manchem weißen Machthaber als Beispiel dienen können. Handeln war bei Achi das Wichtigste, Reden und langatmige Erklärungen haßte er. Zuweilen war es schwer, sich in seine sprunghaften Gedankengänge hineinzufinden.
Ich band die Pferde fest und schritt auf unserer Spur eine Strecke rückwärts, bis ich freies Blickfeld hatte. An eine Buche gelehnt, deren Blätter im Mondlicht unwahrscheinlich violett schimmerten, überschaute ich die große Lichtung. Neben mir flitzten Wildkaninchen durch die Sträucher, und ein Jungtier machte vor mir Männchen und äugte mich neugierig an. – Es hat eine Zeit gegeben, in der die Existenz der großen Farmen in Australien durch die Kaninchen schwer bedroht war. Man ging ihnen mit Feuer, Fallen, Gift zu Leibe, aber erst Doktor Godfroys Kaninchengiftserum mähte diese hunderttausende von allzu fruchtbaren Wildlingen in einem halben Jahre nieder: Die Kaninchenplage war vorüber.
Achi kam nicht. Meine Uhr zeigte zwei Minuten über die vereinbarte Frist. Sollte ich allein gen Walhallow?!
Von Kolonel Mallingrott war nichts zu spüren. Der harte Boden hatte unsere Fährten verwischt.
Es erging mir wie vorhin am Weiher. Eine Hand legte sich leicht auf meine Schulter, – ich fuhr herum und packte zu, und mein Lehrmeister Coy Cala wäre mit mir zufrieden gewesen.
Mit beiden Händen hatte ich zugepackt, und die junge Dame im Cordreiteranzug ließ unter meinem brutalen Griff die Pistole fallen.
Es war Daisy Mallingrott. –