Walther Kabel-Krimis: Ãœber 100 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band. Walther Kabel

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Название Walther Kabel-Krimis: Ãœber 100 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band
Автор произведения Walther Kabel
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9788075831101



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Zitrone vernichtet man nicht! Daher waren Sie es auch, der so schnell erkannte, daß der verrückte Tänzer im Vorstandszimmer, den Lossen durch das Schlüsselloch beobachtet hatte, ein Erhängter war, daher fanden Sie sich nach vorher genau berechneter Zeit gerade ein, als Maletta noch lebend abgeschnitten werden konnte. Und Sie waren es, der sich die äußerste Mühe gab, den Chemiker zu retten, Sie sprengten die Tür auf, Sie stellten Wiederbelebungsversuche an und so weiter, – denn Maletta durfte ja nicht sterben! – Inzwischen war Weinreich auf demselben Wege längst wieder in seine Dachkammer zurückgekehrt.“

      Hier machte Schippel eine Pause. Dann …:

      „Soll ich Ihnen nun das Geständnis Weinreichs vorhalten, oder wollen Sie selbst …“

      Ein unnatürlich klingendes Auflachen Bellingers schnitt ihm das Wort ab.

      „Nur los – nur los!“ sagte der Assessor heiser. „Ich höre gern Märchen.“

      Das, was Schippel jetzt sprach, war keineswegs seine wirkliche Überzeugung. Er wollte Bellinger nur zum Widerspruch reizen.

      „Weinreich hat folgendes ausgesagt“, begann er, jeden Satz genau abwägend. „Der Verdacht, Maletta aufgeknüpft zu haben, konnte – und das hatten Sie schon so eingerichtet – gar nicht auf Sie fallen, da Sie ja in der fraglichen Zeit stets mit anderen Klubmitgliedern zusammengewesen waren. Trotzdem war Ihnen Scharfer unbequem geworden. Sie hatten ihn doch damit beauftragt, Maletta in das Vorstandszimmer zu bestellen, und obwohl Sie ihn um Diskretion gebeten hatten, konnte eine unglückliche Verkettung von Umständen doch einen Verdacht gegen Sie hinsichtlich der Hängegeschichte aufkommen lassen, wenn Scharfer eben plauderte. Und das durfte nicht sein. Aus diesem Grunde sind Sie ihm heimlich auf der Straße gefolgt, stießen ihn nieder und begaben sich dann zu Weinreich in die Dachkammer des Nebenhauses, wo Sie dem Professor mitteilten, was soeben geschehen war. Weinreich machte Ihnen die bittersten Vorwürfe, so voreilig einen Mord auf Ihr Gewissen geladen zu haben, und es kam …“

      „Genug – genug!“ kreischte Bellinger plötzlich dazwischen. „Ich sehe ein: ich habe verspielt! Aber nicht ich war’s, der Scharfer abschlachtete, sondern der Professor! – Jetzt sollen Sie die Wahrheit hören! Und ich besitze auch die Beweise, daß der Professor der Mörder ist …“

      17. Kapitel

       Der hüpfende Teufel springt auf Schwarz

       Inhaltsverzeichnis

      Schippel triumphierte innerlich. Nur fürchtete er gleichzeitig, Weinreich könnte alles verderben und womöglich aus seinem Versteck hervorstürzen, um durch sein Erscheinen Bellinger den Mund zu schließen.

      Aber diese Sorge erwies sich als überflüssig. Der Professor rührte sich nicht.

      Bellinger wischte sich erst den Schweiß von der Stirn, bat um ein Glas Wasser, trank es gierig aus und sagte dann mit jener Ruhe, die nervenstarken Naturen eigen ist, wenn sie sich mit etwas Unabwendbarem abgefunden haben.

      Und Bellinger spielte jetzt nicht nur den völlig Gefaßten. Er war es auch wirklich. Er hatte das gewagte Spiel verloren, das er so lange Zeit betrieben. Nun wollte er nicht zuletzt noch den Eindruck eines großangelegten Verbrechergenies durch weibische Angst verwischen.

      „Weinreich hat Scharfer ermordet. Und das kam so“, begann er ruhig und überlegt. „Dem Professor erschienen der deutliche Wink, den wir Maletta in dem Vorstandszimmer gegeben hatten, doch lieber mit den 100 000 Mark unsere Wünsche zu befriedigen als sich nochmals einer so verflucht ernsten Gefahr auszusetzen, noch nicht genug. Ohne mich zu fragen lauerte er, nicht ich, dem Chemiker auf. Er ahnte nicht, daß Maletta längst daheim war, wußte nicht, daß ein Zufall Scharfer zwang, in Malettas Mantel und Hut nach Hause zu wandern. Als er von rückwärts seiner Ansicht nach den Chemiker mit dem Dolch traf, war es eben der Falsche, der den Stich erhielt. Und dabei passierte dem guten Weinreich noch ein zweites kleines Malheur: er hatte den Stoß schlecht berechnet, wollte Maletta nur den Arm zur Warnung ritzen und … traf das Herz! – Zum Beweis, daß der Professor den Mord – wenn auch unabsichtlich! – verübt hat, brauche ich wohl nur anzuführen, daß er in jenem Hause, in dessen Müllkasten die Leiche gefunden wurde, vor einem Jahre in der zweiten Etage mit seiner Familie gewohnt hat und noch den Hausschlüssel besaß. Dicht vor der Tür dieses Gebäudes geschah das Verbrechen, und Weinreich war es bei seiner für einen Musikprofessor wirklich außergewöhnlichen Körperkraft ein leichtes, den Toten sofort in den Müllkasten zu tragen. In seiner Aufregung hat er dabei gar nicht einmal gemerkt, daß der Unrichtige hatte daran glauben müssen. Erst als wir dann in der Dachkammer uns gleich darauf wiedersahen, und als er mir erzählte, welches Pech er gehabt hätte, da der Stoß nur allzuschlecht berechnet gewesen wäre, öffnete ich ihm die Augen, sagte ihm, daß Maletta im Auto nach Hause gefahren sei, er also den Falschen getötet hätte. Und ich war es, der ihm Vorwürfe machte, nicht er mir. – So verhält sich die Geschichte.“

      Hinter dem Aktenständer rührte sich noch immer nichts. Schippel bewunderte Weinreichs Geduld. Er hatte eigentlich erwartet, der Professor würde dem Verräter an die Kehle springen.

      Schippel lächelte jetzt auch den Assessor sehr, sehr ironisch an.

      „Sie sind der größte Schurke, der mir je vorgekommen ist“, sagte er. „Ja, Sie, Herr Cesar Bellinger!! – Warum, das will ich Ihnen sofort erklären. Sie haben in den Zeitungen den Bericht über Scharfers Ermordung gelesen. Nun – dieser Bericht war den Redaktionen von der Polizei absichtlich unvollständig zugegangen. Der Kommerzienrat hat tatsächlich nur einen Stich in den linken Arm erhalten. Aber das Dolchmesser, das dort auf dem Tische liegt, ist … vergiftet. – Weshalb werden Sie plötzlich so grüngelb im Gesicht, Herr Cesar Bellinger? – Hm, Sie haben recht, – diese Neuigkeit ist für Sie nicht gerade angenehm. – Nun will ich Ihnen vortragen, wie Scharfer ermordet wurde. Und diese Lesart ist denn doch etwas anders als die Ihrige. – Nach dem Vorfall im Vorstandszimmer begaben Sie sich sofort ins Nebenhaus in die Dachkammer. Dort war Weinreich noch anwesend. Und dort bewahrten Sie beide auch das Dolchmesser auf. Dieses haben Sie, während Sie dem Professor auseinandersetzten, daß es nötig sei, in derselben Nacht Maletta noch eine zweite nachdrückliche Warnung zukommen zu lassen, wobei Sie absichtlich verschwiegen, daß Maletta bereits daheim war und zwar mit des Kommerzienrats Hut und Paletot, mit einem sehr schnell wirkenden Gifte bestrichen. Weinreich merkte nichts davon. Er ging auch auf Ihren Vorschlag ein, den Chemiker nochmals sanft an die Hergabe der Hunderttausend zu erinnern, steckte das Dolchmesser zu sich und wartete auf der Straße auf Maletta. Vorher hatten Sie schon in der Garderobe des Klubs festgestellt, daß Baron Blendel dem Chemiker die falschen Sachen gereicht hatte. Jedes der Mitglieder hat ja seinen durch eine Visitenkarte gekennzeichneten Kleiderhaken. Und Sie haben auch fraglos Malettas sehr auffälligen Mantel und Hut auf den Haken Scharfers gehängt, damit der Kommerzienrat auch ja diese Sachen mitnehmen mußte. – Ihr in Wahrheit teuflischer Plan gelang. Weinreich folgte Scharfer, glaubte Maletta vor sich zu haben, stieß von hinten zu, traf den Arm und flüchtete schnell, – wahrscheinlich in das Haus, zu dem er noch den Schlüssel von früher her besaß. Nach einiger Zeit wagte er sich dann wieder auf die Straße, sah eine regungslose Gestalt an der Stelle oder doch in der Nähe liegen, wo der Überfall stattgefunden hatte, ahnte Böses, kam hinzu, sah, daß sein Opfer tot war und schleppte die Leiche in jenes Haus in den Müllkasten. – Mit einem Wort: Sie, Cesar Bellinger, haben es darauf angelegt, daß Weinreich den Kommerzienrat tötete. Sie wußten, welche Folgen das Pflanzengift auf der Scheide des Dolchmessers haben mußte. Sie sind also der Mörder! Und der Professor sollte für Sie nur den Mann beseitigen, der Ihnen vielleicht gefährlich werden konnte, wie ich vorhin schon ausführte, – denselben Mann, auf den Sie unter schlauester Ausnutzung von Zufälligkeiten den Verdacht gelenkt haben, er sei der Herr mit der heiseren Stimme gewesen, – der sich als Toter auch nicht mehr verteidigen konnte! Noch mehr: Weinreich sollte auch deshalb zum Mörder werden, damit Sie ihn ganz in Ihrer Gewalt hatten, damit er zu Ihrem willenlosen Werkzeug wurde, dem Sie jederzeit mit Verrat drohen konnten …!! – Ich gebe zu, daß ich alles dies nur auf Grund von Kombinationen mir zusammengereimt habe. Aber ich wette, daß ich richtig kombinierte!“

      Da