Walther Kabel-Krimis: Ãœber 100 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band. Walther Kabel

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Название Walther Kabel-Krimis: Ãœber 100 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band
Автор произведения Walther Kabel
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9788075831101



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also von den gleißenden Diamanten erfahren haben – etwas! Wie viel – das entzog sich seiner Kenntnis.

      Fritzi Pelcherzim blickte Schippel ängstlich an.

      „Die Sache mit den Diamanten …“ wiederholte sie leise. Dann hob sie die gefalteten Hände nach Lossen hin: „Vergeben Sie mir, ich flehe Sie an …!! Ich habe ja bereut, so furchtbar bereut! Aber ich wagte nicht, die Wahrheit einzugestehen. So … wanderten Sie statt meiner ins Gefängnis! Ich war’s ja, die damals an jenem Gesellschaftsabend bei Oltendorf die Edelsteine stahl …! Ich wußte, wo sie verwahrt wurden. Charlotte Oltendorf hatte es mir anvertraut. Ich war eitel, putzte mich gern. Und mußte doch in so billigen Fähnchen umherlaufen. Schon als Kind hat jeder funkelnde Schmuck mich förmlich hypnotisiert. Stundenlang habe ich vor den Schaufenstern der Juweliergeschäfte gestanden. – An jenem Abend trug Charlotte Oltendorf Ringe, Ohrgehänge und eine Brosche, die meinen Neid, meine Gier, ähnliches zu besitzen, bis zur halben Unzurechnungsfähigkeit steigerten. Außerdem hatte ich bei Tisch Sekt getrunken. Ich befand mich in einem doppelten Rausch, als ich die Treppe emporeilte, das Schränkchen mit einem in des Rentiers Schlafzimmer unter einer Waffensammlung hängenden indischen Hauschwerte erbrach, und die vierzig Edelsteine aus dem schwarzausgeschlagenen Kasten herausnahm und zu mir steckte. Erst zu Hause kam ich zur Besinnung. Schon da packte mich die Reue. Schlaflos verbrachte ich den Rest der Nacht; ich irrte wie eine halb Wahnsinnige bis zum Nachmittag umher, sagte mir, daß nur ich als Diebin verfolgt werden würde, weil ich ja gewußt hatte, wo die Diamanten lagen. Nachmittags brachte die Zeitung schon die Nachricht von Ihrer Verhaftung, Herr Lossen. Wäre ich nicht so jämmerlich feige gewesen, so … – Doch was nützt jetzt meine Selbsterkenntnis …?! Sie Ärmster litten für mich, und ich – ich hatte nicht einmal von meinem Verbrechen einen Vorteil! Ich wagte nicht, die Steine zu veräußern, wußte auch gar nicht, wie ich das anfangen sollte. Ich hatte die Diamanten in meinem kleinen Zimmerchen versteckt, – oben auf dem Kachelofen. – Und dort werden Sie sie heute abend wohl gefunden haben“, wandte sie sich wieder an Schippel. „Denn ich nehme an, Sie waren bei uns und haben Haussuchung abgehalten. Morgens befanden sich die Steine jedenfalls noch in ihrem Versteck. Also können Sie doch nur …“

      Schippel hob abwehrend die Hand.

      „Sie irren sich, Fräulein Pelcherzim“, sagte er hastig. „Sie irren sich …!! Wenn die Diamanten morgens noch auf dem Ofen lagen, so liegen sie noch dort, und dann – dann haben Sie damals nicht die echten Steine gestohlen, sondern … Imitationen! Einen Teil der echten Steine trage ich hier in meiner Tasche bei mir.“

      Fritzi Pelcherzim starrte den Beamten ganz entgeistert an.

      „Imitationen …?! – Imitationen?! – Ja – das – das ist doch …“

      Wieder winkte Schippel ab. „Zerbrechen Sie sich nicht umsonst den Kopf. Sie werden schon noch rechtzeitig Aufklärung erhalten. Wir dürfen unsere Unterhaltung nicht zu lange ausdehnen. Andere wollen auch noch gern heran …!“ Dabei deutete er nach dem Nebenzimmer. „Ich möchte noch gern über einen Punkt mit Ihnen reden“, fuhr er nachdenklich fort. „Ob Ihr Stiefvater wohl ahnt, daß Sie damals der Versuchung unterlegen sind?“

      „Ja – er weiß es. Ich war mir hierüber jedoch bis heute mittag im unklaren. Da erst, während wir so heftig wie noch nie bisher aneinander geraten waren, flüsterte er mir zu: „Du bist eine Diebin! Du hast Oltendorfs Edelsteine gestohlen! Du wirst Scharfers Anerbieten annehmen, – – oder …!!“ – Aber ich machte diesen seinen scheinbaren Sieg schnell wett. Ich dachte daran, daß er ja mein Mitschuldiger war. Er hatte geduldet, daß ein Schuldloser verurteilt wurde. Ich wollte ihm dies auch vorhalten, als meine Mutter hinzukam und der häßlichen Szene ein Ende machte.“

      Schippel sagte jetzt leise wie zu sich selber sprechend: „So, so – er wußte es!! Recht wichtig …!“ Dann zu Fritzi Pelcherzim: „Sie dürfen nun gehen, liebes Fräulein. Aber sorgen Sie mir dafür, daß die Imitationen nicht verschwinden. Ein Beamter wird Sie bis auf die Straße geleiten.“

      Fritzi wollte noch etwas fragen. Aber Schippel führte sie schnell auf den Korridor hinaus.

      Als er wieder zurückkehrte, fand er Lossen und den Kommissar in lebhaftem Gespräch mitten im Zimmer stehen.

      Der junge Maler streckte ihm beide Hände entgegen.

      „Wie soll ich Ihnen danken, Herr Schippel“, stammelte er geradezu freudetrunken. „Ich werde Ihnen nie vergessen …“

      „Schon gut – schon gut!“ unterbrach Schippel ihn halb verlegen. „Setzen Sie sich wieder. Jetzt kommt Herr Professor Weinreich an die Reihe. Auch diese Unterhaltung wird ganz interessant werden.“ – –

      Weinreich fühlte sich offenbar sehr unbehaglich. Er schaute den kleinen Herrn unsicher an, rutschte unruhig auf seinem Stuhle hin und her und fragte schließlich, als Schippel ihn nur durchdringend fixierte, ohne das Verhör zu beginnen:

      „Wo ist denn meine Stieftochter geblieben?“

      „Die hat eine Zelle unseres Polizeigefängnisses bezogen“, erklärte Schippel. „Es tut mir leid, Ihnen eröffnen zu müssen, daß Fräulein Pelcherzim … eine Diebin ist. Sie hat soeben hier eingestanden, daß sie damals die Oltendorfschen Diamanten gestohlen hat.“

      Weinreich fiel in diese Grube auch wirklich hinein, spielte den tief geknickten, empörten Stiefvater unter einem Schwall von Phrasen und warf mit dem Ausdruck „ungeratenes Kind“ nur so herum, bis Schippel ihm mit einem energischen: „Schweigen Sie endlich, Sie Heuchler!“ das Wort abschnitt.

      „Schweigen Sie!! Sie haben ja längst gewußt, daß Ihre Stieftochter den Diebstahl begangen hat – den ersten Diebstahl. Sie haben es ihr gestern vorgehalten, um sie Scharfer gegenüber gefügig zu machen. Und Ihnen war auch längst bekannt, daß Fritzi Pelcherzim nur … Imitationen, Simili-Steine, eben eine Nachahmung der echten Sammlung, erbeutet hatte. Ihre Stieftochter verbarg den Raub auf dem Ofen in ihrem Zimmer. Dort fanden Sie ihn, als Sie, was häufiger vorgekommen sein dürfte, die Sachen Fräulein Fritzis durchschnüffelten. Natürlich haben Sie damals im ersten Augenblick frohlockend gehofft, die echten Steine vor sich zu sehen, haben sicherlich schleunigst ein paar davon an sich genommen und zu veräußern versucht, um Ihre allzeit leere Kasse zu füllen. Aber zu Ihrer großen Enttäuschung erfuhren Sie da von irgendeinem Hehler oder dergleichen, daß es nur Simili-Diamanten wären. Deshalb ließen Sie die Beute auch ruhig auf dem Ofen liegen, – eben weil sie für Sie wertlos war. – Den ersten Diebstahl beging also Fritzi Pelcherzim, – den zweiten, den an den echten Steinen, – Sie, nur Sie und kein anderer! Sie wußten ja, daß Oltendorf die echte Sammlung noch besitzen müsse, und das weitere brachten Sie mit Ihrer verbrecherischen Findigkeit schon zuwege!“

      Schippel schlug mit dieser Anschuldigung nur „auf den Strauch“. Er hatte dem Professor soeben einen neuen Fallstrick gelegt.

      Weinreich verfärbte sich denn auch, sprang auf, hob die Rechte theatralisch wie zum Schwur und rief:

      „Auf der Stelle soll mich hier der Schlag rühren, wenn Sie recht haben! Die echten Steine befinden sich noch in Oltendorfs Besitz, wenn er es auch noch so sehr zu leugnen sucht!“

      „So?! In Oltendorfs Besitz?! Und – was ist das hier?“ Schippel hatte die Edelsteine wieder aus der Tasche geholt und hielt sie Weinreich auf der flachen Hand hin.

      Der Professor lachte auf. „Na also – da sind Sie ja, – wenn auch nur einige! Oltendorf hat sie Ihnen gegeben, oder aber Sie haben sie bei ihm beschlagnahmt.“

      Schippel merkte, daß Weinreich jetzt nicht heuchelte. Und das genügte ihm.

      „Sie wissen wirklich nichts davon, daß bei Oltendorf noch ein zweiter Diebstahl verübt worden ist, bei dem die echten Diamanten dem Spitzbuben in die Hände fielen?“ fragte er kurz.

      „Ich habe bis zu diesem Augenblick angenommen, der Rentier besäße die echte Sammlung noch“, erwiderte der Professor feierlich.

      In diesem Moment schnellte Werner Lossen von seinem Stuhle hoch, reckte den Arm gegen Weinreich aus und sagte in heftiger Erregung:

      „Ah