Die Sklavenkarawane. Karl May

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Название Die Sklavenkarawane
Автор произведения Karl May
Жанр Зарубежная классика
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Издательство Зарубежная классика
Год выпуска 0
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ein Europäer.«

      »Mein Gott, ist‘s möglich! Ich auch, ich auch!«

      »Aus welchem Lande?«

      »Aus Ungarn. Ich bin Magyar. Und —«

      »Davon später. Meine Begleiter sind mir weit voran und ich habe alle Veranlassung, ihnen nicht zu trauen. Ich muß ihnen schnell nach. Nun du gehört hast, daß ich auch ein Europäer bin, wirst du wohl bereit sein, bei mir zu lagern?«

      »Von ganzem Herzen gern! Welch eine Freude, welch eine Wonne für mich, dich hier getroffen zu haben! Nun können wir von der Heimat sprechen. Laßt uns schnell reiten, damit wir die Homr einholen und den Brunnen schnell erreichen!«

      Es ging vorwärts, so schnell die Esel laufen konnten, und sie liefen sehr gut. Diese Tiere sind in südlichen Gegenden ganz andre Geschöpfe als bei uns. Ein ägyptischer Esel trägt den stärksten Mann und galoppiert mit ihm so lange Zeit, als ob er gar keine Last zu tragen habe. Nach einer Viertelstunde waren die Araber erreicht. Sie sagten zu den Dschelabi kein Wort, nicht einmal eine Silbe der Begrüßung. Da diese acht Männer jetzt zugegen waren, war es unmöglich, den Fremden niederzuschießen, wie man vorher gewillt gewesen war.

      Still ging es weiter. Der kleine Ungar machte keinen Versuch, sich mit dem »Vater der vier Augen« zu unterhalten. Es wäre das nicht gut gegangen, da der eine auf dem hohen Hedschin und der andre auf dem kleinen Esel saß.

      Die Sterne des Äquators waren aufgegangen, und ihr intensives Licht leuchtete fast so hell wie der Mond, welcher jetzt nicht zu sehen war, da er in der Phase der Verdunkelung stand.

      Nach einiger Zeit sah man eine Bodenerhebung liegen, welche schroff aus der Erde stieg. Der Sternenschimmer verlieh ihr ein gespenstiges Aussehen.

      »Dort ist der Bir Aslan,« sagte der Ungar. »In fünf Minuten werden wir dort sein.«

      »Schweig, Dschelabi!« fuhr der Schech ihn an. »Wann du dort sein willst, das kommt allein auf uns an. Noch haben wir dich nicht eingeladen, uns zu begleiten!«

      »Dessen bedarf es gar nicht. Wir gehen ohne Einladung hin.«

      »Wenn wir es euch erlauben!«

      »Ihr habt gar nichts zu erlauben. Der Brunnen ist für alle da, und übrigens befindet ihr euch in Feindes Land.«

      »Allah iharkilik – Gott verbrenne dich!« murmelte der Homr, sagte aber weiter nichts.

      Der Dschelabi schien von Haus aus kein furchtsames Kerlchen zu sein, und seit er wußte, daß der erst für einen mohammedanischen Schech gehaltene Fremde ein europäischet Christ sei, fühlte er sich noch weniger geneigt, sich von den Arabern bevormunden zu lassen.

      Sie langten bei dem Felsen an, an dessen Fuß sich der Bir befand. Dieser war kein laufendes Wasser; er bestand in einem kleinen, von dichtem Mimosengebüsch umgebenen Weiher, welchen eine nicht sichtbare Wasserader speiste. Man stieg ab. Während einige die von ihren Lasten befreiten Tiere tränkten, sammelten die andern dürres Geäst, um ein Feuer zu machen. Als es brannte, setzten sich die Homr so um dasselbe, daß für die Dschelabi kein Platz blieb. Der Ungar verlor kein Wort darüber. Er trug Holz nach der andern Seite des Wassers, brannte dort ein Feuer an und rief dem »Vater der vier Augen« zu:

      »Nun magst du dich entscheiden, bei wem du sitzen willst, bei ihnen oder bei uns.«

      »Bei euch,« antwortete er. »Nehmt dort die Satteltasche, welche meinen Proviant enthält! Ihr seid meine Gäste. Wir können alles aufessen, da wir morgen nach Faschodah kommen.«

      »Da irrt er sich,« flüsterte der Schech den Seinen zu. »Er verachtet uns und zieht diese Erdferkel vor. Wir wollen so thun, als ob wir es nicht beachteten. Aber beim Anbruche des Tages wird er in der Dschehenna heulen. Mag er jetzt noch einmal, zum letztenmal im Leben, essen!«

      Er suchte auch seine Vorräte vor, dürres Fleisch und trockenen Durrhakuchen, wozu das Wasser des Bir mit den Händen geschöpft wurde.

      Indessen rekognoszierte der Fremde die Umgebung des Brunnens. Der kleine Berg stand vollständig isoliert in der Ebene. Er war mit Gras bewachsen, eine Folge der Verdunstung des Brunnenwassers. Auf seiner nördlichen und westlichen Seite gab es kein Strauchwerk; aber am östlichen und südlichen Fuße, wo der Brunnen lag, kletterten die Mimosen ein Stück am ausgewitterten Felsen empor und liefen auch eine ganze Strecke in die Ebene hinein. Menschliche Wesen waren nicht zu sehen; die Gegend schien vollständig sicher zu sein, auch in Beziehung auf wilde Tiere, falls nicht der Geist des hier vergifteten »Herrn mit dem dicken Kopfe« hier in nächtlicher Stunde sein Wesen trieb.

      Als er nach der Quelle zurückkehrte, hatten die Kamele und Esel sich satt getrunken und fraßen von den jungen Zweigen der Mimosen. Er ließ sein ganzes Gepäck in die Nähe des zweiten Feuers tragen und dort am Felsen niederlegen, so daß er es im Auge haben konnte.

      Der Ungar hatte die Tasche geöffnet und den Inhalt derselben vor sich ausgebreitet. Derselbe bestand aus Durrhabrot, Datteln und mehreren Perlhühnern, welche der »Vater der vier Augen« gestern früh jenseits der Sandstrecke geschossen hatte.

      Es gibt im Sudan ganze Stämme, welche keinen Vogel essen. Die Dschelabi gehörten nicht zu diesen Verschmähern eines guten Geflügels. Sie rupften die Hühner, nahmen sie aus und zerlegten das Fleisch in kleine viereckige Stücke, welche, an zugespitzte Äste gespießt, über dem Feuer gebraten wurden. In dieser Form und Weise zubereitet, wird das Fleisch Kebab genannt.

      Während dies geschah, zog der Ungar die ihm am Herzen liegenden Erkundigungen ein. Bei dem Ritte hatte er nur notgedrungen geschwiegen, nun aber fragte er, als der Fremde sich neben ihm am Feuer niedergelassen hatte, immer noch in arabischer Sprache, wie bisher:

      »Darf ich nun erfahren, Herr, aus welchem Lande du bist? Bitte!«

      »Sage mir vorher erst, aus welcher Gegend Ungarns du stammst!«

      »Ich bin ein Magyar aus Nagy Mihaly bei Ungvar.«

      »Von dort? Dann aber bist du wohl kein Magyar, sondern ein Slowak. Du hast dich dessen jedoch gar nicht zu schämen.«

      »Ich schäme mich auch nicht; aber da ich in Ungarn geboren bin, bin ich doch auch Magyar. Du kennst meine Heimatsgegend? Warst du dort?«

      »Ja.«

      »Sprichst du ungarisch? Ich bin auch des Slowenischen mächtig.«

      »Mir ist beides fremd, also können wir uns leider nicht in deiner Muttersprache unterhalten. Aber wie bist du nach Afrika, nach Ägypten und gar nach dem Sudan gekommen?«

      »Durch meinen Herrn.«

      »Wer war das?«

      »Matthias Wagner, auch ein Ungar aus dem Eisenstädter Komitat.«

      »Den kenne ich, wenn auch nicht persönlich. Er hat sehr viel erlebt. Er ging nach Ägypten, Arabien und Abessinien, war Begleiter des Herzogs von Gotha, bereiste später den ganzen Ostsudan und ist vor ungefähr einem Jahre gestorben, ich glaube in Chartum. Nicht?«

      »Ja, Herr, so ist es. Du kennst alle seine Erlebnisse. Ich war zuletzt mit ihm nach Kordofan, um Straußfedern zu handeln. Nach unsrer Rückkehr mußten wir uns trennen. Er starb, und über mich brach ein Unfall nach dem andern herein, so daß ich endlich gezwungen war, das Leben eines armen Dschelabi zu führen.«

      »Hast du da Glück gehabt?«

      »Was nennst du Glück? Ich begann vor sechs Monaten mit fünf Mariatheresienthalern, und was ich jetzt besitze, ist vielleicht dreißig wert. Großwesier wird man nicht dabei.«

      »Dazu hat Allah dir ja auch den Verstand gar nicht gegeben,« fiel der zweite Dschelabi jetzt ein.

      »Schweig, Abu Dihk!« fuhr der Ungar ihn an. »Mich hat Allah für so einen hohen Posten eigentlich ausgerüstet. Du aber könntest nicht einmal Hamal werden, trotz deines falschen Stammbaumes!«

      »Er ist echt und nicht gefälscht. In mir fließt das Blut vom Fahnenträger des Propheten. Hör‘ meinen Namen an! Soll ich ihn dir nennen?«

      »Um Allahs willen, nein! Du trompetest ihn so unaufhörlich aus, daß ihn bereits im ganzen Sudan jeder Vogel pfeifen kann.«

      »Das