Die Sklavenkarawane. Karl May

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Название Die Sklavenkarawane
Автор произведения Karl May
Жанр Зарубежная классика
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Издательство Зарубежная классика
Год выпуска 0
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an den getroffenen Stellen sofort aufsprang. Die Schwarzen bissen die Zähne zusammen, daß es laut knirschte, gaben aber keinen Laut von sich, und arbeiteten ohne Unterbrechung weiter.

      »Es that wohl nicht weh genug?« lachte er grausam. »Das nächste Mal werdet ihr schon heulen müssen, ihr Tagediebe. Werft euch nieder, wenn ich mit euch rede!«

      Dieser Befehl war von einigen weiteren Hieben begleitet. Die Neger sanken zu Boden, was sie vorher nicht gewagt hatten, um nicht mit der Arbeit inne zu halten. Er betrachtete sie mit gefühllosem Blicke, versetzte jedem einen Fußtritt und fuhr fort:

      »Ihr seid Belandas. Ist euch euer Land bekannt?«

      »Ja, Herr,« antwortete Tolo ohne aufzublicken.

      »Kennt ihr die Helle Ombula?«

      »Tolo ist oft dort gewesen.«

      »Was hattest du dort zu thun?«

      »Die Schwester der Mutter wohnt mit ihrem Manne und ihren Kindern dort.«

      »So hast du also Verwandte in Ombula! Wie viele Familien gibt es da?«

      »Sehr viele, Herr, viel mehr als in andern Dörfern,« antwortete der Neger, dem es wie den meisten seinesgleichen unmöglich war, weiter als höchstens zwanzig zu zählen.

      »Ist der Ort gut befestigt?« fuhr der Araber fort.

      »Es ist ein doppelter Stachelzaun rundum,« antwortete der Gefragte.

      »Ist die Umgebung offen, oder gibt es Wald?«

      »Der Subakh steht in Büschen, aus denen Lubahn ragen.«

      »Besitzen die Einwohner viele Rinder?«

      »Nein, Herr, sie sind arm.«

      Die Rinder sind dem Sklavenjäger nämlich noch lieber als die Gefangenen. Diese Tiere haben für den Neger einen so hohen Wert, daß er bei einem Überfalle vor allen Dingen sie zu retten sucht und dabei wohl seine Kinder opfert. Der Belanda hatte eine verneinende Antwort gegeben, um den Araber von dem Überfalle des befreundeten Dorfes abzubringen. Abd el Mot durchschaute ihn. Er zog ihm die Peitsche zwei-, dreimal über den Rücken, und donnerte ihn an:

      »Hund, lüge nicht, sonst peitsche ich dich tot! Sage die Wahrheit, oder ich schlage dir das Fleisch in Striemen von den Knochen. Gibt es viele Rinder dort?«

      »Ja,« gestand jetzt Tolo aus Angst.

      »Und haben die Leute gute Waffen?«

      »Pfeile, Spieße und Messer.«

      »Keiner hat eine Flinte?«

      »Keiner, Herr.«

      Abd el Mot examinierte weiter und drohte: »Wenn ich ein einziges Gewehr finde, oder auch nur sehe, peitsche ich dir die schwarze Seele aus dem dunklen Leibe. Kennst du alle Wege dort?«

      »Ja.«

      »Und Lobo auch?«

      »Auch er.«

      »Wenn wir des Morgens von hier wegmarschieren, wann kommen wir hin?«

      »Am Abende des dritten Tages, Herr.«

      »Gut, ich habe beschlossen, Ombula zu überfallen, um Abu el Mot Sklaven und Rinder geben zu können, wenn er kommt, damit er sieht, daß wir thätig gewesen sind. Ihr beide sollet unsre Führer sein, und ich kann euch nur raten, daß ihr eure Sache gut macht. Bin ich mit euch zufrieden, so verkaufe ich euch an einen guten Herrn, der euch nicht prügelt, selbst wenn ihr faul seid. Im Gegenfalle aber grabe ich euch in einen Bau der Ardah ein, damit sie euch bei lebendigem Leibe fressen. Merkt euch das, ihr beiden schwarzhäutigen Schlingel, und nun frage ich: wollt ihr mir treu und gehorsam sein?«

      »Ja, Herr!«

      »Das versprecht ihr jetzt; aber ich traue keinem schwarzen Hunde. Ihr bleibt bis zum Aufbruche hier auf dem Schiffe, und werdet es nicht verlassen. Ich stelle euch einen Wächter her, welcher den Befehl hat, euch zu erschießen, sobald ihr euch dem Rande des Schiffes nähert. Und während des Marsches gebe ich euch Gewichte an die Füße, damit ihr die Lust zur Flucht verliert. Jetzt arbeitet weiter und schwatzt nicht dabei, sonst lasse ich euch den Mund zunähen, daß ihr verschmachten müßt. Ihr wißt, daß das keine leere Drohung ist. Ich habe das schon oft gethan.«

      Er gab jedem noch einen Hieb, dann ging er und stieg in sein Boot. Sie sahen es im hohen Schilfe verschwinden, besorgten aber, daß er sie von dort aus beobachten werde. Darum arbeiteten sie schweigend weiter, bis sie ihn am Ufer erscheinen, und einen schmalen, durch den Mimosenwald führenden Weg einschlagen sahen.

      Erst jetzt wagte es Tolo, seinem Gefährten leise zuzuflüstern:

      »Du siehst, daß Tolo recht hatte, der Zug beginnt schon morgen.«

      Lobo griff mit der Hand nach seinem schmerzenden Rücken, knirschte mit den Zähnen, rollte die Augen, als ob er sie herausdrehen wolle, und antwortete:

      »In unser Land, nach Ombula. Allah, Allah! Unsre Freunde sollen Sklaven werden!«

      »Und wir müssen die Weißen führen! Werden wir es thun?«

      Lobo zögerte mit der Antwort. Er schien überhaupt geistig weniger begabt zu sein als sein Unglücksgenosse.

      »Warum sagst du nichts?« fragte dieser. »Sollen wir die Araber führen und unsre schwarzen Brüder mit töten und gefangen nehmen?«

      »Nein,« antwortete Lobo in bestimmtem Tone. Er war nun zu einem Entschlusse gekommen. »Wir fliehen. Dann aber können wir Abu el Mot nicht töten, was wir doch thun wollten. Er ist noch nicht wieder da.«

      »So töten wir Abd el Mot an seiner Stelle. Das ist fast ebenso gut. Wenn wir ihm das Leben nehmen, so muß der Zug morgen unterbleiben, und wir retten die Leute von Ombula.«

      »Werden sie es uns auch danken? Und wie töten wir ihn? Am Tage ist es ganz unmöglich, und das Nachts schläft er mitten unter den Wächtern. Man wird uns ergreifen. Ist es da nicht besser, wenn wir uns nicht in eine so große Gefahr begeben?«

      Tolo erkannte gar wohl die Wahrheit dieser Worte. Er dachte nach. Jetzt erschallte von jenseits des Waldes ein schrecklicher Lärm herüber. Menschliche Stimmen sangen, jauchzten und brüllten. Dazu ertönten die ganz unbeschreiblichen Klänge der im Sudan gebräuchlichen Instrumente.

      Das schien den nachdenkenden Neger schnell zu einem Resultate zu bringen. Er sagte:

      »Hörst du den Jubel? Jetzt hat Abd el Mot gesagt, daß die Ghasuah morgen beginnen soll. Nun entfalten sie die Fahne und fragen den Zauberer.«

      »Er wird dem Zuge günstig sein, und sie gehorchen ihm, denn er ist ein frommer Fakir. Auch wir sollten ihm eigentlich gehorchen, obwohl wir nicht zu Allah beten wie unsre Peiniger.«

      »Nein. Tolo gehorcht nicht dem Fakir, sondern einem ganz andern.«

      »Wem? Wer ist das?«

      »Dem großen Schech, der über den Sternen wohnt und niemals stirbt, der alles sieht und jede That belohnt oder bestraft.«

      »Du hast Lobo davon erzählt, aber Lobo kann ihn nicht sehen.«

      »Er ist überall, wie die Luft, die man auch nicht erblickt.«

      »Vielleicht hat dich der Fremde belogen, der dir von ihm erzählte!«

      »Nein. Dieser fremde Weiße war ein Khassis, ein guter Mann, der keine Lügen sagte. Er erzählte von dem großen, allmächtigen Schech, welcher den Himmel und die Erde gemacht hat, und auch die Menschen. Er befahl ihnen, gut und fromm zu sein, aber sie gehorchten ihm nicht. Da sandte er seinen Sohn vom Himmel herab, der ihnen Gnade brachte und dafür von ihnen getötet wurde. Er lehrte, daß die Menschen einander lieben, und sich nur Gutes erweisen sollen. Diese Lehre brachte der Khassis zu uns. Wir gewannen ihn lieb und glaubten seinen Worten. Da aber kamen die Sklavenjäger und töteten ihn. Tolo weiß noch alle seine Worte und wird nach denselben handeln. Die Liebe gebietet ihm, seine Eltern aufzusuchen und die Helle Ombula zu retten. Das wird er thun, selbst wenn es sein Leben kosten sollte. Der Sohn des Schechs im Himmel ist auch ohne Murren gestorben. Und wer da stirbt, indem er Gutes thut, und die Gesetze des großen Schechs erfüllt, der ist nicht tot, sondern er steigt auf zum Himmel, zum