Название | Ein Hauch von Vorsehung |
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Автор произведения | Ava Patell |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783746718651 |
So konnte nur ein Anzug sitzen, der einem auf den Leib geschneidert war. Es war ein dunkles, sehr dunkles blau. Im Licht schimmerte der Stoff leicht. Woran das wohl lag? Sicherlich nicht am Polyesteranteil. Also Seide? Ja. Das war eher möglich. Das weiße Hemd hatte feine, graue Streifen. Die Krawatte war silber und blau gestreift und glänzte ebenfalls im Licht. Seide. An Nikolajs Handgelenk glänzte passend dazu eine silberne Uhr, mit einem tief dunkelblauen Zifferblatt und silbernen Zahlen darauf. Ebenso trug er passende Manschettenknöpfen. Zusammen mit der Krawattennadel machten sie das Bild irgendwie rund.
»Bereit für den langen Tag?«
Kaden nickte. »Ja.«
»Gut. Ich erwarte keinen höchst detaillierten Bericht. Es geht nur um eine Zusammenfassung der wichtigsten Entwicklungen. Es kann sein, dass ich Ihnen noch Stichpunkte sage, die Sie dann in den Bericht schreiben sollen.«
»Hm. Okay.« Kaden wackelte mit dem Stift zwischen seinen Fingern. »Bis wann soll der Bericht fertig sein?«
»Ende der Woche.« Er hatte beschlossen, großzügiger zu kalkulieren, was Deadlines anging. Darea hatte Recht, so ungern er das auch zugab, doch er hatte zu viel vorausgesetzt und unrealistische Erwartungen gestellt. Kaden kam nicht aus der Branche, er würde Zeit brauchen.
»Oh.« Kaden war überrascht. Das war unerwartet. Er hatte eher mit 'morgen früh' gerechnet.
Nikolaj tippte mit dem Fingernagel gegen sein Wasserglas und erhob sich dann, sah in die Runde.
»Lassen Sie uns anfangen.« Es wurde leise, abgesehen davon, dass sich einige der Anwesenden noch Getränke eingossen oder sich setzten. »Wie jeden Monat erwarte ich von Ihnen den üblichen Bericht. Wir gehen vor wie immer, von der größten zur kleinsten Abteilung. Ich möchte Sie allerdings bitten, sich für meinen neuen Assistenten, Mr. Kaden Williams«, er deutete neben sich, »kurz mit Ihrem Namen und Ihrer Abteilung vorzustellen.«
Für einen Moment richteten sich alle Augen auf Kaden und er spürte, wie sein Herz schneller schlug. Das war unangenehm. Aber dann begannen alle Anwesenden nacheinander ihre Berichte zu erstatten. Jeder stellte sich mit seinem Namen und seiner Abteilung vor und Kaden nickte jedes Mal. Er schrieb die Namen auf, hörte aber ansonsten nur zu. Aufmerksam. Machte sich jedoch keine weiteren Notizen. Er vergaß es, weil dieses ganze Prozedere, wie alles hier, neu war und spannend und seine ganzen antrainierten Verhaltensweisen über Bord warf. Er musste breit lächeln, als sich eine junge Frau erhob, langes, schwarzes Haar und asiatische Gesichtszüge.
»Mai Tran«, stellte sie sich vor und zwinkerte ihm zu. »IT-Abteilung.« Die junge Frau, die er in der Personalküche getroffen hatte. Auch ihrem kurzen Bericht lauschte er aufmerksam und bei ihr schrieb er nicht einmal den Namen auf und auch ihre Bitte um neue Serverkapazitäten landete nicht auf dem Papier, das vor Kaden an dem Klemmbrett hing.
Nikolaj tat es ihm gleich, hörte den Mitarbeitern genau zu, jedem Abteilungsleiter, der auf seine ganz eigene Art mal kurz, mal lang vom letzten Monat berichtete. Als er das nächste Mal zu Kaden sah, stutzte er jedoch. Das Blatt auf dessen Klemmbrett war abgesehen von einem langen Querstrich und ein paar Namen mit den dazugehörigen Abteilungen leer. Seine Augenbrauen flogen nach oben. Sie hatten inzwischen einiges gehört, was Nikolaj gern in dem Bericht gesehen hätte, aber Kaden schien nur gespannt zuzuhören und seine eigentliche Aufgabe vergessen zu haben. Auf den Bericht war er schon jetzt gespannt.
Bis zur Mittagspause waren sie mit dem Treffen beschäftigt und Kaden klingelten die Ohren, als sie schließlich den Konferenzraum verließen und den Weg zu ihren Büroräumen einschlugen. Es war wirklich interessant gewesen und er hatte erneut einen weiteren Einblick bekommen. Wie alles ineinandergriff. Die Werbeabteilung. Die IT-Abteilung. Presse. Abrechnung und Finanzen. Personalmanagement. Und noch so vieles, vieles mehr, was in einer großen Firma anfiel. Es war faszinierend für ihn. Genau wie ein Uhrwerk. Und jedes kleine Rädchen darin sorgte dafür, dass man am Ende die Uhrzeit ablesen konnte.
»Mr. Williams, ich konnte einen Blick auf Ihre Mitschriften werfen und ich kann Ihnen prophezeien, dass ich mit dem Bericht nicht zufrieden sein werde. Beim nächsten Mal sollten Sie sich mehr notieren.«
Kaden blieb überrascht stehen, Nikolaj tat es ihm gleich. »Was?«
»Sie haben nichts aufgeschrieben, abgesehen von den Namen der Mitarbeiter und den Abteilungen.«
Kaden sah auf das Klemmbrett in seiner Hand und presste die Lippen fest aufeinander, um nicht etwas zu sagen, was er später bereuen würde.
»Ich erwarte Ihren Bericht dennoch bis Freitag, 15 Uhr. Und ich hoffe wirklich für Sie, dass Sie aus ihren Fehlern lernen. Papier und Stift sind dazu da, um sie zu verwenden und nicht nur schmückendes Beiwerk.« Nikolajs Stimme klang kühl. Distanziert. Kühler als sonst.
Kaden nickte nur knapp, sah nicht auf und lief dann zurück zu seinem Büro. Dort warf er das Klemmbrett hart auf den Schreibtisch. Warum hatte er sich nur darauf eingelassen?! Genau wegen solcher Scheiße hatte er das nicht mehr tun wollen, nie wieder! Und trotzdem hatte er es getan, in der Hoffnung, dass die Zeit und sein Alter dafür sorgen würden, dass er sich nicht mehr mit solchen Menschen umgeben musste oder zumindest mit der Zeit gelernt hatte, damit umzugehen. Aber weit gefehlt. Er war wieder genau da! Es war wie damals in der High-School!
›Mr. Williams, ich konnte einen Blick auf Ihre Mitschriften werfen und ich kann Ihnen prophezeien, dass ich mit dem Bericht nicht zufrieden sein werde.‹
Kaden erweckte den Laptop zum Leben und öffnete das Schreibprogramm. Wie ein Wahnsinniger begann er, auf die Tastatur einzuhämmern und er wusste genau, was er hier gerade tat. Eine absolute Trotzreaktion, ausgelöst durch blanke Wut, Enttäuschung und einer Menge schlechter Erfahrungen, die er nie ganz verarbeitet hatte. Wut auf sich selbst. Auf diese Situation und ja, auch auf Nikolaj Sorokin. Es war ein Fehler, das wusste er. Und dennoch tippte er Buchstabe um Buchstabe, Wort für Wort. Jedes Wort schrieb er nieder. Er musste nur die Augen schließen und sah alles wieder vor sich. Jede Person, jede Haarfarbe, jede Augenfarbe, jeder Tonfall. Alles war da. Bis ins kleinste Detail und so schrieb Kaden keine Zusammenfassung, sondern eine über 40 Seiten umfassende Transkribierung des heutigen Meetings, in dem sich jedes Wort fand, das dort gesprochen worden war. Inklusive der Anmerkung, dass Mr. Faraday unter dem Tisch mit seinem Handy gespielt hatte. Entweder das, oder er hatte sich einen runtergeholt, aber irgendwas hatte der Mann unter dem Tisch gemacht. Immer noch wütend druckte er das Ganze schließlich aus, nahm die Seiten aus dem Drucker und lief zu Nikolajs Büro. Kaden hatte keine Ahnung wie spät es war, aber es war erneut dunkel draußen geworden. Vor Dareas Tresen blieb er stehen.
»Kann ich rein?«, fragte er mühsam beherrscht, die Hände vor unterdrückter Wut zitternd.
Darea sah auf, irritiert über die fehlende Begrüßung, die sie für gewöhnlich verlangte. Allerdings sah sie etwas in Kadens Gesicht, vor allem in dessen Augen, und sie roch etwas, ohne es genau beschreiben zu können, was sie nicken ließ. Wenn auch mit gerunzelter Stirn.
»Ja. Er ist gerade frei«, sagte sie und deutete auf die Tür.
Nikolaj saß auf einem der Sofas, einen Laptop auf dem Schoß, an dem ein kleiner USB-Stick blinkte. Über die In-Ear-Kopfhörer lauschte er einem Song des aktuellen Album einer Künstlerin, die er unter Vertrag hatte. Als nun aber die Tür aufging und er diese Bewegung aus dem Augenwinkel wahrnahm, sah er auf und zog die Stöpsel aus seinen Ohren. Kadens Blick war mehr als entschlossen und aus irgendeinem Grund trug er einen dicken Papierstapel auf dem Arm. Für einen Moment fragte sich Nikolaj, ob er das Klopfen überhört hatte oder ob Kaden tatsächlich einfach ohne zu klopfen eingetreten war.
Dieser trat jetzt auf ihn zu, blieb vor dem kleinen Couchtisch stehen. Härter als nötig ließ er den Stapel an Blättern auf den kleinen Tisch fallen.
»Hier haben Sie Ihren Bericht. Und auch wenn Sie mir prophezeit haben, dass Sie damit nicht zufrieden sein werden, habe ich es trotzdem versucht. Viel Glück bei der Suche nach einem Fehler.« Jetzt knallte er einen schwarzen Edding oben auf den Stapel. »Und wenn Sie fertig sind, dann können Sie mir gerne ein dickes, fettes Freak