Название | Böse Jungs dringend gesucht |
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Автор произведения | Mira Schwarz |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783741810022 |
Mit ihren Taschen gingen sie ins Haus und ließen sich auf die Sofas fallen. Die erste Nacht würden sie nur zu dritt hier verbringen.
„Was meint ihr? Fahren wir gleich zum Supermarkt?“, fragte Jenny.
„Klar“, meinte Anouk und sprang wieder auf. Seit sie angekommen waren, war sie wieder ganz die Alte. Jenny fragte sich schon fast, ob sie sich die Spannungen im Auto nur eingebildet hatte. Oder ging am Ende die Missstimmung doch von ihr selbst aus?
Auch Chris stand bereitwillig wieder auf. „Von mir aus gerne.“
Also machten sie sich wieder auf den Weg. Im Supermarkt war die alte Vertrautheit wieder da. Sie diskutierten über die Geschmacksrichtungen von Chips- und Biersorten und besorgten alles, um am Abend Pizza und Salat zu machen. Als sie wieder beim Häuschen ankamen, dämmerte es schon.
„Ich muss noch einmal zum See rübergehen“, sagte Jenny, als sie die Einkäufe verstaut hatten. Der Frage nach der Zimmerverteilung waren sie bislang aus dem Weg gegangen. „Kommt ihr mit?“
Anouk sah von einem zum anderen. „Jetzt noch durch den Wald?“, fragte sie mit wenig Begeisterung.
„Ich komme mit“, erwiderte Chris entschlossen. „Ich will unbedingt noch das Wasser sehen.“
Bei der Vorstellung, mit Chris allein einen abendlichen Spaziergang auf dem einsamen Waldweg zu machen, lief ein leichtes Kribbeln durch Jennys Körper. Aber zu ihrer Enttäuschung erhob sich Anouk jetzt doch von dem Barhocker vor dem Küchentresen. „Was soll's. Bringen wir es hinter uns.“
***
Der Weg führte durch den Wald und dann querfeldein über ein paar Wiesen. Zu Fuß dauerte es gut zwanzig Minuten bis zu einer einsamen Bucht an dem Badesee. Obwohl die Tage frühsommerlich warm waren, wurde es kalt, sobald die Sonne sank.
Jenny zog ihre Kapuzenjacke enger um sich und ärgerte sich fast, die anderen zu dem Spaziergang überredet zu haben. Aber als sie am See ankamen, war ihre Erschöpfung vergessen.
Die Sonne stand tief über dem grünlichen Wasser und färbte die Wölkchen am Himmel rosarot. Das Schilf bewegte sich sanft im Abendwind und ein paar Frösche quakten. Die drei setzten sich in eine kleine Sandbucht und betrachteten schweigend das Naturschauspiel.
Schließlich erhob sich Jenny, atmete tief durch und ging dann mit forschen Schritten auf das Wasser zu. Sie schlüpfte aus ihren Sandalen und trat ins Wasser. Es war so kalt, dass sie ein Quieken unterdrücken musste. Trotzdem krempelte sie ihre Hose hoch und ging noch ein paar Schritte weiter hinein. Kurz darauf waren auch die Stiefgeschwister neben ihr und die drei tobten ausgelassen im flachen Wasser, spritzten sich nass und rannten über den Sand. Die Sonne stand plötzlich nur noch als schmaler Streifen am Horizont und es wurde immer dunkler.
„Wir sollten uns jetzt wirklich auf den Weg machen“, mahnte Anouk. „Ich friere mir hier gleich den Arsch ab.“ Kein Wunder, ihr dünnes Nichts von einem Kleidchen war nicht gerade ein Schutz gegen die einbrechende Kälte der Nacht.
Der Rückweg kam ihnen lang vor und Anouk jammerte über die Kälte. Schließlich zog sich Chris genervt sein T-Shirt über den Kopf und reichte es ihr. Jenny stockte der Atem, als sie seinen nackten Oberkörper im Halbdunkeln musterte. Seine Schultern waren breit und wirkten stark und auch wenn er schlank war, hatte er viel mehr Muskeln, als sie erwartet hatte.
Anouk zog sich zufrieden das Shirt über den Kopf und Chris verzog keine Miene, während er halbnackt neben ihnen durch den kühlen und nun fast dunklen Wald trabte. Sie waren alle froh, als sie endlich wieder am Haus angekommen waren.
Während sie ein Bier tranken, bereiteten sie die Pizza vor und deckten den Tisch. Als es an der Tür klopfte, sahen sie sich verwirrt an.
„Wer kann denn das sein?“, fragte Jenny, während sie sich erhob.
„Vielleicht ein Nachbar ohne Dosenöffner?“, witzelte Anouk. Das nächste Haus war mehrere Kilometer entfernt.
Schon hatte Jenny die Tür erreicht und öffnete sie. „Oh, ihr seid es“, entfuhr es ihr, als sie sah, wer vor der Tür stand. „Wir dachten, ihr kommt erst morgen.“
Vor ihr stand ihr Ex-Freund Florian, den Arm um eine zarte Rothaarige gelegt. Kessy sah überhaupt nicht so aus, wie Jenny sie in Erinnerung hatte. Sie hatte Florians Kollegin auf der Weihnachtsfeier des Pharma-Konzerns kennengelernt, für den Florian seit einem knappen Jahr arbeitete. Vielleicht hatte es an der schiefen Weihnachtsmütze und dem kleinen Schwarzen gelegen, dass Jenny Kessy für eine Art Vamp gehalten hatte. Vor ihr stand aber eine junge, fast schüchtern wirkende Frau in modisch zerrissenen Jeans und einem gelben Blüschen. Sie sah verfroren und ein wenig ängstlich aus.
Florian grinste verlegen und fuhr sich durch die schwarzen Locken. Dann nahm er seine schwarz umrandete Brille ab, zog ein Tuch aus der Jeanstasche und putzte sie mechanisch, wie immer, wenn er nicht weiterwusste.
Schnell trat Jenny zur Seite. „Entschuldigung. Kommt rein.“
Die beiden betraten zögernd das Wohnzimmer. Sie wirkten ungefähr so entspannt wie bei einem Vorstellungsgespräch. Warum hatte Kessy sich bloß überreden lassen, mit Florian hierher zu kommen? Sie musste schließlich gewusst haben, dass sie hier auf Jenny treffen würde. Auch wenn das Haus schön war - es war nur ein Bauernhaus in der Einöde und kein Luxushotel auf den Malediven.
Aber dann sah Jenny, wie die beiden Neuankömmlinge einen Blick wechselten und da verstand sie es. Kessy wollte Florian vermutlich einfach wirklich näherkommen und wenn man es mit jemandem ernst meinte, nahm man eben auch unangenehme Situationen auf sich. Vermutlich wollte sie auch gerne seine Schwester und seine Nichte kennenlernen. Vielleicht sogar seine Ex-Freundin.
Das alles hatte ihr noch gefehlt.
Jenny fühlte sich von der Situation überfordert und blieb stumm und wie festgewachsen in der Nähe der Haustür stehen. Gott sei Dank schlüpfte Anouk in die Rolle der perfekten Gastgeberin, versorgte alle mit Getränken und verfrachtete Florian und Kessy unter leichtem Geplauder auf die Couch. Anouk hatte schon immer ein ganz eigenes Verhältnis zu Florian gehabt. Obwohl sie sich immer über ihn lustig machte, hatten sich die beiden über die Jahre kennen- und schätzengelernt.
Anouk zog sich einen Sessel an den Couchtisch heran und Jenny ließ sich auf das gegenüberliegende Sofa fallen. Vielleicht war das Schwerste ja schon geschafft, dachte sie hoffnungsvoll. Vielleicht war es doch ganz einfach, die Uhr zurückzudrehen und in Florian nur noch einen guten Freund zu sehen. Sie sah, wie er Augenkontakt zu ihr suchte und rang sich ein Lächeln ab. Dann hörte sie hinter sich ein Geräusch, als würde jemand Anlauf nehmen. Noch bevor sie den Kopf drehen konnte, war Chris über die Lehne des Sofas gesprungen und landete elegant neben ihr auf der Couch. Er legte Jenny lässig den Arm um die Schulter und wandte sich dann an Kessy.
„Und? Wie ist es so, mit dem Ex von meiner Süßen zusammen zu sein?“ Chris redete so überzogen wie in einer schlechten Soap-Opera.
Jenny zuckte zusammen. Okay, sie hatte sich vielleicht insgeheim gewünscht, dass Chris wirklich mit ihr flirten würde. Aber er hatte offenbar vor, diese blöde Idee von Anouk durchzuziehen und sich gleichzeitig über Jenny lustig zu machen. Jenny rückte leicht von ihm ab, sah Anouks Grinsen und verstand. Die beiden machten sich einen gemeinsamen Scherz aus der Situation.
„Chris macht nur Witze“, sagte Jenny entschuldigend zu Florian und Kessy. „Er hat einen schrägen Sinn für Humor.“
Chris rückte wieder ein bisschen näher an Jenny heran und legte ihr eine Hand auf das Bein. Sie hatte das Gefühl, seine Hand wäre elektrisch geladen. Außerdem hatte sie den unwiderstehlichen Drang, ihren Kopf an seine Schulter zu legen – egal, ob das ein Witz war oder nicht. Aber sie widerstand ihrem Drang und blieb steif auf ihrem Platz sitzen. Chris warf ihr einen Seitenblick zu. Für einen Moment hatte sie das Gefühl, er würde sie wirklich ansehen. Dann grinste er wieder frech, hob die Hand und fuhr