Название | Fjodor Dostojewski: Hauptwerke |
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Автор произведения | Fjodor Dostojewski |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783754189153 |
Wieder folgte eine allgemeine Bewegung und tiefgehende Erregung. Burdowski selbst stand plötzlich von seinem Stuhl auf.
»Wenn es so ist, dann bin ich betrogen worden, betrogen; aber nicht von Tschebarow, sondern schon vor sehr langer Zeit; ich will keine Sachverständigen, ich will keine Zusammenkunft; ich glaube es so schon; ich verzichte ... ich nehme die zehntausend Rubel nicht an ... Adieu ...«
Er griff nach seiner Mütze und schob seinen Stuhl zurück, um fortzugehen.
»Wenn es Ihnen möglich ist, Herr Burdowski«, hielt ihn Gawrila Ardalionowitsch mit leiser Stimme und in freundlichem Ton auf, »so bleiben Sie, bitte, noch hier, wenn auch nur fünf Minuten! Es werden in dieser Angelegenheit noch einige außerordentlich wichtige Tatsachen zutage kommen, wichtig besonders für Sie und jedenfalls sehr interessant. Meiner Meinung nach müssen Sie dieselben kennenlernen, und es wird Ihnen vielleicht selbst angenehmer sein, wenn die Sache vollständig aufgeklärt wird ...«
Burdowski setzte sich schweigend wieder hin, ließ den Kopf ein wenig herunterhängen und schien tief in Gedanken versunken zu sein. Nach ihm setzte sich auch Lebedjews Neffe wieder hin, der gleichfalls aufgestanden war, um ihn zu begleiten; dieser hatte zwar nicht den Kopf verloren und von seiner Dreistigkeit nichts eingebüßt, war aber offenbar stark betroffen. Ippolit machte ein finsteres Gesicht, war traurig und, wie es schien, sehr erstaunt. In diesem Augenblick mußte er übrigens so heftig husten, daß er sogar sein Taschentuch mit Blut befleckte. Der Boxer war ganz erschrocken:
»Ach, Antip«, rief er trübselig, »ich hatte dir ja damals ... vorgestern gesagt, daß du vielleicht gar nicht Pawlischtschews Sohn wärst!«
Man hörte verhaltenes Lachen; zwei oder drei der Anwesenden lachten lauter als die andern.
»Den Fakt, den Sie uns soeben mitteilten, Herr Keller«, begann Gawrila Ardalionowitsch wieder, »ist sehr wertvoll. Nichtsdestoweniger bin ich auf Grund zuverlässiger Tatsachen völlig zu der Behauptung berechtigt, daß Herrn Burdowski zwar natürlich der Zeitpunkt seiner Geburt sehr wohl bekannt war, nicht aber der Aufenthalt Pawlischtschews im Ausland, wo dieser den größten Teil seines Lebens zubrachte, und von wo er nach Rußland immer nur auf kurze Zeit zurückkehrte. Außerdem ist auch der Fakt seiner damaligen Abreise an sich so wenig auffallend, daß nach mehr als zwanzig Jahren selbst seine nahen Bekannten sich nicht daran erinnern konnten; von Herrn Burdowski rede ich natürlich nicht, der damals noch gar nicht geboren war. Allerdings erschien es mir jetzt nicht aussichtslos, Nachforschungen anzustellen; aber ich muß bekennen, daß die Feststellungen, zu denen ich gelangte, mir nur ganz zufällig gelungen sind und ebensogut hätten mißlingen können. Für Herrn Burdowski und sogar für Tschebarow waren diese Feststellungen tatsächlich fast unmöglich, selbst wenn es ihnen in den Sinn gekommen wäre, solche Nachforschungen anzustellen. Aber möglicherweise ist es ihnen gar nicht in den Sinn gekommen ...«
»Erlauben Sie, Herr Iwolgin«, unterbrach ihn plötzlich Ippolit gereizt, »welchen Zweck soll dieses ganze sinnlose Gerede haben (verzeihen Sie den Ausdruck!)? Die Sache ist jetzt aufgeklärt; wir erkennen die wichtigste Tatsache als richtig an; wozu also die peinliche, verletzende Angelegenheit noch weiter breittreten? Sie möchten vielleicht mit der Geschicklichkeit Ihrer Untersuchungen prahlen, sich uns und dem Fürsten gegenüber als tüchtigen Spion und Detektiv aufspielen? Oder beabsichtigen Sie, Herrn Burdowski durch den Nachweis zu entschuldigen und zu rechtfertigen, daß er sich nur aus Unwissenheit auf die Sache eingelassen hat? Aber das ist eine Dreistigkeit, mein Herr! Burdowski bedarf dessen nicht, von Ihnen gerechtfertigt und entschuldigt zu werden; das mögen Sie wissen! Er fühlt sich verletzt; die Sache ist ihm ohnehin jetzt peinlich; er befindet sich in einer unbehaglichen Lage; das sollten Sie merken und verstehen ...«
»Genug, Herr Terentjew, genug!« gelang es Gawrila Ardalionowitsch endlich, ihn zu unterbrechen. »Beruhigen Sie sich, regen Sie sich nicht auf; Sie scheinen ja doch recht krank zu sein. Sie tun mir sehr leid. Wenn Sie es also wünschen, so schließe ich, das heißt ich sehe mich genötigt, diejenigen Tatsachen, deren vollständige und auf Beweise gestützte Kenntnis meines Erachtens nicht überflüssig sein würde, nur noch in aller Kürze mitzuteilen«, fügte er hinzu, als er eine allgemeine Bewegung wahrnahm, die wie Ungeduld aussah. »Ich möchte nur zur Kenntnis aller, die sich für die Sache interessieren, bringen, daß Ihre Mutter, Herr Burdowski, lediglich deswegen Herrn Pawlischtschews Wohlwollen und Fürsorge genoß, weil sie die Schwester jenes Gutsmädchens war, in das Nikolai Andrejewitsch Pawlischtschew seit seiner Jugend so verliebt war, daß er sie unzweifelhaft geheiratet hätte, wenn sie nicht frühzeitig gestorben wäre. Ich habe Beweise dafür, daß diese stille Liebe, so sicher und zuverlässig sie auch feststeht, doch sehr wenig bekannt war und bald in Vergessenheit geriet. Des weiteren könnte ich Ihnen darlegen, daß Ihre Mutter schon als zehnjähriges Kind von Herrn Pawlischtschew wie eine Verwandte zur Erziehung angenommen wurde, daß ihr eine beträchtliche Mitgift ausgesetzt wurde, und daß all diese Fürsorge bei Pawlischtschews zahlreicher Verwandtschaft sehr beunruhigende Gerüchte hervorrief; man dachte sogar, er werde seine Pflegetochter heiraten. Aber die Sache endete damit, daß sie aus Neigung (und das könnte ich Ihnen auf das schlagendste beweisen) im Alter von zwanzig Jahren den Feldmesser Herrn Burdowski heiratete. Ich habe nun mehrere zuverlässige Tatsachen zusammengebracht zum Beweis, daß Ihr Vater, Herr Burdowski, der durchaus kein erfahrener Geschäftsmann war, nach Empfang der Mitgift Ihrer Mutter im Betrag von fünfzehntausend Rubeln den Dienst quittierte, sich auf kaufmännische Unternehmungen einließ, betrogen wurde, das Kapital einbüßte, den Kummer darüber nicht zu ertragen vermochte und zu trinken anfing, wovon er nachher krank wurde und schließlich frühzeitig starb, im achten Jahr nach seiner Verheiratung mit Ihrer Mutter. Darauf blieb diese, nach ihrem eigenen Zeugnis, in bitterer Armut zurück und wäre ganz zugrunde gegangen, wenn nicht Pawlischtschew sie beständig in großmütigster Weise unterstützt hätte: er gab ihr jährlich eine Beihilfe bis zu sechshundert Rubeln. Ferner habe ich zahllose Zeugnisse dafür, daß er Sie, als Sie noch ein kleines Kind waren, herzlich liebte. Aus diesen Zeugnissen, sowie auch wieder aus der Bestätigung von seiten Ihrer Mutter, geht hervor, daß er Sie namentlich deswegen liebte, weil Sie in Ihrer Kindheit stotterten und den Eindruck eines verkrüppelten, bemitleidenswerten, unglücklichen Kindes machten (Pawlischtschew aber hatte, wie ich aus zuverlässigen Beweisen schloß, sein ganzes Leben lang eine besondere zärtliche Zuneigung für alles Niedergedrückte und von der Natur Vernachlässigte, besonders wenn es sich um Kinder handelte – eine Tatsache, die nach meiner Überzeugung für unsere Angelegenheit von hoher Wichtigkeit ist). Endlich kann ich mich rühmen, noch über einen bedeutsamen Punkt sehr genaue Untersuchungen angestellt zu haben, nämlich darüber, wie diese außerordentliche Zuneigung Pawlischtschews zu Ihnen (er machte es möglich, daß Sie auf das Gymnasium kamen und unter besonderer Aufsicht und Anleitung lernten) endlich allmählich Pawlischtschews Verwandte und Hausgenossen auf den Gedanken brachte, sie wären sein Sohn und Ihr Vater nur ein betrogener Ehemann. Aber die Hauptsache ist, daß dieser Gedanke sich erst in Pawlischtschews letzten Lebensjahren zu einer bestimmten, allgemeinen Überzeugung verdichtete, das heißt zu einer Zeit, als alle für die Erbschaft zu fürchten anfingen, und als die ursprünglichen Tatsachen in Vergessenheit geraten, Nachforschungen aber unmöglich waren. Ohne Zweifel ist diese Idee auch zu Ihnen gelangt, Herr Burdowski, und hat sich vollständig bei Ihnen festgesetzt. Ihre Mutter, mit der ich die Ehre hatte, persönlich bekannt zu werden, wußte zwar von all diesen Gerüchten, weiß aber bis auf diese Stunde nicht (und ich meinerseits habe sie ebenfalls darüber in Unkenntnis gelassen), daß auch Sie, ihr Sohn, sich unter dem Bann dieses Gerüchtes befanden. Ich fand Ihre hochverehrte Mutter, Herr