Fjodor Dostojewski: Hauptwerke. Fjodor Dostojewski

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Название Fjodor Dostojewski: Hauptwerke
Автор произведения Fjodor Dostojewski
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783754189153



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Herrn den Schmähartikel verbessert hat, der vorhin vorgelesen wurde.«

      Der Fürst sah Lebedjew erstaunt an.

      »Warum schweigst du denn?« fragte Lisaweta Prokofjewna den Fürsten und stampfte dabei sogar mit dem Fuß.

      »Nun ja«, murmelte der Fürst, der seinen Blick immer noch auf Lebedjew gerichtet hielt, »ich sehe schon, daß er es getan hat.«

      »Ist das die Wahrheit?« wandte sich Lisaweta Prokofjewna schnell an Lebedjew.

      »Die reine Wahrheit, Exzellenz!« antwortete Lebedjew in festem Ton ohne zu zaudern und legte dabei die Hand aufs Herz.

      »Er rühmt sich dessen noch!« rief sie und war nah daran, vom Stuhl aufzuspringen.

      »Ich bin ein gemeiner Mensch, ein gemeiner Mensch!« murmelte Lebedjew, schlug sich gegen die Brust und ließ den Kopf immer tiefer und tiefer hängen.

      »Was fange ich damit an, daß du ein gemeiner Mensch bist! Er denkt, wenn er sagt: ›Ich bin ein gemeiner Mensch!‹ dann hat er sich herausgeholfen. Schämst du dich nicht, Fürst, mit solchen jämmerlichen Menschen zu verkehren? frage ich dich noch einmal. Ich werde dir das nie verzeihen!«

      »Mir wird der Fürst verzeihen!« sagte Lebedjew fest überzeugt und sehr gerührt.

      »Lediglich aus Edelmut«, begann auf einmal mit lauter, volltönender Stimme Keller, der schnell herzugetreten war und sich nun unmittelbar an Lisaweta Prokofjewna wandte, »lediglich aus Edelmut, gnädige Frau, um nicht einen Freund durch Verrat zu kompromittieren, habe ich vorhin von den Verbesserungen, die er vorgenommen hatte, geschwiegen, obgleich er vorschlug, uns aus der Tür zu werfen, wie Sie selbst gehört haben. Zur Ehre der Wahrheit gestehe ich nun, daß ich mich tatsächlich an ihn gewendet und ihm sechs Rubel bezahlt habe, aber durchaus nicht dafür, daß er meinen Stil verbessert hätte, sondern dafür, daß er als eine kompetente Persönlichkeit mir Tatsachen mitteilte, die mir größtenteils unbekannt waren. Das von den Gamaschen, von dem Appetit bei dem Schweizer Professor und von den fünfzig Rubeln statt der zweihundertfünfzig Gesagte, kurz diese ganze Partie stammt von ihm her und ist mit sechs Rubeln honoriert worden; aber den Stil hat er nicht korrigiert.«

      »Ich muß bemerken«, unterbrach ihn Lebedjew mit fieberhafter Ungeduld und in kriecherischem Ton, während das Lachen ein immer allgemeineres wurde, »daß ich nur die erste Hälfte des Artikels verbessert habe; aber da wir in der Mitte uns veruneinigten und wegen eines Satzes in Streit gerieten, so habe ich die zweite Hälfte nicht mehr verbessert, und es darf daher alles, was darin gegen die gute Schreibart verstößt (und dessen ist vieles!), mir nicht zur Last gelegt werden ...«

      »Also das ist es, worauf es ihm ankommt!« rief Lisaweta Prokofjewna.

      »Gestatten Sie die Frage«, wandte sich Jewgeni Pawlowitsch an Keller, »wann denn diese Verbesserungen des Artikels stattgefunden haben.«

      »Gestern vormittag«, antwortete Keller. »Wir hatten eine Zusammenkunft und versprachen uns gegenseitig mit unserem Ehrenwort, das Geheimnis zu bewahren.«

      »Das war also fast zu derselben Zeit, wo er sich gegen dich so kriecherisch benahm und dich seiner Ergebenheit versicherte. Nein, diese jämmerlichen Menschen! Ich brauche deinen Puschkin nicht, und deine Tochter soll auch nicht zu mir kommen!«

      Lisaweta Prokofjewna wollte schon aufstehen; aber plötzlich wandte sie sich gereizt an den lachenden Ippolit:

      »Wie ist denn das, mein Lieber? Du hast mich wohl hier lächerlich machen wollen?«

      »Gott bewahre!« erwiderte Ippolit mit einem schiefen Lächeln. »Aber mich interessiert außerordentlich Ihr exzentrisches Wesen, Lisaweta Prokofjewna, und ich muß gestehen, daß ich die Geschichte von Lebedjew absichtlich aufs Tapet gebracht habe, weil ich wußte, wie das auf Sie wirken würde; auf Sie allein; denn der Fürst wird ihm gewiß verzeihen und hat ihm wahrscheinlich schon verziehen ... er hat vielleicht schon im stillen eine Entschuldigung für ihn gesucht; es ist doch wohl so, Fürst, nicht wahr?«

      Er war ganz außer Atem gekommen; seine seltsame Aufregung wuchs mit jedem Wort.

      »Oh, oh ...!« sagte Lisaweta Prokofjewna zornig; sie wunderte sich über seinen Ton. »Nun, und weiter?«

      »Ich hatte über Sie schon viel von dieser Art gehört ... mit großer Freude gehört ... ich habe Sie sehr schätzengelernt«, fuhr Ippolit fort.

      Das waren seine Worte; aber er sprach sie in einer Weise, als ob er mit ihnen etwas ganz anderes sagen wollte. Er sprach mit einem Beiklang von Spott und regte sich gleichzeitig unverhältnismäßig auf, sah mißtrauisch um sich und geriet bei jedem Wort mehr in die Verwirrung und Verlegenheit hinein, so daß all dies im Verein mit seinem schwindsüchtigen Aussehen und seinem sonderbaren funkelnden und beinah wütenden Blick unwillkürlich die allgemeine Aufmerksamkeit fesselte.

      »Ich würde mich sonst, obwohl ich die Gebräuche der vornehmen Welt gar nicht kenne (das gebe ich zu), darüber wundern, daß Sie nicht nur selbst in unserer für Sie unpassenden Gesellschaft geblieben sind, sondern auch diesen ... jungen Mädchen erlaubt haben, eine solche Skandalgeschichte mitanzuhören; allerdings werden sie wohl all dergleichen schon in Romanen gelesen haben; ich weiß das übrigens vielleicht nicht ... denn ich befinde mich in großer Verwirrung. Aber jedenfalls, wer außer Ihnen hätte es fertiggebracht ..., auf die Bitte eines Knaben hin (nun ja, eines Knaben, auch das will ich wieder zugeben), mit ihm einen Teil des Abends zu verbringen und ... und an allem solchen Anteil zu nehmen und ... mit der Aussicht, sich dessen am nächsten Tag zu schämen ... (ich gebe übrigens zu, daß ich mich unrichtig ausdrücke). Ich lobe das alles sehr und schlage es sehr hoch an, obgleich schon an dem Gesicht Seiner Exzellenz, Ihres Gemahls, deutlich zu sehen ist, wie wenig das nach seinem Urteil zu seinem Rang paßt ... Hihi!« kicherte er; er hatte sich in seinem Reden völlig verrannt und bekam nun auf einmal einen solchen Hustenanfall, daß er mehrere Minuten lang nicht weitersprechen konnte.

      »Er ist ja ganz außer Atem gekommen!« sagte Lisaweta Prokofjewna in kaltem, scharfem Ton, indem sie ihn mit ernster Neugier betrachtete. »Aber nun, mein lieber Junge, müssen wir unser Gespräch abbrechen. Es ist Zeit.«

      »Erlauben Sie auch mir, mein Herr, Ihnen meinerseits zu bemerken«, begann auf einmal Iwan Fjodorowitsch gereizt, der den letzten Rest von Geduld verloren hatte, »daß meine Frau sich hier bei dem Fürsten Ljow Nikolajewitsch, unserm gemeinsamen Freund und Nachbarn, befindet, und daß es jedenfalls Ihnen, junger Mann, nicht zusteht, über Lisaweta Prokofjewnas Handlungen ein Urteil zu fällen, ebensowenig wie es Ihnen zusteht, sich laut und mir ins Gesicht darüber zu äußern, was auf meinem Gesicht geschrieben steht. Jawohl. Und wenn meine Frau hiergeblieben ist«, fuhr er fort, indem er fast mit jedem Wort in eine gereiztere Stimmung hineinkam, »so hat sie das vorwiegend aus Verwunderung getan und aus einer begreiflichen modernen Neugier, so sonderbare junge Leute kennenzulernen. Und ich für meine eigene Person bin in ähnlicher Weise hiergeblieben, wie ich manchmal auf der Straße stehenbleibe, wenn da etwas zu sehen ist, so eine ... eine ...«

      »So eine Kuriosität«, half ihm Jewgeni Pawlowitsch.

      »Ganz recht, sehr richtig!« sagte erfreut Seine Exzellenz der General, der mit seinem Vergleich nicht ganz hatte zurechtkommen können; »so eine Kuriosität. Aber jedenfalls ist es mir höchst erstaunlich und sogar betrübend, daß Sie, junger Mensch, nicht einmal das haben begreifen können, daß Lisaweta Prokofjewna jetzt nur deswegen bei Ihnen geblieben ist, weil Sie krank sind (wenn anders Sie wirklich bald sterben werden), sozusagen aus Mitleid, wegen Ihrer kläglichen Reden, mein Herr, und daß ihrem Namen, ihren persönlichen Eigenschaften und ihrem Rang in keinem Fall irgendwelcher Makel anhaften kann ... Lisaweta Prokofjewna«, schloß der General, der ganz rot geworden war, »wenn du gehen willst, so wollen wir uns von unserm guten Fürsten verabschieden und ...«

      »Ich danke Ihnen für die Lektion, die Sie mir erteilt haben, General«, unterbrach ihn Ippolit ernst, indem er ihn nachdenklich ansah.

      »Kommen Sie, Mama! Wie lange soll denn das noch dauern?« sagte Aglaja ungeduldig und zornig und stand von ihrem Stuhl auf. »Noch zwei Minuten, lieber