Название | Fjodor Dostojewski: Hauptwerke |
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Автор произведения | Fjodor Dostojewski |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783754189153 |
»Fürst, Sie sind furchtbar naiv«, bemerkte Lebedjews Neffe spöttisch.
»Und dabei ein Fürst und ein Millionär! Trotz Ihres vielleicht wirklich guten, schlichten Herzens können Sie dem allgemeinen Gesetz natürlich doch nicht entgehen«, äußerte Ippolit.
»Möglich, gut möglich, meine Herren«, erwiderte der Fürst rasch, »obwohl ich nicht verstehe, von welchem allgemeinen Gesetz Sie reden. Aber ich fahre fort; fühlen Sie sich nur nicht so ganz ohne Grund beleidigt; ich schwöre Ihnen, die Absicht, Sie zu kränken, liegt mir absolut fern. Und in der Tat, was soll denn das vorstellen, meine Herren: man kann ja kein einziges offenes Wort sagen, gleich fühlen Sie sich beleidigt! Erstens war ich also höchst erstaunt, daß ein ›Sohn Pawlischtschews‹ existierte, und zwar in so schrecklicher Lage, wie sie mir Tschebarow schilderte. Pawlischtschew war mein Wohltäter gewesen und der Freund meines Vaters. (Ach, warum haben Sie in Ihrem Artikel eine solche Unwahrheit über meinen Vater geschrieben, Herr Keller? Er hat sich keine Veruntreuung von Kompaniegeldern und keine ungerechte Behandlung Untergebener zuschulden kommen lassen; davon bin ich fest überzeugt; wie haben Sie nur die Hand dazu rühren mögen, eine solche Verleumdung niederzuschreiben?) Und das, was Sie über Pawlischtschew geschrieben haben, ist doch geradezu unerhört: Sie nennen diesen edelsten aller Menschen einen Lüstling, einen Leichtsinnigen, mit einer solchen Kühnheit und Sicherheit, als ob Sie wirklich die Wahrheit sagten; und dabei war er der sittenreinste Mensch, der je auf der Welt gelebt hat! Er war sogar ein sehr achtbarer Gelehrter, stand mit vielen in der Wissenschaft hochangesehenen Männern in Briefwechsel und gab viel Geld zur Beförderung wissenschaftlicher Zwecke aus. Was aber sein Herz und seine guten Taten anlangt, oh, da haben Sie allerdings ganz richtig geschrieben, daß ich damals beinah ein Idiot war und nichts ordentlich verstehen konnte (wiewohl ich doch Russisch zu sprechen und zu verstehen imstande war); aber alles, woran ich mich jetzt erinnere, vermag ich doch ganz gut in seinem Wert zu beurteilen ...«
»Erlauben Sie«, kreischte Ippolit, »wird das auch nicht allzu gefühlvoll werden? Wir sind keine Kinder. Sie wollten direkt zur Sache kommen; es ist bald zehn Uhr; vergessen Sie das nicht!«
»Schön, schön, meine Herren!« stimmte ihm der Fürst sogleich bei. »Nach der ersten Regung von Mißtrauen sagte ich mir, daß ich mich doch irren könne, und daß Pawlischtschew vielleicht wirklich einen Sohn habe. Aber in großes Erstaunen versetzte mich der Umstand, daß dieser Sohn das Geheimnis seiner Geburt so leichtfertig, das heißt, ich will sagen, so öffentlich preisgibt, und vor allem, daß er seine Mutter verunehrt. Schon damals nämlich suchte mich Tschebarow durch den Hinweis auf eine Veröffentlichung einzuschüchtern ...«
»Was für eine Dummheit!« rief Lebedjews Neffe.
»Sie haben kein Recht ... Sie haben kein Recht!« schrie Burdowski.
»Der Sohn ist für die Liederlichkeit seines Vaters nicht verantwortlich, und die Mutter trägt keine Schuld«, kreischte Ippolit sehr erregt.
»Um so mehr verdiente sie geschont zu werden, möchte man meinen«, erwiderte der Fürst schüchtern.
»Sie sind nicht nur naiv, Fürst, sondern wohl einer stärkeren Bezeichnung würdig«, bemerkte Lebedjews Neffe mit boshaftem Lächeln.
»Und welches Recht hatten Sie ...«, kreischte Ippolit mit ganz unnatürlicher Stimme.
»Keines, keines!« unterbrach ihn der Fürst eilig. »Darin haben Sie recht, das erkenne ich an; aber jener Gedanke war mir damals ganz unwillkürlich gekommen und ich sagte mir darauf sogleich selbst, daß meine persönlichen Gefühle keinen Einfluß auf die Behandlung der Sache haben dürften; denn wenn ich aus Dankbarkeit gegen Pawlischtschew eine Verpflichtung anerkennen wolle, Herrn Burdowskis Forderungen zu befriedigen, so müsse ich sie eben in jedem Fall befriedigen, das heißt ohne Rücksicht darauf, ob ich gegen Herrn Burdowski von Hochachtung erfüllt sei oder nicht. Ich habe hiervon nur deswegen zu reden begonnen, meine Herren, weil es mir doch unnatürlich schien, daß ein Sohn das Geheimnis seiner Mutter so vor aller Öffentlichkeit kundgibt ... Mit einem Wort: dies war der Hauptgrund, weswegen ich zu der Überzeugung gelangte, dieser Tschebarow müsse eine Kanaille sein und habe Herrn Burdowski durch Betrug zu dieser Gaunerei aufgehetzt.«
»Aber das ist ja nicht mehr zum Aushalten!« wurde von seiten seiner Gäste gerufen, von denen einige sogar von den Stühlen aufsprangen.
»Meine Herren! Ich sagte mir daher, der unglückliche Herr Burdowski müsse ein harmloser, unbehüteter Mensch sein, der sich leicht einem beliebigen Gauner füge, und ich sei mithin um so mehr verpflichtet, ihm als ›Pawlischtschews Sohn‹ zu helfen, und zwar erstens dadurch, daß ich Herrn Tschebarow entgegenträte, zweitens dadurch, daß ich ihm in aufrichtiger Freundschaft Mentordienste erwiese, und drittens durch Auszahlung von zehntausend Rubeln, das heißt der ganzen Summe, die nach meiner Berechnung Pawlischtschew für mich aufgewendet haben mag.«
»Wie? Nur zehntausend Rubel?« schrie Ippolit.
»Na, im Rechnen sind Sie nicht sehr stark, Fürst, oder vielleicht auch sehr stark, obwohl Sie sich so naiv und harmlos stellen!« rief Lebedjews Neffe.
»Ich gehe auf zehntausend nicht ein«, sagte Burdowski.
»Antip, nimm es an!« riet ihm der Boxer schnell, zwar flüsternd, aber doch für alle vernehmlich, indem er sich über Ippolits Stuhllehne hinweg von hinten zu ihm hinbog. »Nimm es an; nachher werden wir weitersehen!«
»Hören Sie mal, Herr Myschkin«, kreischte Ippolit, »begreifen Sie doch endlich, daß wir keine Dummköpfe sind, keine gemeinen Dummköpfe, wie es wahrscheinlich alle Ihre Gäste von uns glauben, auch diese Damen, die so entrüstet über uns lächeln, und besonders dieser noble Herr« (er wies auf Jewgeni Pawlowitsch), »den ich natürlich nicht die Ehre habe zu kennen, von dem ich aber wohl schon etwas gehört habe ...«
»Erlauben Sie, erlauben Sie, meine Herren, Sie haben mich wieder nicht recht verstanden!« wandte sich der Fürst erregt zu ihnen. »Erstens haben Sie, Herr Keller, in Ihrem Artikel mein Vermögen ganz ungenau angegeben: ich habe keine Millionen erhalten; ich besitze vielleicht nur ein Achtel oder ein Zehntel dessen, was Sie bei mir voraussetzen; zweitens sind in der Schweiz gar nicht so enorme Summen für mich ausgegeben worden: Schneider erhielt sechshundert Rubel jährlich, und auch das nur in den ersten drei Jahren; auch hat Pawlischtschew niemals hübsche Gouvernanten aus Paris geholt; das ist wieder Verleumdung. Meines Erachtens beträgt der für mich gemachte Aufwand erheblich weniger als zehntausend Rubel. Aber doch habe ich diese Summe angesetzt, und Sie müssen selbst zugeben: da ich eine Schuld zurückzahle, kann ich Herrn Burdowski schlechterdings nicht mehr anbieten, selbst wenn ich ihn außerordentlich lieb hätte; ich kann es schon aus Taktgefühl nicht, da ich ihm eben eine Schuld zurückzahle und ihm nicht etwa ein Almosen zuwende. Ich weiß nicht, meine Herren, wie Ihnen das unverständlich sein kann! Aber ich wollte das nachher alles durch meine Freundschaft und durch meine tätige Teilnahme an dem Ergehen des unglücklichen Herrn Burdowski ausgleichen, der ohne Zweifel betrogen worden ist, da er sonst unmöglich einer solchen Gemeinheit zugestimmt hätte,