Название | Fjodor Dostojewski: Hauptwerke |
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Автор произведения | Fjodor Dostojewski |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783754189153 |
»Zum Teufel, was kümmert es mich, worauf er Sie bringen wollte! Ich bitte Sie, mir gegenüber keine listigen, schlauen Kunstgriffe zur Anwendung zu bringen, mein Herr!« knirschte Ganja. »Wenn Sie gleichfalls den wahren Grund kennen, weshalb der Alte sich in diesem Zustand befindet (und Sie haben in diesen fünf Tagen so um mich herumspioniert, daß Sie ihn wahrscheinlich kennen), so sollten Sie doch den Unglücklichen nicht reizen und meine Mutter nicht durch Übertreibung der Geschichte quälen; denn die ganze Geschichte ist dummes Zeug, nur Gerede Betrunkener, weiter nichts, Gerede, das durch nichts bewiesen ist, und aus dem ich mir nicht einen Pfifferling mache ... Aber Sie müssen immer spionieren und giftige Reden führen, weil Sie ... weil Sie ...«
»Weil ich ein Bohrer bin«, fiel Ippolit lächelnd ein.
»Weil Sie ein gemeines Subjekt sind. Eine halbe Stunde lang haben Sie die Gesellschaft gepeinigt, in der Meinung, Sie könnten sie dadurch erschrecken, daß Sie sich mit Ihrer ungeladenen Pistole erschössen, mit der Sie ein so schmachvolles Fiasko machten, Sie erfolgloser Selbstmörder, Sie übergelaufene Galle auf zwei Beinen. Ich habe Ihnen Gastfreundschaft gewährt, Sie sind hier dick geworden, haben aufgehört zu husten, und nun danken Sie es mir so ...«
»Nur wenige Worte, wenn Sie erlauben; ich wohne bei Warwara Ardalionowna und nicht bei Ihnen; Sie haben mir keinerlei Gastfreundschaft erwiesen; ich glaube sogar, daß Sie selbst Herrn Ptizyns Gastfreundschaft genießen. Vor vier Tagen habe ich meine ich meine Mutter gebeten, in Pawlowsk eine Wohnung für mich zu suchen und selbst hierher überzusiedeln, weil ich mich hier tatsächlich wohler fühle, obgleich ich keineswegs dicker geworden bin und immer noch huste. Meine Mutter hat mich gestern abend benachrichtigt, daß die Wohnung bereit sei, und ich beeile mich meinerseits, Ihnen mitzuteilen, daß ich mich noch heute bei Ihrer Mama und bei Ihrer Schwester bedanken und in meine eigene Wohnung übersiedeln werde, wozu ich mich schon gestern abend entschlossen habe. Entschuldigen Sie, ich habe Sie unterbrochen; Sie wollten, wie es scheint, noch vieles sagen.«
»Oh, wenn es so ist ...«, begann Ganja zitternd.
»Wenn es so ist, so gestatten Sie, daß ich mich setze«, fügte Ippolit hinzu, indem er sich mit größter Seelenruhe auf den Stuhl niederließ, auf dem der General gesessen hatte. »Ich bin ja doch krank. Nun, jetzt bin ich bereit, Ihnen zuzuhören, um so mehr als dies unser letztes Gespräch und vielleicht sogar unser letztes Zusammensein sein wird.«
Ganja fing auf einmal an, sich zu schämen.
»Sie können mir glauben, daß ich mich nicht dazu erniedrigen werde, mit Ihnen gleichsam abzurechnen«, sagte er; »und wenn Sie ...«
»Es hat keinen Zweck, daß Sie sich aufs hohe Pferd setzen«, unterbrach ihn Ippolit. »Ich meinerseits habe mir schon gleich am ersten Tag, nachdem ich hierher übergesiedelt war, vorgenommen, mir nicht das Vergnügen zu versagen, Ihnen beim Abschied mit vollster Offenheit meine Meinung zu sagen. Ich beabsichtige, dies eben jetzt zu tun, selbstverständlich nach Ihnen.«
»Und ich ersuche Sie, dieses Zimmer zu verlassen.«
»Reden Sie lieber; sonst werden Sie bereuen, sich nicht ausgesprochen zu haben.«
»Hören Sie auf, Ippolit; das alles ist so unwürdig; tun Sie mir den Gefallen und hören Sie auf!« sagte Warja.
»Nur einer Dame zu Gefallen könnte ich es vielleicht tun«, erwiderte Ippolit lachend und stand auf. »Wenn es Ihnen recht ist, Warwara Ardalionowna, bin ich Ihnen zuliebe bereit, mich kurz zu fassen, aber auch nur, mich kurz zu fassen; denn eine gewisse Auseinandersetzung zwischen mir und Ihrem Bruder ist durchaus notwendig, und ich werde mich unter keinen Umständen dazu entschließen, beim Fortgehen hier eine Unklarheit zurückzulassen.«
»Sie sind ganz einfach eine Klatschschwester!« rief Ganja. »Darum mögen Sie nicht weggehen, ohne Ihre Klatscherei vorgebracht zu haben!«
»Sehen Sie wohl«, bemerkte Ippolit kaltblütig, »Sie haben schon jetzt die Selbstbeherrschung verloren. Wirklich, Sie werden es bereuen, sich nicht ausgesprochen zu haben. Ich trete Ihnen noch einmal das Wort ab. Ich werde warten.«
Gawrila Ardalionowitsch schwieg und machte ein verächtliches Gesicht.
»Sie wollen es nicht. Sie beabsichtigen, Ihrer Rolle treu zu bleiben; nun, wie Sie wollen. Meinerseits werde ich möglichst kurz sein. Ich habe heute zwei-oder dreimal einen Vorwurf in betreff der genossenen Gastfreundschaft gehört; dieser Vorwurf ist ungerecht. Indem Sie mich zu sich einluden, warfen Sie selbst Ihr Netz nach mir aus; Sie spekulierten darauf, daß ich mich an dem Fürsten rächen wolle. Außerdem hatten Sie gehört, daß Aglaja Iwanowna ihre Teilnahme für mich ausgesprochen und meine Beichte gelesen habe. Da Sie aus irgendeinem Grund darauf rechneten, daß ich mich ganz Ihren Interessen widmen würde, so hofften Sie, vielleicht an mir einen Helfer zu finden. Ich will mich nicht eingehender darüber aussprechen! Auch von Ihrer Seite verlange ich weder ein Bekenntnis noch eine Bestätigung; es genügt mir, Sie Ihrem eigenen Gewissen zu überlassen und festzustellen, daß wir einander jetzt vortrefflich verstehen.«
»Aber Sie machen Gott weiß was aus einer ganz gewöhnlichen Sache!« rief Warja.
»Ich habe dir ja gesagt: er ist eine Klatschschwester und ein unreifer Bube«, sagte Ganja.
»Wenn Sie erlauben, Warwara Ardalionowna, werde ich fortfahren. Den Fürsten kann ich natürlich weder lieben noch hochachten; aber er ist entschieden ein guter Mensch, wenn auch recht lächerlich. Aber ihn zu hassen, habe ich absolut keinen Grund; ich habe Ihren Bruder von meiner Gesinnung nichts merken lassen, als er mich gegen den Fürsten aufzuhetzen suchte; ich rechnete eben darauf, ihn am Schluß der Komödie auszulachen. Ich wußte im voraus, daß Ihr Bruder mir zuviel mitteilen und damit einen argen Fehler begehen werde. Und so kam es denn auch ... Ich bin jetzt bereit, schonend mit ihm zu verfahren, aber einzig und allein aus Hochachtung gegen Sie, Warwara Ardalionowna. Aber nachdem ich Ihnen dargelegt habe, daß ich nicht so leicht zu angeln bin, will ich Ihnen auch auseinandersetzen, warum mich so sehr danach verlangt hat, Ihren Bruder in seinen eigenen Augen als Dummkopf hinzustellen. Sie mögen wissen, daß ich das aus Haß tue; das gestehe ich offenherzig. Dem Tod nah (denn ich werde doch bald sterben, obwohl ich dicker geworden bin, wie Sie versichern), dem Tod nah, fühlte ich, daß ich sehr viel ruhiger in das Paradies eingehen würde, wenn ich vorher wenigstens einen Vertreter jener zahllosen Menschenklasse als Dummkopf erweisen könnte, die mich mein ganzes Leben lang verfolgt hat, die ich mein ganzes Leben lang gehaßt habe, und für die Ihr hochgeehrter Bruder als hervorragendes Musterbeispiel dienen kann. Ich hasse Sie, Gawrila Ardalionowitsch, einzig deswegen (das kommt Ihnen vielleicht wunderlich vor), einzig deswegen, weil Sie ein Typus, eine Inkarnation, eine Verkörperung und der Gipfelpunkt der frechsten, selbstzufriedensten, gemeinsten, häßlichsten Mittelmäßigkeit sind! Sie sind die aufgeblasene Mittelmäßigkeit, die Mittelmäßigkeit, die in olympischer Ruhe an sich nicht zweifelt; Sie sind die allergewöhnlichste Gewöhnlichkeit! Nicht der kleinsten eigenen Idee ist es beschieden, in Ihrem Geist oder in Ihrem Herzen jemals zu keimen. Aber Sie sind maßlos neidisch; Sie sind zwar fest davon überzeugt, daß Sie das größte Genie sind; aber in düsteren Stunden beschleicht Sie doch manchmal der Zweifel, und dann ärgern Sie sich und beneiden andere. Oh, es gibt für Sie noch schwarze Punkte am Horizont; sie werden vergehen, sobald Sie endgültig dumm geworden sein werden, was nicht mehr fern ist; aber es steht Ihnen doch noch ein langer, vielgestaltiger Weg bevor; ich sage nicht, ein heiterer Weg, und freue mich darüber. Zuvörderst aber sage ich Ihnen voraus, daß Sie eine gewisse Person nicht gewinnen werden ...«
»Nein, das ist unerträglich!« rief Warja. »Sind Sie nun fertig, Sie widerwärtiger Bösewicht?«
Ganja war blaß geworden, zitterte und schwieg. Ippolit blieb stehen, betrachtete ihn unverwandt und mit Genuß, ließ dann seine Blicke zu Warja hinübergleiten, lächelte, verbeugte sich und ging, ohne noch weiter ein Wort hinzuzufügen, hinaus.
Gawrila Ardalionowitsch hätte sich mit Grund über sein Schicksal und über das Mißlingen seiner Pläne beklagen können.