Promise. Sarah L. R. Schneiter

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Название Promise
Автор произведения Sarah L. R. Schneiter
Жанр Языкознание
Серия Promise
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783748564638



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konnte hören, wie Nate sie mit allem beschimpfte, was sein Repertoire hergab, doch sie wandte sich nicht mehr um. Sie trat neben Sven, der eben die letzte Kiste auf dem Schwebewagen in den Frachtraum schob.

      „Wir sollten in fünf Minuten klar zum Abheben sein, Captain.“

      „Gut.“ Sie sah nachdenklich in den nunmehr vollen Laderaum, ehe sie sich aus ihren Grübeleien losriss und fragte: „Denkst du auch, dir würde dieser Hut stehen?“

      Stanley schlug seine Handfläche auf den Schalter, der die Laderampe schloss und nahm sein Com zur Hand: „Ladebucht gesichert, wir sind klar zum Abheben.“

      „Alles klar“, kam die prompte Antwort von der Brücke. Zusammen mit Natala schritt er zwischen den aufgestapelten und verzurrten Kisten entlang, wobei sie fühlten, wie ein sanfter Ruck durch das ganze Schiff lief, begleitet vom leisen, tiefen Summen der Antigravitationseinheiten. Kaum langten sie bei der Treppe an, wurden schon die Landestützen eingefahren, die Triebwerke heulten gut vernehmbar auf. Die meisten Passagiere auf einem Schiff wären beim Start angeschnallt, eine Regel, welche die beiden Schmuggler noch nie groß gekümmert hatte. Während sie hinter einander die Treppe hochgingen und das Deck vibrierte, konnte Natala erkennen, wie einige letzte Sonnenstrahlen des Tages durch das Oberlicht in den Laderaum fielen.

      Als sie auf die Brücke traten, waren alle anderen bereits dort versammelt. Dan saß an seinem Platz an der rechten Konsole, er sah ziemlich übel aus, schien sich aber fürs erste im Griff zu haben und lenkte die Promise mit verbissen wirkender Entschlossenheit. Wahrscheinlich versuchte er sich so von den Schmerzen abzulenken, die ihm alle seine Schrammen und blauen Flecken bereiten mussten. Natala befürchtete trotzdem, dass die Geschichte noch lange an ihm nagen mochte, sie wollte gar nicht wissen, wie viele Schläge der junge Pilot abbekommen hatte. Anaata saß auf dem Tisch hinten auf der Brücke und hatte ihr bandagiertes Bein auf die Konsole hochgelegt, sie wirkte abwesend, was bei ihr ein Normalzustand zu sein schien, offenbar konnte sie die Verletzung recht gut wegstecken. Sven hatte sich an die Rückwand der Brücke gelehnt, Nates Hut aufgesetzt und nahm einen Schluck aus seiner Kaffeetasse. Er kam mit allem, was ihm widerfahren war, ziemlich gut klar oder wollte dies zumindest zeigen. Nani saß auf dem Sessel an der zweiten Konsole, normalerweise der Platz des Captains, und sah auf die Oberfläche von Tenowia hinunter, die sich rasch entfernte. In weniger als einer Minute wäre die Hauptstadt nicht mehr zu erkennen.

      Natala trat hinter Dan. „Wie sieht es aus? Schafft sie es?“

      Er wandte sich für eine Sekunde um. „Ja, Sven hat sie gut zusammengeflickt. Die Promise fliegt, wie wenn sie nie beinahe abgestürzt wäre.“

      „Gut“, freute sich Natala, trat neben Nani und tippte stehend ein paar Befehle in die Konsole tippte. „Ich bereite schon mal die Koordinaten vor, wir können in den Hyperraum springen, sobald wir weit genug von dem Planeten entfernt sind.“

      Der alte Frachter stieg immer höher von der hellbraunen Kugel Tenowias auf und ließ sie langsam aber sicher hinter sich zurück. Die Sonne strahlte hinter ihr hervor, badete alles in gleißendem Licht. Etwas weiter entfernt war die große, petrolgrün glühende Kugel des Gasplaneten Tenowia VII zu erkennen, die ein farbenprächtiges Schauspiel bot. Natala schaute schweigend mehrere Minuten aus dem Fenster und genoss die Aussicht. Der Boden erzitterte ein letztes Mal leicht, als sie aus der Atmosphäre auftauchte und in den freien Raum hinausglitt.

      Einige Stunden waren bereits vergangen und die Promise schoss durch den Hyperraum, Tenowia lag bereits hunderte Lichtjahre hinter ihr. Natala saß alleine auf der Brücke und starrte abwesend auf das hypnotische Flackern hinaus, das sich jedes Mal wie ein intensives Elmsfeuer auf der Hülle des Schiffes bildete, wenn es über der Lichtgeschwindigkeit reiste. Sie hatte vor kurzem geduscht und sich umgezogen, bald gäbe es Abendessen. Nach der Schiffszeit war es zwar bereits ziemlich spät, alle hatten sich erst von dem anstrengenden Tag erholen wollen.

      Es war gerade noch so gutgegangen, sinnierte die Schmugglerin. Etwas zu knapp für ihren Geschmack und dazu bei weitem nicht das erste Mal, in dem es um Leben und Tod gegangen war. Natala, die sich als Captain für ihre Crew verantwortlich fühlte, war stets sehr erleichtert, wenn sie eine derart prekäre Situation gemeistert hatten, doch wie nach jedem Kampf fragte sie sich, ob sie es verantworten konnte, ihre Freunde einer solchen Gefahr auszusetzen. Sie kannte die Antwort darauf längst, sie hatten kaum Alternativen. Wären sie oder die Promise nicht, kämen alle auf einem anderen Schiff unter und täten dasselbe. Sie konnte Nani genauso wenig ihre Abenteuerlust ausreden wie sie Anaata davon abhalten konnte, alles zu stehlen, was sie fand. Dan war ein Pilot und liebte alte Schiffe, er würde wohl sein ganzes Leben auf irgendwelchen zwielichtigen Frachtern verbringen, genauso wie Sven, der die Promise stets von neuem ein bisschen länger im Himmel hielt, wenn alle glaubten, sie wäre endgültig dem Untergang geweiht. Und Stanley war für sie im Laufe der Zeit wie ein Bruder geworden, der beste Freund, den man niemals zurückzulassen bereit war.

      Sie erhob sich, streckte sich mit knackenden Gelenken und verließ gemächlich die Brücke, denn im Hyperraum konnte man das Schiff sowieso nicht lenken und es fand seinen Weg, egal ob sie hier saß oder etwas anderes tat. Sie wunderte sich, was Anaata wohl vor ihrem gemeinsamen Abenteuer auf Tenowia gestohlen haben mochte und nahm sich vor, sich bei Gelegenheit danach zu erkundigen. Als sie über den Steg nach achtern schlenderte, konnte sie bereits den Duft von gebratenen Pilzen riechen. Ja, dies war ihr Zuhause.

      Die ganze Crew saß gemeinsam in dem in warmen Tönen eingerichteten Aufenthaltsraum. Ein großer dunkelroter Perserteppich lag auf dem Boden, der fast das gesamte Zimmer ausfüllte. Eine der metallenen Wände hatten sie vor einiger Zeit mit Holz getäfelt und zwei weitere mit japanischen Shoji-Papierelementen verdeckt, um den Raum gemütlicher zu gestalten. Beinahe an der Außenwand stand ein großes Ecksofa mit einem Couchtisch, dem gegenüber einige Sitzkissen auf dem Boden lagen. Am anderen Ende des Zimmers stand eine Bartheke aus dunklem Holz, auf der eine Getränkemaschine befestigt war. Über der Bar hingen Souvenirs von allen erdenklichen Welten, welche die Schmuggler bereits besucht hatten. Früher am Abend hatte Sven den Hut ebenfalls zu der kuriosen Sammlung an die Wand gehängt, zwischen einer Metallplakette und einer chinesischen Schriftrolle. Anaata und Dan hatten sich etwas abseits der anderen auf der Couch niedergelassen, wo sie sich leise unterhielten. Nani, Stanley und Natala saßen am Couchtisch, tranken Whisky und spielten Tsezs, ein pokerartiges Kartenspiel, das unter Raumfahrern weit verbreitet war. Ihr angeregtes Gespräch wurde hier und da von einem lauten Siegesruf des Gewinners unterbrochen. Sven hatte sich auf der anderen Seite der Couch hingelegt, gemütlich ein Buch auf dem holographischen Reader seines Coms lesend. Natala hatte mitbekommen, dass es einer dieser billigen Kriminalromane war, die man überall im ComNet zu Spottpreisen angeboten bekam.

      Eben legte Nani ihr Blatt auf den Tisch und frohlockte selbstzufrieden: „Wieder gewonnen.“

      „Angeberin“, murrte Stanley, der einen Schluck von seinem Drink nahm. Nani sammelte die paar Lipos ein, die sie gewonnen hatte, schob die Karten weg und lehnte sich zufrieden zurück. „Die Sache haben wir einigermaßen überstanden.“

      „Einigermaßen ist mir nicht gut genug“, entgegnete Natala entschieden.

      „Es wird reichen müssen“, warf Stanley nachdenklich ein. „Besser einigermaßen als kein bisschen, oder?“

      Der Captain seufzte leicht. „Du hast wahrscheinlich recht, es ist mehr, als wir überhaupt erwarten konnten. Plus: Irgendwie müssen wir über die Runden kommen.“

      Sven legte sein Buch beiseite und setzte sich auf. „So viel bleibt uns sowieso nicht, wenn wir erst mal alle neuen Ersatzteile für die Promise gekauft und die Lebensmittelvorräte aufgestockt haben. Hey, wir haben fünfzehntausend Lipos zusätzlich gekriegt, das ist ein netter unerwarteter Zustupf.“

      Nani grinste leicht. „So weit, so gut, alles wie gehabt. Immerhin gibt’s in Deron guten Whisky, da können wir gleich wieder was verprassen.“

      Natala überlegte kurz, die Erwähnung ihres nächsten Ziels brachte sie auf die Idee, vorauszuplanen. „Wir kommen in gut sechs Tagen in Deron an, dann bleiben wir lange genug da, um gemütlich einzukaufen und alles am Schiff zu reparieren, was wir nicht unterwegs erledigen können. Immerhin ist das eine